Johannes Goldner + Wilfried Bahnmüller – Bayerisches Bier (1983)

Titel.jpgAm bayerischen Bier scheiden sich vermutlich die Geister. Während den einen dieses Bier eher zu flach vorkommt im Vergleich zu all den anderen Biersorten aus West,- Nord- und Ostdeutschland, schwören die anderen darauf.

Nicht dass ich hier noch einen Glaubenskrieg anzettel.

Aber dieses Büchlein (50 Seiten) gibt halt Auskunft über all nur erdenklichen Aspekte des bayerischen Biers (und die Einheimischen hier sind schon auch recht stolz auf dieses Gesöff).

Aber ein Blick uf die Geschichte rückt somanche Dinge wider ins rechte Licht (bzw. die Bajuwaren sollten bei all ihrem Stolz auf ihr Bier die Kirche im Dorf lassen):

Die ersten Bierbrauer der Menschheit waren wahrscheinlich die Sumerer, die vor rund 6.000 Jahren das Gebiet im südlichen Mesopotamien (heute Irak) besiedelten. Wohl eher durch Zufall entdeckten die Sumerer das Bierbrauen, als sie mit einem vergorenen Teig für Brot hantierten. Aus ihren Versuchen, den Gärvorgang selbst herbeizuführen, entstand statt Brot ein „Göttertrunk“, der fortan ebendiesen geopfert wurde. Doch das Wissen um die Braukunst entwickelte sich weiter und bald war das neue Getränk nicht mehr nur Gottheiten vorbehalten. Fundstücke aus der Zeit um 2.000 v. Chr. zeugen von Braumeistern, die ihre Rezepte für Bier in Keilschrift für die Nachwelt festgehalten hatten. Die Aufzeichnungen zeigen, dass es damals bereits ein gutes Dutzend verschiedener Biersorten gab.

Im alten Babylon waren wenig später bereits gut 20 verschiedene Biere mit unterschiedlichem Geschmack urkundlich erwähnt: So gab es zum Beispiel Dünnbier, Schwarzbier und Prima Bier – das babylonische „Premium Export“. Dieses Bier wurde bis nach Ägypten exportiert!

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Die Geschichte des Bieres hält einige Überraschungen parat: So nahm schon der Babylonierkönig Hammurabi das Thema Verbraucherschutz sehr ernst und verhängte drastische Strafen für alle, die Schindluder mit dem Bier trieben. Eine Wirtin, die minderwertiges Bier verkaufte, wurde zum Beispiel zur Strafe ertränkt.

Von hier aus trat das Getränk aus Wasser und Malz, das zunächst nur aus dem Getreide Gerste bestand, seinen Siegeszug durch die Welt an. Das Hanfgewächs Hopfen fand erst im Mittelalter den Weg in die Rezeptur. Bei Römern und Griechen war Bier schnell beliebt, ebenso waren Germanen und Kelten dem Trinken des köstlichen Lebensmittels rasch zugeneigt. In der Region Kulmbach wurden Amphoren für Bier aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Sie sind der älteste Nachweis für das Bierbrauen auf deutschem Boden. (Quelle: gefako.de)

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„Pyrprew“ Herttel
Er gehörte zum Mendel-schen Bruderhaus in Nürn-berg, einer Art Wohnheim für ältere unbescholtene Herren, die sich wie Mönche kleideten. Sein Bild (um 1430) ist die älteste Dar-stellung eines deutschen Bierbrauers. Der Stern links oben ist ein „Bier-zeiger“. Er bedeutet, daß hier Bier ausgeschenkt wird. (Quelle: braukultur-franken.de)

Bayern gilt als Bierland schlechthin, doch begann die Vormacht des Biers erst nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Denn bis dahin war Bier ein Handelsgut der Hanse an Nordsee und Ostsee. Somit war Bier war bis zum 16. Jahrhundert eine vorrangig norddeutsche Angelegenheit. Hamburg allein hatte 600 Brauereien. Das Brauen und mit Bier brachte den Bürgen der Hansestädte einen Teil ihres Reichtums ein. Der Stadtbürger in Bayern, falls er ein Braurecht besaß, war weit weniger erfolgreich. Er kochte seinen Sud meistens für den Hausgebrauch und keineswegs so rein, wie es dann das Reinheitsgebot verlangte. Kräuter und Wurzeln, Rosmarin, Eichenrind, Honig oder auch Ochsengalle sollten das Bier besser und haltbarer machen. Der bayerische Hof in München bezog seine Hauslieferung bis zur Gründung des Hofbräuhauses in München aus Brauereien der Hansestadt Einbeck, wo man ausschließlich Hopfen einbraute. Im norddeutschen Ausland, in Mecklenburg, in Pommern und auch Sachsen lagen die bedeutendsten Hopfenanbaugebiete des späten Mittelalters.

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Seit der römischen Besetzung bis zum Dreißigjährigen Krieg baute man in Bayern vor allem Wein an. Noch im 18. Jahrhundert konnte Staatskanzler von Kreittmayer spotten, Bayern sei ein glückliches Land, weil hier der Essig an den Weinhängen wächst. Die Umwandlung des Weinlandes in ein Land, das berühmt für sein Bier wurde, brachte vornehmlich steuer- und ordnungspolitische Vorteile. Herzog Maximilian I. von Bayern stellte bereits fest, dass er mit den Umsätzen seines Hofbräus die Kosten des Dreißigjährigen Krieges fast finanzieren konnte. Die Absicht, den hergebrachten Glauben in dem Kernland der Katholischen Liga zu festigen, verstärkte die bayerische Neigung zum Bier samt seiner Tradition klösterlicher Brauereien. Seitdem hat sich auch das Angebot an Bier und der Bestand der Brauereien verändert, trotzdem definiert sich Bayern -und seine Bewohner- heute noch u. a. über die Liebe zum Bier. So gehört das Hofbräuhaus in München zum bayerischen Finanzministerium und die Brauerei Weihenstephan zum Wissenschaftsministerium.

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Bier macht gemütvoll und ruhig mögen die Wittelsbacher-Herrscher von Bayern erkannt haben, also macht es unsere Untertanen leichter regierbar. Also unterstützten sie mit vielen Nachfolgeverordnungen des Reinheitsgebots die gerade gefundene untergärige Brauweise. Dass das dunkle süße Getränk, das dabei herauskam, noch dazu nahrhafter als der Wein war, konnte dem Wiederaufbau des druch Krieg und Pest heruntergekommenen Landes und der Kräftigung der ausgehungerten Untertanen nur nützen. Noch heute liegt der geschätzte bayerische Bierkonsum mit 135 bis 140 Litern pro Kopf und Jahr deutlich höher als der gesamtdeutsche Verbrauch mit 107 Litern. (Quelle: BierundWir.de)

Nun gut, dennoch kann man in diesem Büchlein blättern und sich informieren lassen.

Der Autor, Johannes Goldner,  war früher höchst rühriger „Heimatforscher“, der diverse kulturhistorische Bände über alle nur denkbaren Aspekte bajuwarischen Lebens veröffentlicht hat.

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Weitere Bücher von Johannes Goldner

Die Fotographien hat dann Wilfried Bahnmüller besorgt, wobei die meisten Abbildungen aus historischen Quellen stammen. Zumindest über den ist etwas bekannt (im Gegensatz zu Johannes Goldner):

Dr. Wilfried Bahnmüller, geboren 1939, studierte in München Chemie und promovierte auf dem Gebiet der Wissenschaftlichen Fotografie. Seine Bild- und Textpublikationen beschäftigen sich besonders mit Bayern, aber auch mit Kultur, Landschaft und Geschichte Mittel- und Südeuropas im Allgemeinen. Er ist berufenes Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Photographie, DGPH und im Bayerischen Journalisten Verband.
Heute lebt er mit seiner Frau im kleinen Dorf Gelting südlich von München. (Quelle: foto-bahnmueller.com/)

Und der Verlag, der Pannonia Verlag, Freislassing,  der früher eine wahre Flut von Bavaria Literatur veröffentlicht hatte ist wohl irgendwann mal sang- und klanglos eingegangen.

Von daher ist dieser Beitrag auch eine kleine Erinnerung an diesen Heimat-Verlag.

Und ich selbst, bevorzuge ja eigentlich lieber ein Pils mit dem Versprechen „echt friesisch herb“ …

Aber das ist – wie so vieles – eben Geschmackssache … ein Kultgetränk bleibt das Bier allemal … gleichgültig ob es aus Nord, Süd, West oder Ost kommt.

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