Schorsch H. + Dr. Will – Together (2011)

FrontCover1Beide Musiker sind weitere Lokalmatadoren der Münchner/Oberbayerischen Blueszene: Schorsch H. sorgte mit seiner „Bagasch“ seit Jahren für Furore und Dr. Will hatte seine „Wizards“ und die waren auch nicht von schlechten Eltern.

Bereits im Dezmber 1980 stehen Schorsch H. und Dr. Will zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne. In den folgenden drei Jahrzehnten entwickeln die beiden ihre eigenen Projekte. Auf der Bühne wie auch im Studio finden immer wieder Begegnungen der „familiären Art“ statt.

Zu ihrem 30jährigen Bühnenjubiläum haben die Münchner Bluesbrüder im Heimstudio Nummern von Tom Waits, den Stones, CCR, u.a.,
eigene Songs und Chicago-Blues aufgenommen! Das Ergebnis ist mal pur und handgemacht, mal mit Loops und originellen Sounds unter
legt, dabei immer rau und authentisch.

Die Vorfreude in der Münchner Szene war groß und sie wurde nicht enttäuscht:

Als Nordlicht wusste ich bislang nicht, wer oder was ein „Boandlkramer“ ist. Mir reichte es, wenn die Münchner Dialektmusiker Schorsch H. und Dr. Will davon sangen. In den Linernotes zu ihrer CD Together fragen sie, ob oberhalb der Donau überhaupt jemand wisse, wer der Boandlkramer ist. Nicht ohne, dass Schorsch dieser Frage die Schilderung eines eigenes Erlebnisses voran stellt: „Den Song hab ich geschrieben nach einem längeren Krankenhausaufenthalt, wo der ‚Boandlkraner’ schon einmal angeklopft hat. So schnell kriegst Du mich noch nicht – schleich dich wieder!“

Der Rest kommt mit Dialektgesang, schwerem Schlagzeug und einem dem Deltablues entlehnten Bottleneck-Gitarrenspiel daher. Der Text über die Ablehnung des Boandlkamers ist unspektakulär einfach und hält sich, was nicht unbedingt zu deutschen Liedformen passt, an das AAB-Bluesschema. Derlei Annäherungen an afroamerikanische Musikformen gehen SchorschWillin deutschen Landen meistens schief, diesmal aber passt es, ermöglicht durch die Lässigkeit des Vortrages und die Einfachheit der Aussage: Schorsch will den Boandlkamer nicht, aus Empathie für den Sänger will ich den Boandlkamer auch nicht, besonders nachdem die Recherche ergibt, dass der Boandlkamer der Tod ist. Nein, den will ich nicht. So einfach ist das. Ich bin dagegen, dass mir das Lebenslicht ausgeblasen wird. Und ich bin gegen alle Personifikationen derer, die mir das Lebenslicht ausblasen könnten, eben gegen alle Knochenhändler. (Was eine genauere Übersetzung des „Boandlkramers“ ist.) Davon muss der Schorsch aber nicht singen. Es reicht ein „Schleich di“ und der in einfache Worte und simple Kalenderweisheiten gefasste Wunsch, zu überleben. Jeder weiß, wer die Händler des Todes sind, um ihnen ein „Schleich di“ entgegen zu rufen.

Es ist eine Kunst, so etwas singen zu können. Keine gute ist es hingegen, Leitartikel oder Parteiprogramme zu vertonen, lehrpädagogische Lyrik mit Musik zu versetzen. In das Fettnäpfchen „Bedeutungsschwangere Belehrungslyrik“, tappen Schorsch und Dr. Will glücklicherweise nicht, diese Malaise deutscher Liedermacher lassen sie hinter sich, weil sie die Lehren aus afroamerikanischer Blues-, Folk- und Populärmusik gezogen haben. Das Erfolgsrezept dieser Musiken lautet: „Finde einfache Worte und einen individuellen Ausdruck, der so individuell ist, dass sich viele, viele Hörer damit identifizieren können.“ Aus Hank Williams wurde so der vielgerühmte „Shakespeare der amerikanischen Musik“, aus Robert Johnson ein „Meisterpoet der afroamerikanischer Erfahrung“. Eine kleine Pretiose wie „Schleich Di Boandlkramer“ lässt hören, was an (Protest-) Kultur in deutscher Sprache möglich ist, gerade auch, wenn nicht jedes Wort sofort verständlich ist. (Harald Justin)

Hach, und es gäbe noch soviel mehr über dieses famose Album zu erzählen … z.B., dass Bluesklassiker wie „Let´s Work Together“ oder „Early In The Morning“ auf köstliche Weise eingedeutscht wurden (allerdings arg boarisch gesungen sind) und dass das liebevolle booklet auch kleine Statements der beiden Musiker zu den einzelnen Songs enthölt (diesmal allerdings in hochdeutsch !)

Also: wer auf schräg-anarchische Bluesmusik mit bayerischer Prägung steht … dem kann ich nur empfehlen: zugreifen !

Booklet03A

Besetzung:
Schorsch H.(ampel) (all instruments, vocals)
Dr. Will (all instruments, vocals)
+
The Voodoo Dolls (background vocals bei 04. + 14.)

BookletBackCover1

Titel:
01. Candy Man (Hurt) 0.32
02. Alle Mitnander (Lets Work Together) (Harrison) 2.42
03. Red Rooster (Dixon) 2.57
04. Boom Boom (Hooker) 4.3
05. Blues Stay Away From Me (Delmore/Rainey/Glover) 2.33
06. Neili fruea am Moing (Early In The Morning) (Hickman/Jordan/Bartley) 2.27
07. Medley: Born On The Bayou and Suzie Q (Fogerty/Hawkins/Lewis/Broadwater) 4.47
08. Dead Flowers (Jagger/Richards) 3.59
09. Bo Diddley Blues + Jedn Dog (McDaniels/Hampel)  3.07
10. Union Square (Waits) 1.59
11. Little Sister (Leiber/Stoller) 2.48
12. The Moon Is Full Again (Bakker/Hampel) 3.40
13. Schleich di Boandlkramer (Hampel) 2.18
14. Iko Iko (Crawford) 1.51
15. You Got To Move (McDowell) 3.12
16. I Don´t Wanna Grow Up (Waits/Brennan) 4.03

CD1

 

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