Kraan – Let It Out (1975)

FrontCover1Kraan ist eine deutsche Jazzrock-Band, die in den 1970er und 1980er Jahren zu den bekanntesten Vertretern des Genres in Deutschland gehörte. Ihr musikalisches Verdienst ist die Mischung von Jazz und Rock mit orientalischen und asiatischen Klängen.

Kraan bildeten sich 1970 in Ulm. Zuvor hatten die Brüder Jan Fride und Peter Wolbrandt in diversen Jazzbands gespielt und konnten 1968 Hellmut Hattler überzeugen, mit ihnen die Band Inzest zu gründen. Johannes „Alto“ Pappert (Saxophon) war zu dieser Zeit mit einer Soul-Rockband unterwegs und stieß, auf der Suche nach neuen musikalischen Herausforderungen, 1971 dazu.

P. Wolbrandt hatte in Berlin ein Grafikstudium begonnen, J. Fride war für Fotografie eingeschrieben und Hattler stand kurz vor dem Abitur, als sich allen die Frage stellte, wie es mit der Musik weiter gehen sollte: Hobby oder Beruf. Vier Wochen vor der Abiturprüfung stellte Hattler alle schulischen Anstrengungen ein, P. Wolbrandt gab sein Grafik- und J. Fride sein Fotostudium auf, und aus der Hobbyband Inzest entstand „Kraan“. Es wurden Musik- und Stilrichtungen genommen, vermischt, verändert und neu gespielt. Aus den weit gefächerten musikalischen Interessen aller Bandmitglieder – mit orientalischen Klängen, jazzigen Läufen und harten Beats – entstand ein zu dieser Zeit neuer Klang, der später das Etikett Jazzrock erhalten sollte.

KraanLive1972

Erste Konzerte stießen auf Interesse, und die Band beschloss, ihre Verbindungen in Berlin, unter anderem zu den Musikern von Karthago und zu einem Tonstudio, für gemeinsame Sitzungen und erste Aufnahmen zu nutzen. Nach einem halben Jahr und einigen wenigen, aber erfolgreichen Auftritten, kam es zu einer ersten Krise, und Hattler nahm das Angebot der schwäbischen Band Erna Schmidt in Norddeutschland an. Schnell stellte sich heraus, dass er seine musikalischen Vorstellungen hier nicht verwirklichen konnte, und er holte den Rest der Gruppe nach. Eine Fusion der beiden Bands war geplant. Das Projekt überlebte das Heimweh der Schwäbisch Gmünder Musiker und das Jahresende nicht; Kraan wurde neu gegründet.

Autogrammkarte1972

Auf der Suche nach einem neuen Domizil wurde man bei Graf Metternich fündig. Er stellte sein Gut Wintrup im Teutoburger Wald zur Verfügung. Die einsame Lage in einem Tal machte Proben rund um die Uhr möglich. Von den früheren Bewohnern war der Manager Walter Holzbaur verblieben, der sich umgehend an die Vermarktung der Band machte. Ein erstes Konzert in Detmold verlief für die Band vor über 400 Zuschauern erfolgreich. Weitere Konzerte folgten und am Ende des Jahres 1972 dann auch die erste Schallplatte, die in zwei Tagen aufgenommen, an einem Tag gemixt und nicht allzu lange später erfolgreich an Intercord verkauft wurde. Sie erhielt gute Kritiken und es folgte eine erste Tournee durch Deutschland, Ausflüge in die Schweiz und die Niederlande.

Auf der Bühne überzeugte die Band vor allem durch ihre Spielfreude und musikalische Professionalität. Weitere Platten folgten und vor allem die dritte, live aufgenommen in Berlin, erhielt gute Kritiken. Ein neuer Mann, Ingo Bischof (Keyboard) spielte bereits nebenbei mit und wurde 1975 offizielles Mitglied.

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Doch es begannen wieder Spannungen unter den Musikern. Bischof stieg Anfang 1976 und Pappert im Spätsommer desselben Jahres aus. 1977 ging die Band nochmals mit Bischof auf Tournee, brachte eine Platte heraus, löste sich dann aber auf, nachdem auch Hattler wieder nach Ulm gezogen war. Es folgten erste Solo-Projekte, aber das Comeback ließ nicht lange auf sich warten. Ende 1978 erschien eine neue Platte mit Hattler, P. Wolbrandt, Bischof und Udo Dahmen am Schlagzeug. Bis 1983 spielte Kraan unter wechselnder Besetzung. Von 1984 bis 1987 war wieder Pause, bevor Hattler, Wolbrandt und Fride und Joo Kraus ein neues Comeback starteten. Kraus und Hattler verstanden sich auf Anhieb so gut, dass sich 1990 Kraan zum dritten Mal trennte und Hattler und Kraus als Duo Tab Two gemeinsam auftraten.

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2000 dann, nach fast 20 Jahren Abstinenz in der Kombination Hattler, Wolbrandt und Fride und Bischof und 10 Jahren Kraan-Abstinenz, gelang ein erneutes Comeback mit einem Konzert in Ulm. 2001, zum dreißigjährigen Bestehen, folgte eine ausgedehnte Tournee und ein neues Live-Album. 2003 erschien das Kraan-Album Through, am 23. März 2007 dann das Album Psychedelic Man (letzteres bei EMI auf dem Harvest-Label, auf dem bereits die Alben Wiederhören, Flyday und Tournee veröffentlicht worden waren). Im März 2010 erschien das Album Diamonds.

Am 9. November 2013 gab die Band ihr Abschiedskonzert in Neuss. Bereits eine Woche später verkündeten die Musiker über Facebook ein Konzert auf dem Burg-Herzberg-Festival 2014 und dem Finki Open Air 2014 in Finkenbach (Oberzent) im Odenwald. Im Sommer 2020 war ein Auftritt beim Burg Herzberg Festival 2020 geplant.

2019 starb Ingo Bischof.

Ende 2020 wurde zum Bandjubiläum ein neues Studioalbum mit dem Titel Sandglass veröffentlicht.[2] Am 13. August 2022 hatte Kraan auf dem Finkenbach-Festival einen Auftritt, bei dem auch Stücke aus dem jüngsten Album Sandglass vorgestellt wurden. (wikipedia)

Und am 25. November 2023 wird das neue Studioalbum „X“ veröffentlicht … eine Tournee durch Deutschland ist in Planung !

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Let It Out wurde von Kraans Fans begrüßt und von den Kritikern verrissen, und im Nachhinein sind beide Reaktionen verständlich. Die Fans hörten neues Material wie „Luftpost“, in dem eine musikalische Phrase zwischen Saxophon, Gitarre und den Keyboards des neuen Mitglieds Ingo Bischof hin und her geworfen wird, und sie freuten sich auf weitere neue Stücke mit mehr Tiefe und Zusammenspiel. Kritiker bemängelten das allgemein niedrigere Energieniveau des Albums und die geringere Rolle des genialen Saxophonisten Johanes Pappert, der in einigen Stücken die Hauptrolle an Bischofs Keyboards abtritt.

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Nach dem brillanten Live-Album war der sanfte, entspannte Sound einiger dieser Stücke eine Enttäuschung. Auch die experimentellen Stücke waren weniger erfolgreich als sonst, wie z.B. die hallende Stimme und die elektronische Klanglandschaft von „Die Maschine“, die noch lange nachhallt, nachdem ihr die Ideen ausgegangen waren. Hätten Kraan dieses Album zu einem früheren Zeitpunkt ihrer Karriere gemacht, hätten die Kritiker es zweifellos gelobt, aber ihre Erwartungen waren nach den großartigen Inspirationen der beiden Vorgängeralben vielleicht unangemessen hoch. (Richard Foss)

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Besetzung:
Ingo Bischof (keyboards)
Jan Fride (drums)
Hellmut Hattler (bass)
Johannes Alto Pappert (saxophone)
Peter Wolbrandt (guitar, vocals)

Die UK Labels:
UK Labels

Titel:
01. Bandits In The Woods – 4:19
02. Luftpost – 5:15
03. Degado – 4:56
04. Prima Klima – 4:41
05. Let It Out – 6:14
06. Die Maschine – 4:43
07. Heimweh Nach Übersee (Overseas bound) – 3:10
08. Picnic International – 5:22

Musik und Texte:
Ingo Bischof – Jan Fride – Hellmut Hattler – Johannes Alto Pappert – Peter Wolbrandt

LabelB1

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Die offizielle Website:
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Kraan – Live (1975)

FrontCover1Und wieder mal so eine Präsenttion, die man getrost zur Kategorie „Herzensangelegenheit“ zählen darf:

Kraan gründeten sich Anfang der 70er Jahre in Ulm, zogen geschlossen nach Berlin und machten ein paar Jahre später mit ihrer Mischung aus Jazz, Rock und fernöstlichen Elementen nicht nur bundesweit Furore. Die Band zählt zu den Mitbegründern des Kraut- bzw. Deutschrock und damit zu den stilprägendsten Bands Deutschlands.

Und dann dieses Live-Album !!!

“Wir heißen Kraan und fangen jetzt aan!” – so begrüßt im Oktober 1974 Helmut Hattler im berliner “Quartier Latin“ die Konzertbesucher, welches Zeuge eines der wohl fulminantesten und energiegeladensten Livekonzerte der Krautrockära werden sollte .

Hier ist die Band in ihrer ursprünglichen weil noch keyboardlosen Besetzung in absoluter Höchstform zu hören. Die schier überschäumende improvisatorische Spielfreude und ihre publikumsnahe Bühnenpräsenz kommentierte Radio Rias seinerzeit mit den treffenden Worten „Ihnen gehörte der Abend, denn sie hatten alles: eine aufregende Versiertheit an ihren Instrumenten, ein enormes Feeling für Arrangements, Improvisationsübergänge, Effekt- Timing, eine Ensemble-Dichte, die einen beinahe fassungslos ließ, und vor allem eine allgemein sympathische Bühnenpräsenz.“

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Nach drei Studioalben bekommt die Musik der bisher „privaten“ wintruper Jamsessions auf der Bühne endlich die musikalischen Flügel verliehen, die den Kraanichen ihren eigen(tlich)en Schwung verleit. Wohlbrandts virtuoses Arpeggiospiel, Hattlers bassige Pyrotechnik, Papperts schwebend- bis schneidendes Wah-Wah-Sax, Frides perlende Rhythmik und das verschwitzt-mitgehende Publikum sind die perfekten Zutaten für dieses einzigartige Livedokument. Man kann aufgrund seiner unzähligen 70er-„Nam-Nam“-Partyerfahrungen erahnen, was das für eine mitreißende Oktobernacht gewesen sein muß.

Hallo Ja Ja, I know… ein livehaftiger Gipfelsturm! (Mr. Upduff)

UKFront+BackCover

UK Front + Back Cover

Dieses Album trug den Ruf Kraans als ausgezeichnete Liveband über die deutschen und europäischen Grenzen hinaus bis in die USA. Und auch in Deutschland, wo das Quartett aus Ulm seit spätestens ihrem dritten Album Andy Nogger in der ersten Liga spielte, steigerte Kraan Live ihre Popularität noch einmal: Keine Mitte-70er-Jahre Fete, auf der das 15-minütige „Nam Nam“ mit Hellmut Hattlers notorischem Bass-Solo nicht mindestens zweimal lief, resignierende Luftgitarristen nicht vor einem der vielen guten Soli Peter Wolbrandts in die Knie gingen.

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Aufgenommen vom semi-legendären Conny Plank im Oktober 1974 im Berliner Quartier Latin, präsentiert Kraan Live eine Band in Höchstform. Sehr souverän, gleichermaßen inspiriert wie konzentriert spielten Kraan an diesem Abend ihren verschachtelten, dabei immer auch luftigen Funky Jazz-Rock mit Latin-Einschlag. Erstaunlich, wie außerordentlich homogen und einzigartig diese Musik im Wiederveröffentlichungsjahr 2000, also 25 Jahre später, immer noch ist. Dafür, dass die Jahre trotz der verbesserten Soundqualität nicht gänzlich aus dem Hörer-Bewusstsein verschwinden, sorgt vor allem das mit sehr viel Feingefühl vom Doppel-LP- auf das CD-Format übertragene Artwork, das dem Original nicht nur überaus unterhaltsame Linernotes und Pressestimmen hinzufügt, sondern auch der „German Rock Osterfestival“-Sticker, der damals auf dem LP-Cover klebte. Besser können Sorgfalt und Feingefühl wohl kaum miteinander auskommen. (Rolf Jäger)

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Kraan haben es nicht geschätzt, dass ihre Musik einen Stempel verpasst bekommt. So jedenfalls kann man es im Booklet der bestens remasterten Neuauflage ihres herausragenden Konzertmitschnitts „Live“ aus dem Jahr 1975 nachlesen. Trotzdem finden sich in den Linernotes der Scheibe Stilbezeichnungen wie „Fusionrockband“ oder „Jazzrock“. Sei’s drum: wer auf die Musik des britischen Trios Backdoor um Bass-Koryphäe Colin Hodgkinson steht, kommt auch bei Kraan auf seine Kosten. Eine weitere Referenz-Truppe ist Colosseum, von dessen Saxophonisten Dick Heckstall-Smith sich Kraan’s Johannes A. Pappert sicher beeinflussen ließ. Die neun teilweise überlangen und improvisationsträchtigen Tracks sind im Oktober 1974 im Berliner Quatier Latin mitgeschnitten worden. An den Reglern sass der bekannte Conny Plank. Die vier Band-Mitglieder präsentieren sich als Ausnahmemusiker, die perfekt interagieren und sich die Bälle nur so zuwerfen. Der bereits erwähnte Pappert, Bass-Berserker Hellmut Hattler, der immer leicht funky klingende Gitarrist Peter Wolbrandt und der sehr flexibel zu Werke gehende Drummer Jan Fride erinnern in der Tat an eine gut geölte Melodie- und Rhythmus-Maschine. Der Set beginnt mit dem treibenden „Jerk of life“, dem Wohlbrandt mit seiner Gitarre gleich eine funky Note verpasst.

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Mit „Nam Nam“ (15:09) folgt eines, wenn nicht das Highlight der Scheibe. Von der Combo als „flotteres Stück“ angekündigt, beinhaltet der Song ein spektakuläres Bass-Solo Hattlers. Unwiderstehlich, wie der Mann seinen Rickenbaker-Viersaiter bearbeitet. Auch Wohlbrandt sowie Pappert solieren prächtig und das Volk im Quatier Latin lässt sich bei dem Song hörbar mitreißen. Das ungemein dynamische, jazzrockige „Holiday am Marterhorn including Gipfelsturm“, gefolgt vom wilden „Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald“, schließen sich an. Auf dem soulrockigen „Andy Nogger“ und dem jazzrockigen „Andy Nogger – Gutter King“ meinen die Kraan-Jungs leider, singen zu müssen. Gut, dass sie sich in dieser Hinsicht sonst weitestgehend zurückhalten. Die Kraan-Musik bedarf im Übrigen keiner Vocals. Das funky daherkommende „Hallo ja ja, I don’t know“ (10.18) startet in verschlepptem Tempo, um dann nach einer kurzen Pause um so mehr loszufetzen. Für Kraan-Verhältnisse vergleichsweise sentimental wird die Geschichte vom „Lonesome Liftboy“ in Szene gesetzt. Am Ende des Gigs steht mit „Kraan Arabia“ (12:30) – der Titel des Songs besagt es schon – ein kraftvoller Tribut an die orientalische Musiktradition, bei dem mit dem Percussionisten und Karthago-Mann Tommy Goldschmidt ein Gastmusiker mit Akzente setzt. „Vier Seiten tierisch heißer Musik“ wird im Booklet von Kraan’s „Live“ ein Kritiker zitiert, der damals in der Zeitschrift „Sounds“ den Konzertmitschnitt besprochen hat. Diese Beurteilung trifft auch rund 45 Jahre später den Nagel auf den Kopf. (birddog)

Bei diesem Album bleiben keine Wünsche mehr offen !

BackCover

Besetzung:
Jan Fride (drums, percussion)
Hellmut Hattler (bass, vocals)
Johannes Pappert (saxophone)
Peter Wolbrandt (guitar, vocals)

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Titel:
01. Jerk Of Life 5.09
02. Nam nam 15.09
03. Holiday am Marterhorn including Gipfelsturm 12.59
04. Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald 6.01
05. Andy Nogger 3.32
06. Andy Nogger – Gutter King 7.00
07. Hallo ja ja, I Don’t Know 10.19
08. Lonesome Liftboy 5.13
09. Kraan Arabia 12.31

Musik und Texte: Jan Fride – Hellmut Hattler – Johannes Pappert – Peter Wolbrandt

LabelD

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UKLinerNotes

Kraan – Tournee (1980)

FrontCover1Von denen hätte ich im Lauf der Zeit durchaus öfters berichten können, wenn nicht gar müsen:

„Tournee“ der zweite Livestreich von Kraan ist wieder mal ein Beweis dafür, wie kraftvoll, energiegeladen, rhythmisch explosiv, aber auch gefühlvoll, verträumt, melancholisch die Musik von Kraan sein kann. Auf gerade mal sechs Titeln (drei Titel vom 77er „Wiederhören“ Album, sowie drei bis dato unveröffentlichte Tracks) – die von verschiedenen Konzerten aus dem Jahr 1979 stammen und leider auch etwas lieblos ausgeblendet werden – kochen die vier Schwaben eine explosive Mischung aus federndem, leichten Jazzrock mit deutlicher Betonung im Rock, etwas Funk und Krautelementen.
Neben dem unauffälligen, aber sehr effektiven Schlagzeug von Udo Dahmen, ist es vor allem dem unheimlich variablen Bass-Spiel Hellmut Hattlers zu verdanken, dass die Musik von Kraan ohne Ende groovt. Darüber legen Gitarrist Peter Wollbrandt und Keyboarder Ingo Bischof feine Muster, die mal unterstützen, aber auch unvermittelt in ausufernde Soli ausbrechen. (Kristian Selm)

 

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Zum ersten Mal bewusst gehört hab ich die Platte vor zwei oder drei Jahren bei meinem Vater der die schalplatte noch besitz. Damals war ich doch recht verwundert. Das waren doch nicht die Kraan die ich von „Andy Nogger“ u.ä kannte. Vor allem dieser Keyboard Sound störte mich. Nach diesem Erlebnis ignorierte ich diese Platte so wie ich es vorher getan hatte und vergaß sie fast. Dann vor ein oder zwei Monaten kopierte mir mein Vater ein paar MP3 Files auf einen USB stick. Unteranderem auch diese Platte, mit der Bitte ich solle sie mir doch mal anhören. Und vor drei Tagen war es dann so weit. Ich überspielte sie auf mein Mobiles abspielgerät und lauschte auf dem Weg zur Ausbildung. Gleich der erste Song „Borgward“ fängt sehr groovie an. Gitarre und Key spielen ein wunder bares Riff und dann Jazzt es los. Ein Song bei dem ich auch morgens früh im Bus nicht still sitzen kann. Der zweite Song „Almrausch“ geht etwas ruhiger los nimmt dann aber Fahrt auf und wartet mit einem Hammer Gitarrenpart auf. „Peterchens Reise“ lädt zum entspannen und Träumen ein bevor es mit „Vollgas Ahoi“ mit Vollgas weitergeh, gemeinsam mit „Borgward“ mein Favorit auf der Platte. Da kommt Spielfreude pur bei mir rüber. Danach folgt „Yaki Yagua“ ein Song der vor allem durch starke instrumental Parts überzeugt, bevor das ruhige „Silky ways“ die platte abrundet und beendet.

Für mich eine Tolle Entdeckung. Genau das was ich von einer Kraan Platte erwarte: Es rockt, jazzt, hroovet und macht einfach Spaß. (Shamble)

Genauso und nicht anders isses !

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Besetzung:
Ingo Bischof (keyboards)
Udo Dahmen (drums)
Hellmut Hattler (bass)
Peter Wolbrandt (guitar, vocals)

BackCover

Titel:
01. Borgward 8.13
02. Almrausch 5.59
03. Peterchens Reise 6.57
04. Vollgas Ahoi 7.54
05. Yaqui Yagua 7.50
06. Silky way 4.31

Musik und Texte: Udo Dahmen – Hellmut Hattler – Peter Wolbrandt  – Ingo Bischof

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Kraan – Kraan (1972)

FrontCover1.jpgFür ganz schön viele waren Kraan Anfang der 70r Jahre einfach die größten, und in der Tat ihr so ganz spezieller JazzRock hatte schon ein ganz großes Format.

Kraan ist eine deutsche Jazzrock-Band und zählt zu den bekanntesten Vertretern des Krautrock. Ihr musikalischer Verdienst ist die Mischung von Jazz und Rock mit orientalischen und asiatischen Klängen.

Kraan bildeten sich 1970 in Ulm. Zuvor hatten die Brüder Jan Fride und Peter Wolbrandt in diversen Jazzbands gespielt und konnten 1968 Hellmut Hattler überzeugen, mit ihnen die Band Inzest zu gründen. Johannes ‚Alto‘ Pappert (Saxophon) war zu dieser Zeit mit einer Soul-Rockband unterwegs und stieß, auf der Suche nach neuen musikalischen Herausforderungen, 1971 dazu.

P. Wolbrandt hatte in Berlin ein Grafikstudium begonnen, J. Fride war für Fotografie eingeschrieben und Hattler stand kurz vor dem Abitur, als sich allen die Frage stellte, wie es mit der Musik weiter gehen sollte: Hobby oder Beruf. Vier Wochen vor der Abiturprüfung stellte Hattler alle schulischen Anstrengungen ein, P. Wolbrandt gab sein Grafik- und J. Fride sein Fotostudium auf, und aus der Hobbyband Inzest entstand „Kraan“. Es wurden Musik- und Stilrichtungen genommen, vermischt, verändert und neu gespielt. Aus den weit gefächerten musikalischen Interessen aller Bandmitglieder – mit orientalischen Klängen, jazzigen Läufen und harten Beats – entstand ein zu dieser Zeit neuer Klang, der später das Etikett Jazzrock erhalten sollte.

ImStudio01AErste Konzerte stießen auf Interesse, und die Band beschloss, ihre Verbindungen in Berlin, unter anderem zu den Musikern von „Karthago“ und zu einem Tonstudio, für gemeinsame Sitzungen und erste Aufnahmen zu nutzen. Nach einem halben Jahr und einigen wenigen, aber erfolgreichen Auftritten, kam es zu einer ersten Krise, und Hattler nahm das Angebot der schwäbischen Band „Erna Schmidt“ in Norddeutschland an. Schnell stellte sich heraus, dass er seine musikalischen Vorstellungen hier nicht verwirklichen konnte, und er holte den Rest der Gruppe nach. Eine Fusion der beiden Bands war geplant. Das Projekt überlebte das Heimweh der Schwäbisch Gmünder Musiker und das Jahresende nicht; Kraan wurde neu gegründet.

Auf der Suche nach einem neuen Domizil wurde man bei Graf Metternich fündig. Er stellte sein Gut Wintrup im Teutoburger Wald zur Verfügung. Die einsame Lage in einem Tal machte Proben rund um die Uhr möglich. Von den früheren Bewohnern war der Manager Walter Holzbaur verblieben, der sich umgehend an die Vermarktung der Band machte. Ein erstes Konzert in Detmold verlief für die Band vor über 400 Zuschauern erfolgreich. Weitere Konzerte folgten und am Ende des Jahres 1972 dann auch die erste Schallplatte, die in zwei Tagen aufgenommen, an einem Tag gemixt und nicht allzu lange später erfolgreich an Intercord verkauft wurde. Sie erhielt gute Kritiken und es folgte eine erste Tournee durch Deutschland, Ausflüge in die Schweiz und die Niederlande. (Quelle: wikipedia)

KraanLive1972

 

Soweit zur Frühgeschichte dieser Band. Nun zum Debütalbum von Kraan:

Das von Hattler beherrschte „Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald“ kommt ziemlich spacig aus den Startlöchern, um dann mit mächtigen Hooks und donnerndem Bass mit seinen typischen Sololinien die Marschrichtung des folgenden Geschehens vorzugeben. Hier ist neben allen guten Zutaten auch sicher ein angemessener Schuss Krautrock enthalten – auch in Form des fast trivialen Textes.
»Oh Sarah, flipp doch aus, rauch ein Joint, komm zurück, yeah…«
Die beiden anderen Songs, auf denen gesungen wird, haben dann aber englische Lyrics und wirken damit textlich weniger angestaubt.
Leise Orgeltöne eröffnen und durchziehen „M.C. Escher“, das mit dem einnehmenden, gefühlsbetonten Saxophonspiel von Johannes Pappert voll überzeugt und bei geeigneter persönlicher Stimmung auch für eine Gänsehaut gut ist. Im Mittelteil geht es zwar mal free-jazzig abgedreht zu, mit aufgelösten Strukturen, dennoch berührt diese Musik unmittelbar die Seele.
Der letzte Song auf der ersten LP-Seite ist sicher einer der bekanntesten Titel der Band. „Kraan Arabia“ verarbeitet die in Berlin gewonnenen Erfahrungen und ist eine Magie versprühende Fusion aus orientalischen Klängen und Jazz Rock. Feine Gitarrenparts und mitreißendes Schlagzeug, heftige Congas, eine fette Basslinie und das Saxophon wie aus 1001 Nacht vermischen sich zu einer atemberaubenden musikalischen Tour de Force. Diesen Song kann man getrost als Klassiker verbuchen.

Autogrammkarte1972

Autogrammkarte 1972

Mit über 18 Minuten Spieldauer ist „Head“ eine einzige Jam. Man sieht vor dem geistigen Auge den damals fast obligatorischen Joint die Runde machen. Dieses lange Stück besteht aus mehreren, verschieden kolorierten und trotzdem perfekt zusammenpassenden Klangbildern. Es wurde nichts kontemporäres ausgelassen, und dazu gehört natürlich auch ein Schlagzeugsolo. Darüber hinaus vernimmt man jede Menge ethnisch verspielte Musikalität. Das dagegen recht kurze „Sarah auf der Gänsewies’“ setzt einen ruhigen Schlußpunkt unter das Originalalbum.

Die Bonustracks zeigen eher alternative Qualitäten denn pure Demoshow. Bei „Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald“ gefällt mir der Einstieg in den Song sogar besser als auf der ursprünglichen Platte. Geschmackssache. Auf alle Fälle ist es interessant zu hören, welche Variationsmöglichkeiten die Band 1972 schon besaß. Dass hier instrumentale Könner am Werk waren, spürt man in jedem Augenblick.
Auffallend war auf diesem Album schon immer der Klang des Schlagzeugs, denn der wurde über die gesamte Spieldauer durch einen Phaser manipuliert. Das Remastering geht vollkommen in Ordnung, das Klangbild ist im Bass und den Mitten recht ausgewogen, im Hochtonbereich jedoch etwas dünn und manchmal auch leicht spitz, dafür ohne Rauschen.

SoundsApril1973

Aus „Sounds“, April 1973

Fazit: Insgesamt eine dicke Empfehlung! Man hört ein gemeinsames Musikschaffen ohne jegliche Starallüren, bei dem jeder der Beteiligten einen überragenden Beitrag für das Endergebnis leistet. Für manche ist diese Platte eine aus Tönen gebastelte Sternstunde und liefert ohne Zweifel ungekünstelte, ja auch ungehobelte Originalität in Nähe von Genialität. Eine Inselplatte, die mir persönlich wegen der Ursprünglichkeit mehr zusagt, als der spätere Output der Band – die tolle Live Platte von 1975 mal ausgenommen. Die gute Nachricht: Die CD kostet nagelneu nur 7 €, da muss man wohl nicht lange überlegen. “ (Mani Hüther)

Nachtragen will ich dann noch, dass der Gesang mittlerweile vielleicht ein wenig antiquiert klingt (wie so oft bei deutschen Produktionen aus dieser Zeit), die Musik aber das Prädikat „zeitlos“ mehr als verdient hat !

Und natürlich hatte das Label Intercord mit dieser LP einen prächtigen Erfolg für ihr Sub-Label „Spiegelei“ …es sei ihnen vergönnt !

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Werbeanzeigen für „Die erste Langspielplatte“

Besetzung:
Jan Fride (drums, percussion)
Hellmut Hattler (bass)
Johannes Pappert (saxophone, percussion)
Peter Wolbrandt (guitar, percussion, vocals)
+
Romi Schickle (0rgan bei 02. + 04.)

Inlet02A

 

Titel:
01. Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald  6.21
02. M.C.Escher 6.12
03. Kraan Arabia 9.54
04. Head 18.34
05. Sarah auf der Gänsewies‘ 2.00
+
06. Sarah’s Ritt durch den Schwarzwald (Demo 1971) 6.00
07. M.C.Escher (Demo 1971) 6.30
08. Head (Demo 1971) – 13.51
09. Sarah auf der Gänzwies‘ (Demo 1971) 2.12

Alle Kompositionen und Texte: Kraan

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