Hans-Martin Linde u.a. – Telemann Pariser Quartette Nr . 7 – 9 (1978)

FrontCover1Und jetzt mal wieder eine LP aus dem elterlichen Fundus und zwar Teile der sog. Pariser Quartette von Telemann:

Einem langgehegten Wunsch folgend, besuchte Telemann im Herbst 1737 Paris, nachdem er von einer Gruppe dortiger Musiker (Forqueray, Guignon und Blavet) dazu eingeladen worden war. Während seiner Abwesenheit ließ sich Telemann von Johann Adolf Scheibe vertreten. Sieben Werke Telemanns lagen in Paris bereits im Nachdruck vor. Nach viermonatigem Aufenthalt verlieh der König ihm ein 20 Jahre dauerndes Exklusivrecht an seinen Veröffentlichungen, das vor Raubdrucken schützen sollte. Mit mehreren Aufführungen seiner Werke gelangte Telemann endgültig zu internationalem Ruhm. Als erster deutscher Komponist durfte er sich am Concert Spirituel, das öffentliche Konzerte gab, vorstellen. Im Mai 1738 kehrte Telemann, dessen Ansehen auch in Deutschland durch die Reise erhöht worden war, nach Hamburg zurück. 1739 wurde er in die von Lorenz Mizler begründete Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften, die sich mit musiktheoretischen Fragen beschäftigte, aufgenommen. (Quelle: wikipedia)

Telemann01Und in dieser Zeit entstanden dann auch die sog. „Pariser Quartette“ (insgesamt 12 an der Zahl)

Dem Begriff „Quartett“ begegnet man in der barocken Kammermusik nur sehr selten, vielmehr ist er für den Klassikhörer belegt durch die bei Joseph Haydn beginnende Gattung des Streichquartetts. Um solche handelt es sich bei Georg Philipp Telemann selbstverständlich nicht: Hier musizieren eine Flöte, eine Violine, eine Gambe auf der Basis eines mit Violoncello und Cembalo (in dieser Aufnahme außerdem mit Laute) besetzten Continuos. Aber auch das ist im Barock etwas Besonderes: Gewöhnlich hat man es in dieser Zeit zu tun mit Solo- oder „Trio“-Sonaten, Letztere besetzt mit zwei Diskantinstrumenten und Continuo. Was Telemann jener Gattung in seinen 1730 entstandenen Pariser Quartetten genialerweise hinzufügt, ist eine selbstständig geführte Tenorstimme für die Viola da Gamba. Sie füllt die sonst recht weite Lücke zwischen Diskant- und Basslage aus und sorgt für einen wärmeren, dichteren Klang sowie für eine höhere Komplexität der Satzstruktur.

In einer Epoche, in der das Trio immer noch unbestritten als die eigentliche Konstellation galt, hatten die sechs Quartette, die Telemann in Paris komponierte, die Wirkung einer kleinen Revolution. Revolutionär waren ihre Kreativität und ihre Originalität. In diesen „kleinen“ Meisterwerken steckt ein unglaublicher instrumentaler Reichtum. So findet sich in ihnen die Heiterkeit des französischen und italienischen Stils wieder. Die Prägnanz des Rhythmus sowie kompakte Streichtechnik gehören ebenfalls zum Charakter dieser Stücke. Das Freiburger Barock Consort sorgt dafür, dass ein unwiderstehlicher Sturm von Besessenheit, den offensichtlich nichts mehr aufhalten kann, diese Quartette durchzieht. Hörenswert! (Pierre Guillaume)

Und dargeboten werden drei dieser Quartette von Hans-Martin Linde:

Hans-Martin Linde (* 24. Mai 1930 in Werne) ist einer der bedeutendsten deutschen Blockflöten-Virtuosen des 20. Jahrhunderts. Er lebt seit 1957 in Basel (Schweiz).

Handbuch

Lehrbuch

Linde hat das Spiel von Blockflöte und Traverso auf neue Weise geprägt. Als Solist und Kammermusiker trat er weltweit auf und spielte viele Platten und CDs ein, darunter zahlreiche Aufnahmen mit dem Linde-Consort.

Zudem blickt Linde auf eine reiche Tätigkeit als Dirigent zurück. Er arbeitete mit namhaften Orchestern, Chören und für die Oper. 1984 bis 2000 war er Hauptdirigent der Cappella Coloniensis des WDR Köln, die Vorbild wurde für andere Barockorchester. Anschließend wirkte er mehrfach als Dirigent bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik.

Sein kompositorisches Schaffen umfasst Kammermusik, oft mit Block- oder Querflöte, sowie Lieder, Chorwerke und Orchestermusik. In Lindes Werken begegnet man zwar neuen kompositorischen Strukturen und avantgardistischen Spieltechniken. Dabei behält seine Sprache jedoch Nähe zur Tonalität und zu überlieferten Formen.

Linde hat an der Musik-Akademie Basel eine langjährige Lehrtätigkeit ausgeübt. Ab 1957 unterrichtete er an deren Schola Cantorum Basiliensis historische Flöteninstrumente und Ensemble. Anschließend übernahm er die Leitung des Konservatoriums (heute Musikhochschule). Ab 1979 baute er eine Klasse für Chorleitung auf, die er bis 1995 betreute. Nach wie vor ist er der Akademie verbunden als Gastdozent und Prüfungsexperte. (Quelle: wikipedia)

Linde mit_Konrad_Ragossnig (1979)

Hans-Martin Linde mit Konrad Ragossnig (1979)

Und wer jetzt glaubt, die Blockflöte sei ein „kindisches“ Instrument, der wird hier eines besseren belehrt, denn bei diesen Aufnahmen ist die Blockflöte überwiegend das Soloinstrument und das kann sich hören lassen, gell Mr. Ian Anderson ?

Ein wahrliches Kleinod jener Musikgattung, ein Ohrenschmeichler ohne Ende.

Und ich will das Augenmerk auch noch auf den Jordi Savall lenken.

Jordi Savall (* 1. August 1941 in Igualada, Katalonien, Spanien) ist ein katalanischer Musikwissenschaftler und Gambist im Bereich der historischen Aufführungspraxis, der auch eigene Kompositionen zur Aufführung bringt.

Damals war er noch ziemlich unbekannt, mittlerweile gehört er mit seinem Ensemble Hespèrion XXI mit zum spanndendsten, was dieses Genre (beginnend mit mittelaltgerlicher Musik bis hin zur Barockzeit) zu bieten hat.

Paris1739

Paris-Detail, Kupferstich von 1739. Telemann wohnte in der Rue du Temple.

Besetzung:
Alan Curtis (harpsichord)
Lucy van Dael (violin)
Hans-Martin Linde (flute)
Pere Ros (viola)
Jordi Savall (viola da Gamba)

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Titel:

Quartet For Flute, Violin, Viola de Gamba, And Basso Continuo Nr 7 In D-Major
01. Prelude (Vivement) 2.25
02. Tendrement 2.07
03. Vite 2.36
04. Gaiment 3.51
05. Moderment 2.30
06. Vite 2.16

Quartet For Flute, Violin, Viola de Gamba, And Basso Continuo Nr 8 In A-Minor
07. Allegrement 2.49
08. Flatteusement 3.57
09. Legerment 2.21
10. Un Peu Vivement 2.16
11. Vite 1.57
12. Coulant 4.12

Quartet For Flute, Violin, Viola de Gamba, And Basso Continuo Nr 9 In G-Major
13. Prelude (un peu vivement) 2.07
14. Legerment 3.49
15. Gracieusement 2.09
16. Vite 3.18
17. Modere 3.40
18. Gai 1.42
19. Lentement 4.35

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Linde

Hans-Martin Linde