Die 68er und die Folgen (4): Karlheinz Liefers – Offene Zweierbeziehung (Dario Fo – Franca Rame) (Hörspiel) (1986)

FrontCover1Es mag ja ein wenig kühn sein, das Hörspiel des Nobelpreisträgers Dario Fo (* 1926) in meine kleine Reihe „Die 68er und die Folgen“ einzureihen, noch dazu, wenn es sich hier um ein Hörspiel des DDR Rundfunks handelt.

Aber natürlich haben die 68er auch die bürgerliche Moral wie z.B. die Monogamie themaisiert und in Frage gestellt. („Wer einmal mit derselben pennt, gehört zum Establishment“ … ja, ja)

Und von daher passt dieses Hörbuch durchaus in diese kleine Reihe:

Wie durch ein Brennglas gesehen entfaltet sich in dieser abgründigen Komödie das exemplarische Scheitern einer Beziehung – lustvoll, pointiert und spannungsgeladen.

Es geht um Antonia und ihren Mann, die in einer offenen Zweierbeziehung leben. Genau genommen lebt aber nur er in einer offenen Zweierbeziehung. Antonia erleidet sie. Nachdem es ihr selbst mit wiederholten Selbstmorddrohungen nicht gelingt, ihren Gatten vom Fremdgehen abzuhalten, erweist sie sich als äußerst lernfähig: Eigene Wohnung, eigener Job, eigener Liebhaber. Antonia findet Gefallen an der offenen Zweierbeziehung und dreht den Spieß um: Nun – wer hätte es gedacht – leidet ihr Mann.

In dieser rasanten Inszenierung jagt eine Pointe die nächste, wobei Verletzungen des anderen genussvoll in Kauf genommen werden.

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Dario Fo + Franco Rame

Vermeintliche Toleranz kippt in Sekundenschnelle in rasende Eifersucht. Denn die Großzügigkeit hat ihr Ende, sobald das eigene Herz in Gefahr gerät. Liebe hat leider allzu oft auch mit Besitz zu tun. Dass diese Wahrheit keine ausschließlich bittere ist, dafür sorgt ein brillanter Schlagabtausch. Diese Farce über das Eheleben schickt zwei Charaktere auf die Suche nach dem Kern ihrer zweisamen Beziehung, auf die Jagd nach Glaubhaftigkeit, Vertrauen, Respekt und Liebe. Und garantiert ist: Treuefetischisten bekommen hier genauso ihr Fett weg wie die Befürworter offener Beziehungsmodelle.

„Offene Zweierbeziehung“, 1983 in Italien uraufgeführt, zielt direkt und ohne Umschweife auf den scheinbar nur schwer behebbaren Dauerclinch seit Erfindung der Menschheit: Das vermeintliche Missverhältnis zwischen Mann und Frau. Das Stück begibt sich lustvoll in die Abgründe moderner Beziehungsdramatik, die immer auch eine Gratwanderung ist zwischen Aufbruch und Scheitern, Lieben und Leiden. „Offene Zweierbeziehung“ hat auch nach einem Vierteljahrhundert nichts an bissig-ironischer Aktualität verloren.

Der Nobelpreisträger Dario Fo und seine Frau Franca Rame gehen in ihrer Farce das Thema an, indem sie den Spieß der traditionellen Machtverhältnisse einfach umdrehen: Antonia leidet so lange an den Vorstellungen ihres Gatten über eine „offene Zweierbeziehung“, die dem Herrn alle Freiheit lässt und der Gattin die Rolle der treuen, fleißigen Hausfrau im Hintergrund zuweist, bis Antonia sich ebenfalls einen Liebhaber anlacht. Dario Fo pflegt einen an die Tradition der Commedia dell’Arte angelehnten volkstümlichen Stil, Franca Rame kommt aus der Tradition des Volksschauspiels. Beide zusammen stehen für ein fröhliches, anarchisches, aufgeklärtes Theater. (Quelle: www.kleinestheater-kammerspiele-landshut.de)

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Dario Fo + Franco Rame

Nun ja … und hier dieses hochexplosive Hörspiel … ein Zuckerschlecken ist das nicht, was in dieser großartigen Produktion da erwartet.

Da zerfleischt sich ein Ehepaar … mehr als einmal mehr als lautstark …

Und dann wollte ich doch mehr über die Akteure dieses Hörspiels wissen:

Angelika Waller (* 26. Oktober 1944 in Bärwalde) ist eine deutsche Schauspielerin.

Von 1963 bis 1966 wurde sie im Nachwuchsstudio des Deutschen Fernsehfunks zur Schauspielerin ausgebildet.

Ihr Filmdebüt ist zugleich ihre berühmteste Rolle, die der Öffentlichkeit erst 1989 zugänglich gemacht wurde. Der 1965 gedrehte Film Das Kaninchen bin ich von Kurt Maetzig kam in der DDR auf den Index. Mit ihrer zweiten Kinorolle in Schwarze Panther Angelika Wallerwurde sie ein Publikumsliebling. In dem russischen Epos Befreiung spielte Angelika Waller 1969 die Eva Braun. Eine äußerst populäre Rolle war 1973 die Titelheldin im TV-Film Rotfuchs. Große Beachtung fand sie auch im Fernseh-Mehrteiler Johann Sebastian Bach.

Seit den 1970er-Jahren war sie zunächst Dozentin, später Professorin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin. Außerdem arbeitete sie als Regisseurin und inszenierte in Berlin am Berliner Arbeiter-Theater. Seit 2010 arbeitet sie außerdem regelmäßig als Gastdozentin am Thomas-Bernhard-Institut für Schauspiel und Regie am Mozarteum in Salzburg.

Daneben lieh sie als Synchronsprecherin ihre Stimme u. a. Geneviève Bujold (Antonius und Cleopatra) und Linda Purl (Die letzten Tage von Pompeji).

1978 erhielt sie den Kunstpreis der DDR.

Ihre Tochter Susann Thiede (geboren 1963) ist ebenfalls als Schauspielerin tätig.

Klaus Manchen (eigentlich: Klaus-Joachim Manchen; * 1. Dezember 1936 in Breslau) ist ein deutscher Film- und Theaterschauspieler.

Seine Schauspielausbildung absolvierte Klaus Manchen an der Staatlichen Schauspielschule Berlin, der heutigen Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Im Anschluss daran arbeitete er von 1964 bis 1965 an der Vereinigung von Volksbühne und Maxim-Gorki-Theater. Nach Auflösung des Zusammenschlusses entschied er sich für das Maxim-Gorki-Theater und war dort von 1965 bis 2002 festes Ensemblemitglied.

Nebenbei nahm er Film- und Fernsehaufgaben für das Fernsehen der DDR und die DEFA wahr, u. a. in Konrad Wolfs Ich war neunzehn, in Lotte in Weimar oder im DEFA-Indianerfilm Der Scout, in dem er als Sergeant Anderson den Gegenspieler des von Gojko Mitić verkörperten Indianerhäuptlings „Weiße Feder“ spielte.

Seit 2002 arbeitet er als freischaffender Schauspieler für Film- und Fernsehproduktionen.

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Ja … und dann noch der Regisseur:

Karlheinz Liefers (* 6. August 1941 in Döbeln, Sachsen; † 21. Januar 2006 in Berlin) war ein deutscher Regisseur.

Karlheinz Liefers stammte aus einer Theaterfamilie. Sein Vater war der Schauspieler Heinz Liefers. Er begann seine Laufbahn als Schauspieler. Er war Regieassistent an der Berliner Volksbühne u. a. bei Benno Besson, Matthias Langhoff und Manfred Karge. Später war er als Regisseur an verschiedenen Theatern tätig, u. a. in Tübingen, Dresden, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Schleswig. Von 1996 bis 2000 war er Schauspieldirektor am Thüringer Landestheater in Rudolstadt.

Bekannt wurde Liefers vor allem durch seine mit Auszeichnungen gewürdigten Hörspielinszenierungen, die er von 1984 bis zu seinem Tod 2006 intensiv betrieb.Neben seinen Hörspielen war Liefers auch weiterhin für das Theater als Regisseur tätig. An den Uckermärkischen Bühnen Schwedt inszenierte er Hexenjagd (2002), Ladies Night (2003) und für die Freilichtbühne Ritter Runkels große Stunde (2004).

Liefers Hörspielinszenierung des Volker-Braun-Stücks Iphigenie in Freiheit wurde im September 1991 zum Hörspiel des Monats gewählt und von der Akademie der Künste Berlin ausgezeichnet. Zwei Mal wurde er mit dem Deutschen Kinderhörspielpreis geehrt.

Er ist der Vater des Schauspielers und Musikers Jan Josef Liefers sowie der Stiefvater des Schauspielers Martin Brambach. Karlheinz Liefers starb 2006 im Alter von 64 Jahren. Er wurde auf dem Karlshorster und Neuen Friedrichsfelder Friedhof in Berlin-Karlshorst beigesetzt. (Quelle: wikipedia)

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Bub … ein Hörspiel, das nichts für zarte Gemüter ist, im Gegenteil … das ist wahrlich starker Tobak … und das führt zu einem ganz großen Kompliment für die Akteure … für mich ein Höhepunkt des deutschen Hörspiels.

Na ja, und dann führte mich dieses Hörspiel auch auf meine eigenen Spuren und ich erinnere mich schmunzelnd an manch´ Narretei meines Lebens .. auch in diesem Bereich. Wobei ich all jene diesbezüglich  dramatischen Momente meines Lebens denke, ist mir natürlich auch klar …  wie illusionär so manche Überlegungen der 68er Jahre waren … und welche Verletzungen daraus entstanden sind.

OffeneZweierbeziehung

Besetzung:
Klaus Manchen (Mann)
Martin Seifert (Professor)
Angelika Waller (Frau)

Bearbeitung: Gabriele Bigott

Regie: Karlheinz Liefers

DiverseBuchausgaen

Diverse Buchausgaben des Theaterstücks (alle erschienen im Rotbuch Verlag, Berlin)

Titel:
01. Offene Zweierbeziehung 43.10

OffeneZweierbeziehung2

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