Ganz sicher darf man sie als Kultband der „linken Szene“ der 70er Jahre bezeichnen und ihr legendärer Ruf geht weit über dieses Jahrzehnt hinaus.
Ton Steine Scherben (oft auch kurz „Die Scherben“ genannt) war eine der ersten und einflussreichsten deutschen Rockgruppen der 1970er- und frühen 1980er-Jahre, die vor allem sozialkritische deutschsprachige Texte in der Rockmusik verwendeten. Mit den ausdrucksvollen emotional-politisch motivierten Liedern ihres Sängers und Frontmanns Rio Reiser wurde diese Gruppe zu einem musikalischen Sprachrohr des linksalternativen Spektrums, beispielsweise der Hausbesetzerbewegung, und zu einer auch nach ihrer Auflösung 1985 bis in die Gegenwart wirkenden Kultband der entsprechenden Szene ihrer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin.
Ton Steine Scherben wurde 1970 in West-Berlin von R.P.S. Lanrue (bürgerlich Ralph Peter Steitz), Rio Reiser (bürgerlich Ralph Möbius), Kai Sichtermann und Wolfgang Seidel gegründet, die damals alle etwa 20 Jahre alt waren. Im Januar 1966 fragte R.P.S. Lanrue Rio Reiser, ob er in seiner Gruppe mitsingen wolle. Die Band hieß Beat Kings und coverte hauptsächlich Beatmusik. Noch im selben Jahr gründeten Reiser und Lanrue gemeinsam die Rockband De Galaxis, in welcher sie auch ab und an eigene Stücke spielten. 1967 folgte der Umzug von Niederroden (Rodgau/Hessen) nach Berlin. Beim Theaterprojekt Hoffmanns Comic Teater (sic) in Berlin trafen die beiden auf Seidel und Sichtermann. Der Bandname Ton Steine Scherben leitet sich laut Aussage Rio Reisers aus einem Zitat des Troja-Entdeckers Heinrich Schliemann ab: „Was ich fand, waren Ton, Steine, Scherben“. In dem Buch „Keine Macht für Niemand“ führt Bassist Kai Sichtermann dagegen aus, dass sich der Name bei einem Brainstorming aus dem Namen „VEB Ton Steine Scherben“ entwickelt habe, was als die wahrscheinlichere Version gilt (assoziativ angelehnt an den Namen der westdeutschen Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden).
Die ersten zwei Lieder Macht kaputt, was euch kaputt macht und Wir streiken nahm die Band in einem kleinen Studio in Kreuzberg auf. Eine Single mit diesen beiden Stücken als A- und B-Seite war das erste Produkt der Band; verkauft wurden sie über Bootlegger. Den ersten Auftritt hatte die Band beim Love-and-Peace-Festival am 6. September 1970 auf Fehmarn, wo sie unter dem Namen Rote Steine auftrat. Da die Veranstalter mit den Eintrittsgeldern das Gelände verließen, ohne die Musiker zu bezahlen, soll Reiser das Publikum dazu aufgefordert haben, den Veranstalter „ungespitzt in den Boden zu hauen“. Nach dem dritten Lied, Macht kaputt, was euch kaputt macht, zündeten Besucher das Organisationsbüro der Veranstaltung an. Nach dem fünften Song brannte die Bühne ab. Laut Reiser wurde die Brandstiftung zum Teil der Band zugeschrieben. Der Vorfall steigerte den Bekanntheitsgrad der Band jedenfalls enorm.
1971 gründeten sie eines der ersten deutschen Independent-Labels, die David Volksmund Produktion. Zum einen wollten sie mit den eigenen Veröffentlichungen unabhängig von der etablierten Plattenindustrie sein, zum anderen war es aufgrund ihres radikalen Images unmöglich, einen Vertrag bei einem großen Label zu erhalten. Folge davon war ein geradezu bescheidener Profit aus den Plattenverkäufen, sodass die Band permanent finanzielle Probleme hatte.
Das erste Album Warum geht es mir so dreckig? erschien im September 1971. Neben Macht kaputt, was euch kaputt macht befinden sich darauf auch die später populären Lieder Ich will nicht werden, was mein Alter ist und Der Kampf geht weiter.
Am 8. Dezember 1971 besetzten Band und Publikum nach einem Auftritt an der Technischen Universität Berlin einen ungenutzten Gebäudeteil des Kreuzberger Bethanien-Krankenhauses. Da vier Tage vorher Georg von Rauch von Polizisten erschossen worden war, benannten die Besetzer das Wohnheim in Georg-von-Rauch-Haus um. Das Haus wurde erst am 19. April 1972 von der Polizei geräumt. Aus diesem Anlass schrieb Reiser den Rauch-Haus-Song.
Als in einigen Städten Deutschlands wegen Fahrpreiserhöhungen im Rahmen der Aktion Roter Punkt öffentliche Verkehrsmittel zum Teil boykottiert wurden und Protestaktionen gegen diese Verteuerung stattfanden, veröffentlichte die Band auf einer Single die Lieder Mensch Meier und Nulltarif, in denen sie zum Schwarzfahren aufrief. (Quelle: wikipedia)
Soweit zu den Anfängen der Band und wer google bemühen will … findet unendlich viel weiteres Marterial über diese Formation …
Und nun sind 42 Jahre vergangen … Rio Reiser ist längst tod und das Album kann schon sehr zwiespältige Gefühle auslösen. Da ist zum einen die konsequente Radikalität der Texte (wohl einmalig in der damaligen Zeit), das ist der oftmals eher unbeholfene vermutlich gewollt grobschlächtigeSound (von Geschmeidigkeit kann keine Rede sein), dem die Durschlagskraft einer Band namens MC 5 fehlte, da stellt sich rückblickend die Frage, ob die bitter-anklagenden Texte in dieser Form tatsächlich gerechtfertigt waren (werde ich jetzt langsam alt ?) … und dann tauchen plötzlich musikalische Perlen wie „Mein Name ist Mensch“ auf ..
Zwiespältigkeit dein Name ist Ton Steine Scherben …
Besetzung:
Ralph Möbius (Rio Reiser) (vocals, guitar, piano)
Nikel Pallat (choir)
Wolfgang Seidel (drums, percussion)
Ralph Steitz (guitar, drums, percussion, background vocals)
Kai Sichtermann (bass, percussion, background vocals)
Titel:
01. Ich will nicht werden was mein Alter ist (R.Möbius) 5.05
02. Warum geht es mir so dreckig (R.Möbius/Steitz) 5.08
03. Der Kampf geht weiter (R.Möbius/Steitz) 6.48
04. Macht kaputt, was euch kaputt macht (R.Möbius) 3.31
05. Das Einheitsfrontlied (Brecht/Eisler) 3.26
06. Mein Name ist Mensch (R.Möbius) 6.52
07. Sklavenhändler (R.Möbius) 2.37
08. Alles verändert sich (G.Möbius/R. Möbius) 4.17
09. Solidarität (R. Möbius/Steitz) 5.01