Ludwig Güttler – Konzerte für Trompete (1990)

FrontCover1Dieser Ludwig Güttler war und is ja sowas wie der Maurice Andre der Neuzeit … Ich vermute mal, er zählt zu den ausdrucksstärksten Trompeter der letzten Jahrzehnte und nach die Trompete in den Zeiten der Barockmusik besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, kann man sich an unzähligen Aufnahmen von ihm aus jener Epoche der klassischen Musik erfreuen.

Hier nun ein weiteres Beispiel seiner Spielkunst. Ursprünglich wurde diese Aufnahme 1989 auf dem Eterna Label unter dem Titel „Konzerte für Trompete und Corno Da Caccia“ veröffentlicht, ist diese Pressung die „westdeutsche“ Fassung (wobei das damals eigentlich schon nicht mehr galt).

Und nachdem ich einen ausgesprochenen Faible für Trompetenmusik aus der Barockzeit habe, kann ich die Aufnahmen eigentlich nur jedem dringend ans Herz legen. Was mich wieder mal besonders beieindruckt hat ist, dass Güttler sich auch der doch ziemlich unbekannten Musikliteratur aus jenen Jahren annimmt: Zumindest für mich waren Komponisten wie Johann Melchior Molter, Johann Wilhelm Hertel, Johann Valentin Rathgeber oder Johannes Matthias Sperger bis dato völlig unbekannt.

Interessant in diesem Zusammenhang ist aber auch, dass Ludwig Güttler zu DDR-Zeiten einen ganz besonderen Status hatte. Ich zitiere da mal aus einem Spiegel-Artikel aus dem Oktober 1985:

„So einen Staatsakt nimmt der Geheimnisträger Güttler genauso gelassen hin wie einen Auftritt bei der Tagung des Weltkirchenrats oder, Ende dieses Monats, beim Europäischen Kulturforum in Budapest. Feierliche Pflichten, repräsentative Galas, selbst mehrwöchige Tourneen durch die großstädtischen Konzert- und Gotteshäuser sind ihm nicht wichtiger als seine unauffälligen Arbeiten, wenn er Spiegelartikelbeispielsweise Archive und Museen nach einschlägiger Literatur durchstöbert, wieder mal ein altes Jagdhorn aus seiner Privatsammlung von über 50 Instrumenten ausprobiert oder seine Schüler unterrichtet, in Musik, deren Pädagogik und Psychologie. Direkt oder auch indirekt, mittels schriftlicher Unterweisung, profitieren an die 9000 junge DDR-Bläser von Güttlers Können. Ein Standardwerk hat er in Arbeit, „dürfte aber vor 1990 nicht damit fertig werden“.

Ludwig Güttler, 42, Kammervirtuose und (seit 1979) Professor an der Dresdner Musikhochschule, ist heute unbestritten der populärste E-Musiker der DDR. Der Dresdner Bassist Theo Adam, 59, viele Jahre umjubelter Wotan, hat seine besten Jahre hinter sich; der Tenor Peter Schreier, 50, Deutschlands stilvollster Bach-Evangelist, ist zwar noch gut bei Stimme, versucht aber den langsamen Absprung vom Solisten an der Rampe zum Kapellmeister am Pult. Beiden hat Güttler mit seiner wuscheligen Beethoven-Mähne jugendliches Draufgängertum und konkurrenzloses Können voraus.

In den Plattenläden der DDR mit ihrem berüchtigt lückenhaften Sortiment ist Güttler stets bestens vertreten, und wenn er in der Dresdner Kreuzkirche ein Konzert ansetzt, drängeln sich bis zu 7000 Fans um Einlaß, Massen von Jungen voran.

Nicht annähernd die Hälfte seiner fast 180 Auftritte im vergangenen Jahr absolvierte Güttler in dem Staat, dessen Nationalpreisträger er ist. Er darf seine Meisterkurse ebensogut in Österreich und Japan abhalten wie in Weimar. 1976 konnte er das Leipziger Bach-Collegium gründen, zwei Jahre später ein Bläser-Ensemble um sich scharen, jetzt wird er sich aus dem feinsten Orchester der DDR, der traditionsreichen Staatskapelle Dresden, sogar ein eigenes Kammerorchester („Virtuosi Saxoniae“) zusammenstellen, „und zwar ausschließlich mit

Musikern, die ich ausgesucht habe, und nicht mit jenen, die man vielleicht höheren Orts gern gesehen hätte“.

Solch ungewöhnlichen Freiraum verdankt Güttler natürlich nicht nur seiner künstlerischen Autorität und Beliebtheit, sondern auch seiner Funktion als Exportschlager. Die DDR weiß den „neuesten Gott der Trompete“ („Die Welt“), der sich mit „Paganini-Qualität“ („Hamburger Abendblatt“) an „die Spitze seiner Zunft geschmettert hat“ („FAZ“), wohl zu schätzen.“

Den gesamten Artikel habe ich als pdf.Datei einfach mal beigelegt.

Nun an: jetzt aber heißt es schwelgend Ludwig Güttler geniessen !

Ach ja, bevor ich es vergesse: Das Corno Da Caccia ist im deutschen Sprachgebrauch als das gute, alte Jagdhorn bekannt !

 

LudwigGüttler

Besetzung:
Ludwig Güttler (trumpet, corno da caccia)
+
Michael Eckolt (violin)
Andreas Lorenz (oboe)
Kurt Sandau (corno da caccia)
Roland Straumer (violin)
+
Virtuosi Saxoniae:
Joachim Bischof (basso continuo)
Friedrich Kircheis (harpsichord)
Günter Klier (bassoon)
Hans-Peter Steger (bassoon)
Werner Zeibig (bass)

 

Booklet02A

Titel:
Georg Friedrich Händel: Ouverture (Suite) für Trompete, Streicher, 2 Oboen, Fagott und Basso continuo D-Dur HWV 341
01. 1. Ouverture 1.34
02. 2. Allegro 1.47
03. 3. Air 1.51
04. 4. (ohne Satzbezeichnung) 1.03
05. 5. Marsch 1.12

Johann Melchior Molter: Konzert für Corni da caccia, Streicher und Basso continuo D-Dur MWV 6,35 (bearb. von Manfred Fechner)
06. 1. Allegro moderato 3.43
07. 2. Largo 3.23
08. 3. Allegro 2.21

Johann Wilhelm Hertel: Konzert für Trompete, Streicher und Basso continuo Nr. 2 Es-Dur
09. 1. Allegro ma moderatamente 3.21
10. 2. Largo 3.44
11. 3. Allegro 2.32

Johann Wilhelm Hertel: Konzert für Trompete und Streicher Nr. 1 Es-Dur
12. 1. Allegro 4.08
13. 2. Arioso 5.06
14. 3. Allegro 3.47

Johann Valentin Rathgeber: Konzert für 2 Corni da caccia, 2 Violinen und Basso continuo G-Dur op. 6 Nr. 17
15. 1. Allegro 1.40
16. 2. Adagio 0.55
17. 3. Allegro 1.23

Johannes Matthias Sperger: Konzert für Trompete und Orchester D-Dur
18. 1. Moderato 6.31
19. 2. Rondo: Allegro moderato 4.37

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