Da haben sich wieder mal zwei gefunden:
Mario Schönwälder (* 1960 in Berlin) ist ein deutscher Musiker (Stilrichtung Elektronische Musik), Produzent sowie Inhaber des Berliner Labels Manikin Records.
Mario Schönwälders Kompositionen sind der so genannten Berliner Schule zuzurechnen. Neben der „Berliner Schule“ gilt sein Interesse auch der „Ambient Music“. Nachdem er Mitte der achtziger Jahre bei Bernd Kistenmacher erstmals elektronische Musikinstrumente spielen konnte, hat Mario Schönwälder ein eigenes Studio eingerichtet. Neben einigen Veröffentlichungen als Solist hat er ab 1989 zahlreiche Aufnahmen mit anderen Künstlern wie Detlef Keller, Thomas Fanger, Bas Broekhuis, Frank Rothe und vielen anderen veröffentlicht. (wikipedia)
Thomas Fanger (* 16. Mai 1962 in Berlin; † 2. März 2022 in Isingen) war ein deutscher Musiker, der elektronische Musik komponierte und spielte.
Er hat sich neben diversen Solo-CDs in der Elektronik-Szene auch durch die in Zusammenarbeit mit Mario Schönwälder, Michael Kersten und anderen Musikern entstandenen Werke einen Namen gemacht.
Seine CDs wurden meist auf Mario Schönwälders Manikin-Label veröffentlicht. (wikipedia)
Und hier ihr erstes Werk:
Ein neues Dreigestirn am Elektronikhimmel? Nein, doch wohl eher eine fruchtbare Zusammenarbeit. Aus dem Hause Manikin kommen immer wieder CDs im tollen Design. Wie hier der Begriff Overdose in eine echte Dose umgesetzt wurde ist echt klasse! Die Musik ist außerdem ebenfalls allererste Sahne. Lüül ergänzt Fanger & Schönwälder bei einigen Tracks ganz unaufdringlich, wobei mir Und Wir Gehen In Den Club am besten gefällt. Das absolute Highlight dieser CD ist aber die dreiundzwanzig Minuten lange Aufnahme von der Space Trance Tronic Night 2001. Sinnigerweise ist dies auch der Titeltrack. So liebe ich es. Schwebende Synthiesounds, melodisch und warm. (Kurt Mitzkatis)
Als Supermario im digitalen Orbit seine ersten Erfolge feierte, saß Schönwäldermario schon an seiner Konsole und schraubte an – damals noch – analogen Hommagen an die elektronische „Berliner Schule“ der 70er Jahre (Tangerine Dream, Ashra, Klaus Schulze). Im Unterschied zum Gros seiner Generation erkannte Schönwälder jedoch schnell, dass einsam auf der Bettkante schaffenden Fricklern-in-Grau in der Ära knallbunter MTV-Clips vermutlich keine sonderlich sonnige Zukunft beschieden sein würde. Also hob der Berliner ein bald auch auf Profi-Niveau gehobenes Label (Manikin) aus der Taufe, auf dem er schließlich gar Box-Sets seines Hero KS veröffentlichen durfte, und tat sich als „Aktiver“ mit Kollegen wie (zunächst) Detlef Keller und (jetzt) Thomas Fanger zusammen, die – der eine eher weniger, der andere viel mehr – runterwollten von der Schiene der „EM“-Nostalgie.
Eine schöne, lange Geschichte. Und nun lehnen wir uns krass entspannt zurück, atmen megatief durch und sagen uns: „Geil. Aber was geht das uns an?“ Einiges. Denn wenn in den letzten, sagen wir, 4 oder 5 Jahren ein Album erschienen ist, auf dem die „Berliner Schule“-Roots (TD, KS, et al.) nicht gekappt sind und das trotzdem nicht auf rostigen „EM“-Gleisen holpert, statt wie geschmiert auf Post-Techno-Schienensträngen zu schnurren, ist es dieses.
„Analog Overdose“ wirkt wie ein Outcoming des Duos Fanger & Schönwälder, das hörbar begriffen hat, dass Bpm-Werte nichts Schlechtes sein müssen – das allerdings schlauerweise (um Traditionalistenvereine nicht zu vergrätzen?) auch den „Krautrock“-Veteran Lutz „Lüül“ Ulbrich (Gitarre, Synthesizer bei Agitation Free, Ashra) an Bord geholt hat, der sich in „Echo Gods“ (Track 6) – ein Trance-Hammer und Dancefloor-Filler par excellence! – gut zehn Minuten lang den sprichwörtlichen Arsch abspielt. Nicht schlechter aber auch das Titelstück (Track 8): ein knapp 24-minütiger Fanger-&-Schönwälder-Alleingang auf der Basis einer quecksilbrigen Rhythmussequenz – live am 30. März 2001 in der Berliner Petruskirche mitgeschnitten.
Geradeheraus gesagt: diese analoge Überdosis knallt. Auch wenn Fanger & Schönwälder das mit der „Overdose“ beim CD-Verpacken vielleicht etwas zu wörtlich genommen haben. „Dose“ (Deutsch) und „dose“ (Englisch) sind zwei Paar Bleche. Intelligente Idee aber, „Analog Overdose“ in einer kreisrunden, metallblanken Blechdose auszuliefern. Die wird so schnell nicht korrosieren – wie die Musik auf diesem Album. Eines, das dazu taugt, „EM“- und „Techno“-Jünger zu versöhnen. Endlich. (Albrecht Piltz)
Und es sei noch vermerkt, dass der Gastgitarrist, Lutz Ulbrich in Bands wie 17 Hippies, Agitation Free, Ash Ra Tempel, Ashra, Lüül & Band gespielt hat.
Besetzung:
Thomas Fanger (synthesizer, sequenzer, sampler)
Mario Schönwälder (synthesizer, sequenzer, sampler)
+
Lutz Ulbrich (guitar bei 03., 06. + 07.)
Titel:
01. Analog Moods (Schönwälder/Fanger) 8.44
02 Emanon (Schönwälder/Fanger) 1.07
03 Und wir gehen in den Club… (Schönwälder/Fanger/Ulbrich) 6:43
04 Sentimental Moods (Schönwälder/Fanger) 11:26
05 Seilbahn Zu Den Sternen (Schönwälder/Fanger) 4:58
06 Echo Gods (Schönwälder/Fanger/Ulbrich) 10:18
07 First Contact (Schönwälder/Fanger/Ulbrich) 12:32
08 Analog Overdose (live Petrus-Kirche, Berlin) (Schönwälder/Fanger) 23:57
Nachruf Thomas Fanger:
Mitten aus der Arbeit wurde er abberufen. Videos für die Industrie, Städte und Sportvereine, so zum Beispiel der Eishockeyverein Schwenninger Wild Wings, waren seine hauptberufliche Tätigkeit. Seine große Leidenschaft galt daneben der elektronisch erzeugten Musik. Zahlreiche Veröffentlichungen unter Projektnamen wie Amorph, Fanger & Siebert, Fanger & Kersten, Mind ̴ Flux aber auch als Solist und schließlich unter Fanger & Schönwälder, auf drei CDs unterstützt durch Lutz „Lüül“ Graf-Ulbrich, legen Zeugnis über sein kreatives Schaffen ab. Er sprudelte förmlich vor Ideen. Jedes Brainstorming mit ihm war ein Quell der Freude und Inspiration. Seine Kreativität war ansteckend … im positivsten Sinne.
Ich habe Thomas Fanger Ende der Neunziger Jahre in Berlin kennengelernt. Mind ̴ Flux waren in der Trance-Szene gerade angesagt. Vom ersten Tag an stimmt die Chemie zwischen uns. Er war der musikalische B̴egleiter, aber auch ein feiner Kerl und guter Freund, mit dem man vieles unternehmen konnte. Ja, man wollte es auch noch weiterhin so halten. Die Ideen gingen uns nicht aus. Eine siebente CD der Reihe Analog Overdose war unser Plan.
Thomas Fanger war es, der mir zu einer Fahrt auf einem Wagen bei der Love Parade in Berlin verhalf. Unvergessen wird dieser Tag im Tiergarten bleiben. Er war es, mit dem ich in Montana in einem Holzhaus saß, ein Panoramafenster mit Blick auf die Berge der Umgebung, mit kleinem Equipment musizierend. Ein Konzert in Pomona (Los Angeles). Konzerte in einem leeren Schwimmbad (im Becken), zur Einweihung von Liquid Sound im Berliner Tempodrom. Das alles und vieles mehr werde ich immer in meinen Erinnerungen bewahren.
Mario Schönwälder, Lutz Graf-Ulbrich, Thomas Fanger:
Zuletzt arbeitete er an einem Fanger & Schönwälder Track für die demnächst erscheinende CD „Manikin Records Third Decade“. Wenn ich diesen Track heute beim Schreiben dieser Zeilen anhöre, habe ich das Gefühl, dass es der Nachruf in Tönen ist. „Immer weiter“ ist der Titel des letzten Tracks auf der CD, der zugleich der letzte Track von Fanger & Schönwälder (feat. Lutz Graf-Ulbrich) bleiben wird. Er war anders gedacht und hat nun seine andere Bedeutung bekommen.
„Thomas Fanger hat die Musikinstrumente für immer niedergelegt“. Unter welcher „kosmischen Adresse“ du jetzt erreichbar sein magst: Ich wünsche Dir, dass Du dort den Groove für die Ewigkeit findest.
In Stille, aber voller schöner Erinnerungen, Mario Schönwälder (Berlin im März 2022)