Kölner Kammerorchester u.a. – Heitere Serenaden (1966)

FrontCover1Es gab da mal so ehrwürdige Klassik-Labels, die es wohl darauf angelegt haben, die Qualität zu punkten …

Dazu gehört dann auch das Label Schwann .. und dieses Label konnte auf eine ganz, ganz lange Verlagsgeschichte zurückblicken:

Der Schwann Verlag wurde im November 1821 von Leonard Schwann (1778–1867), dem Vater des Mediziners Theodor Schwann, gegründet. Leonard Schwann war ein Goldschmied aus Neuss, der seinerzeit neue Einnahmequellen suchte, um sich und seine vielköpfige Familie zu ernähren. Zunächst druckte Schwann nur Formulare und „kleinere Gelegenheitsdrucksachen“, doch schon in der nächsten Generation wurden theologische und durch Zukauf auch bald Schulbücher, Jugendbücher, Kunstbücher und Tonträger verlegt.
1933 übernahm der Schwann Verlag den Mosella Verlag, der 1910 in Trier zum Zweck der Betreuung der „Eckerschen Schulbibel“ gegründet worden war. Diese Bibel stieß auf so breite Zustimmung, dass sie in zehn Sprachen übersetzt wurde. Im Jahre 1931 war sie die Bibelausgabe, mit der die Hälfte aller deutschen Katholiken unterrichtet wurden.
Schwann und Mosella während der nationalsozialistischen Diktatur.

Schwann1931

Eine kurze Verlagsgeschichte aus dem Jahr 1931

Mit der angeschlossenen Buchbinderei, der Druckerei, Setzerei und verschiedenen anderen handwerklichen Betrieben, die nicht nur unmittelbar mit der Buchproduktion befasst waren, beschäftigte Schwann bis in die 30er Jahre bis zu eintausend Menschen. In der Zeit zwischen 1933 und 1945 war der Schwann Verlag aufgrund seines theologischen Programmbereichs mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten kamen alle Schulbücher auf den Prüfstand. Den Publikationen aus dem Hause Schwann wurden nach und nach die Genehmigungen entzogen, da sie dezidiert katholische Werte vertraten. Hans-Georg Francken-Schwann wurde als ehrenamtlichem Vorsitzenden der Schulbuchverleger das Ultimatum gestellt, den Druck katholischer Zeitschriften und jeden Kontakt zu katholischen Organisationen einzustellen. Als er sich weigerte, verlor der Schwann Verlag nach und nach die Regierungsbezirke, die er seit Generationen mit Schulbüchern aus dem eigenen Programm beliefert hatte.

1937/38 wurden neue ministerielle Vorgaben erlassen, die in kürzester Zeit auf die Schulbuchentwürfe angewendet werden sollten. Da sich die Witwe des inzwischen verstorbenen Hans-Georg Francken-Schwann, Irma Francken-Schwann, weigerte, die christliche Ausrichtung des Verlags aufzugeben, wurde den Publikationen aus dem Hause Schwann die Genehmigung entzogen oder in dem damals üblichen Quotierungsverfahren grundsätzlich die niedrigsten Auflagenzahlen zugewiesen. Der Schwann Verlag zog zu diesem Zeitpunkt 80 % seines Umsatzes aus dem Geschäft mit Schulbüchern, so dass der wirtschaftliche Bankrott nur noch eine Frage der Zeit war.
Da die Nationalsozialisten sogenannte „gemischte Produktionen“ verboten hatten, wurde 1940 die religiöse Programmsparte des Schwann Verlags zwangsweise zu Mosella überführt. Ziel der Nationalsozialisten war es, die Theologie von den anderen Programmbereichen zu trennen, um einen leichteren Zugriff auf religiöse Verlage zu erlangen und langfristig deren Stilllegung durchzusetzen. Ab 1942 wurden dem Verlag schließlich sämtliche Papierzuteilungen verweigert, so dass der Verlagsbetrieb eingestellt werden musste.

1943 kam Irma Francken-Schwann bei einem Bombenangriff auf dem Gelände der Verlagsgruppe ums Leben, während sie versuchte, das Archiv vor der Vernichtung durch die Flammen zu retten. (Quelle: wikipedia)

Na … um das ganze ein wenig abzukürzen, gründete dieser Verlag so um 1962 das Label „Schwann“ … und hier haben wir eine prachtvolle LP aus dem Jahre 1966 eingespielt von dem Kölner Kammerorchester:

Programmzettel Gründungskonzert1923

Der Programmzettel zum Gründungskonzert, 1923

Das Kölner Kammerorchester ist mit seinem im Jahr 1923 gespielten Konzertdebüt das älteste Kammerorchester Deutschlands. Die Idee einer werkgerechten Interpretation führte 1923 zur Gründung des Kölner Kammerorchesters, das in seinen frühen Jahren unter Hermann Abendroth und später unter Erich Kraack spielte. Mittlerweile ist das Gründungskonzert am 30.11.1923 im Saal des damals neuen Kunstvereinsgebäudes am Friesenplatz Köln im Rahmen der Konzertreihe der Gesellschaft für Neue Musik wissenschaftlich nachgewiesen. Dieses erste Konzert leitete Gustav Classens, der seit 1914 am Kölner Konservatorium Klavier  und Dirigieren bei Hermann Abendroth studiert hatte und später von 1933 bis 1949 als Bonner Musikdirektor das Kulturleben prägte. Unter der Leitung von Otto Klemperer und Hermann Abendroth spielte das neu gegründete Orchester in den 20-er Jahren auch im Rahmen der jeweils im Mai stattfindenden „Rheinischen Kammermusikfeste“ in Köln und im Musiksaal des Schloss Brühl.

Als Abendroth Anfang der 1930er Jahre Köln verließ, übernahm sein Schüler Erich Kraack die Leitung des jungen Klangkörpers und verlegte seinen Standort nach Leverkusen. Dort konnte er in den Bayer-Kasinokonzerten seinen guten Ruf festigen und ihm durch die Zusammenarbeit mit bedeutenden Solisten überregionale Anerkennung verschaffen. Erich Kraack prägte das Konzert- und Kulturleben der Stadt Leverkusen 36 Jahre lang auch als künstlerischer Leiter der Bayer Philharmoniker.

1963 übergab Erich Kraack die Leitung des Kölner Kammerorchesters an Helmut Müller-Brühl. Dieser hatte durch Studien der Philosophie, katholischen Theologie, Kunst- und Musikwissenschaften umfassende theoretische Grundlagen für die Interpretation barocker und klassischer Musik erworben und durch Violinkurse bei seinem Mentor Wolfgang Schneiderhan sowie durch frühe Dirigierpraxis ergänzt. Im Herbst 1964 führte er es mit dem Pianisten Wilhelm Kempff zu einer viel beachteten Tournee in die Schweiz, die den Beginn der Zusammenarbeit mit zahlreichen renommierten Solisten markierte. Seither hat das Orchester bei Gastspielen in Europa, Asien, Nord- und Südamerika, bei Festivals im In- und Ausland viele Erfolge gefeiert. (Selbstdarstellung)

Helmut Müller-Brühl01

Helmut Müller-Brühl und Wilhelm Kempff in der Tonhalle Zürich, 1964

Und wir hören hier ein durch und durch aufregendes Album … da sind ja nicht nur Mozart und Vivaldi (dessen kurzes Fantasmi mehr als fulminant ist)., nein, auch unbekannte Komponisten wie Andrea Bocchetti und insbesondere Heinrich Ignaz Franz Biber sind mehr als hörenswert.

Heinrich Biber war wohl sowas wie ein Avantgard der Barockmusik … ein musikalischer Querdenker … man hören sich da nur mal „Serenada“ und „Allmanda“ an … Von dem wird hier noch mehr zu hören sein …

Kurz und knapp: ein großartiges Album !

KölnerKammerorchester

Und das Kölner Kammerorchester gibt´s heute noch:  Es hat an üb er 500 Tonträger- und Rundfunkproduktionen mitgewirkt und dabei mehr als 500 Kompositionen aufgenommen !

Besetzung:
Kölner Kammerorchester unter der Leitung von Helmut Müller-Brühl
Orchester der Brühler Schloßkonzerte unter der Leitung von Helmut Müller-Brühl
+
Hans-Jürgen Möhring (flute)
Otto Peter (Bariton bei 14.)
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Titel:

Wolfgang Amadeus Mozart: Serenata Notturna In D-Dur KV 239:
01. Marcia/Maestoso 4.20
02. Menuetto 3.55
03. Rondeau 4.30

Antonio Vivaldi: Concerto Op. X Nr. 2 „La Notte“ in G-Moll Für Flöte, Streicher und Generalbass

04. Largo 2.42
05. Fantasmi 0.57
06. Il Sonno 2.39
07. Allegro 3.29

Andrea Bocchetti: 
08. Quintetto „Musica Notturna Di Madrid“ Op. 30 Nr. 6 4.59

Heinrich Ignaz Franz Biber: Serenada „Mit dem Nachtwächterbass“ für Bariton, Streicher und Generalbass:
09. Serenada 1.09
10. Allamanda 1.13
11. Aria 1.57
12. Ciacona 2.00
13. Gavotte 1.47
14. Retirada 10.16
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