Klaus Michael Heinz – Peter Rüchel – Eine Zeitreise (WDR Geschichte(n) (2018)

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Für mich ein herber Verlust:

Peter Rüchel (* 9. März 1937 in Berlin; † 20. Februar 2019 in Leverkusen) war ein deutscher Musikjournalist und Begründer der WDR-Sendung Rockpalast, die seit Mitte der 1970er Jahre Konzerte von nationalen und internationalen Bands und Solo-Künstlern produzierte und im deutschen Fernsehen übertrug.

Rüchel wurde 1937 in Berlin als Sohn eines Geigers (der Vater war vor dem Krieg Leiter des Rüchel-Quartetts) und einer Lehrerin geboren. Er wuchs in West-Berlin auf und besuchte ein humanistisches Gymnasium mit Latein, Griechisch, klassischer Musik, Literatur und Theater.

Als 16-Jähriger ging er als Austauschschüler für ein Jahr nach Minneapolis in Minnesota.

Nach dem Abitur studierte er Germanistik und Philosophie. 1968 bewarb er sich beim Sender Freies Berlin. Bis 1970 arbeitete Rüchel dort beim Programm SF Beat mit. Wenig später wurde der junge Redakteur vom ZDF entdeckt. 1970 holten ihn die Mainzer für ihr erstes echtes Jugendprogramm Direkt. 1974 traf Peter Rüchel bei einer Fernsehpreis-Verleihung für Direkt Hans-Geert Falkenberg, den damaligen Leiter der WDR-Abteilung Kultur. Kurze Zeit später übernahm Rüchel die Position des neuen Leiters des WDR-Jugendprogramms. In Köln traf Peter Rüchel auf einen Studenten der Filmhochschule München, Christian Wagner, mit dem er in der Folgezeit zusammenarbeitete und der ihn mit der Welt der Rockmusik vertraut machte.

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Wagner und Rüchel erfanden den Rockpalast. Schon 1975 strahlte der WDR 13 Konzertmitschnitte aus.

Anfang 1976 startete beim WDR ein wöchentliches, halbstündiges Jugendprogramm. Einmal im Monat gab es darin unter dem Titel Rockpalast auch Live-Musik. Im Rahmen dieser Sendungen wurden Rüchel und Wagner schon früh auf spätere Weltstars aufmerksam. Etwa U2, die am 4. November 1981 ihr Rockpalast-Debüt im Berliner Metropol vor 350 Zuhörern gaben, Tom Petty (14. Juni 1977), Meat Loaf und Mink DeVille (beide im Juni 1978), Dire Straits (Februar 1979) oder R.E.M., die 1985 in der Zeche Bochum vor 280 zahlenden Zuschauern auftraten.

Schnell wurde der Rockpalast zum Geheimtipp in der Szene. Zur Präsentation des Rockpalastes holte Rüchel bald Alan Bangs und Albrecht Metzger.

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Rory Gallagher, Alan Bangs und Peter Rüchel

Am 23. Juli 1977 stieg dann in der Essener Grugahalle jene legendäre erste Rocknacht mit Roger McGuinn’s Thunderbyrd, Rory Gallagher und Little Feat. Seitdem fanden jährlich zwei Rocknächte statt, die synchron im Radio in Hifi-Qualität übertragen wurden. Trotz ihres Kultstatus wurden die Konzerte allerdings nie zum Quotenbringer. Selbst spektakuläre Rocknächte wie 1981 mit The Who oder 1976 ein Konzertmitschnitt der Rolling Stones in Paris brachten es auf gerade 5 % Sehbeteiligung. Das desaströse Ergebnis der Rocknacht vom 19. Oktober 1985, als The Armoury Show, Squeeze, Rodgau Monotones und Ruben Blades gerade mal 3.000 Zuschauer in die Grugahalle lockten (Rüchel: Mein deprimierendster Moment!), besiegelte das Schicksal der Sendung – der Rockpalast wurde 1986 eingestellt.

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Erst 1995 kam der Rockpalast wieder zurück ins Programm. Man suchte nach Möglichkeiten, die Nachtstunden preiswert zu überbrücken, also wurden Konzerte aus dem Rockpalast-Archiv ausgestrahlt. Nach überwältigenden Zuschauerreaktionen begann Rüchel behutsam, wieder eigene Produktionen auf die Beine zu stellen. Das erste Loreley-Festival war zwar 1995 noch ein Flop, aber bereits im Folgejahr war das Festival unter anderem mit David Bowie, Pulp und Iggy Pop ein voller Erfolg. Seitdem gehörten die jährlichen Loreley- und Bizarre-Festivals zu verlässlichen Fixpunkten im Programm. Gleiches galt für die Rocknächte in der Düsseldorfer Philipshalle.

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Die Grugahalle in Essen

Mit einigen Größen der Szene hat Rüchel über die Jahre Freundschaft geschlossen, wie zum Beispiel mit Pete Townshend, den er zum ersten Mal 1981 in London traf, sowie mit Little Steven.

Im Jahre 2003 verabschiedete sich Peter Rüchel auf dem Rock-am-Ring-Festival aus dem aktiven Bereich der Sendung, blieb aber dem Rockpalast weiterhin als Berater und Editor der Rockpalast-DVD-Serie treu.

In den letzten Jahren lebte der gebürtige Berliner mit seiner Familie im Leverkusener Stadtteil Wiesdorf. Peter Rüchel starb nach schwerer Krankheit im Alter von 81 Jahren. (Quelle: wikipedia)

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Treffen beim Live-Musik-Spektakel Street Life: Peter Rüchel und der vor kurzem ebenfalls verstorbene Wolfgang Orth (rechts)

Peter Rüchel ist tot. Der Vater des legendären WDR-„Rockpalast“ starb am Mittwochmorgen nach schwerer Krankheit im Krankenhaus. Das bestätigten enge Leverkusener Freunde sowie sein direkter Nachfolger in der „Rockpalast“-Redaktion, Peter Sommer. Peter Rüchel war gebürtiger Berliner und hatte in den vergangenen Jahren mit seiner Familie in Wiesdorf gelebt. Am 9. März wäre er 82 Jahre alt geworden.

Mitte der 70er Jahre kam der passionierte Musikliebhaber als Leiter des Jugendprogrammes beim WDR in Köln auf die Idee, Konzerte von Rock- und Popstars live im Fernsehen zu übertragen. Das Format, das er gemeinsam mit seinem damaligen Kollegen Christian Wagner entwickelte, nannte er „Rockpalast“.

Es war nicht nur Kult unter den Fans, die millionenfach des nachts vor dem Fernseher hingen. Es war vor allem Vorreiter für all das, was später als Musikfernsehen den Globus umspannen sollte und setzte international Maßstäbe in Sachen Konzertübertragungen.

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Peter Rüchel (links) und Little Steven beim Steven-Konzert in Hamburg 2017

Peter Rüchel entdeckte unter anderem spätere Weltstars wie U2, REM, ZZ Top oder die Dire Straits, zog sich 2003 aus dem Live-Geschäft zurück, gab die Leitung an Peter Sommer ab, blieb aber umtriebig und kümmerte sich um die Edition von „Rockpalast“-Konzerten auf DVD. Noch im vergangenen Jahr half er bei der Organisation von Konzerten seines engen und langjährigen Freundes Little Steven van Zandt – Gitarrist aus Bruce Springsteens E Street Band – in Deutschland.

Peter Sommer gab an, von Peter Rüchels Sohn telefonisch von dessen Tod unterrichtet worden zu sein. „Wir hier in der Redaktion sind alle geplättet und müssen nun erstmal schauen, wie wir damit umgehen.“ Bis zuletzt habe er mit seinem Vorgänger in Kontakt gestanden. „Wir wussten zwar, dass er krank war, aber eigentlich hieß es, er sei wieder auf dem Wege der Besserung.“ (Quelle: Kölner Stadtanzeiger)

Und hier ein intensives Portrait … aufgezeichnet vom WDR im Rahmen der Serie „WDR Geschichte(n) – Eine Zeitreise in 14 Interviews“ im Jahr 2018:

Peter Rüchel, geboren am 9. März 1937 in Berlin, erfand für den WDR den „Rockpalast“. Zuvor hatte er sich beim noch jungen ZDF einen Namen gemacht als Redakteur preisgekrönter Jugendprogramme. Als solcher wurde er Mitte der 1970er Jahre abgeworben nach Köln, wo er gemeinsam mit Regisseur Christian Wagner schließlich Fernsehgeschichte schrieb: Die Rockmusik-Nächte mit zahlreichen Weltstars wurden in weiten Teilen Europas zum Kult. Das Gespräch mit Klaus Michael Heinz fand 2018 in Leverkusen statt.(Presseankündigung)

Hier gibt Peter Rüchel nicht nur Auskunft über seine eigene Biographie, sondern auch über den „Rockpalast“ und darüber hinaus eigentlich auch Einblicke in die Geschichte des deutschen Fernsehens …

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Peter Rüchel mit Mitch Ryder

Und, ach ja … natürlich wurde er von den „68er“ geprägt … wie man von ihm selbst in diesem Portrait hören kann.

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Peter Rüchel in den frühen 70er Jahren

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Der unverzichtbare Weggefährten in den Rockpalast-Zeiten: Regisseur Christian Wagner

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Die wohl erste Rockpalast Sendung

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Eher im Hintergrund: Siegfried Mohr (WDR)

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Moderator Albrecht Metzger (* 1945 in Stuttgart): ein wenig ratlos in der ersten Rockpalast-Live Sendung, ob all der Pannen …

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Peter Rüchel singt mit Wolfgang Niedecken (BAP) „Verdammt lang her“

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Peter Rüchel (* 9. März 1937 in Berlin; † 20. Februar 2019 in Leverkusen)

Und hier noch mein Verweis auf einen kleinen, aber feinen Nachruf das Jan Reetze (click on the pic):

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Weitere Nachrufe finden sich allen nur denkbaren Gazetten – landauf, landab – denn Peter Rüchel hat die Präsentation von Rockmusik im deutschen Fernsehen schlicht und ergreifend, geprägt.