Eduardo del Rio + Ludwig Moos – Marx für Anfänger (1979)

titelDa kann man schon ins grübeln, bzw, ins staunen kommen: Was bringt einen mexikanischen Comiczeichner dazu, sich mit ganz viel Akribie dem Karl Marx zu widmen ?

Seine Biographie gibt Auskunft:

Eduardo Humberto del Río García (* 20. Juni 1934 in Zamora, Michoacán in Mexiko) bekannt unter seinem Künstlernamen Rius ist ein mexikanischer Humorist, politischer Cartoonist und Autor.

Del Ríos Vater verstarb, als der Sohn erst sechs Monate alt war. Die alleinerziehende Mutter zog mit den insgesamt drei Söhnen in der Folge aus der Provinzstadt Zamora zu ihrer Schwester nach Mexiko-Stadt, um dort bessere Möglichkeiten zu finden, die Familie zu ernähren. Wie seine Brüder besuchte del Río nach fünf Jahren in einer kirchlichen Grundschule ein salesianisches Priesterseminar, das er jedoch 1950 nach sieben Jahren verließ. Schon sein drei Jahre älterer Bruder Gustavo hatte Karikaturen und Comics gezeichnet, sich aber für die Fortsetzung der Priesterausbildung entschieden. Nach verschiedenen Gelegenheitsjobs arbeitete Eduardo del Río später als Verwaltungsangestellter in einem Bestattungsinstitut. Dabei lernte er 1954 zufällig den Direktor der Humor-Zeitschrift Ja-já kennen, dem seine Skizzen auffielen und ihn daraufhin zur Mitarbeit einlud. In der Folge veröffentlichte er als Autodidakt Zeichnungen in verschiedenen Magazinen und Zeitungen, vor allem zu aktuellen politischen Themen. Seinen Künstlernamen „Rius“ wählte er als Latinisierung seines Familiennamens.

Del Río war als aktives Mitglied zunächst ab 1964 in der marxistisch-leninistischen Partido Comunista de México (PCM) engagiert, die er 1968 aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verließ. Bereits vor seinem Parteieintritt war er in die Sowjetunion gereist, wohin er auch noch nach seinem Austritt eingeladen wurde.

eduardodelrio01Neben seinem politischen Wirken in Mexiko hatte er eine besondere Beziehung zu Kuba: Bereits vor dem Sieg der Kubanischen Revolution im Januar 1959 hatte er von Mexiko aus als politischer Cartoonist Fidel Castros Bewegung des 26. Juli unterstützt, nachdem er mit einigen Exilkubanern Freundschaft geschlossen hatte. Kurz nach der Flucht Fulgencio Batistas reiste er dann 1959 auf Einladung der Revolutionsregierung nach Havanna. Er vertiefte seine Kontakte, arbeitete in der Folge für regierungseigene Medien und Verlage und unterstützte das revolutionäre politische Projekt mit insgesamt drei Büchern.[6] Cuba para principiantes („Kuba für Anfänger“, 1966), seine erste Buchveröffentlichung, entstand im Auftrag der Kommunistischen Partei Mexikos: Gemeinsam mit zwei weiteren mexikanischen Journalisten, die jeweils für den Text und die Fotografien des ursprünglich geplanten Buchs zuständig waren, unternahm del Río drei von den kubanischen Behörden unterstützte Recherchereisen, einschließlich eines zweistündigen Gesprächs mit Che Guevara.[7] Erst als seine Kollegen später ausfielen und das Buchprojekt zu scheitern drohte, entschied sich del Río, die gesammelten Informationen allein und in eigenem Stil umzusetzen. Von Castro distanzierte sich Rius nach dem Fall des Kommunismus in Mittel- und Osteuropa ausdrücklich und stellte seinem frühen Erklärbuch im Anschluss an eine 1993 durchgeführte Kuba-Reise 1994 mit Lástima de Cuba eine dezidierte Kritik an dem autoritären Staatschef und dem von ihm errichteten diktatorischen System gegenüber.

In den 1980er Jahren war del Río in der sozialistischen Partido Mexicano de los Trabajadores aktiv und ging nach dem Sieg der Sandinisten über die rechtsgerichtete Somoza-Diktatur als freiwilliger Aufbauhelfer nach Nicaragua. Im Anschluss veröffentlichte er Carlos para todos, einen Erklärcomic über den FSLN-Gründer und die Symbolfigur der revolutionären Guerilla, Carlos Fonseca.

In Mexiko unterstützte er 2006 den knapp gescheiterten Präsidentschaftswahlkampf von Andrés Manuel López Obrador (PRD).

Zu del Ríos prägenden zeichnerischen Vorbildern gehörten der Mexikaner Abel Quezada und der ursprünglich rumänische US-Amerikaner Saul Steinberg. Als einer der populärsten mexikanischen Cartoonisten hat Rius über 100 Bücher veröffentlicht. Er übt Kritik an den Mächtigen in Politik und Gesellschaft, dabei zielt er besonders oft auf rechtsgerichtete mexikanische Politiker, aber auch auf die US-Außenpolitik, mächtige Wirtschaftsunternehmen und die katholische Kirche. Sein Erfolg und seine lange Karriere haben ihn zu einem Bezugspunkt für die neuere Generation von politischen Cartoonisten in Mexiko gemacht.

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Außer als politischer Presse-Zeichner war er auch als Buchautor und Herausgeber eigener Comics tätig. Seine 1965 gestartete regierungskritische Comic-Serie Los Supermachos – sie erreichte eine wöchentliche Auflage von 250.000 Exemplaren – beendete er 1967 nach Differenzen mit dem Herausgeber, der mehrfach ohne Rücksprache mit dem Künstler Veränderungen vorgenommen hatte und sogar bereits andere Zeichner mit der Anfertigung eigener Episoden der Serie beauftragt hatte. Da del Río mit rechtlichen Mitteln an der weiteren Nutzung der von ihm etablierten Figuren bei einem anderen Verlag gehindert wurde, entwickelte er stattdessen die sozialkritische Comic-Serie Los Agachados („Die Underdogs“), die er in der Folge von 1968 bis 1981 erfolgreich in eigener Verantwortung veröffentlichte.

Seine erste Buchveröffentlichung, der Cartoon Cuba para principiantes („Kuba für Anfänger“) von 1966 war das erste einer Reihe von humorvoll-didaktischen Erklärbüchern großer Verbreitung, zu der auch Lenin para principiantes, Mao para principiantes und vor allem Marx para principiantes (1972) gehörte, das unter anderem in Deutschland seit 1974 als Karl Marx Riesen-Comic und Marx für Anfänger in mehreren Auflagen veröffentlicht wurde. Seine neuartige Verbindung aus Parteinahme und Humor im Genre des wissensvermittelnden Sachcomic sorgte für internationale Aufmerksamkeit und zahlreiche Nachahmungen.

Ab April 1977 erstellte er auf Einladung des Publizisten Paco Ignacio Taibo I allwöchentlich eine Beilage für die Tageszeitung El Universal, die sich speziell an Kinder richtete und diese mit großer Themenvielfalt zum Erforschen und Kommunizieren anregen sollte. Nach acht Monaten wurde er entlassen, nachdem er eine Ausgabe dem 60. Jubiläum der Sowjetunion gewidmet hatte.

In seinem typischen Cartoonstil verfasste er auch zwei Autobiografien: Zuerst 1995 Memorial: Rius para principiantes („Notizbuch: Rius für Anfänger“), das er 2014 unter dem Titel Mis confusiones: Memorias desmemorizadas („Meine Verwirrungen: vergessene Erinnerungen“) aktualisierte. Der mexikanische Regisseur Alfonso Arau machte 1973 einen Film basierend auf Figuren aus Los Supermachos unter dem Titel Calzonzin inspector.

1996 gründete er mit vier Partnern das seitdem vierzehntägig erscheinende Satiremagazin El Chamuco y los hijos del averno. In der Weihnachtsausgabe 2011 verkündete er dort, sich nach insgesamt 57 Arbeitsjahren zur Ruhe zu setzen.[14] Zweimal wurde er mit dem mexikanischen Nationalpreis für Journalismus ausgezeichnet: 1987 als bester Cartoonist und 2010 für sein journalistisches Lebenswerk. (Quelle: wikipedia)

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Das nenn ich ein erfülltes Leben !

Nun jedenfalls mit seinem „Marx für Anfänger“ wurde er dann Ende der 70er Jahre bei uns auch ziemlich bekannt.

Und mit dieser Veröffentlichung schuf er auch den Begriff „Sach-Comic“ … ;

„Sachcomic-Reihen entwickelten sich im englischsprachigen Raum, aus den beiden spanischen Büchern Cuba para principiantes (1960) und Marx para principiantes (1972) des aus Mexiko stammenden politischen Cartoonisten und Schriftstellers Rius. Zehn Jahre nach Erscheinen von Cuba para principiantes wurde das Werk ins Englische übersetzt und erschien bei Leviathan Press of San Francisco und Pathfinder Press of New York, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Es sollte noch weitere sechs Jahre dauern, bis Richard Appignanesi sein Marx for Beginners für die London-based Writers and Readers Publishing Cooperative herausbrachte und damit kommerziellen Erfolg hatte.Bald schon war klar, dass Appignanesi und die anderen Gründungsmitglieder der Publishing Cooperative, unter ihnen Glenn Thompson, eine Marktnische entdeckt hatten. Sie gründeten die Reihe “ … for Beginners“, in der seriöse wissenschaftliche Informationen mit Comic Strips verbunden werden.“ (Quelle: medienimpulse.at)

Kann man eigentlich die Theorien Karl Marx’ in Comicform darstellen? Das bekannteste Beispiel eines solchen Versuchs stammt von Rius, bürgerlich Eduardo del Rio, der seinen Sachcomic „Marx para principantes“ 1972 veröffentlichte. 1975/76 erschien die englische Übersetzung, die ihn weltbekannt machte, 1979/90 bei Rowohlt die deutsche Fassung „Marx für Anfänger“.

Was die Comics Rius’ auszeichnet, ist, dass sie mit sehr wenig Text auskommen. Er folgt der Idee einer educación popular, wie sie etwa Paulo Freire in seiner „Pädagogik der Unterdrückten“ (1970) formulierte. Gerade in den nicht alphabetisierten Regionen und Schichten Mittel- und Südamerikas war dies von Relevanz, der Sachcomic ist hier heute noch von hoher Bedeutsamkeit – keineswegs nur im Sinne engerer politischer Literatur, auch die Bildungsmaterialien der Promotores in den zapatistischen Gemeinden in Chiapas haben bis heute oft Comicform.

Rius’ „Marx für Anfänger“ war ein Welterfolg und begründete die bis heute erscheinende englische Sachcomic-Serie „for beginners“.(Quelle: kritisch-lesen.de)

Ich kann dieses Buch nur empfehlen: Es ist voller Sachkenntis gepart mit jener Prise Humor, mit der halt ein Comic daher kommt … für mich ist es ein kleines Meisterwerk, dass da der Eduardo del Rio geschaffen hat.

internationaleausgaben

Diverse internationale Ausgaben

Nicht unerwähnt darf da der Übersetzer Ludwig Moos und insbesondere Anja Stehmann, die das gesamte Buch auf deutsch gestaltet hat („Lettering“ hieß das damals wohl) bleiben.

Sie allesamt haben einen verdammt guten Job gemacht … und wer glaubt Karl Marx sei nicht mehr aktuell, der irrt: Die Diskussion über die Privatsisierung des Wassers, bzw. der Widerstand dagegen, zeigt schon, dass wir zumindest ein wenig von Karl Marx gelernt haben. Und das ist gut so !

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Das mit den Berichten über die Mosel-Bauern war mir neu

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Damals obligatorisch in den rororo Taschenbüchern: Werbung für Pfandbriefe und Kommunalobligationen

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A bisserl Werbung durfte in diesem Buch auch sein …

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