Janus – Gravedigger (1972)

LPFrontCover1Eigentlich kamen sie ja aus England … aber in Deutschland trieben se ihr „Unwesen“:

Dies ist die Geschichte von JANUS, die 1970 als progressive Rockband aus englischen Musikern in Krefeld in Deutschland geboren wurde und 1973 pleite und unbekannt in den Ruhestand ging, obwohl sie bei dem renommierten EMI-Label „Harvest“ neben Bands wie Deep Purple, Pink Floyd und Edgar Broughton unter Vertrag war…
…Die ursprüngliche Band bestand aus COLIN ORR (Gitarre/Keyboards), ROY YATES (klassische Gitarre), BRUNO LORD (Gesang), DEREK HYETT (Gesang), MICK PEBERDY (Bass) und KEITH BONTHRONE (Schlagzeug). Der Stil war wirklich originell, und man hat gesagt, dass JANUS die Begründer des Genres waren, das sich zum „akustischen Rock“ entwickelte.

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Dabei wird wahrscheinlich übersehen, dass die Band, wie der Name, zwei sehr unterschiedliche, schizophrene Seiten hatte. Sie waren zu sanften, schönen Melodien fähig, brachten aber auch einige Megadezibel-Songs heraus, die sie ein paar Jahre später als Punkband abgestempelt hätten. Als sie 1970 bei EMI Harvest unter Vertrag genommen wurden, nahmen sie 1971 das klassische Album Gravedigger“ auf. Bemerkenswerterweise wurde das gesamte Album, einschließlich der Abmischung, in 24 Stunden Studiozeit aufgenommen…

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…Zwei Jahre lang lebte die Band in Holland, feierte weiter – was den „Sommer der Liebe“ zu einem 36-monatigen Ereignis machte – und schaffte nur wenige Live-Auftritte…
…Ende 1973 kam JANUS nach England und schaffte es, vor einem oder zwei dankbaren Universitätspublikum aufzutreten, bevor sie als einzige Band in der Geschichte aus dem Cavern Club in Liverpool geworfen wurden (zu schwer…. laut gelesen). 1974 war es an der Zeit, Schluss zu machen, und das war das erste Ende von Janus…

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Die Band gab´s dann immer wieder mal … aber nicht mehr in deutschen Landen … wer darüber mehr erfahren will, kann das hier tun.

Hier also ihr legendäres Debütalbum:

Die Band kommt aus dem Vereinigten Königreich, hat aber ihre Aufnahmen in Deutschland gemacht. Hmmmm…..das ist ein gemeinsamer Punkt mit einer anderen britischen Band, die das Vereinigte Königreich verlassen musste, um erfolgreich zu sein: Nektar. Abgesehen davon gibt es keine wirkliche Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Bands.

Janus hätte eine legendäre Karriere machen können, wenn man sich die Musik auf diesem Album anschaut. Es gibt ein paar Stücke (nicht sicher….. wahrscheinlich die letzten 3 oder 4?), die später hinzugefügt wurden, etwa 1993 oder so.

Die Originalaufnahmen aus dem Jahr 1972 dieses Juwels sind, gelinde gesagt, faszinierend. Sie verwenden viele starke Effekte, wie z. B. rückwärts gespielte und wieder abgespielte Gitarren, abgedrehte, effektlastige Riffs, die nur so vor spacigen Obertönen strotzen.

Ich hatte mir vorgenommen, bei der Vergabe von 5-Sterne-Rezensionen extrem konservativ zu sein, also werde ich bei diesem einzigen Werk von Janus ein wenig sparsam sein. DEnnoch sehr empfehlenswert für  Fans von Hendrix, dem gesamten Psychodelic-Genre, dem Spacerock-Genre und Progressive-Rock-Fans gleichermaßen. (von beebs)

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Produzent war übrigens Rainer Pietsch, der sich später dann im Schlager-Genre einen Namen gemacht hat:

Rainer Pietsch (* 12. April 1944 in Walburg; † 21. August 1997 in München) war ein deutscher Musikproduzent, Sänger (unter dem Namen Ray P. bekannt), Songwriter und Dirigent.

1953 kam er zum Thomanerchor Leipzig und flüchtete 1958 aus der DDR. In seiner Jugendzeit war er in der Kölner Beatmusik-Szene aktiv und 1962 Gründungsmitglied der Rock-Band Ray & Typhoons, einer Vorläuferband der Bläck Fööss, bei der er mit diversen Mitgliedern der späteren Band zusammen spielte. Nach seinem Abitur 1965 nahm er ein Jahr später eine erste Single auf. Ab 1969 war er als Produzent bei Harvest Records tätig, arbeitete als Arrangeur und machte sich ab 1971 selbständig. 1976 gründete Pietsch den R.A.M Musikverlag und 1979 den AutoBahn Musikverlag Pietsch u. Co.

Die erste Goldene Schallplatte als Musikproduzent erreichte er 1975 zusammen mit Michael Holm und dem Titel Tränen lügen nicht. Seine erste Teilnahme am Grand Prix war 1975 mit Joy Flemings Ein Lied kann eine Brücke sein, für das er die Musik komponiert hatte und am Veranstaltungsabend auch das Orchester dirigierte.

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Beachtung erhielt dies medial besonders, weil er zu Beginn des Stückes mehrfach kräftig rhythmisch auf den Boden stampfte. Er erhielt in seiner Laufbahn weitere goldene Schallplatten als Komponist. 1984 nahm er mit dem Titel Don’t break the silence am Tokio Song Festival teil und erreichte den 2. Platz.

Er dirigierte dreimal den deutschen Beitrag zum Eurovision Song Contest:

1975: Ein Lied kann eine Brücke sein, das er selbst komponiert und für das Michael Holm den Text geschrieben hatte
1985: Für alle mit der Gruppe Wind
1990: Frei zu leben mit den Interpreten Chris Kempers und Daniel Kovac

Er schrieb Musik unter anderem für Ingrid Peters, Jürgen Drews, Mary Roos, Michael Holm, Nicole, Rex Gildo und Wind. (wikipedia)

Nun ja, ich habe dieser Präsebtation dann noch ein ausführliches Interview mit Colin Orr aus dem Jahr 2015 beigelegt, in dem er auch über die „deutschen Jahre“ berichtet.

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Besetzung:
Keith Bonthrone (drums, vocals bei 08.)
Derek Hyett  (vocals)
Bruno Lord (vocals, harmonica bei 08.)
Colin Orr (guitar, keyboards)
Mick Peberdy (bass)
+
Doug Boyes (cello, synthesizer, percussion bei 08. + 10.)
David Harold (bass bei 08.)
Bruno Lord (all instruments bei 07.)
Paul May (bass, percussion bei 06.. guitar bei 10. )
Nick O´Connor (keyboards bei 08.)
Paul Phoenix (vocals bei 08.)
Roy Yates (classical guitar bei 05.)

LPBooklet

Titel:
01. Red Sun (Orr) 8.55
02. Bubbles (Orr/Hyett) 3.53
03. Watcha’ Trying To Do? (Orr) 3.54
04. I Wanna’ Scream (Lord/Orr) 2.43
05. Gravedigger (Lord/Orr/Hyett/Bonthrone/Peberdy/Yates) 20.48
+
06.  Red Sun (studio version, 1980) (Orr) 5.31
07. Napalm (Sticks To Kids) / Watergarden (1984) 6.56
08. War Machines (Single 1990) (
Producer – Janus (5)
09. Yesterday Has Turned To Shapeless Life (Orr/Lord/Harrold/May/Janssen) 5.35
10. Dark Christmas (Single, 1981) (Orr/Boyes/May) 3.52
11. No Idea (live 1969) (unknown) 4.30
10 Yesterday Has Turned To Shapeless Life (Instrumental) (Orr)

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Wir waren insgesamt sechs Musiker, die aus der Zusammenlegung zweier Bands hervorgingen – Keith Bonthrone am Schlagzeug, Mick Peberdy am Bass, Roy Yates an der klassischen/Flamenco-Gitarre, Bruno Lord am Gesang, Derek Hyett am Gesang und ich (Colin Orr) an der Gitarre/Keyboard. Roy und Derek dienten in der britischen Armee (schieden aber aus, als die Band von EMI unter Vertrag genommen wurde), der Rest von uns arbeitete für die NAAFI-Organisation in Krefeld. Tatsächlich waren wir für den ersten Streik in der 100-jährigen Geschichte von NAFFI verantwortlich, als man beschloss, uns in ein Wohnheim in Duisburg zu verlegen. Ich habe mich kürzlich sehr darüber gefreut, dass die Stadt Krefeld die Band als Teil der Geschichte der Stadt aufgenommen hat.

Wo habt ihr geprobt?

Wir hatten verschiedene Proberäume, meist kleine Keller (einer davon in der NAAFI-Herberge in Krefeld), in denen wir monströse Marshall-Stacks auf volle Lautstärke gestellt haben, was damals Spaß gemacht hat, aber vielleicht erklärt, warum wir heute alle dazu neigen, Fragen mit „Was?“ zu beantworten….. Wir haben auch einen alten Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg in Krefeld benutzt, was ein bisschen seltsam war, da die Wände noch etwas von dem Material aus den 1940er Jahren hatten. Zeitweise probten dort auch andere Krefelder Bands, so dass es oft darum ging, wer am lautesten spielen konnte – Janus gewann meistens. (Interview mit Colin Orr)

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