Ougenweide – Ungezwungen (1977)

LPFrontCover1Ougenweide ist eine deutsche Folk-Rock-Band und Vorreiterin des Mittelalter-Rock in Deutschland. Der Name rührt her vom mittelhochdeutschen Wort ougenweide für „Augenweide“, also einen Anblick, an dem man sich erfreut.

Eine Vorgängerband bestand Ende 1969 aus Frank Wulff, Michael Steinbeck, Jürgen Isenbart und Brigitte Blunck. Ougenweide wurde im Frühjahr 1970 in Hamburg gegründet. Von Beginn an setzte sich die Band das Ziel, vor allem mittelalterliche Lieder und Gedichte (neu) zu vertonen, wobei der Blickwinkel nie streng auf das Mittelalter beschränkt blieb. Die Band benannte sich nach dem gleichnamigen Lied von Neidhart von Reuental, der ersten gemeinsamen Komposition von Ougenweide . Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte die Kombo 1971 bei einem Schulfest. Nach kurzer Zeit wurden Stefan Wulff und Olaf Casalich Bandmitglieder. Ab diesem Zeitpunkt nannten sie sich Ougenweide.

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Die Multiinstrumentalisten Olaf Casalich, Wolfgang von Henko, Frank Wulff, sein jüngerer Bruder Stefan Wulff und Jürgen Isenbart nahmen 1973 mit dem Produzenten Achim Reichel ihr erstes Album Ougenweide auf, damals noch mit den Sängerinnen Renée Kollmorgen und Brigitte Blunck. Nachdem Blunck die Band bereits vor dem Erscheinen des Albums verlassen hatte und darauf nur noch als „Gast“ firmierte, stieg im September des gleichen Jahres die Sängerin Minne Graw ein. Kurze Zeit später trennte sich auch Renée Kollmorgen von Ougenweide, sodass Graw nun die alleinige weibliche Stimme der Band war.

Nach dem 1974 erschienenen Album All die weil ich mag, das textlich einen Bogen von den Merseburger Zaubersprüchen aus dem 9. Jahrhundert über Walther von der Vogelweide und Heinrich von Mügeln bis zu Goethe spannt, folgten 1975 Auftritte mit bekannten Musikern und Bands wie Fairport Convention, Steeleye Span, Planxty, Amazing Blondel, Alan Stivell und Konstantin Wecker. Dichter und Schriftsteller Peter Rühmkorf und Regisseur Gerd Zenkel erstellten im selben Jahr in Zusammenarbeit mit der Band einen Fernsehfilm über das Leben Walthers von der Vogelweide.

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Ein Jahr später veröffentlichte die Band gleich zwei Alben. Die LP Ohrenschmaus enthält mit Im Badehaus, Pferdesegen, Bald anders und Kommt ihr Jungfern helft mir klagen einige der bekanntesten Lieder der Band. Noch im Dezember desselben Jahres erschien das Album Eulenspiegel, dessen erste Plattenseite ausschließlich Lieder enthält, die Ougenweide zu einer Tübinger Eulenspiegel-Inszenierung beisteuerte. Die zweite Seite bietet dagegen die bewährte Mischung aus Vertonungen mittelalterlicher Texte und beschwingten Tanzweisen. Totus floreo (aus der mittelalterlichen Liedersammlung Carmina Burana) und Wol mich der Stunde – die Bearbeitung eines mittelhochdeutschen Textes von Walther von der Vogelweide mit einer altfranzösischen Melodie – gehören zu den Stücken der B-Seite dieses Albums.

In den Jahren 1977 und 1978 gab Ougenweide jeweils bis zu 180 Konzerte. Das festigte ihren Ruf als Live-Band, was auch durch die Veröffentlichung des Live-Doppelalbums Ungezwungen dokumentiert wurde.

Die 13-teiligen Fernsehserie Dokumente Deutschen Daseins (Regie: Gerd Zenkel), die 1978 gedreht wurde, betreute die Band sechs Folgen lang musikalisch. Diese Zusammenarbeit mündete in die LP Frÿheit, die erstmals keine mittelalterlichen Texte beinhaltet, sondern einen Bogen vom Bauernkrieg von 1525 über den Dreißigjährigen Krieg bis zur Revolution von 1848 spannt. Außerdem wirkten Ougenweide in zwei Folgen über Die Stauffer, einem Film von Peter von Zahn, mit. Es folgten Auftritte in Fernseh-Musiksendungen wie Phonzeit, Liedercircus, Kultur- und Nordschau-Magazin sowie der Sesamstraße.

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Im gleichen Jahr sendete der Saarländische Rundfunk ein 45-Minuten-Porträt der Gruppe von einem Live-Auftritt in der mit 3.000 Zuschauern ausverkauften Saarbrücker Saarlandhalle. Gastspielreisen brachten die Band in die Niederlande (de Doelen Rotterdam Festival), die Schweiz (Nyon Festival), nach Österreich, nach Polen, ins Elsass und nach England (als erste deutsche Band auf dem Cambridge Festival) und in die Sowjetunion zu Konzerten in Leningrad (St. Petersburg). Höhepunkte aber waren die Konzerte im Hamburger Stadtpark auf der Freilichtbühne, wo bis zu 4.000 Menschen tanzten. Im selben Jahr erschien im Verlag Zweitausendeins ein Liederbuch mit allen Noten und Texten der bisher erschienenen Studioalben.

Infolge dieses erfolgreichen Jahres erschien 1979 mit Ousflug die erste nicht von Achim Reichel produzierte LP. Mit einer weiteren Walther-von der-Vogelweide-Vertonung, drei Tänzen, einem sozialdemokratischen Text des 19. Jahrhunderts sowie einigen selbstgetexteten Stücken bietet Ousflug eine Art Quintessenz des bisherigen Schaffens der Band.
Auflösung

Nachdem noch 1979 eine Art „Best of …“-Doppelalbum in der „Liederbuch“-Reihe der Polydor erschienen war, vollzog die Band mit dem 1980 veröffentlichten Album Ja-Markt einen radikalen Schnitt. Von „Minne-Rock“ ist nicht mehr viel zu spüren, stattdessen wartet die Platte mit rockigeren Klängen zu fast ausschließlich selbstgeschriebenen, sozialkritischen Texten auf.

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Diese Anfang der 1980er freilich nicht mehr ganz zeitgemäße Mischung wurde auf dem 1981 erschienenen Album Noch aber ist April beibehalten und noch um ein ganzes Stück weitergetrieben. Diese Entfernung vom ursprünglichen Bandkonzept mag mit dafür verantwortlich sein, dass die LP sich so schlecht verkaufte, dass Ougenweide ihren Plattenvertrag verlor. Ihre Plattenfirma hinderte das aber nicht, 1983 die Kompilation Lieder aus 9 Jahrhunderten zu veröffentlichen. Auf den vier LPs finden sich die wichtigsten Lieder der Gruppe chronologisch nach ihrer textlichen Entstehung geordnet.

Der Erfolg der Band ließ in den folgenden Jahren weiter nach, was von Frank Wulff später einerseits mit dem veränderten Publikumsgeschmack, andererseits aber auch mit den immer weiter divergierenden musikalischen Präferenzen der einzelnen Bandmitglieder erklärt wurde. Trotz allem tourte die Band weiter, bis sie sich 1985 nach einer Abschiedstournee auflöste.

In den folgenden Jahren verfolgten die Musiker – zum Teil bis heute – unterschiedliche Projekte: die Wulff-Brüder und Wolfgang von Henko schrieben Film- und Theatermusik, Olaf Casalich arbeitete unter anderem als Trommellehrer, und alle sind hin und wieder als Gastmusiker für andere Musiker tätig. So war Frank Wulff festes Mitglied der Begleitband von Etta Scollo und der Achim Reichel Band (Wilder Wassermann Tour 2004 und Volxliedertour 2006). Daneben betrieben Frank und Stefan Wulff seit 1985 in den ehemaligen Proberäumen von Ougenweide das O’ton Studio, in dem beispielsweise Blumfeld ihr Album Verbotene Früchte produzierten, Lou Reed die Ouvertüre zu der im Hamburger Thalia Theater aufgeführten Rockoper TIME ROCKER einspielte, Bert Jansch, Pentangle, die Tiger Lillies und viele andere Musiker ihrer Passion nachgingen.

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Jürgen Isenbart unterhielt eine Kochsendung beim Offenen Kanal Hamburg, für die er 1999 in Stefan Raabs Sendung TV total für den „Raab der Woche“ nominiert wurde. Minne Graw nahm 1986/87 unter Mitwirkung von Frank und Stefan Wulff einige selbstgeschriebene Songs auf, für deren Veröffentlichung sie allerdings kein Plattenlabel fand, und zog sich danach ganz aus dem Musikgeschäft zurück. Die Soloaufnahmen erschienen erst 2010 unter dem Titel Ausgeträumt auf CD. Als Gastsängerin war sie 1993 in dem Song Mermaid In The Rain von The Perc Meets The Hidden Gentleman zu hören.

1996 trat die Band in neuer Besetzung zusammen – Minne Graw und Jürgen Isenbart waren nicht mehr dabei. Zusammen mit dem Tessera Streichquartett und dem A-cappella-Quintett Time Of Roses entstand das hörbar von esoterischen Ambient-Klängen beeinflusste Album SOL. Zwar schlossen sich an die Veröffentlichung einige sporadische Konzerte an (unter anderem auf dem Nürnberger Bardentreffen), jedoch stellte sich die Wiedervereinigung der Band als Projekt von kurzer Dauer heraus.

Mit dem Kennenlernen von Frank Wulff und Sabine Maria Reiß entstand 2000 die Idee zu einem erneuten Comeback der Gruppe. Es entstand eine intensive Zusammenarbeit, die 2006 in neue Konzerte und 2010 in das neue Album Herzsprung mündeten.

Die im September 2004 veröffentlichte Kompilation Wol mich der Stunde mit bislang unveröffentlichten Liveaufnahmen aus den Jahren 1970 bis 1985 war recht erfolgreich. Zur Vorstellung des Live-Samplers fand sich die Band für einen einmaligen Auftritt in einem Hamburger Club in Originalbesetzung zusammen. Ein Jahr später erschien Ouwe war, ebenfalls mit unveröffentlichten

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Wegen der großen Resonanz der beiden Live-CDs entschied sich das Label Bear Family Records, die Original-Alben in den Jahren 2006 und 2007 auf CD wiederzuveröffentlichen. Zusätzlich sind Ougenweide 2006 auf der Bonus-CD des Best-of-Albums Kein Blick zurück von In Extremo mit einer neuen Version der Merseburger Zaubersprüche zu hören – dabei wirkte als Gast Minne Graw mit, obwohl die Band zu diesem Zeitpunkt mit Sabine Maria Reiß bereits eine neue Sängerin gefunden hatte.

Konzerte in der Neubesetzung fanden im Dezember 2006 in der Music Hall Worpswede, in Oberhausen sowie auf dem Burg Herzberg Festival und in Weinheim im Juli 2007 statt. 2008 gab es weitere Auftritte auf Norderney und in Mosbach-Neckarelz. Zuletzt spielte Ougenweide am 12. September 2009 zum zweiten Mal auf dem Festival-Mediaval in Selb alte und neue Lieder. Das war auch das letzte Konzert in der Besetzung mit Frank Wulff.

Im März 2007 erschien im Verlag der Spielleute ein Walther-von-der-Vogelweide-Sampler mit dem Titel Saget mir ieman: waz ist Minne?, für den Ougenweide in der neuen Besetzung eine Neufassung ihres Klassikers Ouwe beisteuerten und den Minnesänger Hans Hegner bei zwei Liedern begleiteten. 2008 wurde Ougenweide-Sänger Olaf Casalich beim Minnesänger-Wettstreit auf Burg Trifels mit dem „Ehrenpreis der Sänger und Spielleute“ für sein Lebenswerk als Pionier der Mittelalter-Rockszene ausgezeichnet.

Frank Wulf

Am 19. März 2010 verstarb Frank Wulff

Am 23. April 2010 wurde zum 40-jährigen Bandjubiläum das neue Studioalbum Herzsprung veröffentlicht. Abgesehen von konventionellen Instrumenten wie Gitarre, Bass und Schlagzeug kommen so ungewöhnliche Instrumente wie Tritonshörner, Kinsho Koto, Dutar, Clavioline, Monochord, Launedda, Fiedel, Nyckelharpa und Waldoline zum Einsatz. Bei Ein leis und traurig Lied, einem Text, der Maria Stuart zugeschrieben wird, sind einige der im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe gesammelten Musikskulpturen (Cristal Baschet) der französischen Brüder Baschet zu hören.

Von der Urbesetzung der Band sind der Sänger und Perkussionist Olaf Casalich sowie Stefan Wulff dabei. Neu hinzugekommen sind die Sängerin Sabine Maria Reiß, der Gitarrist Hinrich Dageför, der Schlagzeuger Martin Engelbach und der Holzbläser Krzysztof Gediga.

Jürgen Isenbart

Am 5. April 2015 verstarb das Gründungsmitglied Jürgen Isenbart an den Folgen einer langjährigen Lungenerkrankung.

Am 5. Juni 2010 gab es zum 40-jährigen Bestehen der Band auf Burg Falkenstein im Harz ein Tributkonzert mit Künstlern der Mittelaltermusikszene, unter anderem Die Irrlichter, Arundo, Holger Schäfer, Knud Seckel, Marcus van Langen und Spielleut Irregang. Dazu erschienen zwei Tribut-CDs, ein Album Tribut an Ougenweide – Minne, Rock und Zaubersprüche und die Maxi-CD Merseburger Zaubersprüche. Dabei wirkten auch In Extremo, Duivelspack, Oni Wytars, Triskilian, Galahad und Poeta Magica mit.

2011 coverte ASP das Lied Bald anders als Hommage an Frank Wulff. Es erschien auf der Single Wechselbalg und ein Remix davon wurde auf der Single Eisige Wirklichkeit veröffentlicht. (wikipdia)

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Ungezwungen‘ ist ein Live-Album, das hervorragend die kreative Frühphase der Band dokumentiert und zeigt, was Ougenweide vor allem anderen war: eine mitreißende Live-Band, die bei ihren Konzerten mit Begeisterung und Spielfreude ganze Hallen in einem ‚Folks‘-Fest vereinte. Der Mitschnitt enthält sehr gute Versionen von Wol mich der stunde, Der Rivale, Ouwe wie jaemmerliche und eine zwölfminütige Fassung von Neidhart von Reuenthals Ougenweide mit mitreißenden Schlagzeug- und Querflötensoli. (Pressetext)

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Mit dem Doppelalbum Ungezwungen, mitgeschnitten auf der Deutschlandtournee 1977, bewiesen Ougenweide, dass sie ihre Musik auch live hervorragend umsetzen konnten, ja sie übertrafen sogar an Spielfreude die Studioaufnahmen. Die instrumentalen Anteile, die häufig der Musik den „proggigen“ Anstrich verleihen, werden hier teilweise stark ausgebaut.

Enthalten sind Stücke aus allen bis dahin erschienenen Ougenweide-Alben, sowie zwei bis dahin unveröffentlichte Titel: das instrumentale Ronde und Ihr Herren wollt ihr schweigen still, nach einer Ballade aus dem frühen 16. Jahrhundert, die von den Bauernkriegen handelt. Diese Thematik sollte auf dem nächsten Studioalbum Frÿheit (1978) wieder aufgegriffen werden.

Am stärksten sind die Abweichungen von den Studioversionen bei den beiden ursprünglich auf dem Debütalbum erschienenen Stücken Ougenweide und Der Fuchs. Ersteres wird hier durch ausgiebiges Jammen der beiden Percussionisten und durch zwei wilde Flötensoli auf fast 12 Minuten ausgedehnt, letzteres klingt hier nicht mehr nach den frühen Fairport Convention, sondern wird mittels einer langen instrumentalen Jamsession (u.a. mit schönem Xylophon-Einsatz) in den artifiziellen Folkrock der klassischen Ougenweide transformiert.

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Überhaupt zeigen Ougenweide auch hier wieder, dass Begriffe wie „Minne-Rock“ oder „Mittelalter-Rock“ eigentlich zu kurz greifen; obwohl sie zahlreichen heutigen Mittelalter-Bands als Vorbild dienten, war ihre Musik auch durch andere Einflüsse geprägt, und neben progrockigen finden sich auch weltmusikalische und sogar jazzige Passagen. So zeigen sie beispielsweise in Wol mich der stunde, dass ein mittelalterliches Instrument wie das Krummhorn durchaus auch jazzen kann. (Jochen Rindfrey)

Und produziert wurde dieses Album von keinem geringerem als Achim Reichel !

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Besetzung:
Olaf Casalich (vocals)
Minne Graw (vocals)
Wolfgang von Henko (guitar)
Jürgen Isenbart (vivraphone, xylophone)
Frank Wulff (guitar, flute)
Stefan Wulff (bass)
+
Michael Schrader (percussion bei 12.)

LPBooklet

Titel:
01. Bald anders (F-Wulf-Raven/S.Wulf/Casalich) 7.09
02. Wol mich der Stunde (Traditional) 6:50
03. Ouwe wie jaemerliche (F-Wulf-Raven/v.Henko/v.d.Vogelweide) 4.36
04. Der Rivale (Casalich/v.Henko/Graw) 6.19
05. Ougenweide (Casalich/v.Henko/Back) 11.50
06. Der Schlemihl (F-Wulf-Raven/S.Wulf/Casalich/v.Henko) 4.04
07. Ihr Herren wollt ihr schweigen still (F-Wulf-Raven/S.Wulf/Casalich/v.Henko/Graw)  3:31
08. Swa gouter Hande wurzen sint (Casalich/v.Henko) 6.21
09. Wintertanz (F-Wulf-Raven/S.Wulf/v.Henko/v.Hohenfels) 3.23
10. Till und die Gelehrten (Graw) 5.10
11. Ronde (Traditional) 4.01
12. Der Fuchs (F-Wulf-Raven/Casalich)  8.48

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Von Mine Graw gib es eine Website; auf der schildert sie auch ausführlich
und sehr persönlich über en Werdegang von Ougenweide:
Website

Ougenweide – Herzsprung (2010)

FrontCover1Die Geschichte der Hamburger Formation Ougenweide beginnt im Jahre 1969. Damals spielte man hauptsächlich Coverversionen britischer Bands wie Fairport Convention oder Jethro Tull. Der kurze Zeit später hinzugestoßene Olaf Casalich brachte dann die Idee auf, Texte mittelalterlicher Dichter zu vertonen – in der Originalsprache. Musikalisch boten Ougenweide einen mehr oder weniger stark angeproggten Folk-Rock mit deutlichem Einfluss mittelalterlicher Musik.

Nachdem im September 1973 die Sängerin Minne Graw bei Ougenweide einstieg, war die „klassische“ Formation erreicht, die bis zur Auflösung der Band unverändert bleiben sollte. Anfang der 80er wandelte sich der Stil der Band, die letzten Studioalben „Ja-Markt“ (1980) und „Noch aber ist April“ (1981) waren stärker rockorientiert, aber immer noch mit proggigem Einfluss. Die Texte stammten jetzt komplett aus eigener Feder und hatten oft einen sozialkritischen Inhalt.

Nach dem Rauswurf durch die Plattenfirma wegen der schlechten Verkaufszahlen von „Noch aber ist April“ tourten Ougenweide noch für ein paar Jahre, 1985 trennte sich die Band. Ein Jahrzehnt später kam es zu einer kurzzeitigen Reunion und einem neuen Studioalbum „Sol“.

Im Jahre 2007 sind Ougenweide wieder live unterwegs, im Frühjahr 2010 folgte mit „Herzsprung“ nach 14 Jahren ein neues Studioalbum. (babyblaue-seiten.de)

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Die Idee für diese CD entstand mit der Begegnung des Gründungsmitgliedes Frank Wulff-Raven und der Schauspielerin und Sängerin Sabine Maria Reiß im Jahr 2000, konnte aber lange nicht umgesetzt werden. Die Kompositionen sind von Frank Wulff-Raven, während Sabine Maria Reiß Texte aus mehreren Jahrhunderten und verschiedenen europäischen Ländern aufspürte und teilweise aus dem Englischen ins Deutsche übertrug. Das Album Herzsprung erschien zum 40-jährigen Bandjubiläum und war das erste Studioalbum nach 14 Jahren.

Auf Herzsprung werden Instrumente wie Gitarre, Bass und Schlagzeug verwendet, aber auch so ungewöhnliche Instrumente wie Tritonshörner, Kinsho Koto, Dutar, Clavioline, Monochord, Launedda, Fiedel, Nyckelharpa und Waldoline. Fast alle dieser Instrumente werden von Frank Wulff-Raven gespielt. Bei Ein leis und traurig Lied, dessen Text Maria Stuart zugeschrieben wird, sind einige der im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe gesammelten Musikskulpturen der französischen Brüder Baschet zu hören.

Sabine Maria Reiß

Die CD eröffnet mit dem Prolog Tritons Ruf, einem auf Meerschneckentrompeten geblasenen Stück, das in das namensgebende Instrumentalstück Herzsprung übergeht. Es folgt ein Heilungssegen aus dem 10. Jahrhundert, Phol ende Uuodan, von Olaf Casalich gesungen. Textvorlage ist der zweite Merseburger Zauberspruch; damit knüpft man an eine erfolgreiche Ougenweide-Nummer an. Mit Ein leis und traurig Lied, in dem Maria Stuart als 18-Jährige den Tod ihres Gatten, Francois II., beklagt, wird von Sängerin Sabine Maria Reiß interpretiert.

Mechthild von Magdeburg, eine der wenigen Minnesängerinnen des 13. Jahrhunderts, beschreibt in ihrem Gedicht Dy Minne die Macht der Liebe, die am Jüngsten Tage in der Waage schwerer wiegen wird als die gesamte Erde. Die Musik wurzelt im französischen Une jeune fillette.

Christina Rossetti, Schwester des Malers Dante Gabriel Rossetti, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Künstlergruppe der Präraffaeliten gründete, ist mit mehreren Texten auf dem Album vertreten. Das Stück Einem Lieben basiert auf zwei Rossetti-Gedichten, die Sabine Maria Reiß ins Deutsche übertrug und zu einem Text zusammenführte. Es folgt mit Uisk flo aftar themo uuatare ein Text aus dem 10. Jahrhundert in Altsächsisch, ein Heilungsgebet für ein Pferd. Der Dansa joioza, ein provenzalisches Tanzlied nach dem Text des Trobadorliedes A l’Entrada, erzählt von der frühlingshaften Aprilkönigin, die über den eifersüchtigen Winterkönig obsiegt. Nach Christina Rossettis Lilien & Rosen über die Vergänglichkeit der Schönheit folgt ein Tanz- und Liebeslied in altem Italienisch, Ella Mia.

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Hans Neusidlers Der welsche Tanz, für Knickhalslaute im frühen 16. Jahrhundert komponiert und von Ougenweide schon einmal für das Album Eulenspiegel (1976) bearbeitet, leitet über in ein Lied aus dem Glogauer Liederbuch (um 1470), Ich sachs eins mals, ein kurzer Text über die Liebe und die Endlichkeit allen Lebens. Das dritte Stück nach einem Rossetti-Gedicht ist Echo. Es handelt von der Liebe, die über den Tod hinausgeht. Es führt in das Lied Partite Amore über, ein Abschiedslied, mit dessen Text der Notar Nicholaus Phylippi im Bologna des 13. Jahrhunderts ein Dokument fälschungssicher gemacht hat. Die CD endet mit dem Epilog, einem kurzen Instrumentalstück für Tritonshörner und Kinderklavier.
Sonstiges

Frank Wulff-Raven starb am 19. März 2010, wenige Wochen vor Veröffentlichung des Albums. Am 4. Juni 2010 gab Ougenweide ein Konzert zur Veröffentlichung des Albums, bei dem Wulff-Ravens Part von drei Musikern übernommen wurde. (wikipedia)

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Vom ersten Ton an überwältigende Rückkehr dieses Mittelalter-Folk-Urgesteins, 40 Jahre nach der Gründung und fast 15 Jahre nach dem letzten Studioalbum-Lebenszeichen. Aber die lange Zeit des Reifens, nicht zuletzt auch die 40-jährige Erfahrung, des aktiven Am-Musikgeschehen-Teilhabens haben dem einstündigen 15-Song-Epos spür- und hörbar gut getan, entwickelt sich der Herzsprung doch zu einer Stil- und Klangfülle, die man auch bei den schon früher bemerkenswerten stiloffenen Musikern bislang noch nicht erlebt hatte. Mit einigem konventionellen und umso mehr exotischem Instrumentarium (Tritonshörner, Kinsho Koto, Dutar, Clavioline, Monochord, Launedda, Nyckelharpa, Singende Säge, Waldoline) erschafft die Musikanten- und Sängerschar eine überschwänglich Melodie-reiche, Welten und Zeiten verbindende Musik-Vielfalt, die mal zum Tanz, mal zum Lauschen, mal zum Tief-Sinnen lädt. Einflüsse aus Mittelalter, Barock, Jazz, dem Balkan und Asien, irischem Folk und handfestem Rock werden verarbeitet und vereinnahmt und zu einem immer wieder überraschenden, sich verändernden und doch sich treu bleibenden Stil-Fluß vereint. Gemeinsam mit alten Recken und neuen Namen schuf Frank Wulff Raven der Legende Ougenweide ein lebendiges Denkmal, und fand zudem in Sabine Maria Reiß eine Stimme, die Minnes Gesang fast vergessen lässt. Musik und Worte aus vielen Jahrhunderten, im hier und jetzt auf den zeitlosen Punkt gebracht. (Glitterhouse)

Presseinformation:
Presseinformation

Vor einigen Jahren entdeckte ich bei einem Konzert (wohl von Laurie Anderson) Frank Wulff unter den Begleitmusikern und sprach ihn in der Pause an auf die großen Ougenweide-Zeiten der späten 70er, die wir geteilt hatten – er auf der Bühne, ich anonym davor. Er war traurig, dass der Backkatalog in den Archiven verdämmerte, trotz des Erfolges aktueller Mittelalterbands, denen Ougenweide jede denkbare Vorlage geliefert hatten. Nach 15 Jahren Pause und neun Jahren Arbeit erscheint nun ein neues Ougenweide-Album, Frank Wulff hatte dem Termin entgegengefiebert – und erlebt nun die Veröffentlichung nicht mehr. Am 19. März starb er, mit 57, und das melancholische Werk wird zum Erbe des grandiosen Multiinstrumentalisten. Es vereint alle Stärken der Folkfusionisten: die instrumentale Exotik (was ist eine Nyckelharpa???); das Verschmelzen von Gestern und Heute; die tiefe Verwurzelung in der Folktradition, die von Tümelei so weit entfernt ist wie Woody Guthrie von Rednecks – und natürlich die pure Freude an Klängen, Melodien und Ensemblespiel. Die hatte das Hamburger Virtuosenensemble selbst in den 80ern nicht verloren, als es sich zu sehr an den Zeitgeist schmiegte und so an Bedeutung verlor. „Herzsprung“ ist ein großartiges Vermächtnis, das sich mit Verlust und Vergänglichkeit beschäftigt und dabei immer den richtigen Ton trifft. Vielleicht entdeckt ja jetzt jemand den Archivschatz der alten Ougenweide-Alben und remastert sie anständig. Man wäre es dem großen Frank Wulff schuldig. (kulturnews.de)

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Das Ougenweide-Jubiläumsjahr geht gut weiter! Nach der Wiederbegegnung mit Minne Graw gibt es nun also das lang erwartete Ougenweide-Studioalbum, das erste nach eineinhalb Jahrzehnten! Im Gegensatz zu „Sol“, das in synthetischen Klängen geradezu badete, hat man sich bei „Herzsprung“ Natur pur verordnet. Zum Klingen kommen Instrumente, die die Gebrüder Wulff aus aller Herren Länder nach Hamburg ins heimische O-Ton-Studio gebracht haben. So erklingen in trauter Eintracht Tritonshörner, Launedda, Duar, Koto, Monochord und manch andere exotische (oder historische) Köstlichkeit. Ougenweide gelingt es, aus einer deutlich gereiften Perspektive an die Siebziger anzuknüpfen. Mechthild von Magedeburgs „Dy minne“, die brillante Merseburger Zauberspruch-Vertonung „Phol ende Uuodan“ und „Der welsche Tanz“ klingen ganz wie in den besten Tagen. Allerdings ist an die Stelle der jugendlichen Unbefangenheit von einst die Klangsensibilität eines an Musik und Erfahrung reichen Lebens getreten! Die Arrangements sind über Jahre gewachsen und wurden mit Liebe zum kleinsten Detail ausgearbeitet. Neben dem von Olaf Casalich beseelt und rhythmisch zupackend gesungenen Pferdezauber „Phol ende Uuodan“, über dem ein herrlicher fünfminütiger Spannungsbogen liegt, gibt es ein weiteres Meisterstück: Sabine Maria Reiß interpretiert geradezu entrückt das tieftraurige „Ich sachs eins mals“, in dem sich die Liebessehnsucht des Glogauer Liederbuches mit den Schmerzen aus Blues und Klezmer verbinden. Die Band, die Vorbild für die gesamte Mittelaltermusikszene ist, beschließt ihr Album augenzwinkernd mit einem einminütigen Epilog vom Kaliber „Merseburger Spieluhr“. Ein reifes Werk von abgeklärten Musikern, die wissen, worauf es im Leben ankommt – vergleichbar nur noch mit den aktuellen Produktionen von Sting oder Peter Gabriel! (minnesang.com)

Das Album ist wie ein wunderbar gereifter Whisky … !

Und es versteht sich leider von selbst, dass nach dem Tod von Frank Wulff Raven das Projekt Ouenweide ebenfalls mit begraben wurde.

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Besetzung:
Olaf Casalich (vocals, percussion)
Hinrich Dageför (guitar, mandolin, kalimba)
Martin Engelbach (drums)
Krzysztof Gediga (clarinet, accordeon)
Sabine Maria Reiß (vocals)
Frank Wulff Raven (guitar, flute, krummhorn, nyckelharpa, fiddle, clarinetto, zither, keyboards, bouzouki, horn, percussion)
Stefan Wulff (bass, percussion)
+
Angelika Bachmann (violine bei 08. + 09.)
Ferdinand v. Seebach Posaune (trombone bei 07.)
Leonie Wulff (vocals bei 08. + 12.)Inlet
Titel:
01. Tritons Ruf (Raven) 0.48
02. Herzsprung (Raven/Dageför) 4.38
03. Phol Ende Uuodan (Raven/Casalich) 5.12
04. Ein leis und traurig Lied (Raven/Erdmann/Stuart) 6.53
05. Dy Minne (Traditional/v.Magdeburg) 3.36
06. Einem Lieben (Reiss/Rossetti) 5.38
07. Uisk Flo Aftar Themo Uuatare (Raven/Traditional) 5.07
08. Dansa Jojoza (Raven/Reiss/Traditional) 4.46
09. Lilien & Rosen (Raven/Reiss/Traditional) 4.51
10. Ella Mia (Raven/Wulff/Dageför/Taditional) 3.43
11. Der welsche Tanz (Raven/Neusiedler) 3.16
12. Ich sachs eins mals (Glogauer Liederbuch) 4.00
13. Echo (Reiss/Rossetti) 4.31
14. Partite Amore (Raven/Reiss/Traditional) 4.13
15. Epilog (Raven) 1.02

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Ougenweide – Ohrenschmaus (1976)

FrontCover1Den Anstoß zum Minne-Rock der Band 1971 brachte ein Schulbuch mit mittelalterlichen Texten, das Bandgründer Frank Wulff mit seinen Mitspielern Stefan Wulff, Olaf Casalich, Wolfgang von Henko, Jürgen Isenbart und Brigitte Blunck durchging und bearbeitete. Danach nannte sich das Musikerkollektiv nach einem Begriff aus einem Gedicht des Lyrikers Neidhardt von Reuenthal Ougenweide. Erste Konzerte brachten einiges an Aufsehen, Achim Reichel wurde letztendlich auf die Band aufmerksam, und 1973 veröffentlichte Polydor das gleichnamige Debüt. Zumeist Texte von Walther von der Vogelweide hatte die Band vertont, darunter das wunderbare Ouwe. Mit Der Fuchs präsentierte die Platte aber auch einen ersten selbstverfassten Klassiker, der für nicht wenige Fans der Song der Band wurde.

Laut dem Musikmagazin ‚Sounds‘ gelang der Band mit ihrem Debüt eine „ziemlich gelungene Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart“.

Nach Erscheinen der Platte verließ Brigitte Blunck die Band und wurde durch die Sängerin und Keyboarderin Minne Graw (Kein Künstlername!) ersetzt.
Nun hatte Ougenweide die klassische Besetzung gefunden, die bis zum Ende der Band 1982 hielt.

Nach gemeinsamen Tourneen mit den britischen Folk-Größen Amazing Blondel 1974 und Fairport Convention 1975 galten Ougenweide bereits offiziell als ‚Deutschlands Minne-Rock-Band No 1‘. Bedingt durch die vielen Live-Auftritte erschien das dritte Album ‚Ohrenschmaus‘ erst 1976. Die Band setzte sich hier mit den Riten und Bräuchen vergangener Jahrhunderte auseinander und inszenierte sie im zart bis heftigen Rock-Ambiente. Das Album enthielt zahlreiche Klassiker der Band wie

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Minne Graw

Olaf Casalichs Im Badehaus sowie Pferdesegen und das unglaubliche Ouwe wie Jaemmerliche. Gerade aber die Sangeskünste von Minne Graw hatten inzwischen eine dermaßen hohe Qualität erreicht, dass sie in einem Zuge mit der legendären Sandy Dennis genannt wurde. Das noch im selben Jahr erschienene Album ‚Eulenspiegel‘ beinhaltete Teile einer Auftragsarbeit für das Tübinger Landestheater im Rahmen einer ‚Eulenspiegel‘-Aufführung. Diesem Album bescheinigte das nicht gerade als Deutschrock-freundlich bekannte Magazin ‚Sounds‘ eine „fast rattenfängerhafte Ausstrahlung“. Mit Wol mich der Stunde und Totus Floreo enthielt auch dieses Album Juwelen, die bis zum Ende der Band zum festen Konzert-Repertoire der Band zählten.

„Ohrenschmaus“ war das dritte Album der Band, und hier hatten sie nun nach dem etwas unausgegorenen Debüt und seinem deutlich reiferen, aber doch sehr ruhigen Nachfolger endgültig ihren Sound gefunden. Mit dem „Bombarde-Ment“ geht gleich zu Beginn ordentlich die Post ab, und der Weg ist frei für Ougenweide-Klassiker wie „Kommt ihr Jungfern helft mir klagen“, „Pferdesegen“, „Bald anders“, „Ouwe wie jaemerliche“ (auf dieser CD aus unerfindlichen Gründen zu „Owê…“ geworden) und „Im Badehaus“. Die restlichen Songs spielen allesamt in derselben Liga, vielleicht mit Ausnahme des etwas lauen Kiffer-Instrumentals „Engelboltes Tocher Aven“. Und auch wenn einige von der Band selbstverfasste Texte nicht immer so ganz glücklich erscheinen („Im Badehaus“, „Eines Freitags im Wald“), so macht die Musik das doch spielend wieder wett. Und so bombastisch das Album eröffnet wurde, so leise verklingt es mit der „Merseburger Spieluhr“, einer – wie der Name schon sagt – Spieluhr-Version der „Merseburger Zaubersprüche“ vom Vorgängeralbum. Blues Caravan)

Und auch wenn die Musik heute in doppelter Bedeutung wie Musik aus längst vergangenen Zeiten klingt – sie klingt weiterhin frisch, anmutig und schmeichelnd – ein Ohrenschmaus eben.  Ach ja, und der Achim Reichel hat auch diese LP von Ougenweide produziert.

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Ougenweide, 1977

Besetzung:
Olaf Casalich (vocals, drums, percussion)
Minne Graw (vocals, harmonium, piano)
Wolfgang von Henko (guitar, mandolin, vocals)
Jürgen Isenbart (marimba, vibraphone, drums, glockenspiel)
Frank Wulff (flute, bouzouki, mandolin, guitar, harmonium, vocals, bombarde)
Stefan Wulff (bass, piano, zither, accordion)
+
Stewart Fahey (trumpet, trombone bei 06.)
Streicher Des NDR-Symphonieorchester (bei 02., 05., 07.) unter der Leitung von Peter Hecht

BackCoverTitel:
01. Bombarde-Ment (F.Wulf/Raven) 1.10
02. Kommt ihr Jungfern helft mir klagen (Traditional/Casalich/Grawv.Henko) 5.03
03. Eines Freitags im Wald (Casalich/v.Henko/Graw) 3.11
04. Pferdesegen (Contra Uermes) (Traditional/Casalich/Reichel/F. Wulff/Raven) 2.00
05. Bald anders (Casalich/St. Wulff/F. Wulff/Raven) 6.32
06. Im Badehaus (Graw/Casalich) 3.08
07. Ouwe wie jaemerliche… (Casalich/v.d.Vogelweide/Wulff/Raven/v.Henko) 4.21
08. Engelboltes Tochter Aven (St. Wulff) 3.01
09. Rumet uz die Schäemel und die Stüele (v.Reuenthal/F. Wulff/Raven/Graw/v.Henko/Casalic) 1.54
10. Al Fol (Wulff/Raven/Graw/Casalich(GlogauerLiederbuch) 1.00
11. Der Schlemihl (Casalich/F. Wulff/Raven/St. Wulff/v.Henko) 3.55
12. Merseburger Spieluhr (F. Wulff/Raven) 0.37

LabelA1

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Ougenweide – Eulenspiegel (1976)

FrontCover1.jpgDie standen bei mir damals schon hoch im Kurs:

Ougenweide ist eine deutsche Folk-Rock-Band und Vorreiterin des Mittelalter-Rock in Deutschland.

Ihr Name rührt her vom mittelhochdeutschen Wort ougenweide für „Augenweide“, also einen Anblick, an dem man sich erfreut.

Eine Vorgängerband bestand Ende 1969 aus Frank Wulff, Michael Steinbeck, Jürgen Isenbart und Brigitte Blunck. Ougenweide wurde im Frühjahr 1970 in Hamburg gegründet. Von Beginn an setzte sich die Band das Ziel, vor allem mittelalterliche Lieder und Gedichte (neu) zu vertonen, wobei der Blickwinkel nie streng auf das Mittelalter beschränkt blieb. Die Band benannte sich nach dem gleichnamigen Lied von Neidhart von Reuental, der ersten gemeinsamen Komposition von Ougenweide (siehe auch: Strophe des Originals). Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte die Kombo 1971 bei einem Schulfest. Nach kurzer Zeit wurden Stefan Wulff und Olaf Casalich Bandmitglieder. Ab diesem Zeitpunkt nannten sie sich Ougenweide.

Ougenweide1

Ougenweide, 1977

Die Multiinstrumentalisten Olaf Casalich, Wolfgang von Henko, Frank Wulff, sein jüngerer Bruder Stefan Wulff und Jürgen Isenbart nahmen 1973 mit dem Produzenten Achim Reichel ihr erstes Album Ougenweide auf, damals noch mit den Sängerinnen Renée Kollmorgen und Brigitte Blunck. Nachdem Blunck die Band bereits vor dem Erscheinen des Albums verlassen hatte und darauf nur noch als „Gast“ firmierte, stieg im September des gleichen Jahres die Sängerin Minne Graw ein. Kurze Zeit später trennte sich auch Renée Kollmorgen von Ougenweide, sodass Graw nun die alleinige weibliche Stimme der Band war.

Ougenweide2

Nach dem 1974 erschienenen Album All die weil ich mag, das textlich einen Bogen von den Merseburger Zaubersprüchen aus dem 9. Jahrhundert über Walther von der Vogelweide und Heinrich von Mügeln bis zu Goethe spannt, folgten 1975 Auftritte mit bekannten Musikern und Bands wie Fairport Convention, Steeleye Span, Planxty, Amazing Blondel, Alan Stivell und Konstantin Wecker. Dichter und Schriftsteller Peter Rühmkorf und Regisseur Gerd Zenkel erstellten im selben Jahr in Zusammenarbeit mit der Band einen Fernsehfilm über das Leben Walthers von der Vogelweide.

Ein Jahr später veröffentlichte die Band gleich zwei Alben. Die LP Ohrenschmaus enthält mit Im Badehaus, Pferdesegen, Bald anders und Kommt ihr Jungfern helft mir klagen einige der bekanntesten Lieder der Band. Noch im Dezember desselben Jahres erschien das Album Eulenspiegel, dessen erste Plattenseite ausschließlich Lieder enthält, die Ougenweide zu einer Tübinger Eulenspiegel-Inszenierung beisteuerte. Die zweite Seite bietet dagegen die bewährte Mischung aus Vertonungen mittelalterlicher Texte und beschwingten Tanzweisen. Totus floreo (aus der mittelalterlichen Liedersammlung Carmina Burana) und Wol mich der Stunde – die Bearbeitung eines mittelhochdeutschen Textes von Walther von der Vogelweide mit einer altfranzösischen Melodie – gehören zu den Stücken der B-Seite dieses Albums. (Quelle: wikipedia)

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Im gleichen Jahr wie Ohrenschmaus erschien auch der Nachfolger Eulenspiegel, das vierte Album der Hamburger Formation. Der Begriff „Konzeptalbum“ trifft dabei nur für die ersten fünf Stücke (entsprechend der ersten Plattenseite in der Vinylfassung) zu; wie Song- und Albumtitel bereits andeuten, geht es natürlich um Till Eulenspiegel. Diese Lieder waren eine Auftragsarbeit für eine Inszenierung des Landestheaters Tübingen.

Nach der kurzen Einführung werden vier Szenen aus Eulenspiegels Leben dargestellt: er gibt sich als Arzt mit dem gelehrt klingenden Namen „Tyllurius Spiegelius“ aus, versucht sich als Hofmaler und liefert dabei nur eine weiße Leinwand ab (nur ehrliche Menschen können das Bild sehen), streitet mit Gelehrten über „wichtige“ Fragen und erlebt schließlich seine Todesstunde. Gerade dieser letzte Abschnitt, Tills Ende und Vermächtnis, zeigt sich richtig „proggig“, inklusive eines geradezu symphonisch-feierlichen Ausklangs.

Wie man auf der Ougenweide-Homepage erfährt, wurde nur ein Teil der für die erwähnte Aufführung komponierten Stücke auf diesem Album veröffentlicht.

In der zweiten Hälfte vertonen Ougenweide dann wieder altertümliche Texte. Mit Totus Floreo ist erstmals ein lateinisch gesungenes Stück dabei, es stammt aus den Carmina Burana, die den meisten durch die Vertonung von Carl Orff bekannt sein dürften. Höhepunkte sind außerdem Wol mich der Stunde nach einem Gedicht von Walther von der Vogelweide, mit einem schönen jammenden Instrumentalteil, sowie Durch den Ermel gât daz Loch, das mit wunderbarem A-Capella-Gesang von Minne Graw beginnt und sich über einen eher meditativen Mittelteil zu einem richtiggehend rockenden (relativ gesehen) Stück mit Anklängen an Jethro Tull entwickelt.

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Die Instrumentierung ist wieder weitgehend akustisch, wobei die Verwendung des Krummhorns in einigen Stücken den besonderen „Mittelalter-Touch“ verleiht. Vereinzelt kommt auch mal E-Gitarre zum Einsatz, aber wenn, dann doch eher zurückhaltend.

Eulenspiegel erschien 2006 erstmals auf CD, zusammen mit dem Vorgänger Ohrenschmaus. Zur Aufmachung der CD siehe dort. Schade, dass auch hier wieder einige Information, die auf der LP enthalten waren, nicht übernommen wurden. So wird der Text des abschließenden Stücks Enzio verständlicher, wenn man weiß, dass es sich um die Übersetzung eines Gedichts von Enzio von Sardinien, eines Sohnes Kaiser Friedrichs II., handelt, das dieser während seiner über zwanzigjährigen Haft in Bologna schrieb.

Für Liebhaber folk-proggiger Klänge ist Eulenspiegel, ebenso wie Ohrenschmaus, Pflicht! (Jochen Rindfrey)

Dem schließe ich mich jetzt einfach mal vorbehaltslos an.

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Besetzung:
Olaf Casalich (drums, percussion, vocals)
Minne Graw (piano, flute, harmonium, vocals)
Wolfgang von Henko (guitar, mandolin, vocals)
Jürgen Isenbart (percussion)
Frank Wulff (flute, crumhorn, mandolin, banjo, bouzouki, guitar, vocals)
Stefan Wulff (bass, guitar, acccordion)
+
Florian Wulff-Haack (Eulenspiegel bei 01.)

BackCover

Titel:
01. Till (Wulff-Raven/Casalich(v.Henko) 0.28
02. Tyllurius Spiegelius (v.Henko/Wulff) 3.22
03. Der Hofmaler (Wulff/Wulff-Raven) 5.06
04. Till und die Gelehrten (Graw) 4.28
05. Tills Ende und Vermächtnis (Casalich/v.Henko) 5.20
06. Welscher Tanz und Hupfauf (Traditional/Wulff-Raven/Graw/Casalich/Wulff/ v.Henko/Neusiedler) 2.46
07. Totus Floreo (Traditional/Wulff-Raven/Graw/Casalich/Wulff/v.Henko) 2.43
08. Wol mich der Stunde (Traditional/Wulff-Ravens/Graw/Casalich/Wulff/v.Henko/von der Vogelweide) 5.38
09. Durch den Ermel gat das Loch (v.Reuental/Casalich) 4.59
10. Enzio (Casalich/v.Henko) 2.12

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