Lorry – Be Careful, Too (1980)

FrontCover1So ganz bekannt wurde die Band ja nie und sie findet sich nichtmal in dem Standardwerk „Der Sound der Jahre“ von Jan Reetze (2022)

Lorry entstand im Dezember 1979 aus dem Stamm der Gruppe „Masterbates“ und Michael Gravens, den es aus Hannover nach Winsen gezogen hatte. Nach dem ersten Auftritt in dieser Formation entschloß man sich spontan ernsthaft weiterzumachen.

Durch Zufall geriet man an Klaus Schulze, der die Gruppe sofort unter Vertrag nahm. Im März 1980 ging Lorry in das Panne-Studio, um die erste LP „Be careful, too“ einzuspielen. Bei diesen Aufnahmen lernte die Band Klaus Henatsch kennen, der die Keyboards als Gastmusiker bediente. Im September 1980 wird „Be careful, too“ veröffentlicht.

Im März 1981 ist Lorry im Studio und nimmt die zweite LP „Weight control“ auf, wieder mit Klaus Heantsch an den Keyboards. Es folgt eine Clubtournee durch Deutschland und die Schweiz. Rainer Katzsch steigt aus beruflichen Gründen aus. Im September wird „Weight control“ veröffentlicht und Lorry tourt zusammen mit Lucifer’s Friend durch Deutschland, die Schweiz und Österreich. Während dieser Tournee entschließt sich Klaus Henatsch endgültig als festes Bandmitglied einzusteigen.

1982 steigt Barry Maddison aus, bleibt der Band aber als Texter weiterhin erhalten. Harvey Jansen nimmt seinen Platz ein und man nimmt die LP „Paperback heroes“ auf, wie auch die zweite LP im IC-Studio in Winsen. In der belgischen Radiohitparade hält sich das Stück „You“ von „Weight control“ sechs Wochen, davon allein drei Wochen auf Platz 3. (Wolfgang Pokall)

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Hier ihr erstes Album undes enthält locler und entspannt gespielten Westcoast-Rock, gepaart mit einem Hauch von Southern-Rock. Wirklich feine Gitarren- und Orgelpassagen prägen den Sound dieses Albums … schon damals ein wenig aus der Zeit gefallen (angesichts von Punk und NDW), aber für mich umso sympathischer.

Überraschenderweis erschien dieses Album auf dem „Innovative Communication“ Label von Klaus Schulze, der dann auch einen kleine (allersdings eher belanglosen) Hüllentext schrieb.

Das war zwar einerseits sicherlich sehr schmeichelnd … andererseits war die Musik von Lorry ein wenig deplaciert im sonstigen Sortiment des Labels. Noch heute wird dieses Album im Internet under Rubrik „electronics“ angeboten … „Electronic Krautrock, (Synthi)-Pop to Cosmic Wave – produced by Klaus Schulze -„

Ach ja, als besonderer Gag ist zu bewerten, dass diese LP mit 45 rpm angeboten wurde.

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Besetzung:
Michael Garvens (vocals)
Harald Katzschn (guitar, vocals)
Rainer Katzschn (guitar, strings)
Barry Madelison (bass, percussion)
Fred Severloh (drums, percussion, vocals)

Liner Notes

Titel:
01. On The Ground 3.42
02. The Truth 5.14
03. On The Road 3.37
04. We Are Free 4.07
05. When Will It Pass 4.13
06. You Can’t Hide 4.48
07. Wastin‘ Time 4.24
08. Be Careful, Too 4.07

Musik und  Texte: Harald Katzschn

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Und als Ergänzung dann noch ein recht interesssantes, weil unverkampftes Interview mit der Band aus dem Jahr 1982:

 

Kommt man im Zeichen der Neuen Deutschen Welle und deren Verkaufszahlen nicht doch mal in Versuchung, sich da anzuhängen, schon alleine wegen der Kohle?
Gibt’s die NDW den überhaupt noch? (lachen) Nein, mal ehrlich, wir haben noch keine Sekunde daran gedacht auf diesen Zug aufzuspringen, da gibt es schon genug, die das tun. Wir haben in Barry jemanden, der unheimlich gute englische Texte schreibt und die englische Sprache finden wir wesentlich melodiöser als die deutsche und im wesentlichen ist Musik ja Unterhaltung und man sollte den Gesang doch mehr als eine Art Instrument sehen, der die Hauptmelodie beschreibt. Alles andere, als das was wir heute machen und was wir bereits gestern gemacht haben, wäre unehrlich und Unehrlichkeit ist das letzte was wir anstreben.

Wie wichtig ist für Lorry der Liveauftritt?
Liveauftritt und Platte müssen eine Synthese ergeben, wobei der Liveauftritt für uns ein sehr wichtiger Punkt ist. Der Fan, das Publikum muss ganz einfach zufriedengestellt werden. Uns macht es einen riesen Spass live zu spielen, da gibt es Momente in denen du ganz einfach weg bist und eben diese Momente will von uns keiner missen.

Habt Ihr im Umfeld der Gigs und Tourneen irgendwelche Probleme, auch gerade innerhalb der Band?
Nein, nicht mal während der Tour mit Lucifer, die knapp vier Wochen dauerte, gab es Schwierigkeiten und das obwohl wir auf engstem Raum zusammenlebten, nämlich in so einem kleinen Campingmobil, das eigentlich nur für vier Personen ausgerichtet war. Das Verhältnis innerhalb der Band ist kurz gesagt einfach fantastisch.

Was seht Ihr denn bis jetzt als Eure größten Erfolge an?
Die Sache mit Belgien und natärlich die Tour zusammen mit Lucifer’s Friend.

Stimmt, zumindest euer Gig in Hannover damals war spitze, ganz ohne Starallüren, da waren die Jungs von Nebenan auf der Bühne. Ist das das Image, das Ihr haben wollt?
Wir wollen kein aufgesetztes Image vorzeigen, wir wollenmit jedem gut auskommen und keinen abstoßen, wie wir auf der Bühne sind, so sind wir auch sonst. Für uns ist immer Rock’n’Roll, unser ganzes Leben, nicht nur wenn oben die Lichter angehen. Stimmt schon was du sagst, die Jungs von nebenan, aber wir denken das ist ein sehr gutes Image.Dazu kommt, daß alle Bandmitglieder vom Lande kommen und uns daher der Stress der Cityszene fehlt. DAher kommt wohl unsere relative Unbefangenheit und Frische, die vielen anderen BAnds eben fehlt. Wir machen einfach das was wir am besten können: Rock und nichts anderes und das wird auch so bleiben, egal was da für Wellen auf uns zukommen.

In wieweit haben Eure neuen Leute die Musik von Lorry verändert?
Nun der Klaus, der ja schon sehr lange dabei ist, hat für „Paperback Heroes“ viele Kompositionen geliefert, praktisch Harald etwas entlastet der diesmal nur zwei Stücke geschrieben hat. Ein Stück haben wir alle zusammen erst im Studio komponiert. Den Einfluss von Harvey kann man noch nicht absehen, da er ja erst vier Wochen dabei ist, aber wir haben auch in dieser Sache alle ein sehr gutes Gefühl.

Wie steht Lorry finanziell da? Lohnt es sich überhaupt?
Lass uns diese Frage lieber überspringen, da du uns sonst den Rest des Abends in einer ganz traurigen Stimmung ertragen müßstest. Wir können ja am Ende dieses Gespräches unsere Kontonummer für etwaige Spenden bei dir hinterlassen.

Was tut Eure Plattenfirma für Euch, kommt da genug Schub?
Die Zusammenarbeit bei „Paperback Heroes“ war einfach optimal. Das war bestimmt nicht immer so, aber das lag auch teilweise an uns selbst. Das ist aber Schnee von gestern, heute haben beide Seiten erkannt, worauf es ankommt: wir tun unser bestes für die jeweilige Produktion und die Plattenfirma das ihre um das Produkt zu promoten.

Zur neuen LP: habt Ihr vorab einige Details zur Produktion?
Einige wichtige Sachen wären schon zu nennen. Da dreht sich die Scheibe erstens nicht mehr auf 45 RPM, sondern mit 33 Touren; dann wurde sie digital gemastert. Beim Cover sind wir auch vom üblichen IC Rahmen abgegangen. Das zur technischen Seite, musikalisch ist zu sagen dass wir uns diesmal bei den Chorpassagen durch zwei Backgroundsängerinnen verstärkt haben und bei zwei Stücken spielt Richard Wester das Saxophon. Diese Maßnahmen haben der LP sehr gut getan und das Ganze richtig schön abgerundet.
Ach ja, wir haben jetzt ein bandtypisches Logo, das uns von jetzt ab überall hin begleiten wird. Sonst können wir nur noch eines sagen: Lorry hat jetzt mehr denn je zu ihrem persönlichen Stil gefunden und das erscheint uns allen als das wichtigste überhaupt, wir lassen uns nicht unterkriegen.

(Wolfgang Pokall, 1982)

Tja, all dieser Optimismus hat dann doch nichts geholfen … das Album „Paperback Heroes“ (1982) war das letzte Album ,,, und irgenwo, irgenwann und irgendwie sind die Musiker – mehr oder weniger – allesamt in der Versenkung verschwunden.

Harald Katzschn01

Harald Katzschn tauchte noch bei LP Produktionen von Rainer Bloss, Richard Wahnfried und Martin Kienel auf.

Gleiches gilt für Michael Garvens, der dann auch noch bei einigen Klaus Schulze Produktionen als Mitwirkender genannt wird.

Und Fred Severloh war dann noch bei Robert Schröder, Dieter Schütz und Klaus Schulze zu hören …