Ein Klassiker, wenn nicht der Klassiker der deutschen Märchenliteratur:
Hänsel und Gretel ist ein Märchen (ATU 327A). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 15 (KHM 15). Dort schrieb sich der Titel ab der 2. Auflage Hänsel und Grethel. Ludwig Bechstein übernahm es nach Friedrich Wilhelm Gubitz in sein Deutsches Märchenbuch als Hänsel und Gretel (1857 Nr. 8, 1845 Nr. 11).
Inhalt nach der Fassung von 1812:
Hänsel und Gretel sind die Kinder eines armen Holzfällers, der mit ihnen und seiner Frau im Wald lebt. Als die Not zu groß wird, überredet sie ihren Mann, die beiden Kinder im Wald auszusetzen. Obwohl es ihm schwerfällt, führt der Holzfäller die Kinder am nächsten Tag in den Wald und lässt sie unter einem Vorwand alleine zurück. Doch Hänsel hat die Eltern belauscht und auf dem Weg in den Wald eine Spur aus kleinen weißen Steinen gelegt, anhand derer die Kinder zurückfinden. So kommt es, dass der Plan der Mutter scheitert. Doch der zweite Versuch, die Kinder auszusetzen, gelingt: Dieses Mal haben Hänsel und Gretel nur eine Scheibe Brot dabei, die Hänsel zerbröckelt, um eine Spur zu legen. Die wird jedoch von Vögeln aufgepickt. Dadurch finden die Kinder nicht mehr nach Hause und verirren sich. Am dritten Tag stoßen die beiden auf ein Häuschen, das ganz aus Brot, Kuchen und Zucker hergestellt ist. Zunächst brechen sie Teile des Hauses ab, um ihren Hunger zu stillen. In diesem Haus lebt jedoch eine Hexe, die eine Menschenfresserin ist. Sowohl in der Urfassung der Märchen von 1812 als auch in den späteren Ausgaben bis zur „Ausgabe letzter Hand“ von 1857 ruft sie in einer Art von Lautmalerei: „Knuper, knuper, kneischen, wer knupert an meinem Häuschen?“
Hänsel und Gretel, Darstellung von Alexander Zick:
In Ludwig Bechsteins Deutschem Märchenbuch 1856 lautet der Text, abweichend von den Brüdern Grimm: „Knusper, knusper, kneischen! Wer knuspert mir am Häuschen?“[2] Die Antwort der Kinder dagegen ist bei Bechstein und in der erweiterten Fassung der Brüder Grimm von 1819 identisch: „Der Wind, der Wind, das himmlische Kind“.[3]
Die Hexe lässt sich nicht täuschen, fängt die beiden, macht Gretel zur Dienstmagd und mästet Hänsel in einem Käfig, um ihn später aufzuessen. Hänsel wendet jedoch eine List an: Um zu überprüfen, ob der Junge schon dick genug ist, befühlt die halbblinde Hexe täglich seinen Finger. Hänsel streckt ihr dabei aber jedes Mal einen kleinen Knochen entgegen. Als sie erkennt, dass der Junge anscheinend nicht fett wird, verliert sie die Geduld und will ihn sofort braten. Die Hexe befiehlt Gretel, in den Ofen zu sehen, ob dieser schon heiß sei. Gretel aber behauptet, zu klein dafür zu sein, sodass die Hexe selbst nachsehen muss. Als sie den Ofen öffnet, schiebt Gretel die böse Hexe hinein. Die Kinder nehmen Schätze aus dem Hexenhaus mit und finden den Weg zurück zum Vater. Die Mutter ist inzwischen gestorben. Nun leben sie glücklich und leiden keinen Hunger mehr.
Liebig’s Fleischextrakt wurde auch durch seine Sammelbilder berühmt.
Einige davon zeigen Szenen aus „Hänsel und Gretel“:
Die zweite Fassung von 1819:
In dieser Fassung erfährt das Märchen eine Erweiterung. Nach dem Tod der Hexe finden die Kinder zunächst nicht nach Hause, sondern geraten an ein Gewässer, das sie nicht überqueren können. Schließlich schwimmt eine Ente herbei, die die Kinder über das Wasser trägt. Anschließend kommt ihnen die Gegend bekannt vor, und die Kinder kehren zurück. Ludwig Bechstein folgt in seinem Deutschen Märchenbuch weitgehend dieser zweiten Fassung der Brüder Grimm, erweitert aber die Handlung um einen dankbaren weißen Vogel, der die Krümel aufgepickt hat und den Kindern nach dem Tod der Hexe den Weg nach Hause zeigt.
Seit der Fassung der Brüder Grimm von 1840 ist es nicht mehr die eigene Mutter, auf deren Betreiben die Kinder im Wald ausgesetzt werden, sondern eine Stiefmutter.
Der Anthroposoph Rudolf Meyer versteht Taube und „Wind“ als den Geist, der in das Leibeshaus kommt, wo die Materie ihn missbraucht, bis die Seele sie läutert.[12] Nach Hedwig von Beit tritt die nahrungsspendende Hexe als Große Mutter auf, hier Blendwerk in kindlichen Wunschphantasien. Ein Vogel leitet zu ihr, d. h. intuitives Hinausträumen. Die Wandlung erfolgt im inneren Feuer der Leidenschaft (vgl. KHM 43, 53). Dabei ist der Ofen ebenfalls Symbol der Großen Mutter, sie vernichtet sich also selbst und damit auch ihr Gegenbild der versagenden Stiefmutter.[13] Laut Bruno Bettelheim passt die Ausgangssituation zur verbreiteten kindlichen Angst, von den Eltern verstoßen zu werden und verhungern zu müssen. Hänsels Wegmarkierung mit Kieselsteinen ist noch angemessen, doch beim zweiten Mal erliegt er oraler Regression, Brot als Bild für Nahrung drängt sich in den Vordergrund. Das zeigt sich auch daran, dass die Kinder vom Lebkuchenhaus essen können. Zugleich ist das Lebkuchenhaus auch ein Bild des (Mutter-)Leibes, der das Kind vor und nach der Geburt ernährt. Doch die Kinder müssen lernen, sich davon zu emanzipieren. Das große Wasser, das die Kinder bei der Rückkehr überqueren, ohne ihm zuvor begegnet zu sein, symbolisiert den Reifungsschritt, den die Kinder machen, als sie planend ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Gretel weiß, dass man das allein tun muss. Indem zu Beginn des Märchens einmal Hänsel der Retter ist und zum Ende nun Gretel, lernen die Kinder, auf sich selbst, aufeinander und auf Altersgenossen zu vertrauen. Jetzt sind sie dem Elternhaus eine Stütze und tragen durch die mitgebrachten Schätze sogar zum Ende der Armut bei. Für Friedel Lenz ist der arme Holzhacker ein grauer Denker, dem die lebendige Seele erstarb, Gefühl und Wille verwaisen und erliegen okkulter Versuchung. Wird brennende Begierde zum Feuer der Läuterung, weitet sich am großen Wasser die Sicht. Die Ente gehört zu Apollons Sonnenwagen, indischen Tempeln oder dem russischen Märchen Elena die Wunderschöne. Ortrud Stumpfe konstatiert, dass in Hänsel und Gretel eine wirksame Entfaltung fehle: Die Kinder überlisten zwar die dumpfe Naturgewalt, kehren aber dann einfach ins Kindermilieu zurück.
Psychiater Wolfdietrich Siegmund zufolge hilft Schizophrenen in ihrer Ratlosigkeit über Gut und Böse die Gewissheit, dass die Hexe sich selbst vernichtet. Laut Johannes Wilkes sprechen magersüchtige Mädchen oft auf Hänsel und Gretel oder Tischlein deck dich an.[18] Auch für Eugen Drewermann beschreibt Hänsel und Gretel orales Mangelerleben als Ursache depressiver Schuldgefühle und Essstörungen.
Homöopathen denken bei den Motiven von Einsamkeit und Mangel an Calcium carbonicum, Medorrhinum oder Magnesium carbonicum. Nach Wilhelm Salber haben sich wiederholende Handlungen mit der Kontrolle des Überlebens zu tun und werden durch Schwärmerei (Hexenhaus) nur überdeckt, während neue Zufälle (die Ente als Transportmittel) echte Entwicklung einleiten. Immer wieder sich ereignende Grundsituationen bringen ihre eigene Umwandlung mit sich.[22] Philosophin Martha Nussbaum nennt das Märchen als Beispiel nötiger und giftiger Angst: Real ist der Hunger, doch „die Geschichte erfindet eine hässliche, kinderfressende Hexe, der als Sündenbock alle Schuld zugewiesen wird.“ (wikipedia)
Und natürlich ist dieses Märchen auch und in erster Linie eine bittere Anklage gegen die Armut !
Hier eine Hörspielfassung aus dem Jahr 1965, veröffentlicht auf dem Litera Label in der DDR in einer Bearbeitung von Charlotte Benz (einer damals sehr emsigen Hörspiel-Bearbeiterin)
Im Zentrum dieses Hörspiels steht sich der Erzähler, Günther Haack:
Günther Haack (* 20. Februar 1929 in Berlin; † 16. Juni 1965 in Halle (Saale); auch Günter Haack) war ein deutscher Schauspieler.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Günther Haack zunächst Schauspielunterricht in Berlin (Ost). Danach spielte er am Deutschen Theater und an der Volksbühne. Daneben war er auch beim Rundfunk und am Berliner Kabarett Lachbrett tätig. In dieser Zeit wurde auch die DEFA auf ihn aufmerksam. Einen großen Publikumserfolg erzielte er mit der Rolle des Tischlergesellen Peter Iwanow in der Verfilmung der Lortzing-Oper Zar und Zimmermann. Auch die Darstellung des Lehrers Kiepe in Vergeßt mir meine Traudel nicht oder des Grenzsoldaten Zimmer in Zu jeder Stunde steigerten seine Popularität.
Nach einem von ihm unter Alkoholeinfluss verursachten Verkehrsunfall mit anschließender Unfallflucht erhielt Haack Anfang 1958 eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.[1] Zur Haftverbüßung meldete er sich freiwillig für den Bergbau unter Tage. Nach seiner vorzeitigen Entlassung gelang es ihm, seine Schauspielkarriere fortzusetzen. Als Beifahrer verunglückte Haack am 8. Juni 1965 bei einem Verkehrsunfall, bei dem auch der Sänger Manfred Raasch ums Leben kam. An den Folgen des Unfalls verstarb er im Alter von nur 36 Jahren am 16. Juni in Halle (Saale). (wikipedia)
Ein Hörspiel der gediegenen, traditionellen Art … ein Hörspiel so ganz nach meinem Gusto.
Besetzung:
Grete Böhme (Hexe)
Peter Groeger (Hänsel)
Günther Haack (Erzähler)
Barbara Witte (Gretel)
+
Instrumentalgruppe unter der Leitung von Gerhard Bautzmann
Regie: Werner Schurbaum
Musik: Ernst-Peter Hoyer
Titel:
01. Hänsel und Gretel (Teil 1) 5.54
02. Hänsel und Gretel (Teil 2) 7.09
Text: Gebrüder Grimm / Charlotte Benz