Für mich eine mehr als lobenswerte Werkschau:
Kurt Tucholsky (* 9. Januar 1890 in Berlin; † 21. Dezember 1935 in Göteborg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel.
Tucholsky zählt zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Als politisch engagierter Journalist und zeitweiliger Mitherausgeber der Wochenzeitschrift Die Weltbühne erwies er sich als Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Zugleich war er Satiriker, Kabarettautor, Liedtexter, Romanautor, Lyriker und Kritiker (Literatur, Film, Musik[1]). Er verstand sich selbst als linker Demokrat, Sozialist, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor der Erstarkung der politischen Rechten – vor allem in Politik, Militär und Justiz – und vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus.
1933 verboten die Nationalsozialisten die Weltbühne, verbrannten Tucholskys Bücher und erkannten ihm die deutsche Staatsangehörigkeit ab.
Vom 14. Oktober bis zum 4. November 1935 war Tucholsky wegen ständiger Magenbeschwerden in stationärer Behandlung. Seit diesem Krankenhausaufenthalt konnte er nicht mehr ohne Barbiturate einschlafen. Am Abend des 20. Dezember 1935 nahm er in seinem Haus in Hindås eine Überdosis an Schlaftabletten. Tags darauf wurde er, im Koma liegend, aufgefunden und ins Sahlgrensche Krankenhaus nach Göteborg gebracht. Dort starb Kurt Tucholsky am Abend des 21. Dezember. Es wurde lange als gesichert angenommen, dass Tucholsky Suizid begehen wollte – eine These, die 1993 von Tucholskys Biographen Michael Hepp jedoch angezweifelt wurde. Hepp fand Anhaltspunkte für eine versehentliche Überdosierung von Medikamenten, also eine unbeabsichtigte Selbsttötung.
Die Asche Kurt Tucholskys wurde im Sommer 1936 unter einer Eiche nahe Schloss Gripsholm im schwedischen Mariefred beigesetzt. Die Grabplatte mit der Inschrift „Alles Vergängliche Ist Nur Ein Gleichnis“ aus Goethes Faust II wurde erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf das Grab gelegt. Tucholsky selbst hatte 1923 in der Satire Requiem folgenden Grabspruch für sich vorgeschlagen:
Hier eine Zusammenstellung (von Fritz J. Raddatz) mit wichtigen Texten von Kurt Tucholsky; die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1966 – 1970 und die Sprecher waren damals (und sind heute) bemerkenswerte Zeitgenossen der deutschen Kultur-Szene.
Markenzeichen: Respektlosigkeit
Wer Kurt Tucholsky war, hat am besten Erich Kästner beschrieben: „Ein kleiner dicker Berliner, der mit seiner Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wollte“. Der 1890 geborene Schriftsteller verkörpert mit seiner Ruhelosigkeit und seinem unstillbaren Aktivitätsdrang die Weimarer Republik.
Tucholsky, 1890 als Sohn eines wohlhabenden jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren, ist ein rastloser Textproduzent und gilt schon bald als Institution. Zwei bis drei Artikel pro Woche liefert er seinem Stammblatt, der linksbürgerlichen Wochenzeitschrift Schaubühne; nebenbei arbeitet er noch an seiner Promotion. Er publiziert unter mehreren Pseudonymen, nennt sich Peter Panther, Theobald Tiger oder Ignaz Wrobel und verfasst spitzzüngige Kritiken, Glossen, Porträts und Kommentare.
Sein Markenzeichen: Respektlosigkeit, bissiger Witz, muntere Polemik und eine markante politische Witterung. Die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, den er in diversen Schreibstuben glimpflich übersteht, machen ihn endgültig zum Gegner der Armee. Der Bürger müsse erzogen werden, so seine Erkenntnis, weshalb Tucholsky seinen Produktionsrhythmus steigert und auf die Breitenwirkung von Kabarett, Revuen und Chansons setzt.
„Rote Melodie“:
„General! General!
Wag es nur nicht noch einmal!
Es schreien die Toten!
Denk am die Roten!
Sieh dich vor! Sieh dich vor!
Hör den brausend dumpfen Chor!
Wir rücken näher ran – Kanonenmann!
Vom Grab – Schieb ab- !“
So unbestechlich sein politisches Gespür, so wirr ist sein Gefühlsleben. Kurt Tucholsky kann sich Zeit seines Lebens für keine Frau endgültig entscheiden. Aber auch das weiß er künstlerisch auszuschlachten.
„Ideal und Wirklichkeit“:
„In stiller Nacht und monogamen Betten,
denkst du dir aus, was dir am Leben fehlt.
Die Nerven knistern. Wenn wir das doch hätten,
was uns, weil es nicht da ist, leise quält. „
1924 geht Kurt Tucholsky als Korrespondent der Schaubühne, die mittlerweile in Weltbühne umbenannt wurde, nach Paris. Unablässig warnt er vor dem erstarkenden Nationalwahn in Deutschland. Für kurze Zeit übernimmt er die Leitung seiner Zeitschrift, aber das Tagesgeschäft ist seine Sache nicht, weshalb er die Herausgeberschaft 1927 an Carl von Ossietzky übergibt. Tucholsky, von den Entwicklungen in Deutschland entsetzt und gesundheitlich schwer angeschlagen, zieht sich nach Schweden zurück. Langwierige Atemwegserkrankungen, fünf Nasenoperationen und zermürbende Frauengeschichten verstärken seine Schwermut. In journalistischer oder literarischer Arbeit sieht er keinen Sinn mehr. In einem Brief an Walter Hasenclever zieht er 1933 eine bittere Bilanz.
Brief an Walter Hasenclever:
„Ich werde nun langsam größenwahnsinnig – wenn ich zu lesen bekomme, wie ich Deutschland ruiniert habe. In zwanzig Jahren hat mich immer dasselbe geschmerzt: wie ich nicht einen Schutzmann von seinem Posten wegbekommen habe. Ich glaube nicht, daß Hitler kippt. Warum auch. Europa sieht, wie gelähmt, zu, wie der neue Krieg vorbereitet wird – die Kriegsindustrie hat zu tun, Herr Daladier ist taktvoll, das Foreign Office eiskalt. Und so kommen die drei Jahre zustande, die jener braucht, um loszulegen. „
Kurze Zeit später wird Kurt Tucholsky ausgebürgert. Gequält von Schmerzen nimmt er regelmäßig Schlafmittel. Am 21. Dezember 1935 stirbt er. Ob sein Tod auf Medikamentenmissbrauch zurückzuführen ist, bleibt ungewiss. (Maike Albath)
Diese Werkschau ist ein beeindruckendes Dokument aus vergangenen Zeiten und zuweilen immer noch hochaktuell.
Besetzung:
nun ja … siehe unten
Titel:
Chansons:
01. Gisela May & Studioorchester Henry Krtschil: Das Leibregiment (Heymann) 3.33
02. Günter Pfitzmann & Roger Bean und Ensemble: An die Berlinerin (Bienert) 2.24
03. Günter Pfitzmann & Roger Bean und Ensemble: Mutterns Hände (Bienert) 1.36
04. Gisela May & Studioorchester Henry Krtschil: Augen In Der Großstadt (Fischer) 2.08
05. Ursula Herking & Edmund Nick und Ensemble: Der deutsche Mann (Bienert) 2.12
06. Gisela May & Studioorchester Henry Krtschil: Die Nachfolgerin (Eisler) 1.19
07. Günter Pfitzmann & Roger Bean und Ensemble: Ideal und Wirklichkeit (Bienert) 2.12
08. Helen Vita & Heinz Brüning nd Ensemble: Stoßseufzer einer Dame in bewegter Nacht (Brüning) 3.08
09. Hanne Wieder & Heinz Brüning und Ensemble: Nur das (Bienert) 2.29
Prosa:
10. Grete Weiser: Lottchen beichtet 1 Geliebten 4.29
11. Ernst Ginsberg; Herr Wendriner betrügt seine Frau 5.47
Chansons:
12. Gerd Vespermann & Heinz Brüning Und Ensemble: Park Monceau (Bienert) 1.42
13. Ernst Busch (& Adolf Fritz Guhl: Piano): Anna Luise (Eisler) 4.58
14. Ernst Busch (Walter Olbertz: Harpsichord): Sehnsucht Nach Der Sehnsucht (Eisler) 2.05
15. Ernst Busch & Instrumentalgruppe (Adolf Fritz Guhl, Walter Goehr): Bürgerliche Wohltätigkeit 1929 3,01
16. Kate Kühl & Bert Grund und Ensemble: Rote Melodie (Hollaender) 2.52
17. Kate Kühl & Bert Grund und Ensemble (Herbert Jarczyk): Der Graben (Eisler) 2.29
18. Ernst Busch & Instrumentalgruppe (Adolf Fritz Guhl, Walter Goehr): März 1919 – Das Lied vom Kompromiß (Eisler) 3.31
19. Ernst Busch (Adolf Fritz Guhl: Orgel): An den deutschen Mond (Eisler) 3.23
20. Kate Kühl & Bert Grund Und Ensemble): Singt eene uff’n Hof (Bienert) 1.60
Briefe:
21. Erich Schellow: Brief an Arnold Zweig 2.23
22. Erich Schellow: Lieber Leser 1.07
23. Erich Schellow: Brief an Walter Hasenclever 7.00
24. Erich Schellow: Brief an Mary Gerold-Tucholsky 4.28
Alle Texte: Kurt Tucholsky
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Gedenktafel in Berlin (Friedrich-Wilhelm-Platz):