Christoph Dreher – Youthquake 65 – The London Pop Explosion (ARTE 2005) (VHS rip)

titelAm Freitag 1. Juli 2005 gabs bei  Arte TV einen der beliebten Themenabende mit dem Titel „“Swinging London “ – Die Wiege des Pop“:

„Bands wie die Kinks, die Who und die Rolling Stones veränderten in nur wenigen Jahren die Jugendkultur – von den vier Pilzköpfen ganz abgesehen. 40 Jahre ist dies nun her, doch die Rebellion der 60er ist neben dem mitunter wieder viel zu braven Pop auch die Grundlage von Hardrock, Punk, Heavy Metal und heutiger experimenteller Bands. Ein Arte-Themenabend begibt sich auf eine bunte und lautstarke Zeitreise.

In England, Deutschland, Frankreich und auch in den USA wuchs in den 60er Jahren eine Jugend heran, die unzufrieden war mit der als öde und repressiv empfundenen Nachkriegsatmosphäre. Sie hatte genug vom überkommenen Wissen, den unveränderlichen Gesetzmäßigkeiten und standardisierten Lebensentwürfen des „Spießertums“ und holte zum Rundumschlag in Richtung „Freiheit“ aus.

Die im Jahre 1965 kulminierende Entwicklung hin zum „Youthquake“ – der Geburt der Jugend- und Popkultur – war Anfang der 60er durch eine Garde junger Modeschöpfer und Modeschöpferinnen eingeleitet worden, allen voran Mary Quant. Sie waren angetreten, Schluss zu machen mit dem sexualfeindlichen, autoritären und generell freudlosen Lebensstil der Kriegsgeneration. Mary Quants Erfindung des Minirocks symbolisierte diese Absicht in herausragender Weise und lieferte den Prototyp einer Kleidung für die sexuell unabhängige und selbstbewusste junge Frau. Die Verbreitung der Pille in der ersten Hälfte der 60er tat ein Übriges, um die Voraussetzungen für einen neuartigen Lebensstil besonders der jungen Frauen herzustellen.

Dann ging es plötzlich im Äther rund: Piratensender wie Radio Caroline () strahlten ab 1964 in England statt steifer BBC-Ansagen („…und nun hören Sie eine Schallplattenaufnahme…“) plötzlich soviel Musik aus, wie sie wollten. Gerade rechtzeitig, um eine neue Art von Bands bekannt zu machen, die sich deutlich von den angepassten Schlagersängern unterschieden. Neben den Beatles waren das zunächst vor allem die Rolling Stones und die Who, die mit ihrem rohen Sound und ihrem scheinbar ungepflegten Äußeren die Aufmerksamkeit einer zunächst noch kleinen Gruppe von Fans, aber besonders einiger junger Managementtalente, auf sich zogen.

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Christoph Dreher

Andrew Loog Oldham, Kit Lambert und Chris Stamp sahen in den Bands das Potenzial, die bisherigen Gepflogenheiten des Musik- und Unterhaltungsbusiness umzukrempeln und den bestehenden Sound zu revolutionieren. Im Herbst 1964 und im Laufe des Jahres 1965 kamen zunächst Singles, dann auch Alben von zahlreichen jungen britischen Bands auf den Markt, die revolutionäre, wilde, aufmüpfige und originelle Sounds präsentierten, die in der Folge Generationen von Bands bis heute beeinflussen sollten. Neben den bereits erwähnten Beatles, Rolling Stones und Who waren dies vor allem die Kinks, die Yardbirds, die Animals und die Hollies.

The Who führten die später von Jimi Hendix berühmt gemachte E-Gitarren-Rückkopplung ein. Die Plattenfirma schickte allerdings das erste Masterband mit solchen Aufnahmen aus Amerika zurück, weil sie dachte, es sei defekt. Auch die Skandalschlagzeilen der Popstars wurden in dieser Zeit erfunden, wie der Co-Manager der Rolling Stones, Tony Calder, berichtet: Bill Wyman war festgenommen worden, weil er sich mitten in einer Tankstelle erleichtert hatte. Als der Bandmanager hiervon erfuhr, entschied er, dies könnte der Band endlich die notwendige Publicity geben – allerdings nicht mit Bill Wyman, den kannte keiner. Also riefen die Manager mit Taschentüchern über dem Telefon, verstellter Stimme und unter falschem Namen – aber mit der echten Adresse – die Nachrichtenagenturen an und erzählte, dass der böse, hässliche Mick Jagger der verhaftete wilde Pinkler sei. Und schon war die Band auf der Titelseite der Zeitungen.

Viele der Musiker kamen von Kunstschulen, auch Freddy Mercury, wo sie aber in den Pausen lieber Gitarre spielten. Das Swinging London zog 1965 auch viele ausländische Regisseure nach London, neben Michelangelo Antonioni auch den amerikanischen Regisseur Richard Lester.

Der hatte 1964 den ersten Beatles Film „A Hard Day’s Night“ gedreht und für die neuartige Musik adäquate und ihrerseits revolutionäre Ausdrucksmittel gefunden. 1965 realisierte Lester „The Knack“, der in der Londoner Modszene spielte, und kultivierte mit diesem Film einen Youthquake-typischen neuartigen Humor. Mit dieser Verbindung ästhetisch revolutionärer Entwicklungen im Bereich Mode, Musik und Film wurde ein neuer Lifestyle für eine explosionsartig anwachsende Zahl junger Leute in London und sehr schnell überall auf der Welt geschaffen und die Geburt des Teenagers und der Popkultur überhaupt eingeleitet. Zuvor waren Jugendliche arme Lehrlinge gewesen, nun hatten sie Taschengeld. Auch der Auftritt Ernst Jandls in der Royal Albert Hall, festgehalten im Film „Wholly Communion“ von Peter Whitehead, machte 1965 Geschichte

Christoph Dreher hat zum 40-jährigen Jubiläum der „Youth Explosion“ einen keinesfalls steifen Dokumentarfilm über diese Zeit gedreht mit vielen Originalkonzertausschnitten und Interviews. Er lebt als Musiker und Filmemacher in Berlin, seine Dokumentationen zu Themen der Popkultur wurden auf vielen Festivals gezeigt und mehrfach ausgezeichnet. Von 1993 bis 1998 realisierte er das Musikmagazin „Lost in Music“, von 1995-1998 das Musikmagazin „Freestyle“, 1996 schuf er „Punk rule ok“ als Beitrag für den Themenabend „Streetfashion“, 1997 inszenierte er „Pop Odyssee – Die Beach Boys und der Satan“ und „Digital Spirit“, 1998 entstand „Pop Odyssee – House of Rising Punk“, 2000 drehte er „Fantastic Voyages – Eine Kosmologie des Musikvideos“ und „Silver Rockets / Kool Things – 20 Years of Sonic Youth“ sowie 2001 „Beck – Permanent Mutations“.(Wolf-Dieter Roth)

Sehr fein, wie in diesem Film dikumentiert wird, die die damalige Musik eingebettet war in der gesamten Kunstszene London´s … die einfach im Aufbruch war.

(Youthquake 65 – The London Pop Explosion, Dokumentation von Christoph Dreher, Deutschland 2005, 65 Min., Erstausstrahlung 22.15 Uhr)

Und wie gewohnt die Vorschaubilder (die diesmal etwas üppig geraten sind … aber ich konnte nicht anders …)

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Fassungslosigkeit ob des Minirocks

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Auch der Ernst Jandl war Teil von „Swinging London“ … damals, 1965

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Das waren Zeiten:
I never see
The people I know
In the bright light of day
So how can I say

That you’re any friend of mine
(See you anytime)
I’m feelin‘ fine
(Midnight ‚til six)
That’s my time
(That’s your time)

Midnight, midnight ‚til six…

I sleep through the day
I wake around four
But I always feel down
Never get off the floor

‚Til the night comes around
(See you downtown)
Take in some sounds
(Maybe we’ll score)
Tell me some more
(Tell him some more)

(See you down town)
Take in some sounds
(Maybe we’ll score)
Tell me some more
(Tell him some more)

Midnight, midnight ‚til six…