Ulli Martin – Meine Fehler seh´ ich ein + Du bist frei (1980)

FrontCover1.jpgUnd jetzt ein – aus meiner Sicht – besonders tragisches Beispiel aus jener glitzernden Schlagerwelt, die oftmals auch sehr tückisch sein kann.

Ulli Martin, bürgerlich: Hans Ulrich Wiese (* 19. Juli 1946 in Osnabrück) ist ein deutscher Schlagersänger.

Hans-Ulrich Wiese begann seine Karriere in den 1960er Jahren als Sänger in einer Beatgruppe (The Bats, später umbenannt in The Mad Bats). Für seine Mutter hatte er ein Band mit einigen Liedern besungen, das durch Zufall dem Musikproduzenten Leo Leandros in die Hände fiel. Er erkannte das Potential des jungen Sängers und produzierte mit ihm einige Singles, die aber unbeachtet blieben. Im Sommer 1971 landete die Single Monika auf Platz 2 der deutschen Hitparade. Dieser Titel basierte auf dem patriotischen bulgarischen Schlager Moja strana, moja Bulgaria von Emil Dimitrov. Auch mit den beiden folgenden Singles Ich träume mit offenen Augen von dir (Platz 3, 1972) und Du mußt nicht weinen (Platz 10, 1972) hatte er Erfolg. Leo Leandros verlor aber schnell wieder das Interesse an ihm, weil er sich auf die Karriere seiner Tochter Vicky Leandros und die des aufstrebenden Demis Roussos konzentrierte.

UlliMartin01.jpgDementsprechend wurde Ulli Martin mit durchschnittlichen Liedern versorgt, die sich nur noch mäßig verkauften. Bis 1974 hatte er mit Ein einsames Herz, das braucht Liebe (Platz 25, 1972), Ich liebe dich (Platz 21, 1973), Du bist das allerschönste Mädchen (Platz 42, 1974) und Mariann, Mariann (Platz 42, 1974) weitere Hits, bevor er in der Versenkung verschwand. Es folgten bis in die frühen 1980er Jahre diverse Comebackversuche, die aber scheiterten. (Quelle: wikipedia)

Was dieser wikipedia Beitrag allerdings verschweigt, ist der Rest der Geschichte:

Steiler Aufstieg, tiefer Fall:

„Ich wurde zum Superstar befördert“, erinnert sich Ulli Martin, der mit „Monika“ und „Ich träume mit offenen Augen von dir“ in den 70er Jahren zwei Top-Ten-Hits landete. Heute kennt ihn kaum noch jemand.

Der Stern des von Leo Leandros entdeckten und später von Ralph Siegel gemanagten Sängers, der vorher eine Schauspiel- und Gesangsausbildung genossen hatte, fiel so schnell, wie er aufgestiegen war. Heute lebt Ulli Martin (bürgerlich: Hans Ulrich Wiese) nach Depressionen und Alkoholsucht in einem Pflegeheim in Bad Bramstedt. Der Kieler Filmemacher Karl Siebig und Bernd Soffner porträtieren ihn in der Doku „Ulli Martin – Was vorher war, das zählt nicht mehr“.

Steiler Aufstieg und tiefer Fall sind in der „von Haifischen beherrschten Glitzerwelt des Schlagers“ (Siebig) nicht selten. Warum also gerade Ulli Martin als Protagonist? Sein Freund Bernd Soffner, Sozial-Betreuer Martins, hatte Siebig gefragt, ob man über Ulli nicht einen Film machen sollte. Siebig zweifelte zunächst, dachte dann aber an sein dokumentarfilmerisches Credo: „Wenn Menschen in extreme, existentielle Situationen geraten, seien es positive oder negative, kommt der Kern ihrer Person zum Vorschein.“

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Zwei Jahre lang begleiteten die Filmemacher Martin, ließen ihn erzählen, brachten ihn mit den alten Kollegen Tex Haper und Tony Tornado zusammen, und zeigen, wie Martin auch mit 71 Jahren gegen alle Kränkungen und Katastrophen immer noch von einem Comeback mit nun selbst geschriebenen Songs träumt. „Ich habe ein Näschen für Hits“, weiß Ulli, hat auch einige Demos aufgenommen, aber wie einst „kein glückliches Händchen, das in klingende Münze umzusetzen“.

„Er gehörte zu den wenigen in der Schlagerbranche, die wirklich singen konnten“, erinnert sich Tony und lobt das „Vibrato-Timbre“, das seine Stimme besonders romantisch machte. „Doch das hat mir nichts genützt, weil ich mich nie gut verkaufen konnte“, ergänzt Martin. Er bekommt heute lediglich ein Taschengeld von 100 Euro im Monat, weil er sich um Alterssicherung nie gekümmert hat, geschweige seine ehemaligen Manager und Produzenten. (Jörg Meyer, Kieler Nachrichten, 16. Mai 2018)

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Nun, in der Tat, viel tiefer kann man nicht fallen …

Diese Single stammt aus seiner späten Schaffensphase, ist einerseits eigentlich kaum einer Erwähnung wert.

Aber zumindest textlich hat ist es ein interessantes Zeitdokument, denn hier wird das Verhältnis der Geschlechter, so wie der damalige Zeitgeist tendenziell tickte, thematisiert.

Und natürlich geht es erstmal um den Mann. Auf Seite eins hören wir den modernen Mann … reumütig … international gab´s ja auch mal diesen Schmachtfetzten „Please Forgive Me“.

Auf der Seite zwei hören wir den modernen Mann, der die Zeche zu zahlen hat, eventuell weil er nicht reumütig genug war.

Na ja, so wie sich das halt Schlagertexter vorstellen.

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Besetzung:
Ulli Martin (vocals)
+
ein kleiner Haufen unbekannter Studiomusiker

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Ulli Martin bei einer Autogrammstunde in der Ostseehalle Kiel (1976)

Titel:
01. Meine Fehler seh´ ich ein (Traditional) 3.42
02. Du bist frei (Brügge/Arnie/Arling) 2.25

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