Gunter Wallraff – Industrie-Reportagen – Als Arbeiter in deutschen Großbetrieben (1970)

TitelFür mich war er neben Bernt Engelmann einer der wichtigsten politischen Schriftsteller, die mich Anfang der 70er Jahre geprägt haben:

Anfang zwanzig war Günter Wallraff, als er 3 Jahre lang, von 1963-1965, in Fabriken arbeitete und dabei zum ersten Mal seine Methode anwandte: Er machte sich zum »Opfer«, »um über dir Situation der Opfer in dieser Gesellschaft schreiben zu können«. Er war Arbeiter am Fließband einer Autofabrik, auf den Gerüsten einer Werft, im Akkord einer Rohrschneidemaschine und in der Sinteranlage eines Stahlwerks.Was er erfuht, beschrieb er in den Industriereportagen. Als sie 1966, zuerst unter dem Titel Wir brauchen dich, erschienen, erregten sie im In-und Ausland Aufsehen. So genau und schonungslos waren die inhumanen Bedingungen der Fabrikarbeit vorher noch nicht beschrieben worden. Die politische Polizei warf Wallraff »Verdacht auf Landesverrat« vor, die Industrie nannte den »neuen sprachlichen Realismus« Wallraffs eine »scharfe Waffe«. Das sind diese Reportagen wie alle späteren Bücher Wallraffs geblieben: eine scharfe Waffe gegen die Entüwrdigung der Menschen in unserer Gesellschaft. (Pressetext)

Dieses Buch, das unter dem Titel „Industriereportagen – Als Arbeiter in deutschen Grossbetrieben“ 1970 veröffentlicht wurde, war eigentlich ein altes Buch.

Wie bereits erwähnt, erschiend das Buch bereits  im Jahre 1966 unter dem Titel „Wir brauchen dich“ im Rütten + Loening Verlag, München. Ein Jahr später kam es dann erneut im Aufbau Verlag, Berlin heraus.

Aber die Zeit war da wohl noch nicht reif. Ganz anders dann 1970 … Die 68er Generration hatte Deutschland wachgerüttelt und auch sensibel gemacht, wie es denn den Leuten „da unten“ so geht … Die um sich greifende Kapitalismus-Kritik hat ein übriges dazu beigetragen.

Rütten + Loening 1966_01Und das Buch hatte es in sich:

Bei diesem Buch handelt es sich um eines der Erstlingswerke von Wallraff. Obwohl es aus den 1960ern stammt, bekommt man beim Lesen immer noch ein unwohles Gefühl in der Magengegend! Trotz aller Neuerungen an Schichtmodellen und Montagehilfen in allen beschriebenen Bereichen bleibt der Mensch doch oft nur Erfüllungsgehilfe von maschinellen Tätigkeiten – damals, wie auch heute – wie ich finde (konnte ich mir nicht verkneifen – Entschuldigung). Der Autor beschreibt seine Tätigkeiten als einfacher Arbeiter in unterschiedlichen Firmen. Vom Automobilbauer, bis zum Röhrenwerker. Dies ist an sich nichts besonderes, wenn Wallraff nur Beobachter wäre! Wallraff schreibt nicht aus der Distanz, sondern macht sich wirklich zum Arbeiter. Er fühlt und lebt wie die Kollegen, die Ihn täglich umgeben und wird selbst zum einfachen „Malocher“, macht allerdings aus seiner politischen Gesinnung keinen Hehl, was in meinen Augen eine Voreingenommenheit zur Sache darstellt.
Fazit: Lesenswert nicht nur für junge Menschen, die sich unter 19XX nichts vorstellen können, sondern auch für alle, die in dieser Zeit in der Industrie gearbeitet haben. Ein Buch zum Nachdenken und Vergleichen zwischen damals und heute. (sascha Keitmann)

Für mich als eher verwöhntes (zumindest äußerlich) Bürgersöhnchen waren diese Industriereportagen Schlüsselreportagen für ein anderes, neues Verständnis von der Welt, in der ich lebte.

Dieses neue Verständnis war dann prägend für mich als Mensch, aber auch für meine berufliche Biographie.

Aber da war ich ganz sicher nicht der einzige, der hier eine neue Orientierung gefunden hat (bis zum Jahre 1980 erreichte das Buch eine Auflage von üb er 400.000 Exemplare).

Von daher: es lohnt sich auch heute einen Blick in dieses Buch zu werfen … auch nach dem wichtigen Motto „Wie wir wurden, was wir sind“.

Beispiel01

Beispiel03Beispiel04Beispiel05Beispiel02*
**

Weitere Ausgaben:

Weitere Ausgaben