Popol Vuh – Seligpreisung (1974)

FrontCover1Popol Vuh war eine experimentelle Band um Florian Fricke, die 1969 in München gegründet wurde und bis 2001 bestand. Die deutsche Formation wird gemeinhin dem Krautrock zugeordnet. Popol Vuh lässt sich aufgrund einer stilistischen Vielfalt und unterschiedlichster Einflüsse, darunter Weltmusik, jedoch schwer auf dieses Genre reduzieren.

Die nach dem Popol Vuh, einem zentralen Schriftstück der Maya-Kultur zur Schöpfungsgeschichte der Welt, benannte Gruppe wurde 1970 nach der Idee von Florian Fricke von ihm, dem Sounddesigner und Kameramann Frank Fiedler und dem Maler, Bildhauer und Perkussionisten Holger Trülzsch gegründet, der aber 1972 wieder austrat, um sich auf seine künstlerischen Tätigkeiten, vor allem in der Zusammenarbeit mit Vera Lehndorff (Veruschka) zu konzentrieren.

Stilistisch werden Popol Vuh dem Krautrock zugerechnet. Ihr Musikstil ist jedoch sehr originär und verbindet Rock mit elektronischer New-Age-Musik und spirituellen Elementen. Auf Grund des Einsatzes von verschiedenster Percussion, exotischen Instrumenten wie der Sitar, den internationalen Sängerinnen sowie Florian Frickes Affinität zu Yoga, Spiritualität und fernöstlicher Kultur kann man Popol Vuh im weitesten Sinne auch der Worldmusic zuordnen. Die Band selbst hat sich stets bemüht, sich der Genre-Zuordnung zu entziehen, und ihre Musik ausschließlich mit Fantasiebegriffen wie Magic Music, Love Music, Cosmic Space Rock u. ä. bezeichnet.

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Gründungsmitglied Fricke zählt zu den Pionieren der damaligen Elektronikmusiker. Die Besetzung der Band wechselte im Lauf der Zeit kontinuierlich. Bereits seit Beginn dabei war Holger Trülzsch (Perkussion) und Frank Fiedler (Sound-Technik). Später stieß Daniel Fichelscher (Amon Düül II) als langjähriges Mitglied dazu. Ein bedeutendes zeitweiliges Mitglied der Band war Klaus Wiese.

Die Band wurde zunächst von Liberty Records unter Vertrag genommen, wo man sich in Gesellschaft von Amon Düül und Can befand, und wo noch im Gründungsjahr 1970 die von Gerhard Augustin produzierte Debüt-LP Affenstunde vorgelegt wurde. Die ersten beiden Alben von Popol Vuh sind geprägt durch den Klang von Perkussion und des legendären Moog III-Synthesizers, der später an Klaus Schulze abgetreten wurde. Das zweite Album In den Gärten Pharaohs erschien 1971 auf Rolf-Ulrich Kaisers Pilz-Label und ist zur Hälfte live in einer Kirche eingespielt. Beim dritten Album Hosianna Mantra (1972) stießen Conny Veit und die koreanische Sängerin Djong Yun zur Stammbesetzung. Yun war auch wieder auf dem übernächsten Album Einsjäger & Siebenjäger von 1975 zu hören.

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Die 1970er-Jahre gelten als produktivste Phase von Popol Vuh. Neben Studioalben und seltenen Live-Auftritten wurde die Band durch ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur Werner Herzog bekannt, für dessen Filme wie Aguirre, der Zorn Gottes, Nosferatu – Phantom der Nacht, Herz aus Glas oder Fitzcarraldo sie die Soundtracks schuf. Kennzeichnend für Aufnahmen aus dieser Zeit ist die Verwendung der Choir Organ, einer Einzelanfertigung. Dieses Mellotron-ähnliche Vorläuferinstrument späterer Sampler ermöglichte es, durch Tapetechnik Chorstimmen oder Orchesterklänge in den Klang der Band zu integrieren. Über die Herkunft und den Verbleib des Instruments gibt es seit den 1980er-Jahren keine gesicherten Erkenntnisse und auch keine fotografischen Dokumente mehr. Es wurde in den 1970ern von mehreren Personen der Münchner Musikszene verwendet und ist z. B. auf Alben von Amon Düül II (Wolf City oder Tanz der Lemminge) und Klaus Doldinger zu hören.

Der erste Auftritt im Ausland fand 1976 in Mailand statt. Ab 1978 arbeitete Popol Vuh zeitweilig wieder mit Gerhard Augustin zusammen, der weitere Alben und Soundtracks der Band produzierte. Ab 1983 trat Popol Vuh in den Schatten des auf zahlreichen Weltreisen stattfindenden Filmschaffens von Fricke und Fiedler. Alben erschienen nun weniger häufig als in den 1970er-Jahren, dennoch regelmäßig (siehe Diskografie).

Mitte der 1990er-Jahre meldeten sich Popol Vuh mit City Raga (unter Verwendung von Stimmaufnahmen der Atemtherapeutin Maya Rose) zurück. In die Arbeit der 1990er-Jahre flossen nun auch aktuelle Musikströmungen aus dem Techno-Bereich mit ein. Neben Fricke und Fiedler war zeitweise Guido Hieronymus an den Studiosession beteiligt. 1999 erschien das letzte Album Messa di Orfei und dazu auch als Filmedition.

Mit dem frühen Tod von Florian Fricke im Jahr 2001 ging auch die Geschichte von Popol Vuh zu Ende. (wikipedia)

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Hier das vierte Album von Popol Vuh:

War der Vorgänger eine kongeniale Verbindung (sowohl philosophisch als auch musikalisch) von östlicher (indischer) und westlicher (christlicher) Spiritualität, betritt die „Seligpreisung“ auf dem ersten Blick nur christlichen Boden. Doch gerade die „Seligpreisungen“ (und die Bergpredigt im Ganzen) sind eine DER Religionsübergreifenden Passagen des neuen Testamentes und findet und fand auch bei anderen Religionen großen Anklang.

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Musikalisch ist die „Seligpreisung“ ernster, ja schwermütiger als sein Vorgänger. Fast jede „Preisung“ beginnt verhalten, wandelt sich aber dann in strahlendes „Dur“ und das Tröstende dringt wie ein Lichtstrahl durch die verhangenen, fast rein akustischen Klangwolken. Irgendwie wünscht man sich aber gerade in den Vocals die Stimme von Djong Yun zurück, die dem Vorgänger diese ätherische Aura verlieh. Im Bonustrack darf sie uns aber nochmal verzaubern (ich denke „Be in Love“ ist auch ein Überbleibsel aus den „Hosianna Mantra“ Sessions) und gibt der ganzen Seligpreisung noch etwas mehr Liebreiz. Im Ganzen nicht so stark wie sein Vorgänger, aber trotzdem eines der „unverzichtbaren“ Alben der Popol Vuh Krautrockphase, wobei Rock bei diesen zerbrechlichen Klängen kaum mehr zutreffend ist.
(Michael Hirle)

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Seligpreisung erschien 1973 als viertes Album der Formation um Florian Fricke. Schon auf dem Vorgänger Hosianna Mantra hatte sich der Stil der Band radikal verändert, weg vom elektronischen Krautrock ihrer ersten beiden Alben; im Zusammenhang mit christlich inspirierter Musik mochte Florian Fricke den Moog Synthesizer nicht mehr verwenden und verkaufte ihn an Klaus Schulze. Stattdessen konzentrierte er sich fortan aufs Klavier. Zur Stammbesetzung auf Seligpreisung gehören noch drei Musiker an Gitarre, Tamboura (ein der Sitar ähnliches Saiteninstrument), Oboe (Robert Eliscu von Between) und Percussion, als Gast ist ist mit Conny Veit (Gila) ein weiterer Gitarrist dabei.

An sich wurde die Musik von den Kollegen schon ausreichend beschrieben, daher nur ein paar kurze Anmerkungen dazu. Wer angesichts der religiösen Thematik des Albums erhabene, salbungsvolle Musik erwartet, dürfte überrascht sein, geht es streckenweise doch recht flott zur Sache. Die beiden Gitarristen setzen immer wieder zu wunderbaren krautig-psychedelischen Ausflügen an, die durch das weitgehend unverzerrte Spiel bei aller Dynamik dennoch recht sanft wirken. Manchmal hat die Musik dazu einen leichten Westcoast-Einschlag (etwa in Tanz der Chassidim), der interessanterweise stark an das im gleichen Jahr erschienene zweite Album von Gila erinnert.

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Auch Einflüsse indischer Musik sind immer weder vernehmbar. Natürlich gibt es auch Momente, in denen die Musik einen erhaben-friedvollen Charakter hat, aber die fein ziselierten Läufe von Klavier und Gitarre erfreuen auch in diesen Passagen, und bald wird es dann auch wieder flotter. Gelegentlich gibt es etwas Gesang von Florian Fricke, einzelne Sätze nur, oft langgezogen intoniert und dadurch wie eine Beschwörung anmutend.

Sicher, diese Musik bietet keine großen Herausforderungen. Aber es ist keine Musik zum bloßen nebenbei hören und einlullen lassen. (Jochen Rindfrey)

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Besetzung:
Robert Eliscu (oboe)
Daniel Fichelscher (guitar, drums, percussion)
Florian Fricke (piano, harpsichord, vocals)
Conny Veit (guitar)
Klaus Wiese (tambura)
+
Fritz Sonnleitner (violin bei 07.)
Djong Yun (vocals bei 07.)

Booklet

Titel:
01. Selig sind, die da hungern. selig sind, die da dürsten nach Gerechtigkeit. Ja, sie sollen satt werden 6.00
02. Tanz der Chassidim 2.54
03. Selig sind, die da hier weinen. Ja, sie sollen später lachen 5.08
04. Selig sind, die da willig arm sind. Ja, hier ist das Himmelreich 3.12
05. Selig sind, dieda Leid klagen. Ja, sie sollen getröstet werden + Selig sind, die Sanftmütigen. Ja, sie werden einst die Erde erben 6.13
06. Selig sind, die da reinen Herzens sind. Ja, sie sollen Gott schauen 5.15
07. Ja, sie sollen Gottes Kinder Heißen. Agnus Dei, Agnus Dei 4.59

Musik: Florian Fricke
Texte: Florian Fricke & Apostel Matthäus (1)

LabelB1

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(1) Der heilige Matthäus, oder Matthäus der Evangelist, war nach Ansicht der Kirchenväter einer der zwölf Apostel Jesu und einer der vier Evangelisten.

St Matthew

Er schrieb die Seligpreisungen (zu finden in der sog. Bergpredigt), die die Textgrundlage für dieses Album bildeten.

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Zwei inoffizielle Webseiten:
Website1

Website2

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