Und erneut ein Album dieses sympathischen Trios, das bei mir viel Zustimmung erzeugt:
Burli ist ein Album der deutschen Rockband Sportfreunde Stiller. Es wurde 2004 unter dem Label Motor bei Universal veröffentlicht. Die Aufnahmen fanden wie bei der Band üblich in Spanien statt.
Dass die Bandmitglieder Fußballfans sind, zeigte sich auf dem Album bei den Liedern Ich, Roque, das eine Anspielung auf Roque Santa Cruz (damals Bayern München) ist, der in dem Lied auch selbst zu hören ist, Lauth anhören, das seine Schreibweise Benjamin Lauth verdankt, der damals beim TSV 1860 München spielte. Mit Dirk, wie ist die Luft dort oben? findet sich noch ein weiterer Song, der sich mit Sport beschäftigt auf dem Album, es handelt sich um einen Gruß an den Basketballspieler Dirk Nowitzki.
In Österreich erreichte das Album Goldstatus. Die dafür überreichte Auszeichnung versteigerte die Band für einen guten Zweck.
Gleich vier Singles aus dem Album konnten sich zudem in den Verkaufscharts in Deutschland und Österreich platzieren, neben der bekanntesten Siehst du das genauso? auch Ein kleiner Schritt, Ich, Roque und 1. Wahl.
Für die Sportfreunde bedeutete das Album einen weiteren Karrieresprung: Bei der anschließenden Tour füllten sie mit 10.000 Besuchern erstmals die Olympiahalle, in ihrem Vorprogramm spielten renommierte Bands wie Nada Surf, Ash oder auch Franz Ferdinand. (wikipedia)
Sie wollen und können ihren Sound nicht so wahnsinnig verändern. Außerdem sähe man ja bei Radiohead, was dabei raus kommt. So die Erklärung der Sportfreunde dafür, dass sich ihre Alben seit vier Jahren sehr ähnlich anhören. Immerhin hätten sie „absolute Neuheiten auf der Platte, wie ein Gitarren-Solo und annähernd ein Schlagzeug-Solo“. Und ob man wirklich möchte, dass die Sportfreunde sich plötzlich klanglich wandeln, ist wohl mehr als fraglich.
So kommt die richtige Ansage schon nach dem Intro: „Lauth Anhören“ ist die Devise der Sporties. So macht das einfach am meisten Spaß. Trommelwirbel setzen Akzente, die Gitarre schrabbelt zur super-eingängigen Orgelmelodie. So kennen wir’s und wenn wir ehrlich sind, wollen wir’s auch so.
Denn die Sportfreunde sind eine ausgewiesene superduper (ja, das steht für unbeschreiblich gut) Liveband. „Ihr müsst sie drauf bringen, damit sie es auch singen.“ Genau, laut mitsingen. Geht ganz schnell zu diesen einfachen Spaßtextchen. In denen geht es mal wieder vor allem um Freundschaft und um den Kampf gegen Kälte und für mehr Zwischenmenschlichkeit. Alles andere würde man den Sportfreunden auch gar nicht glauben.
Vielleicht hört sich all das, was sie ausmacht, nach platter Musik an. Ist es aber gar nicht. Eher fröhlich, ja munter. Aufmunternd. „Ein kleiner Schritt für uns, ein großer Schritt für die Menschlichkeit.“ Man muss den drei liebenswerten Münchnern auch zugestehen, dass sie musikalisch ein wenig abwechslungsreichere Strukturen wagen als auf den vorherigen Alben.
Der Sound ist breitwandiger, doch trotz Orchestrierung einiger Songs wirkt nichts gezwungen. Eher nach mit Freude unter Freunden eingespielten Stücken. Besonders bei „Im Namen Der Freundschaft“ und „Dirk, Wie Ist Die Luft Da Oben?“ kommt das beim Hören sofort an. Auch „1. Wahl“ ist so ein Kandidat, allerdings ein extrem prolliger, wie die Sportfreunde selber zugeben mussten. Mit leichtem Tote Hosen-Einschlag, aber das sei ihnen nachgesehen. (Vicky Butscher)
Und auch textlich hatten sie weiterhin natürlich weitaus mehr als nur Sport am Hut:
Ich versuche mich konstant zu wandeln
Und beständig aktuell interessant zu handeln
Ich verstehe es mich stets adrett zu kleiden
Und mache gute Laune wett mit leiden
Ich zeig‘ mich interessiert an jedem Themengebiet
Und meine ungeniert ich wüsst‘, was so geschiet
Ich halte Augen und Ohren offen, hier und da bin ich betroffen
Und seit anbeginn der Tage stellt sich mir die frage
Geb‘ ich mich mit dem Allgemeinen versöhnlich
Oder lebe ich lieber ungewöhnlich
Geb‘ ich mich mit dem Allgemeinen versöhnlich
Oder lebe ich lieber ungewöhnlich
Ich schneie hier mal rein, lass‘ mal hier, mal da ’nen Schein
Und merke immer schnell: Schöne Momente sollten länger sein
Ich sage meistens ja, wenn ich was nicht versteh‘
Und schlagfertig und clever bin ich erst wenn ich nach Hause geh‘
Ich brauche meinen Schlaf, kenn‘ konvex und auch konkav
Und bei Bekannten meiner Oma galt ich immer als sehr brav
Ich halte mich für mittelklug, entfernt von Diebstahl und Betrug
Also … kraftvoller Power-Pop mit vielen guten Songideen und frischen, erfrischenden Texten ….
Besetzung:
Peter S. Brugger (guitar, vocals)
Rüdiger „Rüde“ Linhof (bass)
Florian Weber (drums, vocals)
+
Bläser bei 07.:
Robert Alonso (trumpet)
Rainer Sell (trombone)
Jörg Weber (saxophone)
+
Roque Santa Cruz (vocals bei 12.)
Titel:
01. Hörspiel (Intro)
02. Lauth Anhören
03. Ein kleiner Schritt
04. Ungewöhnlich
05. Siehst du das genauso?
06. Frühling
07. Im Namen der Freundschaft
08. Andere Mütter
09. Wir kommen (Was hier los ist!!!)
10. Was ich behaupten kann
11. Dirk, wie ist die Luft dort oben?
12. Ich, Roque
13. 1. Wahl
Musik und Texte: Peter S. Brugger – Rüdiger Linhof – Florian Weber
Aus einem Interview mit der „Südeutschen Zeitung“ anläßlich der Veröffentlichung dieses Album:
SZ: Seid Ihr nachdenklicher geworden?
Linhof: Ja. Da spielt das vergangene Jahr eine Rolle. Wir hatten es nicht leicht, dieses Album zu machen. Es gab sehr großen Druck von der Plattenfirma. Wir haben uns dadurch auf uns und was uns wichtig ist besonnen. Zum anderen ist die politische Situation so extrem.
SZ: Inwiefern?
Linhof: Man merkt mehr und mehr, dass Kriege ein Alltagsmittel werden. Dass es ein Krisenmanagement gibt, das nur noch auf einer Kriegslogik aufbaut. Da bekommt man so einen Drang, eigene Lösungswege zu entwerfen.
SZ: Zum Beispiel?
Linhof: Das Geld, das man jetzt in die Truppen im Irak investiert, könnte man auch in die medizinische Versorgung von Drittwelt-Ländern stecken, in Schulbildung und alles Mögliche. Stattdessen wird ein ganz anderer Kreislauf in Gang gesetzt – eine Logik, die ich einfach schrecklich finde und verachte.
SZ: Deshalb auch der Auftritt bei Planet Peace?
Linhof: Ja. Es wird in letzter Zeit immer schwerer, sich unverbindlich zu verhalten. Ich freue mich darauf, dass wir vielleicht eine Gegendynamik mit entwickeln helfen können. München ist sowieso keine Stadt, die für ihre kritische Haltung bekannt ist. Zumindest im Mainstream gibt es keine besondere Protesthaltung.
SZ: Wie nicht-mainstreamig, also independent seid Ihr eigentlich noch?
Linhof: Ich sehe den Begriff „Independent“ nicht als Markenzeichen. Ich sehe bei Indie-Bands ein besonderes Herz, eine besondere Leidenschaft, eine Authentizität, einen Individualismus. Ich fände schön, wenn auch der Mainstream nicht durch Unverbindlichkeit gekennzeichnet wäre, sondern durch eine kritische Gesellschaft.
SZ: Also gibt es keinen Widerspruch zwischen erfolgreich und independent sein?
Linhof: Es geht um die Frage glaubhaft oder nicht glaubhaft – aber was heißt schon wieder glaubhaft? Kritik am Erfolg ist oft Nachgetrete von Leuten, die keinen Erfolg haben und deshalb wenigstens die Moral für sich beanspruchen wollen. Das finde ich heuchlerisch. Wenn man viele Leute anspricht, stößt man auf viel Widerspruch. Man muss halt schauen, dass man in der Summe der Entscheidungen doch noch einen guten Weg findet. Mit der Musik, an die ich glaube, will ich möglichst viele Leute erreichen.