Maximilian Reger (* 19.3.1873, Brand; † 11.5.1916, Leipzig) gilt als wichtiger Komponist der Übergangsphase von der Spätromantik zur Moderne, dessen ausgesprochen vielfältiges Werk mitunter an der Grenze der traditionellen Dur-Moll-Tonalität steht. Zunächst nur Musikliebhaber, entschloss sich Max Reger 1888 im Anschluss an eine Aufführung von Richard Wagners „Parsifal“ in Bayreuth, Musiker zu werden. Er studierte bei Hugo Riemann am Konservatorium Sondershausen, lebte von 1898–1901 wegen psychischer Probleme bei seinen Eltern in Weiden, nutzte diese Zeit aber zu ersten Kompositionen. Danach zog er nach München, wurde 1907 in Leipzig Universitätsmusikdirektor und Kompositionslehrer und leitete mehrere Jahre die Meininger Hofkapelle. Er war als Pianist, Organist und Dirigent erfolgreich international unterwegs, starb aber früh aufgrund seiner kräftezehrenden künstlerischen Aktivität.
Im Unterschied zu den programmatischen Bestrebungen der Neudeutschen Schule in der Nachfolge Franz Liszts verstand Reger seine Musik als absolut, das heißt fern von außermusikalischen Einflüssen. Sie sollte aus sich heraus wirken, und daher konzentrierte er sich auf Instrumentales und Orchesterklänge – was ihn jedoch nicht daran hinderte, auch ein gewichtiges Vokalwerk zu schaffen (ein angedachtes Opernprojekt mit einem Libretto von Ludwig Thoma wurde nicht verwirklicht). Reger komponierte mehrere Hundert Werke fast aller musikalischen Gattungen, wobei die Orgelmusik auch in der Rezeption einen besonderen Schwerpunkt bildete. Formale Bezugspunkte waren für ihn in erster Linie die Barockmusik und vor allem Johann Sebastian Bach.
Franz Nölken: Max Reger bei der Arbeit (1913):
Zu den Höhepunkten von Max Regers Schaffen zählen seine Choralfantasien wie etwa über „Ein‘ feste Burg ist unser Gott“ op.27 (1898) oder auch die „Fantasie und Fuge über B-A-C-H“ op.46 (1900). Seine Klaviermusik kulminierte in drei Variationszyklen zu Werken von Bach, Telemann und Beethoven (1904–14), für die Kammermusik wurden insbesondere seine sechs Streichquartette (1888–1911) wichtig. Darüber hinaus entstanden A-Cappella-Chöre und über 250 Klavierlieder, mehr als 70 Choralvorspiele, zwei Klavierquartette, ein Streichsextett, Trios mit verschiedenen Besetzungen, Violin-, Cello- und Klaviersonaten, aber auch opulente geistlichen Stücke wie das Chorwerk „Der 100. Psalm“ op.106 (1908/09). (klassikakzente.de)
Diese Orgelwerke wurden von Rosalinde Haas eingespielt:
Rosalinde Haas (* 7. Januar 1932 in Schramberg, Baden-Württemberg) ist eine deutsche Organistin und Hochschullehrerin.
Rosalinde Haas’ Vater war Organist in der Kirche von Schramberg. Sie lernte im Alter von sieben Jahren, während des Gottesdienstes die Orgel zu spielen. Mit 16 Jahren besuchte sie die Stuttgarter Musikakademie und schloss ihr Studium bei Fernando Germani an der Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom ab. Sie studierte bei Helmut Walcha in Frankfurt am Main und später an der Accademia Musicale Chigiana in Siena – zu einer Zeit, als sich in Siena viele aufstrebende Musikern aufhielten: unter ihnen Arturo Benedetti Michelangeli, George Enescu, Gaspar Cassadó, Nathan Milstein und Paul van Kempen.
Das Konzertrepertoire von Haas umfasst Werke von Johann Sebastian Bach, César Franck, Charles-Marie Widor, Max Reger, Marcel Dupré, Maurice Duruflé, Olivier Messiaen und Kompositionen von Paul Hindemith und Max Baumann. Mit Unterstützung ihres Mannes, des Musikwissenschaftlers Peter Krams, nahm sie alle Orgelwerke von Max Reger auf, einschließlich Arrangements von Bachs Wohltemperiertem Klavier für Orgel. Haas hat unter anderem als Professorin für Orgel an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf unterrichtet, wo sie Schülern beigebracht hat, ihre Füße „so zu benutzen, als wären sie Speedy Gonzales“. Einen Großteil ihrer beruflichen Laufbahn verbrachte sie in Frankfurt am Main, wo sie als Organistin in der Leonhardskirche (1956–1980) und dann in Frankfurt-Niederrad (1980–1992) tätig war. Seit dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst spielt Haas zu Hause Orgel und Cembalo und konzentriert sich dabei auf Bachs Kunst der Fuge, die Goldberg-Variationen und die Leipziger Choräle. (wikipedia)
Hier also die 1. CD der insgesamt 14 CD´s starken Edition alles Orgelwerke von Max Reger:
Die Organistin Rosalinde Haas ist zweifelsohne ein Phänomen. Mit ihrer Gesamteinspielung der Orgelwerke Max Regers hat sie in den 1980er und 90er Jahren Furore gemacht, ihre Energie und technische Perfektion sind legendär. Nach einem Konzert in der Bonner Kirche St. Joseph mit einem ohnehin schon recht anstrengenden Programm kündigte Haas einmal von der Empore hinunter an, sie würde jetzt noch Regers op. 135b spielen, „Wenn’s Ihnen“ – also dem Publikum (!) – „nicht zuviel“ sei. Sowas konnte wohl nur Haas bringen, deren spieltechnisches Temperament und Ausdauer stets unerschöpflich schienen. Freilich schieden oder scheinen sich an ihrer Interpretation der Orgelwerke Regers auch die Geister. Das liegt zum einen an verwendeten Albiez-Orgel in Frankfurt, ein zweifellos sehr qualitätsvolles und schönes Instrument ist, das mit seinem universalen Zuschnitt für die Wiedergabe von Orgelmusik aller Epochen geeignet ist. Der neoklassische Einschlag ist aber nicht zu überhören. Zum anderen gehört Haas zu jener Fraktion der Schnellspieler, die Regers Spielanweisungen so ernst nehmen, dass dies zu teilweise erstaunlichen, um nicht zu sagen halsbrecherischen Tempi führt.
An einem modernen Instrument wie in Frankfurt ließ sich das natürlich besser realisieren als an einer originalen pneumatischen Orgel, wie sie zu Zeiten Regers gebaut wurden. Es mag gute Argumente für jede der beiden Seiten geben, doch Rosalinde Haas, das war stets klar, hat sich eindeutig auf die Seite der „Modernisten“ und „Schnellspieler“ geschlagen. Für die fis-Moll Variationen op. 73 braucht sie in ihrer Gesamteinspielung knapp 27 Minuten. Andere Organisten brauchen dafür 35 Minuten, der Extremwert liegt hier bei 44 Minuten. Es geht auch noch krasser: für die wegen ihrer ungeheuren Schwierigkeiten sogenannte Inferno-Fantasie op. 57 braucht die Organistin gut sechzehneinhalb Minuten, andere hingegen das Doppelte! Oder, um noch ein Beispiel zu nennen, Fantasie und Fuge d-Moll op. 135b: Rosalinde Haas braucht für die Urfassung knapp 18 Minuten, andere Interpretationen liegen bei knapp 28 Minuten. Diese Zeitangaben zeigen, wie groß die Bandbreite ist und wie Extrem die Auffassungen. Zwar sollte man eine Interpretation nicht nur auf Spieldauern und die verwendeten Orgeln reduzieren, allerdings sind es gerade diese beiden Parameter, die Rosalinde Haas‘ Interpretationen zu einem großen Teil singulär machen.
Es ist sehr zu begrüßen, wenn das Label Dabringhaus und Grimm Haas‘ Gesamteinspielung nun in einer Neuauflage auf insgesamt 14 CDs wieder verfügbar macht. Mit ihrer Einspielung ist diese Organistin ein wichtiger Teil der Rezeptions- und Interpretationsgeschichte der Orgelwerke Regers, den man nicht vergessen sollte. Auch wenn man heute manches anders sieht und spielt, zeigt das doch, dass Regers Orgelwerk – so extrem wie es ist – auch immer wieder extreme Interpretationen auslösen kann. Wobei die Frage, was nun wirklich detail- und werkgetreu ist, sehr unterschiedlich beantwortet wird: ein Tempo, das den Nachvollzug jeglicher Details und harmonisch oft verwegenen Modulationen ermöglicht, oder eine Interpretation, die so extrem ist wie Regers Musik – was zur Folge hat, dass viele Details eher verschwimmen als dass sie nachvollzogen werden können. Wahrscheinlich liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. (Guido Krawinkel)
… wenngleich mir persönlich die barocke Orgelkunst dann doch lieber ist.
Aber das opulente Begleitheft (3sprachig) verdient das Prädikat vorbildlich.
Aufgenommen in der Kirche Mutter vom guten Rat, Frankfurt-Niederrad, März 1988
Besetzung:
Rosalinde Haas (organ)
Titel:
01. Fantasie und Fuge über B-A-C-H, Op. 46 14.04
Drei Choralvorspiele:
02. Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr, Op. 135a,2 1.30
03. Jesus, meine Zuversicht, Op. 135a,13 1.54
04. Lobe den Herren, Op. 135a,15 0.56
Zwölf Stücke, Op. 59 (Auswahl):
05 I. Präludium 3.44
06. II. Pastorale 2.42
07. III. Intermezzo 2.15
08. IV. Kanon 2.01
09. V. Tokkata 3.07
10. VI. Fuge 5.07
11. Choralvorspiel »Wachet auf, ruft uns die Stimme«, Op. 135a,25 1.45
12. Fantasie über »Wachet auf, ruft uns die Stimme«, Op. 52a,2 14.22
Drei Choralvorspiele:
13. Nun komm, der Heiden Heiland, Op. 67,29 1.13
14. Es kommt ein Schiff geladen, (Ohne Opuszahl) 1.12
15. Wie schön leuchtet der Morgenstern, (Ohne Opuszahl) 1.38
16. Fantasie über »Wie schön leucht‘ uns der Morgenstern«, Op. 40,1 13.25
Geht auch günstiger: