Sicker Verlag (Hrsg.) – Die Weltmeisterschaft 1966 in England (1966)

TitelJa, da werden Erinnerungen wach:

Dass die Fußball-Weltmeisterschaft 1966 an England, dem Mutterland dieser Sportart, vergeben wurde, lag an der Bitte der Briten, aufgrund des 100jährigen Geburtstages des Verbandes, den Zuschlag zu bekommen. Trotz der Rekordzusagen von 70 Landesverbänden gab es auch Ärger im Vorfeld der Veranstaltung. So zogen die 15 afrikanischen Landesverbände ihre Meldung zurück, nachdem die FIFA keinen eigenen WM-Platz für Afrika zur Verfügung stellte. Weiterhin fehlten Südkorea (wollten nicht) und Südafrika (wegen der rassistischen Politik).

Die Qualifikation
In den neun europäischen Gruppen gab es erneut einige Überraschungen. So scheiterte Jugoslawien an Frankreich, Vize-Weltmeister CSSR an Portugal und Belgien an Bulgarien. Österreich und die DDR mussten sich den Ungarn beugen, und auch Deutschland hatte mit dem Vize-Weltmeister von 1958, Schweden, einen unbequemen Gegner in der Gruppe.

Helmut Schön hatte 1964 Sepp Herberger abgelöst und behutsam damit begonnen, das Nationalteam zu verjüngen. Im Hinspiel gegen Schweden führten die Deutschen lange durch ein Tor von Rudi Brunnenmeier, ehe Hamrin wenige Minuten vor dem Schlusspfiff der Ausgleich gelang. Nun mussten die Deutschen das Rückspiel in Stockholm gewinnen. In einer nervös geführten 1. Halbzeit gingen die Schweden nach einem Tilkowski-Fehler kurz vor der Pause in Führung. Doch nahezu im Gegenzug schafften die Deutschen durch Werner ‚Eia’ Krämer das 1:1. Nach dem Wechsel setzte sich Peter Grosser von 1860 München über die rechte Seite durch, die flache Flanke wurde von Torwart Arvidsson zu kurz abgewehrt und der kurz zuvor erst von einem Achillessehnenriss genesene Uwe Seeler bugsierte mit langem Bein das Leder über die Linie (54.). Das Team brachte den Vorsprung über die Zeit und war nach dem zweiten Sieg über den dritten Gruppengegner Zypern qualifiziert.

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Der Uwe Seeler, wie er leibt und lebt

In Südamerika fanden alle Favoriten den Weg nach England. Mexiko als fast schon regelmäßiger Sieger der Nord- und Mittelamerikaqualifikation und Nordkorea als Asien-Vertreter, der Australien ausschaltete, komplettierten das Teilnehmerfeld.

Die Vorrunde
Veranstalter England konnte sich nach dem enttäuschenden Eröffnungsspiel gegen Uruguay (0:0) in der Gruppe A als Gruppensieger mit zwei 2:0-Siegen gegen Mexiko und Frankreich von seinem Publikum feiern lassen. Die Urus, als Gruppenzweiter, taten sich schwerer. Gegen die enttäuschenden Franzosen gelang ein 2:1-Sieg, während sie gegen die Mexikaner dann ein ausreichendes 0:0 ermauerten.

Deutschland bekam es in der Gruppe B mit der Schweiz, Argentinien und Spanien zu tun. Der Start gegen die Eidgenossen lief vorzüglich. Die Helmut Schön-Elf zauberte mit Helmut Haller und Franz Beckenbauer als Antreiber und Vollstrecker einen deklassierenden 5:0-Erfolg aufs Spielfeld, der hoffnungsvoll auf die weiteren Spiele einstimmte. Doch das mit Klauen und Zähnen geführte Match gegen Argentinien ging Schön mit verstärkter Abwehr an und endete nach 90 Minuten Geschiebe und Getrete ohne Torchancen 0:0. Gegen Spanien musste im letzten Vorrundenspiel ein Sieg her, wenn man nicht im Wembley-Stadion auf England treffen wollte. Zwar gingen die Spanier durch Fusté in Front, doch der unvergessliche Treffer von Lothar Emmerich (44.) aus spitzem Winkel brachte den Deutschen den Gleichstand. Die spannende, aber nicht hochklassige zweite Hälfte brachte sechs Minuten vor dem Ende die Entscheidung durch Uwe Seeler, der eine kleine Unachtsamkeit nutzte und den Sieg sicherstellte. Argentinien hatte Spanien 2:1 besiegt und zuletzt gegen die Schweiz 2:0 gesiegt. Somit entschied das Torverhältnis für Deutschland, das England als nächsten Gegner umgehen konnte.

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Eine Riesensensation gab es in der spielstarken Gruppe C. Weltmeister Brasilien hatte zwar im ersten Spiel Bulgarien 2:0 besiegt, doch Pelé verletzte sich und musste im zweiten Spiel gegen Ungarn auf eine Teilnahme verzichten. Somit steckte der amtierende Champion eine hochverdiente 1:3-Niederlage gegen die Kicker aus Budapest ein. Auch gegen Portugal hatten die Südamerikaner (wieder mit Pelé) keine Chance und unterlagen erneut 1:3. Allerdings hatten die Portugiesen den nicht optimal genesenen Pelé besonders aufs Korn genommen und in dieser Partie durch Fouls so arg zugesetzt, dass der Weltstar der Brasilianer humpelnd das Spielfeld verlassen musste. Bester Mann bei den ungeschlagenen Portugiesen war Eusebio. Ungarn besiegte auch Bulgarien und belegte den zweiten Platz hinter den Portugiesen.

Ein weiterer hoher Favorit musste in der Gruppe D nach der Vorrunde heimreisen: Italien. Nach einem 0:1 gegen die UdSSR und einem standesgemäßen 2:0 gegen Chile, trafen die Italiener auf den krassen Außenseiter Nordkorea. Die Asiaten hatten ihr durchweg aus Soldaten bestehendes Team über einige Jahre hinweg kaserniert und gezielt auf das Turnier vorbereitet. Das war natürlich nur in einem autoritär geführten Staat möglich, der seine Spieler für diesen Event drillte. In der 41. Minute gelang Pak Do Ik das 1:0. Die dezimierten Italiener (Bulgarelli schied verletzt aus) fanden gegen die schnellen Asiaten keine Mittel und wurden nur Gruppendritter hinter Nordkorea. Gruppensieger wurden die Russen, die alle Spiele gewannen und die Gruppe dominierten.

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Das Viertelfinale
Im Wembleystadion trafen in einer harten und recht unansehnlichen Partie die Gastgeber und Argentinien aufeinander. Ein diffuser Platzverweis für den Gaucho-Kapitän Rattin in der 35. Minute durch den deutschen Schiedrichter Kreitlein erhitzte dabei die Gemüter. Den personellen Vorteil konnten die Engländer erst 12 Minuten vor dem Abpfiff nutzen, als Geoff Hurst aus abseitsverdächtiger Position einköpfte.

Deutschland traf in Sheffield auf die Abwehrkünstler aus Uruguay und kam anfangs gegen die hart einsteigenden Südamerikaner nur schwer ins Spiel. Die besseren Chancen waren auf Seiten der Urus, doch bei einem Lattenschuss und einem nicht gewerteten Handspiel von Schnellinger auf der Torlinie hatte die deutsche Elf viel Glück. Die Führung durch Siggi Held stellte das Spielgeschehen der ersten Minuten dann auf den Kopf. Die Nerven der Urus lagen blank und durch Ausraster von Troche und Silva schwächten sich die Südamerikaner selbst und hatten zu neunt gegen die Deutschen keine Chance mehr. Beckenbauer, Seeler und Haller schraubten das Ergebnis auf 4:0 hoch und sorgten für den Einzug ins Halbfinale.

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3:0 lagen die favorisierten Portugiesen bereits nach 22 Minuten gegen Außenseiter Nordkorea zurück, bevor die große Stunde von Eusebio begann, der mit vier Treffern die Partie umbog. Den Schlusspunkt zum 5:3 setzte Rechtsaußen Augusto und Portugal hatte eine weitere Sensation durch die Asiaten gerade noch verhindert.

In Sunderland trafen die UdSSR und Ungarn aufeinander. Zwei eklatante Fehler des ungarischen Schlussmanns Gelei verhalfen den lauf- und zweikampfstarken Russen zur 2:0-Führung durch Chislenko und Prokujan. Beim nun folgenden Sturmlauf der Magyaren in der zweiten Hälfte bewies der sowjetische Keeper Lew Jaschin ein weiteres Mal seine Extraklasse und ließ nur noch den Gegentreffer von Bene zu.

Das Halbfinale
In Liverpool musste sich Deutschland gegen die ‚russische Dampfwalze’ behaupten. Dank seiner überragenden Mittelfeldstrategen Helmut Haller, Wolfgang Overath und Franz Beckenbauer erarbeiteten sich die Deutschen eine Feldüberlegenheit und setzten die in der Vorwärtsbewegung enttäuschenden Sowjets ständig unter Druck. Doch wieder verhinderte Torhüter Jaschin mit seinen Paraden mehrere Einschussmöglichkeiten des Helmut Schön-Teams. Kurz vor dem Seitenwechsel gelang Haller jedoch nach einem weiten Schnellinger-Pass in die Spitze das verdiente 1:0. Als Chislenko überhart gegen Held einstieg, schickte ihn der italienische Schiedsrichter Lo Bello in die Kabine. Doch erst ein Weitschuss von Franz Beckenbauer, der unhaltbar für den weiterhin überragenden Jaschin im Torwinkel einschlug brachte die Entscheidung. Der Gegentreffer von Porkujan kurz vor dem Abpfiff kam für die Russen zu spät. Deutschland stand zum zweiten Mal in der WM-Geschichte im Endspiel.

Fast 95.000 Zuschauer im ausverkauften Wembley-Stadion verfolgten das zweite Halbfinale zwischen der besten Abwehr des Turniers (England) und dem besten Angriff (Portugal). Im Gegensatz zu einigen anderen WM-Begegnungen ging es in diesem Spiel äußerst fair zu. Die Engländer überzeugten durch Schnelligkeit und Zweikampfstärke und drängten die zu vorsichtig agierenden Portugiesen in die nicht sattelfeste Abwehr zurück. So verhalf der unsichere Torhüter Pereira durch eine zu kurze Fußabwehr den Engländern zur 1:0-Führung durch Bobby Charlton. Auch nach dem Wechsel konnten die Südeuropäer wenig Akzente nach vorne setzen. Elf Minuten vor dem Abpfiff war es wieder Bobby Charlton, der eine Hurst-Vorlage aus vollem Lauf zum 2:0 vollendete. Das portugiesische Aufbäumen und das Elfmetertor von Eusebio, dessen Wirkungskreis vom zähen Gegenspieler Nobby Stiles eingeschränkt wurde, konnten das Blatt nicht mehr wenden. Portugal hatte zu spät die Initiative ergriffen.

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Das Finale
In einer ausgeglichenen Partie um den dritten Platz setzte sich Portugal gegen die UdSSR knapp mit 2:1 durch. Eusebios Handelfmeter brachte die Iberer 1:0 in Führung. Der Ausgleich ging wieder auf die Kappe von Torhüter Pereira, der kurz vor der Pause einen Ball fallen ließ, den Malofeiev umgehend einschoss. Torres gelang aus kurzer Entfernung zwei Minuten vor Schluss der etwas glückliche Siegtreffer.

Schon in der 12. Minute ging Deutschland nach einem gekonnten Seeler-Zuspiel im Endspiel gegen England durch Haller in Führung. Es war das erste Tor aus dem Spiel heraus, das Englands Keeper Gordon Banks in diesem Turnier hinnehmen musste. Lange brauchten die Zuschauer jedoch nicht auf den Ausgleich warten. In der 19. Minute köpfte der sträflich alleingelassene Hurst einen Moore-Freistoß an Tilkowski vorbei ins Netz. In der von beiden Seiten offensiv gestalteten Partie versteckten sich die Deutschen nicht, scheiterten aber immer wieder an Banks. Während sich Beckenbauer und Bobby Charlton auf hohem Niveau neutralisierten ging es auch nach der Pause temporeich weiter. Wieder war es ein Zuordnungsfehler der Deutschen Deckung, der das 2:1 durch Peters ermöglichte. Verzweifelt kämpften die Deutschen in den letzten Minuten der regulären Spielzeit um jeden Ball und schafften in der Schlussminute durch Weber das 2:2. In der Verlängerung hatte Seeler gerade das 3:2 verpasst, als Hurst an der Strafraumgrenze das Leder aufnahm und abzog. Der Ball prallte von der Latte auf die Torlinie und ins Spielfeld zurück. Schiedsrichter Dienst wollte weiterspielen lassen, als er Linienrichter Bachramow nach englischen Protesten befragte. Der Russe hatte den Ball im Tor gesehen und Dienst zeigte zur Verblüffung der Deutschen in die WM1966_03Spielfeldmitte und entschied auf Tor für England. Kurz vor dem Abpfiff gelang Hurst nach einem Konter noch das 4:2 und England war Weltmeister.

Die WM in England war ein Turnier der Überraschungen und beendete die Zeit des ‚Mauerfußballs’, der in Chile vier Jahre zuvor noch üblich war. Zu den Überraschungen zählte das frühe Ausscheiden Brasiliens und Italiens und die Leistungen Portugals, der UdSSR und natürlich Nordkoreas. Die defensiv ausgerichteten Teams aus Uruguay, Italien und Argentinien erlitten in diesem Turnier Schiffbruch, während sich der flexible Tempofußball der Engländer, Deutschen und Portugiesen durchsetzte und neue taktische Akzente markierte. So spielten die Außenstürmer kaum noch eine bedeutende Rolle, deren Part u.a. von den offensiven Außenverteidigern übernommen wurde (z.B. Cohen und Wilson aus England, oder Schnellinger aus dem deutschen Team).(Quelle: fussballdaten.de)

Siegerehrung

Die Siegerehrung

Nun ja … und dann gab´s halt damals wie heute diese verdammten Sammel-Alben aus dem damals hochaktivem Sicker Verlag, Frankfurt  mit all den Klebebildern … damals wie heute hat man uns Jungs damit das Taschengeld aus der Nase gezogen (mein 10jähriger Enkelsohn hat den gleichen Virus !).

Interessant, all die Namen nochmals zu lesen … ich war damals z.B. sauer, dass kein Spieler der 1966er Meistermannschaft, der TSV 1860 München mit in den Kader kam …

Aber tot unglücklich war ich dann erst recht, als dieses legendäre „Wembley-Tor“ „uns“ die Weltmeisterschaft nahm … und der Ball war nicht drin, basta !

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Damals wie vermutlich heute unverzichtbar: Der Spielplan

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Die Rückseite des Sammelalbums