Stimme der Frau (Zeitschrift) – Nr. 18 (1953)

TitelHier mal ne Frauenzeitschrift aus den 50 Jahren in der Bundesrepublik Deutschland. Und um es gleich mal vorweg zu nehmen: Es ist eine durch und durch traditionelle Frauenzeitschrift und ich war deshalb umso verblüffter, als ich die Biographie der Gründerin dieser Zeitschrift fand:

Nach eigenen Worten „aus einer alten westfälischen Bauernfamilie” stammend, wuchs Dorothea Nolte als eins von sieben Kindern in Warendorf in Westfalen auf. Ihr Vater, ein Gymnasiallehrer, wollte seinen Kindern, auch den Mädchen, eine gute Ausbildung ermöglichen. Dorothea studierte Jura in Münster mit dem für eine Frau damals unerhörten Ziel, in der öffentlichen Verwaltung tätig zu werden. 1922 erkämpfte sie sich beim Innenminister persönlich eine Stelle als erste weibliche Regierungsreferendarin für die Verwaltung in Preußen:

„[Minister] Severing wollte erst gar nicht, aber am Ende habe ich es erreicht, ich hab mich immer auf die Weimarer Verfassung berufen. [Er] meinte dann endlich: ‘man kann es ja mal versuchen.’”

Der Versuch lohnte sich, denn nach ihrem Assessorexamen 1926 wurde sie als Verwaltungsassessorin nach Berlin berufen, um in diversen Abteilungen im Polizeipräsidium zu arbeiten; bald wurde sie zur Regierungsrätin befördert.

1927 heiratet sie ihren Kollegen Albrecht Bähnisch, aber erst nachdem ihr Minister Severing garantiert hat, sie nicht, wie damals üblich, wegen ihrer Heirat aus dem Dienst zu entlassen. Sie will auch weiterhin Thea Nolte heissen, aber da dies juristisch noch nicht möglich ist, zieht sie Vor- und Nachnamen zusammen und nennt sich von da an Theanolte Bähnisch. Als ihr Mann zum Landrat in Merseburg gewählt wird, gibt sie ihre Stelle freiwillig auf; 1931 und 1933 werden ihre Kinder geboren.

Theanolte Bähnisch

Theanolte Bähnisch

Der Sozialdemokrat Albrecht Bähnisch wird 1933 von den Nazis als Landrat ohne Bezüge entlassen, und die Familie geht zurück nach Berlin, wo das Ehepaar eine Kanzlei eröffnet. Sie schlagen sich mit Vertretungen durch, setzen sich auch für rassisch und politisch Verfolgte ein. (1933-34 vertritt Theanolte für Pressephotos das Photo-Geschäft von Lotte Jacobi, die dann als Jüdin 1935 in die USA emigriert.) Theanolte bekommt den Ruf, als unerschrockene Anwältin mit der Gestapo zu verhandeln.

„Mein Leben war mehr als einmal gefährdet und in vielen Verhandlungen ist mir gesagt worden, dass ich das Gebäude nicht mehr verlassen würde. Aber mit Bluff und Mut konnte man bei der Gestapo viel erreichen, da sich diese Leute nicht vorstellen konnten, dass ihnen gegenüber jemand sicher auftrat, der nicht hohe Beziehungen zu ihren obersten Führern hatte.”

Schon 1931 hatte sie in dem selbstgegründeten „Freiheitsverlag” Schriften herausgegeben, die den Nationalsozialismus kritisierten, ab 1939 war sie in der Widerstandsgruppe um Ernst von Harnack. Ihr Mann wurde noch im selben Jahr eingezogen und gilt seit 1943 als in Russland vermisst. Theanolte blieb bis kurz vor Kriegsende in Berlin, die Kinder waren bei Verwandten in Köln.

Im Frühjahr 1946 wird sie vom Regierungspräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf nach Hannover gerufen, um dort das Amt der Vize-Regierungspräsidentin zu übernehmen. Als Kopf im November zum Ministerpräsidenten des von der Militärregierung neu gegründeten Landes Niedersachsen ernannt wird, wird Theanolte vom Bezirksparlament einstimmig zur Regierungspräsidentin Hannovers gewählt. Sie wird somit die erste Frau in Deutschland, die ein solches Amt innehat.

Beispiel18

Bertha Middelhauve, Vorsitzende des Frauenrings zwischen 1958 und 1964 (3. v.l.); rechts neben ihr Theanolte Bähnisch und links Gabriele Strecker und Erna Schlepper;

Während ihrer 13-jährigen Amtszeit befasst sich Theanolte Bähnisch mit den schlimmsten Problemen der zerstörten Stadt in der britischen Besatzungszone: Versorgung und Wohnungsnot der Bevölkerung, der Flüchtlinge und Vertriebenen. Sie widmet sich der Wiederherstellung von Schulen und Ausbildungsstätten, auch der Uni Hannover. Die ganze Infrastruktur (Verkehrswesen usw.) muss wiederaufgebaut werden. Diesen Aufgaben stellt sich die Regierungspräsidentin kompetent und entschieden, doch ohne den praktischen Bezug zum täglichen Leben aus den Augen zu verlieren. Wie sie es nach ihrer Wahl verspricht, ist es ihr Bestreben, „die Verwaltung so gut wie möglich, aber auch so menschlich wie möglich zu führen.”

Als Beispiel ihres „kompetenten” aber „menschlichen” Einsatzes für die Bevölkerung kann man diese kleine Anekdote verstehen: Als in der ersten Nachkriegszeit die Rationen für Deutsche immer kleiner wurden, ergriff die energische Regierungspräsidentin die Initiative und fuhr zu den Militärgouverneuren Clay und Robertson nach Frankfurt. Da erschien sie „mit einem Tablett, auf dem die Tagesration eines Normalverbrauchers lag, stellte es auf den Schreibtisch und sagte: ‘Bitte, meine Herren Generäle, sehen Sie sich das an!’ Dieser drastischen Einleitung folgte eine Unterredung, die eine Stunde und dreißig Minuten dauerte … ”

Die streitbare Regierungspräsidentin wurde von den Generälen, wie von den britischen Besatzungsoffizieren überhaupt respektiert, doch manchmal auch etwas gefürchtet, wie wir es aus einem geheimen Dossier aus den Jahren 1948/49 lesen können: Bähnisch wird dort beschrieben als „eine zweifellos außerordentlich talentierte Frau und einer der schillerndsten Charaktere Hannovers mit einer anziehenden, manchmal aber auch temperamentvoll überschießenden Persönlichkeit.”

Beispiel201959 wird Theanolte Bähnisch vom Ministerpräsidenten Kopf zur bevollmächtigten Staatssekretärin Niedersachsens ernannt, mit der Aufgabe, das Land in Bonn beim Bund zu vertreten. Noch einmal arbeitet sie effektiv und mit diplomatischem Geschick, bis sie 1964 aus dem Amt scheidet.

Bähnisch war Mitglied der SPD und arbeitete eng mit Hinrich Wilhelm Kopf und Kurt Schumacher zusammen, aber ihr politisches Hauptengagement nach dem Krieg galt der Entwicklung einer neuen Frauenpolitik. Wie damals viele, glaubte auch Theanolte Bähnisch, dass es die besondere Aufgabe der Frauen sei, sich an dem physischen, sozialen, kulturellen und politischen Wiederaufbau Deutschlands zu beteiligen; nicht nur die praktischen Erfahrungen und Fähigkeiten von Frauen, sondern auch deren „weibliche” und „mütterliche” Eigenschaften seien gefragt. Alle Frauen sollten sich in überparteilichen, überkonfessionellen Frauenausschüssen zusammentun, um als politische Macht wirksam zu werden. Zu diesem Zweck wurden 1946 der Club deutscher Frauen in Hannover und ein Jahr später der „Frauenring der britischen Zone” gegründet mit Bähnisch als erster Vorsitzenden.

1949 kamen dann Frauen aus der neuen Bundesrepublik und Westberlin in Bad Pyrmont zusammen, um den Deutschen Frauenring (DFR), einen bundesweiten, überparteilichen Zusammenschluss vieler Frauenorganisationen, zu gründen. Wieder wurde Theanolte Bähnisch zur Vorsitzenden gewählt. Der Frauenring knüpfte bewusst an den alten Bund Deutscher Frauenvereine (BDV) an, den Dachverband der bürgerlichen Frauenbewegung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik; beide Organisationen wollten überparteilich die Sache der Frauen bei den Gesetzgebern vertreten, beide befassten sich mit der staatsbürgerlichen Aufklärung der Frau.

Um letzteres Projekt voranzutreiben, gründete die unermüdliche Bähnisch 1948 eine Frauenzeitschrift, Die Stimme der Frau, die als Für Sie heute noch existiert. Eine frühe Version des feministischen Mottos „the personal is political” kann aus Bähnischs Worten zur ersten Nummer gelesen werden:

„Wie schwindet das geheime Grauen vor der Politik, wenn man merkt, daß die eigene Wohnungssorge, der Kochtopf und der Berufsweg des Kindes ‘politische’ Angelegenheiten sind!”

 

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Weitere Ausgaben von „Stimme der Frau“

Die anfänglichen Bemühungen des Deutschen Frauenrings (und der Stimme der Frau) um Überparteilichkeit und politische Neutralität wichen allerdings bald dem neuen Klima des Kalten Krieges. Bähnisch war überzeugte und überzeugende Anhängerin der pro-westlichen Politik ihrer SPD-Kollegen Hinrich Wilhelm Kopf und Kurt Schumacher und sah im Kommunismus die Gefahr eines neuen „Rattenfängers” aus dem Osten, vor dem die Frauen durch ihre demokratische Aufklärungsarbeit geschützt werden sollten. Theanolte Bähnisch Die anfangs zusammenwirkenden Frauen aus Ost und West trennten sich bald in separate Organisationen, den Demokratischen Frauenbund Deutschlands in der SBZ/DDR und den Deutschen Frauenring in der BRD.

Bähnisch und der Deutsche Frauenring setzten sich in den Debatten um das neue Bürgerliche Gesetzbuch intensiv für die praktische Umsetzung des Gleichberechtigungsparagraphen ein. Sie trugen auch zur Anknüpfung Deutschlands an internationale Organisationen nach dem Krieg bei: Bähnisch setzte sich dafür ein, dass der DFR 1951 in den International Council of Women und ein Jahr später in die International Alliance of Women aufgenommen wurde. Sie selbst nahm aktiv an vielen internationalen Frauenkongressen teil; für sie war diese Arbeit ein wichtiger Baustein im Weltfriedensprojekt.

Theanolte Bähnisch erhielt das große Verdienstkreuz Niedersachsens und das große Bundesverdienstkreuz mit Stern. Sie starb am 9. Juli 1973 in Hannover. Im benachbarten Langenhagen findet frau neben der Clara-Schumann-Straße, dem Helene-Weber-Weg und dem Elisabeth-Selbert-Weg auch einen Theanolte-Bähnisch-Weg. (Joey Horsley)

Also erstmal kann man nur den Hut ziehen vor so einer Biographie, da empfinde ich ganz großen Respekt …

Und dann aber kann man sich nur wundern, dass dann so eine Frauenzeitschrift herauskam …

Das Heft eignet sich hervorragend für Studien zum Frauenbild in der BRD in den 50 er Jahren ,,, oder aber auch zum Thema „Warum die Frauenbewegung so dringend notwendig war“ …

Und wie gesagt … aus dieser Zeitschrift wurde dann „Für Sie“ … auch nicht gerade die Ausgeburt emanzipatorischer Frauenanliegen … zu gerne hätte ich die großartige Theanolte Bähnisch zu diesem Thema befragt … zu spät dafür.

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Beachten Sie die neuesten Vorhangstoffe !

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Der kleine Carl XVI. Gustaf von Schweden (* 30. April 1946 auf Schloss Haga bei Stockholm) im zarten Alter von 8 Jahren.

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Jetzt wird es neckisch …

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Und jetzt wird es bunt…

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Natürlich … Schuhe … *ggg*

Beispiel09
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Beispiel11

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Beispiel13

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Beispiel16

Ja natürlich … und die Welt ist eine Scheibe …

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Beispiel17

Dem Heft beigefügt: Ein Strick-Muster … und da versteh ich nicht mal mehr Bahnhof …

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