Ein wirklich spannendes Thema. Da schaut man der wissenschaftlichen Forschung gerne über die Schulter.
Zwischen dem 13. Mai bis 7. August 2011 fand im Wallraf-Richartz Museum. Köln die Ausstellung unter dem Titel „Wie echt kann falsch sein? Die Spurensicherung im Fall Carl Rottmann“ statt.
Dabei ging es um ein Werk des Malers Carl Rottmann:
Anfang 1829 reist Carl Rottmann im Auftrag von König Ludwig I. nach Italien. Er soll dort Landschaftsmotive für 28 Wandgemälde für die Hofarkaden in der Münchener Residenz sammeln. Ein Motiv scheint es Rottmann und später auch Ludwig dabei besonders angetan zu haben: Eine harmonische Landschaft rund um Cefalù. Zu sehen der hoch aufragende Berg hinter dem Dorf, eine sanfte Bucht und Vegetation aus Buschwerk, Bäumen und Agaven. Von dem Motiv zeigt das Wallraf-Museum nun in einer Sonderausstellung im Graphischen Kabinett die Werkgenese. Möglicht wird dies, da von dem Motiv insgesamt sieben Werker erhalten sind.
Noch während der Reise scheint Rottmann so eine erste Zeichnung des Motivs angefertigt zu haben. Auf ihr hält er zwar mit grobem Strich, jedoch genauer Aufteilung die Szenerie fest. Teile des Bildes – den Berg, in Teilen das Meer und die Stadt – coloriert er dabei bereits. Kaum in München wieder angekommen, fertigt er ein Öl-Gemälde des Motivs an. Wie Kurator Thomas Klinke vermutet, diente es wohl als erste Darstellung für König Ludwig I. Die Farben sind hier noch deutlich kräftiger gezeichnet als bei dem späteren Wandbild. Zudem fehlen zunächst der ruhende Jüngling und ein pflückender Knabe, die im Wandbild zu sehen sind. Wie Klinke feststellte, wurde der ruhende Jüngling erst nachträglich in das Gemälde eingefügt.
Carl Rottmann, auf einem zeitgenössischen Kupferstich:
Zwei Jahre später schließlich fertigt Rottmann ein weiteres Aquarell an, bis er 1833 schließlich eine Kohlezeichnung malt. Sie entspricht der Originalgröße des späteren Wandgemäldes und wurde quadriert und nummeriert. Die Zeichnung diente wohl vor allem der späteren Übertragung des Motivs auf die Wand in den Hofarkaden. Von dem Wandgemälde ist in der Sonderschau nur eine Reproduktion zu sehen. Die einzelnen Schritte der Werkgenese können Besucher auf einem Bildschirm nachvollziehen. Dabei erklärt Klinke hier auch die verschiedenen Untersuchungen, die er an den Bildern durchgeführt hat – etwa um erkennen zu können, dass der ruhende Jüngling erst später hinzugefügt wurde.
Spannend ist auch ein weiteres Aquarell zu diesem Motiv, dass das Wallraf erst kürzlich erwarb. Es stammt wie Klinke zeigen konnte, jedoch nicht aus der Hand von Rottmann selbst. Deutlich werde dies etwa dadurch, dass in dem Bild Titanweiß verwendet wurde – eine Farbe, die erst nach 1900 entwickelt wurde, als Rottmann bereits verstorben war. Dennoch sei das Aquarell durchaus spannend, betonte Klinke, denn es schärfe den Blick für die Originale Rottmanns. Die Sonderausstellung ist Teil der Reihe „Der un/gewisse Blick“. Die Ausstellungs-Reihe umfasst insgesamt sechs Ausstellungen im Graphischen Kabinett. Wie zu den vorherigen Schauen wurde auch für die Ausstellung zu Rottmann ein eigener kleiner Katalog konzipiert, der für 6 Euro an der Museumskasse erhältlich ist. (report-k.de)
Und die Tageszeitung „Die Welt“ berichtete damals:
Eine neue Schau im Wallraf-Richartz erklärt, wie Experten Originale erkennen.
Nachdem die Spurensicherung im Fall Carl Rottmann erfolgreich abgeschlossen wurde, ist das Corpus Delicti nun öffentlich zu bestaunen. In der Graphischen Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums zeigt die Ausstellung „Der un/gewisse Blick“ am Beispiel eines Aquarells, das lange Zeit dem Landschaftsmaler Carl Rottmann (1797-1850) zugeschrieben wurde, wie Museumsexperten echte Kunstwerke von falschen unterscheiden.
Die Fälschung:
Während die Museumsbesucher die Bilder in erster Linie betrachten, schauen die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Wallraf sprichwörtlich durch die Gemälde hindurch. „Noch vor 25 Jahren wurde die Frage nach einem Original vom Bauchgefühl der Spezialisten entschieden. Alleine darauf verlassen wir uns heute nicht mehr, die Werke werden im Labor untersucht“, erklärt Wallraf-Direktor Andreas Blühm.
So auch im Fall Rottmann: Nachdem das Aquarell „Cefalù“ dem Museum angeboten wurde, musste es zunächst den üblichen Testdurchlauf bestehen. Wie die Koffer am Flughafen wurde es gründlich durchleuchtet, „obwohl wir direkt wussten, dass es kein Original ist“, sagt Andreas Blühm. Das Dokument wurde vielmehr erworben, um die Arbeitsweise Carl Rottmanns zu studieren – denn der zeitgenössische Fälscher kopierte nicht nur das Motiv, sondern auch den Stil Rottmanns. Die drei Restauratoren des Wallraf legten das Aquarell unter eine Infrarotlampe und vergrößerten es anschließend mit einem Stereomikroskop um das 80-fache. Die Vermutung wurde zur Gewissheit: Das Aquarell wurde mit einem Titanweiß übermalt, das erst 1909 entwickelt wurde.
Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln:
„Mit dieser Arbeitsweise können wir Fälschungen ausschließen. Zuletzt haben wir so 75 unserer Werke geprüft und dabei einen gefälschten Monet entdeckt, der 50 Jahren bei uns hing“, erzählt Blühm. Generell würden dem Wallraf wegen der ausführlichen Hightech-Prüfungen nur selten Fälschungen angeboten. „Im Amsterdamer Van Gogh Museum, in dem ich vorher gearbeitet habe, wurden uns 300 Bilder pro Jahr angeboten. 99 Prozent davon waren Mist“, sagt Andreas Blühm. (Rainer Morgenroth)
Autor der Broschüre (30 Seiten) ist Thomas Klinke:
Thomas Klinke ist Diplom-Restaurator (FH) für Kunst und Schriftgut auf Papier
Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der IHK Köln für die Schadensfeststellung und Restaurierung europäischer Handzeichnung, Druckgraphik und Bücher sowie die Feststellung technologischer Merkmale.
Gutachter für Authentizität und Zustand von Kunst und Schriftgut auf Papier
Also, dem wüdre ich gerne öfters über die Schulter schauen …
Die Rückseite der Broschüre: