So, meine Damen und Herren, jetzt wird´s frivol und von daher ist diese LP auch ausschlieißlich „nur für Erwachsene“ !
Die Rede ist von einem Sampler, der als „Club-Auflage“ 1966 erschien. Die LP enthält Beiträge von Ursula Herking (Seite 1) und Helen Vita und Edith Hancke (Seite 2).
Helen Vita war ja in diesr Zeit als „Skandelsängerin“ verschrien. Und so liest sich das im Rückblick:
Zur Skandalfigur der Saubermann-BRD in den Prä-68ern wurde Vita vor allem als „fromme Helene“ und mit der seinerzeit Aufsehen erregenden Schallplattenserie mit den „frechen Chansons aus dem alten Frankreich“ in deutscher Übersetzung von Walter Brandin. Die aus heutiger Sicht eher harmlosen, über Jahrhunderte tradierten Volks- und Kinderlieder riefen die deutschen Staatsanwälte und Sittenwächter auf den Plan. Was darauf folgte, waren jahrelange juristische Auseinandersetzungen: Die galant-lasterhaften Lieder wurden von Staats wegen zu verbotenen Liedern erklärt, es ergingen Strafbefehle, Urteile wurden verkündet und wieder aufgehoben, Prozesse neu aufgerollt. „Unter Kunst versteht das Gericht ein Erzeugnis, das den Durchschnittsbürger über den Alltag erhebt und ihm das edelste darstellt, was er sich vorstellen kann“, so begründete der Kölner Richter Bubenberger die Beschlagnahmung der „kunstlosen Schweinerei“. Zeitweilig durften die Platten nur noch mit dem Aufdruck „Für Jugendliche verboten!“ unterm Ladentisch verkauft werden, was sie aber umso erfolgreicher machte. Diese Aufnahmen wurden somit unfreiwillig zu einem Zeitdokument für die Doppelmoral des spießigen Post-Adenauer-Deutschlands. Von der Kritik dagegen wurden sie gelobt und erhielten zweimal den Deutschen Schallplattenpreis. Zu den französischen Chansons gesellten sich nun auch die „bawdy songs“ englischsprachiger Troubadoure. Ihre folgenden Platten hießen Dolce Helen Vita Vol. I und Vol. II. Erst 1969 wurde in einem offiziellen Bescheid des Regierungspräsidiums Nordbaden in Karlsruhe festgestellt, dass Helen Vitas Lieder „künstlerisch hochstehend“ seien. (Quelle: wikipedia)
Ihre Lieder und Duette mit der Ulknudel Edith Hancke sind nicht nur drollig sondern auch pfiffig … und ich verrate keine Geheimnis, dass ca. 4 weitere Helen Vita LP´s jener Zeit auf eine Präsentation in diesem blog warten.
Von ganz besonderer Qualität sind dann aber auch die Beiträge von Ursula Herking. vielen noch bekannt als bissige Kabarettistin der Münchner Lach und Schießgesellschaft:
Ursula Herking (* 28. Januar 1912 in Dessau; † 17. November 1974 in München; eigentlich: Ursula Natalia Klein) war eine deutsche Schauspielerin und Kabarettistin.
Ursula Herking war die Tochter der Theaterschauspielerin und Sängerin Lily Herking, die beim Brand des ehem. Hoftheaters (heute: Altes Theater) in Dessau am 25./26. Januar 1922 ums Leben kam. Nach ersten Auftritten in Dessau ging sie 1928 nach Berlin, bestand aber die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Schauspielschule nicht. Daraufhin nahm sie bis 1930 Unterricht an der Schauspielschule von Leopold Jessner.
Sie begann anschließend ihre Karriere am Friedrich-Theater ihrer Heimatstadt Dessau, wo sie die Seeräuber-Jenny in Die Dreigroschenoper und die Großmutter in Emil und die Detektive darstellte. 1933/34 spielte sie am Staatstheater Berlin und wirkte bis zur Schließung 1935 in Werner Fincks Kabarett Die Katakombe mit.
Außer beim Boulevardtheater erhielt sie ab 1933 zahlreiche Filmrollen. In ihren oft nur kurzen, aber prägnanten Auftritten verkörperte sie kumpelhafte, schlagfertige Frauen aus dem Volk. Nach der Theaterschließung im Herbst 1944 arbeitete sie zwangsverpflichtet in einem Rüstungsbetrieb.
Nach dem Krieg ging sie nach München und war ab 1946 der Star in Rudolf Schündlers Münchner Nachkriegskabarett Die Schaubude, wo Erich Kästner, Axel von Ambesser und Herbert Witt zu den Hausautoren zählten. Berühmtheit erlangte sie unter anderem mit ihrer Interpretation von Kästners Marschlied 1945 (… |Meine Schuh‘ sind ohne Sohlen, | und mein Rucksack ist mein Schrank, | meine Möbel ham die Polen | und mein Geld die Dresdner Bank. | …)
1948 war sie Mitbegründerin des Theaters Die Kleine Freiheit, und 1956 gehörte sie zur ersten Generation der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Weitere Stationen waren u. a. das Kom(m)ödchen in Düsseldorf und die Berliner Kabarette Der Rauchfang und Die Hinterbliebenen. Nicht nur im Kabarett, sondern auch als Diseuse machte sie sich einen Namen. Unter anderem ist sie auf der Schallplatte Frivolitäten – 10 Diseusen – 10 Chansons von Polydor zu hören. Mit Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller gründete sie den Nürnberger Trichter.
Daneben ging ihre Filmarbeit mit Chargenrollen vor allem als resolute, oft etwas schrullige Dame unvermindert weiter; die einzige bedeutende Rolle erhielt sie 1955 in dem Antikriegsfilm Kinder, Mütter und ein General als beherzte Mutter, die 1945 ihren kriegsbegeisterten halbwüchsigen Sohn retten will.
Beim Theater spielte sie an der Kleinen Freiheit 1966 die Präsidentin in Jacques Devals Eine Venus für Milo und 1967 June Buckridge in Frank Markus‘ Schwester George muß sterben. Beim Westfälischen Landestheater in Castrop-Rauxel übernahm sie 1968 die Titelrolle in Die Mutter und am Jungen Theater Hamburg 1972 in Rolf Hochhuths Die Hebamme. In Bern verkörperte sie 1973/74 die Winnie in Samuel Becketts Glückliche Tage. Weitere Auftritte hatte sie an der Komödie Berlin und seit Anfang der 1970er Jahre am Landestheater Tübingen und am Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg. Auch in der im Fernsehen erfolgreichen Rudi Carrell Show trat sie auf.
1967 erhielt sie den Schwabinger Kunstpreis. Auch wurde ihr ein Stern im Walk of Fame des Kabaretts gewidmet.
In erster Ehe war Ursula Herking mit dem Industriemanager und späteren CSU-Mitbegründer Johannes Semler verheiratet. Dieser Ehe entstammen die beiden Kinder Susanne Hess (* 1937) und Christian Semler (1938–2013).
Die Schauspielerin wurde auf dem Münchner Westfriedhof beerdigt. 2012 wurde die Urne aus dem in München aufgelassenen Grab auf Betreiben ihres Sohnes Christian in das Grab ihrer Eltern Lily Herking und Willy Klein auf den Friedhof III in Dessau umgebettet. (Quelle: wikipedia)
Ihre Beiträge sind bis heute mehr als hörenswert, karikieren sie doch unvergängliche Themen wie den Schönheitswahn und die bürgerliche Doppelmoral … Ursprünglich erschienen sie auf ihrem Solo-Album „Eine Frau packt aus“.
Und wenn man sich die Autoren dieser Lieder ansieht, weiß man, dass sich auf dieser LP weitaus mehr als „unartige Lieder“ befinden …
Besetzung:
Helen Vita – Ursula Herking – Edith Hancke (vocals)
+
Orchester Bert Grund
Titel:
Ursula Herking:
01. Es kommt immer darauf an (Mleinek/Bienert) 2.36
02. Eine Animierdame stößt Bescheid (Grund/Kästner) 2.39
03. 7 Jahre Glück (Wollenberger) 8.16
04. Die geschiedene Frau (Grund/Tucholsky) 2.16
05. Olivia Kosmetova (Grund/Wollenberger) 3.41
06. Herbstliche Erkenntnis (Grund/Hassencamp) 3.34
07. Italien-Reise (Grund/Schwenzen) 4.48
Edith Hancke & Helen Vita:
08. Die Wahl-Küren (Neumann/Nelson) 1.46
09. Mir ist so mulmig um die Brust (Edith Hancke solo) (Grund/Tucholsky) 4.22
10. Die Kleptomanin (Helen Vita solo) (Hollaender) 2.05
11. Mainzer Spezialitäten (Hollaender) 3.13
12. Nach zehn isses Sünde (Edith Hancke solo) (Grund/Mleinek) 3.42
13. Chor der Fräuleins (Grund/Kästner) 1.48
14. Gebet keiner Jungfrau (Helen Vita solo) (Grund/Kästner) 2.36
15. Prinzeßchen (Hollaender) 3.56