Rundfunkchor und Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig – Ein deutsches Requiem (Joahnnes Brahms (1985 + 2012)

FrontCover1Eigentlich sollte „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms (1833-1897) “Ein menschliches Requiem” heißen und vielleicht wäre dies tatsächlich der geeignetere Name gewesen um auszudrücken, dass sich Brahms’ Totenmesse primär nicht um das Seelenheil der Toten, sondern um die Auseinandersetzung der (Über-)Lebenden mit dem Tod dreht, “A Requiem for the Living” wie das renommierte Gramophone-Magazine in einem aufschlussreichen Artikel über die verschiedenen Einspielungen überschrieb.

Und natürlich gibt es zahllose Aufnahmen: Ein Deutsches Requiem gilt heute schließlich als das bedeutendste deutsche geistliche Werk der Romantik und es ist gleichzeitig zweifelsohne eines der populärsten und bewegendsten Werke des Hamburger Komponisten. Kaum ein wichtiger Dirigent des 20. und 21. Jahrhunderts, kaum ein Orchester, kaum ein Chor, der das Werk noch aufgeführt oder aufgenommen hätte. Sucht man etwa beim exquisit sortierten deutschen CD-Versender JPC nach dem Begriff “Johannes Brahms Ein Deutsches Requiem”, so erhält man 90 CD-Einträge. Selbst wenn man die verschiedenen Ausgaben derselben Aufnahme nur einfach zählt, kann man heute von rund fünf Dutzend verschiedener Aufnahmen ausgehen. Und um ehrlich zu sein: Es gibt viele Aufnahmen, die zumindest hörenswert sind.

Rundfunchor und RSO Leipzig, H. Kegel: J. Brahms – Ein deutsches RequiemUnter diesen zahlreichen ordentlichen Aufnahmen gibt es aber dann doch eine handvoll Aufnahmen, die immer wieder genannt werden, wenn es um besonders empfehlenswerte Einspielungen geht, die den Test der Zeit überstanden haben (denn nicht alles, was bei der Erstveröffentlichung von Kritik gefeiert wird, besteht die Jahre unbeschadet): Herbert von Karajans frühe 1947er Mono-Aufnahme für EMI und die spätere für Deutsche Grammphon von 1964er, Rudolf Kempes Berliner Aufnahme von 1955 (auch nur in Mono), Otto Klemperers Aufnahme von 1962 mit dem Philharmonia Orchestra & Chorus, John Eliot Gardiners 1990er-Aufnahme und – last but not least – die vorliegende Aufnahme des Rundfunkchor Leipzig und Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter Herbert Kegel von 1985.

Radner

Maria Radner + Oleg Bryjak

Unbestritten ist, dass Brahms in seinem Requiem nicht unbedingt den religiösen Aspekt in den Vordergrund stellen wollte. Dementsprechend inszeniert Kegel in seiner Einspielung das Requiem nicht als sakrales Werk,sondern als dramatische, düstere, schmerzvolle Umsetzung menschlicher Trauer. Nicht das Geistige, also die Erlösung der Seele des Toten, sondern das Irdische, der Schmerz der Hinterbliebenen und dessen Überwindung macht Kegel intensiv erfahrbar. Dabei lässt er das RSO Leipzig seine volle Wucht entfalten und den leitet den Leipziger Rundfunkchor an, damals wie heute einer der besten Chöre Deutschlands, die menschlichen Abgründe der Trauer und des Schmerzes geradezu schonungslos offenlegen. MariAnne Häggander (Sopran) und Siegfried Lorenz (Bariton) lassen sich als Solisten vom Sog der Intensität mitreißen und offenbaren echte, berührende Menschlichkeit ihrem Gesang. Die phantastische Klangqualität der digitalen Aufnahme macht die Eindringlichkeit dieser Interpretation unmittelbar erfahrbar.

Fazit: Die hier wiederveröffentlichte Aufnahme von 1985 (ursprünglich auf Capriccio erschienen) gehört zu den besten, intensivsten und düstersten Aufnahmen des Werkes und kann sowohl klanglich, als auch interpretatorisch den Vergleich mit den allerbesten Aufnahmen des Werkes standhalten. Eine ähnlich überzeugende Gesamtleistung von Solisten, Orchester und Chor wird man selten finden (sal)

InGedenken

Besetzung:
MariAnne Häggander (sopran)
Siegfried Lorenz (bariton)
+
Rundfunkchor Leipzig unter der Leitung von Jörg-Peter Weigle
+
Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig unter der Leitung von Herbert Kegel

inlay1Titel:
01. Selig sind, die da Leid tragen 11.23
02. Denn alles Fleisch, es ist wie Gras 13.47
03. Herr, lehre doch mich 10.12
04. Wie lieblich sind deine Wohnungen, Herr Zebaoth  5.02
05. Ihr habt nun Traurigkeit 7.16
06. Denn wir haben hie keine bleibende Stadt 11.22
07. Selig sind die Toten, die in dem Herren sterben 12.44

OriginalFrontCover1985

Original Cover aus dem Jahre 1985

* (momentan offline)
**