Joseph Schmidt – Unvergänglich – unvergessen (Folge 91) (1958)

FrontCover1Eine wirklich tragische Geschichte hatte das Leben für den Tenor Joseph Schmidt vorgesehen:

Unter den berühmtesten Tenören des 20. Jahrhunderts nimmt der rumänische Sänger Joseph Schmidt zweifellos eine Sonderstellung ein. 1904 geboren, durchlebte er in einer Zeitspanne von nur 8 Jahren unvorstellbare Triumphe. Trotz weltweiter Erfolge aber sollte sein sehnlichster Wunsch zeitlebens unerfüllt bleiben: die Opernbühne. Auftritte im Kostüm blieben für den 1,54 m kleinen Mann nur Episoden. Hinter seinen vokalen Leistungen musste die optische Wirkung hoffnungslos zurückbleiben. Dennoch gelang es Schmidt sehr früh, seine grosse Chance wahrzunehmen – dank dem damaligen Massenmedium Nr. 1: dem Rundfunk. Sein Debut in Berlin 1929 war ebenso ungewöhnlich wie sein kometenhafter Aufstieg zur Weltelite: Vasco da Gama in Meyerbeers „Afrikanerin“. Bald gab es kaum eine Opernsendung, in der er nicht mitwirkte. Die bedeutendsten Sender bedienten sich seines klingenden Namens: London, Wien, Hilversum, Kopenhagen, Stuttgart, Hamburg, Zürich, um nur einige zu nennen. Seine strahlende Stimme erreichte die Wohnzimmer in aller Welt. Innert 4 Jahren sang Schmidt über 40 Opernpartien, wodurch er zum absoluten Radiostar seiner Zeit avancierte.

Mit der Premiere seines Filmes „Ein Lied geht um die Welt“ im Berliner Ufa-Palast am 9. Mai 1933 erreichte seine Popularität ihren Höhepunkt. Doch zur selben Zeit wird ihm der Zutritt zum Funkhaus verboten; Joseph Schmidt war Jude. Er übersiedelt erst nach Wien, dreht da weitere Filme wie „Ein Stern JosephSchmidtfällt vom Himmel“ -„Wenn du jung bist, gehört dir die Welt“ – „Heut’ ist der schönste Tag in meinem Leben“. Die Begeisterung über diese Kinowerke wird zur Hysterie der Massen, der Tenorstar steht im absoluten Zenit seines Schaffens. Millionenfach gehen seine Platten um den Erdball. In Konzertreisen durch ganz Europa, im Orient und dem Nahen Osten – ab 1937 auch in Amerika – macht der hochbezahlte, umjubelte Künstler die persönliche Bekanntschaft mit seinem Publikum. 1934 und 1936 filmt er auch in England. Als Rudolf in Puccinis „La Bohème“ schafft er 1939 in Brüssel den Sprung auf die Bühne. Mit Beginn des 2. Weltkrieges aber stürzt seine Glückskurve in endloses Dunkel. Eine Kette von unglücklichen Umständen versperrt ihm die Ausreise nach den USA. Zudem hindert ihn sein unerschütterlicher Glaube an das Gute im Menschen, die politische Realität zu erkennen. Durch halb Europa gehetzt, erreicht er über Südfrankreich im Oktober 1942 endlich die rettende Insel Schweiz – illegal, denn „das Boot ist voll“. Noch 1940 hatte man ihn im Lande Wilhelm Tells gefeiert … jetzt ist er mittellos. Sein schlechter Gesundheitszustand bewahrt ihn nicht davor, von der Amtsmühle in ein Internierungslager im Zürcher Oberland eingewiesen zu werden. Bis zur „Abklärung seines Falles“ verbietet man dem weltbekannten Sänger jegliches Auftreten. In einem Zürcher Spital behandelt man seine Halsentzündung – seinem Hinweis, auch Schmerzen in der Brust zu haben, wird aber keine Bedeutung zugemessen. Man hält ihn für einen Simulanten. Als „geheilt“ und „wieder lagerfähig“ entlässt man ihn am 14. November 1942. Zwei Tage später ist Joseph Schmidt tot – sein Herz hatte versagt. Im Bombenhagel Europas, von der Welt kaum bemerkt, war sein Stern gefallen – mit 38 Jahren… Auf dem Israelitischen Friedhof „Unterer Friesenberg“ in Zürich fand der Welt kleinster grosser Tenor seine letzte Ruhestätte. Sein Grabstein trägt die Inschrift „Ein Stern fällt“.

 Anlass für diese gigantische Single-Serie (hier präsentierte ich Folge 91!) war der Starts des Filmes „Ein Lied geht um die Welt (Die Joseph-Schmidt-Story)“ (Regie: ). Über den Film schreib das Lexikon des internationalen Films u.a. folgendes: „Mit sentimentalen Sequenzen ausgeschmückte Lebensgeschichte des berühmten Tenors […]. Gefühlvoll gestaltet, in der Darstellung des politischen und zeitgeschichtlichen Hintergrundes verharmlosend. Das Verdienst des Films liegt darin, daß er Schmidts Stimme in technisch aufgefrischten Originalaufnahmen wieder lebendig macht.“ (Wundert mich nicht sonderlich)

Und diese Single enthält 4 dieser aufgefrischten Originalaufnahmen (technisch verbessert im August 1958 ist auf der Hülle zu lesen).

Und vielleicht mag ja der eine oder andere diesem berühmten Tenor mal sein Ohr leihen.

Und gleich der erste Titel dieser EP („Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben“) ist für Joseph Schmid traurige Wirklichkeit geworden.

Filmkurier948A

Besetzung:
Joseph Schmidt (Tenor)
+
Chor und Orchester unter der Leitung von Felix Günther

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Titel:
01. Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben (Neubach) (1935) 3.15
02. Ein Stern fällt vom Himmel (May/Neubach) (1934) 2.56
03. Oh Marie ! (di Cappua/Russo) (1936) 5.21
04. Lisetta (May/Neubach) (1934) 2.17

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