Die 3 lustigen Moosacher – Der Kaiser geht und alle Bayern weinen + Naa Walzer (1977)

FrontCover1Nein, traurig war ich als eingefleischter Löwenfan nicht, als Franz Beckenbauer sich Richtung USA verabschiedete. Ich habe das damalige Spektakel allerdings unter medien- und sportpolitischen Aspekten aufmerksam verfolgt.

Und úm darum ging´s damals:

Im März vor 30 Jahren: Die Fußballwelt in Deutschland war in Ordnung. Nichts belegte dies deutlicher als ein Bericht im Kicker vom 21. März 1977: „Es schlug wie eine Bombe ein!“ hieß es da reißerisch neben einem Foto, das Bundestrainer Schön und seinen Kapitän Beckenbauer zeigte. „Franz Beckenbauer soll eines Tages Nachfolger von Schön-Nachfolger Jupp Derwall werden.“ Allen Ernstes diskutierte man, ob der als Trainer unerfahrene Beckenbauer in acht bis zehn Jahren der übernächste Bundestrainer werden sollte. Zieht man die abschließenden Bemerkungen des Artikels in Betracht, wird allerdings deutlich, worum es den Verantwortlichen des DFB ging, als sie den Kaiser mit diesem Posten in Verbindung brachten: Aus amerikanischen Quellen konnte man in den Wochen zuvor entnehmen, dass der New Yorker Proficlub Cosmos die Dienste Beckenbauers schon Ende Mai 1977 in Anspruch nehmen wollte. Für eine „astronomische Summe von 7 Millionen Mark Ablöse an den FC Bayern“ stand da schwarz auf weiß geschrieben.

Da die konservativen Macher des DFB die Marschroute ausgegeben hatten, für die WM-Titelverteidigung keine „Legionäre“ zu berücksichtigen, hätte das bedeutet, dass der absolute Star der Nationalmannschaft bei der WM 1978 in Argentinien nicht dabei sein würde. Großes Unheil sollte dem deutschen Fußball in den kommenden Monaten April und Mai 1977 drohten. Und trotzdem wollte das zunächst keiner so recht wahrhaben.

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Franz Beckenbauer in New York, 1977

Als sich Beckenbauer eine Woche später in London aufhielt, wurde von der Yellow-Press berichtet, er sei sich bereits mit Cosmos einig. Wie es halt so ist, „wenn die englischen Sonntagsblätter in Millionenauflage um heiße Stories verlegen sind“, verlautbarte der Kicker am 31. März. In der gleichen Ausgabe der damals einzigen überregionalen deutschen Sportzeitung, findet sich ein Bericht über den FC Bayern und seine Planung für die kommende Saison: Es müssen neue Spieler her, was für den damals finanziell nicht unbedingt auf Rosen gebetteten Verein kein einfaches Unterfangen ist. 2 Millionen Mark werden gebraucht. Nichtmal die Qualifikation für einen UEFA-Cup Platz ist allerdings gesichert. Laut FC Bayern Manager Schwan habe man sich schon einen Finanzierungsweg überlegt: „Ich möchte betonen, daß wir weder unser Grundstück noch unser Haus beleihen. Aber wenn ich es sage, ist dieser Weg vielleicht kaputt“, wird er, der gleichzeitig auch Beckenbauers persönlicher Manager ist, zitiert.

Es folgen Wochen voller Meldungen und Gegendarstellungen in der Sportpresse. „Beckenbauer geht“, „Beckenbauer bleibt“ titeln die Sportseiten fast im täglichen Rhythmus. Es folgen aber auch Schlagzeilen in der Boulevard-Presse: Zum einen sickern Beckenbauers Eheprobleme durch und seine neue Beziehung zur Fotografin Diana Sandmann wird publik. Zum anderen war bereits seit einigen Monate bekannt, dass der Fußballheld Steuern in Millionenhöhe würde nachzahlen müssen. Beide Themen werden auf nie da gewesene Weise ausgeschlachtet.

Währenddessen ziehen sich die Verhandlungen mit den Amerikanern hin. Nach dem Bundesligaspiel am 16. April beim FC Saarbrücken, zitiert DFB-Präsident Neuberger Franz Beckenbauer zum klärenden Gespräch. Dieser legt offen, dass er bereits am 28. Mai für Cosmos auflaufen werde. Die Öffentlichkeit wird jedoch weiterhin im Ungewissen gelassen, da immer noch kein fixer Vertrag unterzeichnet worden ist. Nachdem auch eine Woche später aus München noch keine Stellung bezogen wird, lässt der DFB-Präsident die Bombe platzen: „Der DFB hat vom Lügen die Nase voll“ lautet die Schlagzeile im Kicker. Neudecker wirft Schwan Scheinheiligkeit vor. Im gleichen Artikel wird bereits der Abgesang auf Beckenbauers Länderspielkarriere zum Besten gegeben. Der 31jährige Beckenbauer wurde 1977 nach wie vor als bester europäischer Defensivspieler gehandelt. Erst im Herbst zuvor wählten ihn die Sportjournalisten zum Deutschen Fußballer des Jahres. In der Noten-Bewertung des Kicker kam er in der laufenden Spielzeit auf einen sensationellen Durchschnitt von 1,96. Er stand neun mal in der „Elf des Tages“. „Weltklasse“ lautet seine Einstufung in der „Kicker-Rangliste des Deutschen Fußballs“, sowohl in der Winterpause als auch nach der Saison 76/77.

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Neben Franz Beckenbauer spielte ein gewisser Pele bei Cosmos New York

„Es ist ein Jammer, daß die glanzvolle Laufbahn des Franz Beckenbauer so schmählich enden muß. (…) Wer sich erinnert, wie der [Pele] bei der WM 74 im weißen Anzug werbend für eine Getränkefirma auftrat, den muß traurig stimmen, daß Franz Beckenbauer ohne Übergang den Weg vom Idol zum Reklame-Kasperl geht“, war im Kicker vom 21. April 1977 zu lesen. Und selbst der Fußball-Lehrer Helmut Schön stellte seinen bisherigen Musterschüler in Frage: „Fußball in Amerika ist doch mehr Zirkus als Sport. Wie soll ich da wissen, ob er seine Form behält?“

Nun endlich redete auch der Kaiser persönlich Tacheles: „Ich bin seit zwei Jahren mit Cosmos im Gespräch, habe aber die Verhandlungen auf Wunsch meines Vereines und meines Managers im März abgebrochen. Erst nach der Pressekampagne gegen mich, habe ich mich entschlossen, das Angebot zu akzeptieren und gleich rüberzugehen.“ Fans des FC Bayern-Fanclub Südkurve ließen Ende April 1977 Aufkleber mit dem Konterfei Beckenbauers anfertigen. Sie machten als erste ihren Frieden mit dem Helden vieler gewonnener Fußball-Schlachten.

Es blieb dem 72jährigen Journalisten Richard Kirn vorbehalten, in wenigen Sätzen das Geschehen auf den Punkt zu bringen – in seinen im Kicker vom 28. April 1977 abgedruckten „Stenogrammen“: „Seit Fußball also so ziemlich allem den Rang abgelaufen hat, ist kein bekannter Spieler mehr davor sicher, daß man ihm nachrechnet, wieviel Eisbecher er mit Asta Basta oder Bianca Monika zu sich genommen hat und ob er sie nachher in ihre Wohnung gebracht hat. Nun ja, den einzigen Satz, den ich aus diesem ganzen Beckenbauer-Wirbel behalten werde, ist der des Maier-Sepp, für sieben Millionen wäre ich sogar nach Amerika geschwommen. Im übrigen würde ich mich freuen, wenn dem Franz Beckenbauer, wo er auch noch auftritt, die gleiche Freundlichkeit entgegenklingen würde wie es in München geschehen ist und die sich in zwei Worten ausdrücken läßt:
„Dankschön, Franz!“ “ (Andreas Wittner)

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Das großartige Fußball-Magazin „11 Freunde“ schrieb in Heft Nr. 29 unter der Rubrik: „Gute Musik für Leute, die schlechte Musik lieben“ über diese Single folgendes:
Oh, tun mir die Ohren weh
Fußballmusik kann schön sein, Fußballmusik kann aber auch sehr, sehr grausam sein. Wer wüsste das besser als wir hörgeschädigten Stadiongänger?

Merkwürdig: Sie weinen, sind aber „die lustigen Moosacher“. Der Hintergrund: Beckenbauers Wechsel zu New York Cosmos. Besonders schön, weil sehr ehrlich, die Textzeile „Der Kaiser geht, es geht ihm nur ums Geld!“ Debile Billig-Volksmusik. Schöner Gedanke aber, dass irgendwann mal alle Bayern gleichzeitig weinen müssen.“

Und das waren „Die 3 lustigen Moosacher“

Die 3 lustigen Moosacher waren ein Münchner Trio der volkstümlichen Musik.

Der Name des Trios leitet sich vom Münchner Stadtteil Moosach her, wo sich die drei Musiker zum ersten Mal in einem Kino begegneten.

Die3LustigenMoosacher01Hans Hansi Döring (* 23. August 1931; † 3. Januar 2000) gründete 1949 mit Georg Schorschi Niedermeier (* 26. Juli 1929; † 2004), dem Zitherspieler Toni Weyerer und dem Geiger Christl Bichler das Quartett Die 4 lustigen Moosacher, das sich jedoch schon 1951 wieder auflöste. Danach spielten zunächst Döring und Niedermeier als Duo Hansi und Schorschl weiter. Anlässlich eines Auftritts bei den Münchner Gaswerken lernten die beiden Rudolf Waggi Schneider (* 17. Januar 1934) kennen und gründeten am 30. Januar 1952 die 3 lustigen Moosacher, das zu einem der erfolgreichsten Trios der volkstümlichen Musik werden sollte. Schneider war übrigens der Einzige, der auch im Münchner Stadtteil Moosach geboren wurde.

1960 machten sie ihre erste Schallplatte, der mehr als fünfzehn weitere folgten. In den 1970er Jahren waren sie öfters bei den Lustigen Musikanten im ZDF zu Gast. Zu ihren bekanntesten Liedern zählen sicherlich Ja, mir san mit’m Radl da und Die Brotzeit Polka („mach ma Brotzeit, Brotzeit is die schönste Zeit“), ihr erster großer Hit. Ein ebenfalls sehr erfolgreicher Titel war Geh, Alte, schau mi net so deppert an. Ihre Lieder haben meist humorvolle Texte. Populär waren auch ihre Stammtisch-Platten, auf denen die drei Komödianten vor kleinem Publikum Witze in Münchner Dialekt vortrugen.

Die 3 lustigen Moosacher bewarben sich beim Grand Prix der Volksmusik 1990. Ihr Lied Engerl samma olle net kam auf Platz 11 der deutschen Vorentscheidung.

Am 22. Oktober 1999 traten die 3 lustigen Moosacher in Knetzgau zum letzten Mal gemeinsam auf. (Quelle: wikipedia)

Die B-Seite ist übrigens ein überraschend interessanter Song über eine Oma, die die Welt nicht mehr versteht.

Und, ach ja: den Franz Beckenbauer, der ganz sicher ein begnadeter Fußballspieler war, den gibt´s heute immer noch und er fällt überwiegend dadurch auf, dass er – kaum macht er den Mund auf – heiße Luft  (böse Zungen behaupten gar „gequirllte Scheiße) verströmt.

Die3LustigenMoosacher02Besetzung:
Hans Döring (accordeon, vocals)
Georg Niedermeier (guitar, vocals)
Rudolf Schneider (bass, vocals)

Die3LustigenMoosacher03Titel:
01. Der Kaiser geht und alle Bayern weinen (Traditional/Hertha) 2.34
02. Naa Walzer (Hertha) 2.29

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