Stadtkapelle Bad Tölz – Auf nach Tölz – Konzertante Blasmusik (1997)

FrontCover1Man lasse sich nicht täuschen … das traditionell gestaltete Cover der „Stadtkapelle Bad Tölz“ ist kein Hinweis, dass hier bayerische Schunkelmusik ala „Musikantenstadl“ geboten wird … nein … ganz so einfach ist das hier nicht.

Also: Bad Tölz ist ein kleines Städtchen in Oberbayern, das sicherlich durch die TV Serie „Der Bulle aus Bad Tölz“ endgültig bundesweit bekannt geworden ist … und natürlich hat so ein Städtchen auch seine eigene Stadtkapelle … und hier ein wenig über die „roots“ dieser Stadtkapelle:

In Bad Tölz gab es schon vor dem ersten Weltkrieg mehrere Blaskapellen. Überliefert ist der Bestand einer Bürgerwehrkapelle und eines Musikverein Tölz. Eine der frühesten Aufzeichnungen findet sich bei den Winklern in Kreuth.

Das Fest: Fahnenweihe am 28. Mai 1893
„Früh 4 Uhr verkündeten Böllersalven den Tagesanbruch. Die Witterung schien sehr zweifelhaft. 6 Uhr 30 sammelten sich schon die ersten Mitglieder im Vereinslokal. Um 8 Uhr kam die bestellte Musikkapelle Diemer aus Tölz. 8 Uhr 15 kamen der Patenverein, der Burschen Krank. Unterst. Verein und der Veteranen Krieg. Verein mit Musik. Hernach der Arb. Kr. Unterst. Verein Tegernsee. Währenddessen kamen auch die Fest-Jungfrauen angefahren (…)“

Die Diemermusi in Faschingsuniform

Die Diemermusi in Faschingsuniform

Nach dem ersten Weltkrieg fanden sich ca. 10-13 Musikanten zu einer typisch neunstimmigen Blasmusik zusammen, die der Kapellmeister Anton Diemer aus Wildbad Kreuth leitete. Diese Kapelle spielte ohne Namen zu kleineren Veranstaltungen und Jahrtagen auf. Konzertauftritte aus dieser Zeit sind nicht bekannt.

Im Winter 1923 übernahm der ehemalige Militärmusiker Hubert Kaltenmarktner im Vereinslokal Schaftlerbräu die Leitung der Kapelle. Er war ein leutseliger Vollblutmusikant, der viele Instrumente beherrschte und somit auch die Jugend für die Blasmusik begeistern konnte.
Mit viel Einsatz und Zeitaufwand wuchs die Kapelle in kürzester Zeit zu einer Konzertmusik heran, die nicht nur aus Musikern der Stadt Bad Tölz bestand. Es kamen auch Spielleute aus den umliegenden Gemeinden Gaißach, Lenggries, Wackersberg, Reichersbeuern und Arzbach nach Tölz, um unter einem Dirigenten zu musizieren. Nach dem Dirigenten- und Vereinslokalwechsel – vom Schaftlerbräu in den Grünerbräu – blieben von der vormaligen Diemermusi nur fünf Mann der neuen Formation unter Kaltenmarktner treu.
Mit großem Probeaufwand – bis zu dreimal wöchentlich – bewährte sich die Kapelle und wurde am 27. Juli 1924 feierlich vom 1. Bürgermeister Stollreither und dem Stadtrat zur Stadtkapelle ernannt.

Prunkurkunde

Die handgemalte Prunkurkunde von Ferdinand Schiedermaier

„Durch Beschluß des Stadtrats vom 25. Juli 1924 wurde der unter der bewährten Leitung des Kapellmeisters Hubert Kaltenmarktner zusammengetretenen Musikkapelle zur  Anerkennung ihrer bisherigen Leistungen  und zur Aufmunterung für weitere ersprießliche Musikpflege in unserer Stadt die offizielle Bezeichnung „Tölzer Stadtkapelle“ verliehen.

Dies beurkunden durch eigenhändige Unterschrift:

Tölz den 27. Juli 1924.

1. Bürgermeister     2. Bürgermeister
Stollreither              Moralt“

Schon zu diesem Stiftungsfest erschien die Kapelle in der heute noch üblichen historischen Tracht, denn das Gründungsmitglied Sedlmayer drang darauf, dass eine einheitliche, aber auch schon damals historisch nachgewiesene Tracht angeschafft werde. In dieser Sache wurde bei allen in der Umgebung bestehenden Schützenkompanien nachgeforscht, welche Uniform geeignet wäre (die Tölzer Schützenkompanie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht wiedergegründet). So stieß man dann auf einen langen, braunen Rock und einem dazu passenden schwarzen Stopselhut, die beide laut dem Trachten-Informations-Zentrum in Benediktbeuern aus dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts stammen und der Biedermeierlichen Mode angehören. Nach diesen Modellen fertigten der Tölzer Schneidermeister Huber sen. und der Tölzer Hutmachermeister Schöttl die Uniformen an. In einem damaligen Zeitungsbericht über die Tracht der neuen Tölzer Stadtkapelle hieß es:
„Der lange, gut geschnittene Rock, dessen Ärmel das Tölzer Stadtwappen ziert, die reiche Weste, der hohe, spitze Hut (Stopselhut), die kurze Lederhose und die festen Wollstrümpfe stimmen gut zusammen.“

Die Tölzer Stadtkapelle zur Gründung 1924 ©Quelle Stadtarchiv Bad Tölz

Die Tölzer Stadtkapelle zur Gründung 1924

Der Probenaufwand lohnte sich, die junge Kapelle wurde bald zu einer gefragten Einrichtung. Hier einige Beispiele:

– Am 5. Mai 1925 ist die Tölzer Stadtkapelle Festmusik zur Eröffnung des Deutschen Museums in München.
– Vom 18–22 Juli 1928 beteiligt sie sich mit ca. 35 Mann am 10. deutschen Sängerfest in Wien.
– Im Juli 1932 Konzertreise nach Traunstein, Berchtesgaden und Bad Reichenhall.
– Im Sommer 1932 wirken die Musiker bei den Aufnahmen des Kinofilms Schützenkönig in München mit, und fahren anschließend mit 25 Mann zur Welturaufführung in Augsburg und den Filmpremieren in Berlin und Dresden.
– 1937 unternimmt die komplette Kapelle einen Ausflug nach Helgoland.

Aus der Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg ist leider nicht viel in Erfahrung zu bringen.
Als die Stadtkapelle zur Gaukapelle umfunktioniert werden sollte, traten viele Mitglieder aus dem Verein aus.
1946 fanden sich ehemalige und neue Musiker zusammen und begannen unter der Leitung von Anton Zeller wieder mit der Probenarbeit.
Die Hauptaufgabe der Tölzer Stadtkapelle ist seither die Mitgestaltung der kirchlichen und weltlichen Feste der Stadt Bad Tölz und ihrer Vereine. Die monatlichen Konzerte im Tölzer Kurhaus sind zu einer festen Einrichtung geworden. Hierbei überwiegt die konzertante Blasmusik, wie sie auf der ersten CD „Auf nach Tölz“ zu hören ist. Die Marschmusik kommt hierbei sicherlich nicht zu kurz, was die zweite CD „Tölzer Schützenmarsch“ beweist. (Quelle: Homepage der Stadtkapelle Bad Tölz)

Warum nur glaube ich dem Satz „Aus der Zeit während und nach dem zweiten Weltkrieg ist leider nicht viel in Erfahrung zu bringen.“ nicht ?

Wie auch immer: Die Tölzer Stadtkapelle machte auch nach dem II. Weltkrieg unverdrossen weiter …

StadtkapelleBadTölz2008

Stadtkapelle Bad Tölz, 2008

Hier ist ihre erste CD … und wenn man in dem Booklet lesen kann „aufgenommen in der Flint-Kaserne“ muss man wissen, dass diese Kaserne jahrzehntelang einer der US-amerikanischen Stützpunkte in Oberbayern war.

Und, wie ich anfangs schrieb: Man lasse sich nicht täuschen … das traditoonell gestaltete Cover der „Stadtkapelle Bad Tölz“ ist kein Hinweis, dass hier bayerische Schunkelmusik ala „Musikantenstadl“ geboten wird … nein … ganz so einfach ist das hier nicht … dann wird einem dieser Satz verständlicher, wenn man sich die näher mit den Aufnahmen beschäftigt: Da gibt es natürlich all jene traditionellen Melodie wie „Auf nach Tölz“ (von Herbert Niewswang, dem Dirigent dieser Kapelle in Jahren 1969 – 1988) oder auch „Tölzer Schützenmarsch“ und „Sagen aus Alt-Innsbruck“ … aber dann eben auch Werke von Johannes Brahms („Ungarische Tänze“) oder den „Säbeltanz“ (eine Komposition des sowjetisch-armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan) und dann noch das  beeindruckende Werk von Jacob de Hann „Oregon“ („Diese besonders efolgreiche Komposition von Jacob de Haan erzählt die Geschichte von Oregon, einer der nordwestlichen Staaten Amerikas. Anhand einer Bahnfahrt über die Northern Pacific Railroad wird der Zuhörer durch die faszinierende landschaft Oregons geführt. Es is nicht zu umgehen, dass man während dieser abenteuerlichen Reise ab und zu in einen Traum in die Vergangenheit versinkt, wobei Indianer, Cowboys, Goldgräber und Pferde mit Planwagen Revue passieren.“ – da denkt man doch gleich an „Theme For An Imagionry Western“ von Jack Bruce).

Und auch ein Klassiker der Popmusik, „Music“ von John Miles fehlt nicht.

Eigentlich kein Wunder … denn, der Leiter dieses damaligen Ensemble, Josef Kronwitter, war nicht nur bei den Tölzer Sängerknaben aktivn, nein: er studierte später Trompete an den Johann-Strauß-Koversatorium sowie an der Musikhochschule in München …

Von daher gilt die Devise: überraschen lassen ! Ganz sich ist mein Interesse an diesen Aufnahmen auch darin begründet, weil ich für viele Jahre in dieser Stadt Bad Tölz beruflich tätig war und dass die Stadtkapelle Bad Tölz sich auch auf musikalische Experimente mit den „Banana Fishbones“ eingelassen hat (später mehr davon) … spricht für diese Kapelle …

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Besetzung:

... Weil ich wieder mal zu faul war, all diese Namen abzutippen ...

Titel:
01. Auf nach Tölz (Niewswang) 2.40
02. Banditenstreiche (v.Suppe) 6.57
03. Sagen aus Alt-Innsbruck (Tanzer) 8.44)
04. Ungarischer Tanz Nr. 5 (Brahms) 3.03
05. Verdi, die schönsten Melodien aus seinen Werken (Verdi) 12.00
06. Des großen Kürfürsten Reitermarsch (v.Molke) 3.42
07. Unter Donner und Blitz (Strauß jun.) 3.03
08. Oregon (d.Haan) 10.08
09. Music (Miles) 6.30
10. Säbeltanz (Chatschaturjan) 2.34
11. Tölzer Schützenmarsch (Krettner) 3.24

CD1

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