Geschwister Well – Fein sein – beieinander bleibn (2013)

FrontCover1Als sich die Biermösl Blosn bei uns im schönen Bayernland aufgelöst haben, war die Trauer doch ziemlch groß (freilich nicht bei den Anhängern der CSU … die werden in Altötting mehr als eine Kerze angezündet haben.

Aber natürlich ging das Leben weiter und auch die musikalischen Aktivitäten der Well-Brüder. Zei von ihnen besannen sich auf ihre Familienwurzeln und gründeten mit anderen Geschwistern der Familie Well (insgesamt waren es 15 an der Zahl !!!) das Ensemble „Geschwister Well“ um gemeinsam mit dem Regisseur Franz Wittenbrink (er stammt aus eine Familie mit 13 Kindern) eine Art „bunte Revue“ über das turbulente Leben der Familie Well zu inszenieren.

Sie standen noch nie zusammen mit einem Bühnenprogramm auf der Bühne – außer in ihrer Kinderzeit. 6 der 15 Geschwister aus der Großfamilie Well, Stofferl und Michael von der Biermösl Blosn, die Wellküren Burgi, Bärbi, Moni und Karli Well erzählen in „Fein Sein, Beinander Bleibn“ aus ihrer Familiengeschichte. Man könnte es auch eine „Familienaufstellung auf volksmusikalischer Basis“ nennen. Gespielt wird Harfe und Zither, Hackbrett und Dudelsack, Nonnentrompete, Akkordeon, Alphorn, Trompete, Horn, Klarinette, Saxophon, Maultrommel, Flöte, Okarina, Schlagzeug, Regenmacher, Geige, Kontrabass, diverse Tuben und Brummtöpfe …

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Die 6 Geschwister zusammen mit Vater Hermann Well im Jahr 1964

Es wird gesungen und gespielt, gedichtet und gereimt, gejodelt und geschuhplattelt, gestritten und wieder versöhnt. Natürlich kommt bei jeder Vorstellung Familienbesuch vorbei, mal Gerhard Polt als Onkel, mal andere Geschwister, diverse Neffen und Nichten, der CSU-Ortsvorsitzende, der Bürgermeister, der Jagdpächter, genervte Nachbarn oder der Pfarrer, oder vielleicht schaut auch mal die 91-jährige Mutter nach dem Rechten. Für die Regie haben sich die Geschwister Well, kurz vor ihrem 50-jährigen Bühnenjubiläum, mit Franz Wittenbrink zusammengetan, der selbst aus einer 13-KinderFamilie stammt und mit seiner Regensburger Domspatzen-Vergangenheit reichlich Hausmusikerfahrung mitbringt. (Pressetext)

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Zuchtperle der Volksmusik:

Wenn Markus Söder zum „fränkischen Abszess“ wird: Zweieinhalb Wochen nach dem letzten Konzert der „Biermösl Blosn“ präsentieren sechs Well-Geschwister in München ihr neues Programm. Das Sextett rast im Eiltempo durch bayerische Geschichte, erfüllt CSU-Mann Thomas Goppel einen Wunsch – und klärt nebenbei noch jede Menge Großfamilienstreitigkeiten.

Auf der Bühne im Schauspielhaus der Münchner Kammerspiele ist an diesem Abend für die sechs Well-Geschwister eigentlich gar kein Platz. Harfen stehen dort herum, immer wieder eine Tuba, Trompeten, ein Kontrabass – und was nicht auf der Bühne steht, ist hinten feinsäuberlich an dünnen Seilen aufgehängt: Ukulelen, ein Banjo, eine Steirische Harmonika und geschätzt 17.400 weitere Instrumente, von deren Existenz man bis zu diesem Abend nichts wusste. Später werden auch noch drei Alphörner aus dem Boden herausfahren. Man stellt sich unweigerlich vor, wie vollgestellt mit Instrumenten seinerzeit das Haus der Wells in Günzlhofen gewesen sein muss.

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„Fein sein, beinander bleiben“ heißt da neue Programm, bei dem sich sechs der 15 Kinder der Musikerfamilie Well zum gemeinsamen Liederabend treffen. Auf der Bühne: Christoph „Stopherl“ Well. (Foto: dapd)

Das Musizieren, so viel vorweg, ist die eindrücklichste Leistung des Abends. „Fein sein, beinander bleiben“ heißt das Programm, bei dem sich sechs der 15 Kinder der Musikerfamilie Well zum gemeinsamen Liederabend treffen.

Christoph und Michael haben erst vor zweieinhalb Wochen in Fürth das Abschiedskonzert der bayerischen Kultcombo Biermösl Blosn hinter sich gebracht. Jetzt stehen sie ohne Hans, den Dritten im Bunde, auf der Bühne, was dem Motto des Abends einen etwas schalen Beigeschmack gibt.

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Aber Hans Well bleibt ja nicht untätig. Zusammen mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt übt er ein eigenes Programm ein, das am 10. Februar in Stein an der Traun Premiere hat. Dafür mischt in den Kammerspielen Bruder Karli mit, der bei einem anderen Familienprojekt, den Well Buam auch die Klarinette spielt – und dazu sind noch die drei Schwestern Bärbi, Burgi und Moni, die sonst als Wellküren auf Tournee gehen, gestoßen.

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Franz Wittenbrink

Komplettiert wird die Combo durch die inzwischen 92 Jahre alte Mutter Traudl, sie ist für die Zither eingeteilt. Zumindest dann, wenn sie Zeit hat – so steht es im Programmheft. Und an diesem Abend hat sie Zeit.

Zusammen mit Regisseur Franz Wittenbrink, den man in den Kammerspielen von seinen erfolgreichen Liederabenden „Männer“ und „Denn alle Lust will Ewigkeit“ kennt, haben die Well-Geschwister ein Programm zusammengestellt, das in seiner Optik geradezu minimalistisch daherkommt.

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Visuelle Effekte gibt es nicht – wenn man von der idyllischen Heidi-Landschaft absieht, die immer wieder als Hintergrundbild eingeblendet wird. Und auch die Rahmenhandlung engt das Programm nicht unnötig ein: Sie besagt, dass das Sextett nach Jahren des finanziellen Darbens nun den kommerziellen Erfolg sucht und für die Auftritte bei einer Rohrverlegerfirma, einem Pharmakonzern und bei einem Oktoberfest-Imitat in den USA (gesponsert von einer Weißwurstfirma „im Joint-Venture mit Alfons Schuhbeck“) probt.

Genügend Freiräume also für den hintergründigen Well’schen Wortwitz, für allerlei Gemeinheiten und jede Menge familieninterner Frotzeleien. So landet man in der fiktiven Volksmusiksendung Zuchtperle der Volksmusik, bei einer „Weihwasser-Pipeline“ von Tschenstochau nach Altötting, entdeckt Gemeinsamkeiten der bayerischen und chinesischen Sprache („Bier hamma nimmi, sauf ma halt a Wassi“) und erlebt, wie Mutter Traudl vom Nikolaus – Gerhard Polt mit einem Gastauftritt – die Leviten gelesen bekommt.

Natürlich kommt auch der Well-Auftritt in den Kammerspielen nicht ohne die durch die Biermösl Blosn Kult gewordenen Spott-Attacken auf die CSU aus. An diesem Abend ist es der Song „Im Darm“, der Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer gewidmet ist, und Neu-Finanzminister Markus Söder zum „fränkischen Abszess“ sowie Verkehrsminister Peter Ramsauer zum „Zeck“ macht.

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Der ehemalige Wissenschaftsminister Thomas Goppel, so erzählen die Wells, sei an sie mit der Bitte herangetreten, doch endlich mal etwas Nettes über die CSU zu singen. Das hat er jetzt davon.

Kurz vor der Pause schließlich lassen die Geschwister in einem Lied die bayerische Geschichte Revue passieren. Während über die Leinwand Familienbilder der Wells aus den vergangenen Jahrzehnten ziehen, schleudern die Musiker Stichwort für Stichwort wie aus einer Pistole ab: Uschi Glas, Nicki, Sedlmayr, Laptop, Lederhose, Gammelfleisch, Problembär, Trappatoni, Mixa, Guttenberg – das Publikum tobt vor Freude.

Dabei sind das noch nicht die besten Momente des Programms, das – mit Pause – fast drei Stunden lang dauert. Beeindruckend ist vor allem das musikalische Können der Geschwister. Wie sie problemlos von einem zum anderen Instrument wechseln, die Ukulele weglegen und dafür die Klarinette ansetzen, Blockflöte spielen und Tuba, Dudelsack und Banjo, Harfe und Saxophon und dazu auch noch singen, das macht den Wells so schnell niemand nach.

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Es mischen sich Beethoven und Queen im Alphorn-Medley, da werden anspruchsvolle Trompeten-Soli dargeboten, wie man sie sonst auch bei den Philharmonikern im Gasteig hört (was auch nicht wundert, schließlich wurde Christoph Well seinerzeit von Generalmusikdirektor Sergiu Celibidache als Solotrompeter zu den Münchner Philharmonikern geholt).

Und weiter geht es: Stubenmusik mit Nonnengeige und Brummtopf. Yellow Submarine. Carmen von Georges Bizet. Mendelssohn. Angus Young. Highway to Well! Das alles wirkt einfach, spielerisch leicht geradezu, als wäre der Auftritt in den Kammerspielen keine Premiere sondern ein Abschlusskonzert.

Natürlich wird auch gestritten, das gehört sich schließlich so für eine ordentliche Großfamilie. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage durch das Programm, wer wem damals den Schürhaken ins Gesicht gehauen hat. Am Ende eskaliert der Streit – musikalisch. Das Sextett trötet und hupt wild durcheinander – um sich dann beim Abschlusslied „Fein sein, beinander sein“ wieder als verschworene Familien-Clique zu präsentieren.

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Und so ist der Liederabend der Well-Geschwister auch eines: eine Ode an die Familie, deren Bande so eng sind, dass sie nichts zerreißt. Kein Schürhaken, kein vergeigter Einsatz – und auch nicht das Ende der Biermösl Blosn. (Fast drei Stunden dauert das Programm in den Münchner Kammerspielen. (Tobis Dörfler, Süddeutsche Zeitung vom 6. Februar 2012)

Das eigentliche Programm dauerte fast 3 Stunden, von daher it auf diesem Album nur ein klener Ausschnitt zu hören (zumindest ne Doppel-CD hätte es schon sein können !)

Eigentlich überflüsig zu erwähnen, dass hier ein Ensemble von hochkarätigen Volksmusikanten am Werke waren, allen voran natürlich der Stofferl Well, der über eine klassische Ausbildung verfügt.

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Und so gibt es eine roßartig launige Musikmischung … neben traditionellen Klängen erklingt dann noch der Bolero von Ravel oder aber auch, man glaubt es kaum „Highway To Hell“ in einer ganz speziell bearbeiteten Fassung („Schwager“).

Und dann gelingt es dem Ensemble in dem Lied „Auf beim Spund“ eine bitterböse und dennoch vergnügliche Zeitreise durch das Bayernland mit all seinen Skandalen und Ereignissen der letzen Dekaden zu zelebrieren.

Achja … und gerappt wird dann auch noch („40 Cent“) und auch hier kabnn man sich davon überzeugen, dass ihre Texte weiterhin auch bissig-sarkastisch sein können … angesichts unserer Zeiten geht das wohl auch gar nicht anders.

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Und mittendrin, Mutter Gertraud Well (Jahrgang 1919)

Und auh deshalb drängt mich geradezu, hier auch ein paar Informationen zur Mutter, der Getraud Well  loszuwerden:

Traudl Well (eigentlich Gertraud Well, Geburtsname Gertraud Effinger; * 19. November 1919 in Schiltberg; † 16. Januar 2015 in Günzlhofen) war eine deutsche Volksmusikerin und 15-fache Mutter, deren Kinder als Vorreiter der neuen Volksmusik in Bayern bekannt wurden.

Traudl Well war die Tochter von Lorenz Effinger, der Bader in Schiltberg war. Gerne hätte sie Medizin studiert, doch erlaubten es die finanziellen Verhältnisse nicht. Sie wurde Arzthelferin, schon im Alter von 14 Jahren arbeitete sie bei einer Arztfamilie in Hilgertshausen, bei der sie auch im Haushalt half.

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Sie heiratete Hermann Well (1913–1996), einen Lehrer. Mit ihrem Mann lebte sie von 1949 bis 1954 in Willprechtszell, zeitweilig in Sielenbach, und ab 1956 in Günzlhofen. Das Paar wurde durch seine Kinder bekannt: Stofferl, Michael und Hans Well bildeten die Biermösl Blosn. Die Töchter zogen bald nach und wurden unter dem Namen Wellküren wie ihre Brüder weit über die Grenzen Bayerns bekannt. Traudl und Hermann Well zogen ihre 15 Kinder in finanziell engen Verhältnissen auf. Für Lebensmittel hatte sie 340 Mark im Monat zur Verfügung, abzüglich der Mietkosten.[6] Schon früh förderte sie die musikalische Ausbildung der Kinder und übte Musikstücke ein, mit denen die Familie auftrat. Ihr Mann übte mit den Kindern das Singen, sie lehrte sie, Flöte zu spielen.

Traudl Well lernte im Alter von 40 Jahren das Zitherspiel und als 55-Jährige Harfe, um mit auf der Bühne stehen zu können. 2005 nahm sie mit ihrem Sohn Hans für den Bayerischen Rundfunk einige Zither-Stücke auf. 2007 porträtierte das Magazin Vogue Traudl Well in einem ausführlichen Bericht. Auftritte hatte sie noch mit mehr als 90 Jahren. So wirkte sie 2012 mit ihren Söhnen und Töchtern beim Hausmusikabend Fein sein, beinander bleiben unter der Regie von Franz Wittenbrink in den Münchner Kammerspielen mit.

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Gertraud Well mit Campino

An der Volkshochschule in Olching gab Traudl Well bis ins 90. Lebensjahr Kurse im Herstellen von Klosterarbeiten aus Wachs. Die Anleitungen gab sie anschließend weiter zu Hause.[9]

Traudl Well konnte noch ihren 95. Geburtstag feiern. Ihren letzten Auftritt hatte sie am vierten Adventssonntag 2014 in der vollbesetzten Wallfahrtskirche Herrgottsruh bei Friedberg, in der vier Generationen der Familie Well das Krippenspiel aufführten.

Sie hinterließ 15 Kinder, 36 Enkelkinder und 31 Urenkel.

Traudl Well war Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Verliehen wurde ihr die Auszeichnung 2006 „für ihren Einsatz bei der Pflege der Volksmusik und Volkskultur“.

Zu ihrem 90. Geburtstag verlieh die Gemeinde Oberschweinbach Traudl Well die Ehrenbürgerwürde. Ausgezeichnet wurde sie für ihren Einsatz „zur Erhaltung des ländlichen Brauchtums und für ihren Beitrag zur Bereicherung des kulturellen Dorflebens“.

Traueranzeige

2009 nahm Traudl Well stellvertretend für ihre Familie den Tobi-Reiser-Preis entgegen, den die „Freunde des Salzburger Adventsingens“ verleihen. Ausgezeichnet wurde die Familie für ihre „ausgeprägten musikalischen Traditionen“, die eine „generationsübergreifende Vermittlung und Weiterentwicklung für einen zeitgemäßen Umgang mit Traditionen“ ermöglichten. (Quelle: wikipedia)

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Am Anfang dieses Albums hört man sie z.B. mit dem harschen Befehl: „Jetzt fang´s doch endlich amal o !“

Und das sollten jetzt auch die Leser dieses blogs machen, und sich diesen ganz speziellem Genuss einer bayerischen Familiengeschichte der besonderen Art hinzu gegeben.

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Zuvor will ich aber noch darauf verweisen, dass ich der Präsentation des Theaterprogramms der Münchner Kammerspiele zu dieser Revue beigelegt habe, denn ich hatte das große Glück, dieses Spektakel auch mal live und in Farbe beizuwohnen.

Liveaufnahme aus den Münchner Kammerspielen, Dezember 2012

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Besetzung:
Bärbi Well (harp, tuba, vocals)
Burgi Well (trombone, guitar, vocals)
Christoph „Stofferl“ Well (alle nur denkbaren Instrumente, vocals)
Kal Well (clarinet, accordeon, guirtar, saxophone, bass, alphorn)
Michael Well (tuba, hurdy-gurdy, banjo, guitar, accordeon, alphorn, guitar)
Monika Well-Hösl (dulcimer, saxophone, vocals)
+
Gertraud Well (zither, diverse Kommentare zum Zeitgeschehen)
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der Gerhard Polt mischt auch mit (19.)

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Titel:
01. Fein-sein-Polka (Ch.Well) 1.53
02. 15 G’schwister (Ch.Well/Well-Hösl) 2.40
03. Fein-sein-Mozart (Mozart) 3.03
04. Auf beim Spund (Traditional/Ch.Well/Well-Hösl) 4.18
05. Jiffy-Mixer (Traditional) 1.58
06. 40 Cent (Ch.Well/Schuster) 4.05
07. Ich hab die Nacht geträumet (Traditional) 3.00
08. Hochzeitspotpourri (Wagner/Mendelssohn) 3.55
09. Pflegefall (Wittenbrink/Ch.Well) 5.51
10. Familien-Bach (Bach) 3.12
11. Im Darm (Ch.Well/Wittenbrink) 3.10
12. Andachtsjodler (Traditional) 1.05
13. Alpenwahnsinn (Traditional) 2.45
14. Schwager (Young/B.Well/Well-Pixis/Well-Hösl) 3.48
15. Stubenmusik-Bolero (Ravel) 4.58
16. Familienaufstellung (Traditional/Ch.Well) 2.14
17. Instrumentenstreit (Wittenbrink) 3.16
18. Fein sein, beinander bleibn (Traditional) 1.53
19. Fein-sein-Gstanzl (Traditional/Ch.Well) 4.32
20. Innsbruck ich muß dich lassen (Isaak/Ch.Well) 2.13

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KarlKraus

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