Den Anstoß zum Minne-Rock der Band 1971 brachte ein Schulbuch mit mittelalterlichen Texten, das Bandgründer Frank Wulff mit seinen Mitspielern Stefan Wulff, Olaf Casalich, Wolfgang von Henko, Jürgen Isenbart und Brigitte Blunck durchging und bearbeitete. Danach nannte sich das Musikerkollektiv nach einem Begriff aus einem Gedicht des Lyrikers Neidhardt von Reuenthal Ougenweide. Erste Konzerte brachten einiges an Aufsehen, Achim Reichel wurde letztendlich auf die Band aufmerksam, und 1973 veröffentlichte Polydor das gleichnamige Debüt. Zumeist Texte von Walther von der Vogelweide hatte die Band vertont, darunter das wunderbare Ouwe. Mit Der Fuchs präsentierte die Platte aber auch einen ersten selbstverfassten Klassiker, der für nicht wenige Fans der Song der Band wurde.
Laut dem Musikmagazin ‚Sounds‘ gelang der Band mit ihrem Debüt eine „ziemlich gelungene Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart“.
Nach Erscheinen der Platte verließ Brigitte Blunck die Band und wurde durch die Sängerin und Keyboarderin Minne Graw (Kein Künstlername!) ersetzt.
Nun hatte Ougenweide die klassische Besetzung gefunden, die bis zum Ende der Band 1982 hielt.
Nach gemeinsamen Tourneen mit den britischen Folk-Größen Amazing Blondel 1974 und Fairport Convention 1975 galten Ougenweide bereits offiziell als ‚Deutschlands Minne-Rock-Band No 1‘. Bedingt durch die vielen Live-Auftritte erschien das dritte Album ‚Ohrenschmaus‘ erst 1976. Die Band setzte sich hier mit den Riten und Bräuchen vergangener Jahrhunderte auseinander und inszenierte sie im zart bis heftigen Rock-Ambiente. Das Album enthielt zahlreiche Klassiker der Band wie

Minne Graw
Olaf Casalichs Im Badehaus sowie Pferdesegen und das unglaubliche Ouwe wie Jaemmerliche. Gerade aber die Sangeskünste von Minne Graw hatten inzwischen eine dermaßen hohe Qualität erreicht, dass sie in einem Zuge mit der legendären Sandy Dennis genannt wurde. Das noch im selben Jahr erschienene Album ‚Eulenspiegel‘ beinhaltete Teile einer Auftragsarbeit für das Tübinger Landestheater im Rahmen einer ‚Eulenspiegel‘-Aufführung. Diesem Album bescheinigte das nicht gerade als Deutschrock-freundlich bekannte Magazin ‚Sounds‘ eine „fast rattenfängerhafte Ausstrahlung“. Mit Wol mich der Stunde und Totus Floreo enthielt auch dieses Album Juwelen, die bis zum Ende der Band zum festen Konzert-Repertoire der Band zählten.
„Ohrenschmaus“ war das dritte Album der Band, und hier hatten sie nun nach dem etwas unausgegorenen Debüt und seinem deutlich reiferen, aber doch sehr ruhigen Nachfolger endgültig ihren Sound gefunden. Mit dem „Bombarde-Ment“ geht gleich zu Beginn ordentlich die Post ab, und der Weg ist frei für Ougenweide-Klassiker wie „Kommt ihr Jungfern helft mir klagen“, „Pferdesegen“, „Bald anders“, „Ouwe wie jaemerliche“ (auf dieser CD aus unerfindlichen Gründen zu „Owê…“ geworden) und „Im Badehaus“. Die restlichen Songs spielen allesamt in derselben Liga, vielleicht mit Ausnahme des etwas lauen Kiffer-Instrumentals „Engelboltes Tocher Aven“. Und auch wenn einige von der Band selbstverfasste Texte nicht immer so ganz glücklich erscheinen („Im Badehaus“, „Eines Freitags im Wald“), so macht die Musik das doch spielend wieder wett. Und so bombastisch das Album eröffnet wurde, so leise verklingt es mit der „Merseburger Spieluhr“, einer – wie der Name schon sagt – Spieluhr-Version der „Merseburger Zaubersprüche“ vom Vorgängeralbum. Blues Caravan)
Und auch wenn die Musik heute in doppelter Bedeutung wie Musik aus längst vergangenen Zeiten klingt – sie klingt weiterhin frisch, anmutig und schmeichelnd – ein Ohrenschmaus eben. Ach ja, und der Achim Reichel hat auch diese LP von Ougenweide produziert.

Ougenweide, 1977
Besetzung:
Olaf Casalich (vocals, drums, percussion)
Minne Graw (vocals, harmonium, piano)
Wolfgang von Henko (guitar, mandolin, vocals)
Jürgen Isenbart (marimba, vibraphone, drums, glockenspiel)
Frank Wulff (flute, bouzouki, mandolin, guitar, harmonium, vocals, bombarde)
Stefan Wulff (bass, piano, zither, accordion)
+
Stewart Fahey (trumpet, trombone bei 06.)
Streicher Des NDR-Symphonieorchester (bei 02., 05., 07.) unter der Leitung von Peter Hecht
Titel:
01. Bombarde-Ment (F.Wulf/Raven) 1.10
02. Kommt ihr Jungfern helft mir klagen (Traditional/Casalich/Grawv.Henko) 5.03
03. Eines Freitags im Wald (Casalich/v.Henko/Graw) 3.11
04. Pferdesegen (Contra Uermes) (Traditional/Casalich/Reichel/F. Wulff/Raven) 2.00
05. Bald anders (Casalich/St. Wulff/F. Wulff/Raven) 6.32
06. Im Badehaus (Graw/Casalich) 3.08
07. Ouwe wie jaemerliche… (Casalich/v.d.Vogelweide/Wulff/Raven/v.Henko) 4.21
08. Engelboltes Tochter Aven (St. Wulff) 3.01
09. Rumet uz die Schäemel und die Stüele (v.Reuenthal/F. Wulff/Raven/Graw/v.Henko/Casalic) 1.54
10. Al Fol (Wulff/Raven/Graw/Casalich(GlogauerLiederbuch) 1.00
11. Der Schlemihl (Casalich/F. Wulff/Raven/St. Wulff/v.Henko) 3.55
12. Merseburger Spieluhr (F. Wulff/Raven) 0.37