Andreas Bernard – Lexikon des frühen 21. Jahrhunderts (Hörbuch) (2005)

FrontCover1.jpgDa gab es mal vor Jahren ne regelmässige Rubrik im SZ-Magain, die behandelte auf gnz spezielle Weise aktuele“Worte“ oder Wortschöpfuingen, die damals durch alle Medien geisterten.

Und draus wurde dann mal ein Buch als Sammelwerk all dieser Beiträge und dann – na ja, den Gesetzen der multimedialen Vermarktung folgend – dies hier vorliegende Hörbuch:

Das „Lexikon des frühen 21. Jahrhunderts“ enthält auf ca. 230 Seiten rund 500 bedacht mit Verstand und Witz ausgewählte und sorgfältig erläuterte Einträge, die in direktem Zusammenhang mit der ‚Gegenwart’ der ersten fünf Jahre des neuen Jahrtausends stehen. Jenen Menschen, die regelmäßig aufmerksam die Berichterstattung verschiedenster Medien verfolgen, sind sie bestens bekannt. Wer mit diesen ‚Vokabeln’ nichts anfangen kann, der hatte (und hat) jedenfalls teilweise größte Schwierigkeiten, der Rundfunkberichterstattung zu folgen. Darunter sind Begriffe aus Politik (Ausbildungsplatzabgabe, Jamaika-Koalition, Ich-AG, Linkspartei, deutsche Leitkultur, Bierdeckel), Sport (Meister der Herzen, EPO, Rudelbildung, Du Hoyzer!, Rehakles), von Katastrophen und Seuchen (Jahrhundertflut, Banda Aceh, BSE, SARS) und drumherum allerlei Buntes aus Gesellschaft, Klatsch und von Modeerscheinungen, die für Diskussionsstoff gesorgt haben (Governator, googeln, Super Nanny, Nordic Walking).

Es geht um Begriffe, die in der Werbung altgediente Wörter ablösten (Cerealien statt Getreide), solche, die aufgrund von Aktualitäten plötzlich nach langem Abtauchen wieder an der Tagesordnung waren (Vertrauensfrage, Konklave), Wörter, die erst völlig neu gebildet werden mussten oder früher nicht gebraucht wurden (forwarden, Unterstrich, wegdrücken) und künstlich geformte Ausdrücke, die von Profis erfolgreich in den Medien platziert wurden, so z.B. die „Achse des Bösen“ von US-Präsident George W. Bush. Das Lexikon wartet rund um seine Einträge mit akribischen Erläuterungen auf und zeigt damit seinen Anspruch als echtes Lexikon anstatt Klamauk.

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So steht hier auch, welche Redenschreiber George W. Bushs sich die „Achse des Bösen“ ausgedacht haben, wie viel PS der „Papstgolf“ hat oder wo ‚missbrauchte’ Begriffe ihren eigentlichen Ursprung haben. Witzig sind neben Karikaturen auch zahlreiche (natürlich tatsachengetreue) Randnotizen, wie z.B. unter „Telenovela“, wo angemerkt ist, dass der ursprüngliche Titel für die TV-Serie „Verliebt in Berlin“, nämlich „Alles nur aus Liebe“, wegen der ungünstigen Abkürzung „ANAL“ noch mal geändert wurde, oder ein gerichtlich untersagter Aufruf zum Mord am alten „Holzmichl“.

Alles in allem hat man viel Spaß beim Schmökern im „Lexikon des frühen 21. Jahrhunderts“, das ernt gemeint ist, aber stets mit einem Augenzwinkern zusammengestellt wurde, sonst hätte es keinen Platz für die Pizzeria „La Commedia“, nur weil dort wegen eines Zahlendrehers in der Faxnummer ein Anwaltsdokument über das Kokainverfahren gegen Michel Friedman gelandet ist und von dort den Weg zur „Bild“-Zeitung fand, oder auch „äh“, ein „stockendes Element der gesprochenen Sprache, das v.a. vor der Bundestagswahl 2002 ungewöhnlich häufig in Reden und Wortbeiträgen des bayer. Ministerpräsidenten und Unions-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber zu hören war“ – mit Beispieltext, versteht sich. Auch in 5, 10 oder 20 Jahren dürfte das Buch wieder gern hervorgekramt werden, um zu testen, welche Ausdrücke ihren festen Platz in der Geschichte oder dem Sprachgebrauch gefunden haben, und welche sich nur einer vorübergehenden Anwendung erfreut haben. (Boris Theobald)

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Diese Besprechung bezieht sich zwar auf die Buchausgabe, aber ist natürlich auch für dieses Hörbuch gültig.

Hier hören wir allerdings „nur“ 60 Beiträge … seriös vorgetragen von damals sehr populären Tagesschau-Sprechern.

Nicht nur seriös sind dann die Texte. Oftmals werden all die sprachlichen Torheiten mit der nötigen und gebotenen Süffisanz charakterisiert. Von daher haben etliche Beiträge durchaus einen satirischen Charakter.

14 Jahre sind seitdem ins Land gegangen … etliches haben wir wohl vergessen, wie jenen korrupten Schiedsrichter Robert Holzer, etliches kennen wir heute noch: „Hartz IV“, „Casting“, „Botox“ oder auch“ver.di“.

Von daher ist dieses Hörbuch eine amüsante Zeitreise …in eine Zeit, die wir wohl alle selbst miterlebt haben. Das kann man ja nicht für alle Beiträge in diesem blog sagen.

Aber: Die „Praxisgebühr“ gibt´s nicht mehr … eingeführt wurde dieses bürokratische Monster von der Rot/Grünen Bundesregierung im Jahr 2004 …

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Sprecher:
Dagmar Berghoff – Jo Brauner – Wilhelm Wieben

Textauswahl: Andreas Bernard
Regie: Gudrun Buch

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Titel:
01. Ansage 0.19
02. Abu Ghraib 2.10
03. Agenda 2010 0.48
04. äh 1.08
05. Arena 1.41
06. Arschgeweih 1.48
07. Aufgestellt 1.17
08. Babyklappe 1.08
09. Besenkammer 1.07
10. Botox 1.59
11. Brüh im Lichte 0.56
12. Busenwitwe 0.33
13. Café King 1.40
14. Casting 1.10
15. Dschungelprüfung 1.05
16. Du Hoyzer! 0.40
17. embedded 1.17
18. Franz Ferdinand 2.09
19. geht gar nicht 0.48
20. Geiz 1.18
21. Goleo VI 1.23
22. Googeln 1.11
23. Guidomobil 1.52
24. Habseligkeiten 1.26
25. hallo-, ich mein´0.43
26. Hartz IV 2.34
27. Hollebeck, der 2.05
28. Horst wer 1.19
29. iPod 1.34
30. Jamaika-Koalition 1.25
31. King’s Cross 1.46
32. La Commedia 1.10
33. Lehrer Heise 1.05
34. lg 0.32
35. metrosexuell 0.43
36. Molwanien 1.04
37. Mosi 2.18
38. Nipplegate 1.42
39. Nordic Walking 1.21
40. Old Europe 0.43
41. Pianomann 1.30
42. Pinkel, Paolo 0.49
43. Praxisgebühr 0.58
44. Rehakles 0.49
45. Schläfer 1.58
46. Schlafmünzen
47. schnackseln 0.48
48. simsen 0.29
49. Spam 2.14
50. Taikonaut 0.58
51. Teuro, der 0.38
52. The 1.05
53. to go 1.32
54. Tsunami 2.08
55. und das ist auch gut so 1.20
56. ver.di 0.47
57. wegdrücken 0.57
58. World Trade Center 1.44
59. zeitnah 0.52
60. Zlatko 2.11

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