Verschiedene Interpreten – Pianissimo – Music for Quiet Moments (1998)

FrontCover1Gelegentlich mag ich solche Zusammenstellungen:

Nur in der Stille kann die Musik eine Saite in uns anschlagen, einen Nachklang in uns erzeugen. So kann auch nur aus der Stille heraus das Klavier seine unvergleichliche „Stimme“ entfalten, die Schwingungen seiner Saiten zu Melodien verschmelzen lassen. Seit der Erfindung des modernen Hammerklaviers im 18. Jahrhundert haben Komponisten sich immer wieder durch diese besondere Sensibilität inspirieren lassen, durch die Fähigkeit dieses Instruments, schon die geringsten Ausdrucksnuancen zu erfassen und in Klänge zu verwandeln.

Auf dieser CD finden sie eine Sammlung der schönsten Klaviermelodien der Musikgeschichte: Sei es das berühmte „Adagio sostenuto“ aus Beethovens Mondscheinsonate oder das „Largo“ aus seinem Klavierkonzert, sei es Liszts „Liebestraum“ oder Schumanns „Träumerei“, das „Adagio“ aus Griegs Klavierkonzert oder Chopins „Nocturne“, stets zeigt sich wie dieses Instrument auch in den Komponisten eine Saite zum schwingen brecht … (Hüllentext)

Ein großartiges Album für Kontemplation und Stille.

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Titel:
01. Alfredo Perl: Adagio Sostenuto (Mondscheinsonate) (Beethoven) 6.07
02. Lisa Smirnova & Jena Philharmonic Orchestra (David Montgomery): Largo Piano Concerto No 1 Op. 15 Beethoven) 10.44
03. Ricardo Castro: Adagio Piano Sonata KV 332 (Mozart) 4.17
04. Carmen Piazzini: Adagio Piano Sonata No 27 Hob. XVI (Haydn) 5.03
05. Nadja Rubanenko: Sehr langsam – Kreisleriana Op. 16 (Schumann) 4.16
06. Alfredo Perl & Orquesta Filarmónica De Gran Canaria (Adrian Leaper): Adagio – Piano Concerto Op. 16 (Grieg) 6.56
07. Carmen Piazzini: Danza del moza donosa (Ginastera) 3.30
08. Carmen Piazzini: Cancion de las Venusinas (Piazzolla) 2.10
09. Arkady Sevidov: Barcarolle The Seasons Op. 37b (Tchaikovsky) 5.20
10. Ricardo Castro: Nocturne #1 In B Flat Minor, Op. 9-1 (Chopin) 5.39
11. Michael Krücker: Liebestraum Op. 62 No. 3 (Liszt) 4.43
12. Andreas Bach: Träumerei  (Schumann) 2.20
13. Vladimir Mishtchuk & Russian Philharmonic Orchestra (Samuel Friedmann):  Adagio sostenuto Piano Concerto No. 2 Op. 18 (Rachmaninov) 11.37

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Micky Maus – Nr. 4 (1998)

TitelSo, und jetzt wenden wir uns mal wieder den Niederungen populärer Comic-Literatur zu … quasi als Kontrastprogramm zu der Zeitschrift Literarität.

Die Micky Maus ist eine Comic-Zeitschrift, die seit 1951 im Ehapa-Verlag erscheint und Comics aus der Disney-Produktion enthält, vor allem mit den Figuren Donald Duck, Micky Maus und anderen Bewohnern von Entenhausen. Seit Ausgabe 18/1993 trägt das Heft den Untertitel Magazin.

Von Anfang an nahmen die Geschichten um Donald Duck mehr Seiten ein als die titelgebende Maus. Übersetzt wurden die Geschichten von Dr. Erika Fuchs, die bis 1988 Chefredakteurin der Micky Maus war und Aussprüche wie „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ prägte oder den sogenannten „Inflektiv“ („schepper“, „klirr“, „ächz“) schuf.

Die Reihe erschien anfangs monatlich, bis 1955 ergänzt um anfangs unregelmäßig, später ebenfalls monatlich erscheinende Micky Maus Sonderhefte. 1956 wurde die Erscheinungsweise auf zweiwöchentlich erhöht; die Sonderhefte wurden eingestellt. Längere Geschichten, die bisher für die Sonderhefte vorgesehen waren, erscheinen seitdem als Fortsetzungsgeschichten über mehrere Ausgaben verteilt. Mit der Ausgabe 26 im Jahr 1957 wurde auf eine wöchentliche Erscheinungsweise umgestellt, die bis heute beibehalten wurde. Im Laufe der Jahrzehnte wurde jedoch der Wochentag, an dem die Zeitschrift herausgegeben wird, mehrfach geändert.

Anders als in den meisten nicht-deutschsprachigen Ländern ist nicht Donald Duck die Titelfigur der Disney-Heftreihe, sondern Micky Maus, obwohl dieser nur einen geringen Teil der Seiten einnimmt. Der Grund lag darin, dass Micky 1951 in deutschsprachigen Ländern wesentlich bekannter war. (Quelle: wikipedia)

Vielleicht sollte man den Amis dankbar sein, dass sie uns nicht nur den Jazz und Rock N Roll brachten, sondern eben auch Micky Maus. Den die zeigte dem deutschen Bildungsbürgertum was ne Harke ist.

Für mich waren diese Hefte in den 60er Jahren ein unbewußter Protest gegen den akademischen Dünkel meines Vaters, der diesen Dünkel wie eine Monstranz vor sich her trug wie ein Heiligtum und diese “Schundlektüre” abgrund hasste. Und als Deutschlehrer fühlte er sich sowas von im Recht.

Sei´s drum: Die Zeitschrift “Micky Maus” trat ja bereits in den 50er Jahren den Siegeszug an …

Hier mal zur Abwechslung ein Heft aus den 70er Jahren, genauer gesagt aus dem Jahr 1977. Das Heft kostete damals 1,60 DM  (1966: 90 Pfennige) und enthält natürlich wieder viele drollige Comics. Diesmal gibt es (überwiegend winterliche) Geschichten mit:

  • Dagobert Duck
  • Donald Duck
  • Micky Maus
  • Oma Duck (kommt eher selten vor)
  • und viele „lustige Rubriken“

Viel Vergnügen mit all den Geschichten aus Entenhausen !

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Die Rückseite des Heftes:
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Mehr Micky Maus:
Mehr

Erwin Strittmatter – Jo Baier – Der Laden (Teil 1) (1998)

FrontCover1Endlich ! Seit mehr als geraumer Zeit liegt dieser ARTE/ARD Dreiteiler auf meinem Schreibtisch und ich wusste, dass es wohl einer intensiven Beschäftigung bedürfen werde, um sich diesem – so viel sei verraten – Klassiker der jüngeren deutschen Fernsehgeschichte zu nähern.

Ausgangspunkt des Films ist natürlich die Romantrilogie „Der Laden“ von Erwin Strittmatter:

Erwin Strittmatter (* 14. August 1912 in Spremberg; † 31. Januar 1994 in Schulzenhof) war ein sorbisch-deutscher Schriftsteller in der DDR, der auf Deutsch schrieb.

Erwin Strittmatter war eines von fünf Kindern des Bäckers Heinrich Strittmatter und seiner Frau Pauline Helene, geb. Kulka. Die Kindheit verbrachte Strittmatter ab 1914 in Graustein und ab 1919 in Bohsdorf nahe Spremberg in der Niederlausitz, wohin seine Eltern gezogen waren, um dort eine Kolonialwarenhandlung und Bäckerei zu betreiben. Von 1924 bis 1930 besuchte Erwin das Reform-Realgymnasium in Spremberg, verließ es aber ohne Abschluss. In der Romantrilogie Der Laden hat er sein Heimatdorf und Spremberg unter dessen sorbischen Namen Grodk als Orte der Handlung dargestellt.

Nach einer Bäckerlehre im elterlichen Betrieb sowie in Pretzsch (1930–1932) war Strittmatter als Bäckergeselle (1932), Kellner, Hilfsarbeiter und Tierpfleger tätig. Hierbei bekam er – vor allem auf dem Gebiet der Tierzucht – meist gute Zeugnisse.

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Geprägt durch seine Familie und sein soziales Umfeld, schloss sich Strittmatter noch vor der Zeit des Nationalsozialismus der SPD an.

Im Jahr 1937 heiratete Strittmatter, 1938 kam sein erster Sohn zur Welt. Strittmatter fand Arbeit in der Thüringischen Zellwolle-AG in Rudolstadt-Schwarza. Im September 1939, kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde Strittmatter aufgrund seines Jahrgangs ausgehoben und von der Wehrmacht gemustert. Wie Annette Leo in der Strittmatter-Biografie 2012 berichtet, meldete er sich im Oktober 1939 als Alternative zum Kriegsdienst zur Schutzpolizei (Werbeaktion Herbst 1939 „Willst du zur Schutzpolizei“). Er wurde aber nicht wie erwartet im März 1940 in eine Polizeikaserne einberufen, sondern arbeitete weiter in der kriegswichtigen Zellwolle-Fabrik. Für die Schutzpolizei-Anmeldungen war ab 1. Dezember 1939 das neu geschaffene zentrale Ergänzungsamt der Waffen-SS zuständig, das ihn im April 1940 einer „rassischen“ Prüfung unterzog – wie eine in Archiven entdeckte Karteikarte beweist. Im Februar 1941 wurde Strittmatter eingezogen, nach einer sechsmonatigen Ausbildung in Eilenburg diente er im Polizei-Bataillon 325 (Slowenien, Krakau). Diese Einheit wurde im Frühsommer 1942 gemeinsam mit zwei weiteren (Polizei-Bataillon 302 und 312) zu einem Polizei-Gebirgsjäger-Regiment zusammengefasst und kam nach einem Kurzeinsatz in Slowenien zuerst nach Finnland (hinter die Kiestanki-Front) und dann nach Griechenland (griechische Inseln, Mittelgriechenland), die letzten zwei Stationen verarbeitete Strittmatter im Roman Der Wundertäter. 1943 verlieh Himmler allen Polizeiregimentern „in Anerkennung ihres besonderes tapferen und erfolgreichen Einsatzes“ (Tessin/1957) den SS-Zusatz, sie blieben aber Einheiten der Ordnungspolizei. Im Sommer 1944 wurde Strittmatter, der seit 1942 auch als einer der Schreiber des Bataillons fungierte, zur Film- und Bildstelle des Hauptamtes der Ordnungspolizei nach Berlin versetzt. Kurz vor Kriegsende „absentierte“ er sich von seiner Dienststelle.

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Erwin Strittmatter auf der 1. Bitterfelder Konferenz, 24. April 1959

Der Literaturwissenschaftler Werner Liersch kritisierte Strittmatter, er habe die Nähe zur Waffen-SS zeit seines Lebens der Öffentlichkeit gegenüber verschwiegen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Strittmatter zuerst wieder als Bäcker und später als Lokalredakteur der Märkischen Volksstimme in Senftenberg. Er war nach 1947 auch Amtsvorsteher für sieben kleine Gemeinden in der Niederlausitz.

Seit 1954 lebte er in Schulzenhof im Ruppiner Land, wo er als Schriftsteller und Pferdezüchter bis zu seinem Tod arbeitete. Von 1959 bis 1961 war er 1. Sekretär des Deutschen Schriftstellerverbandes.

Das Verhältnis zwischen Erwin Strittmatter und dem Ministerium für Staatssicherheit ist umfänglich analysiert und dokumentiert. Von 1958 bis 1964 arbeitete er als Geheimer Informator der Staatssicherheit.

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Eva und Erwin Strittmatter in Schulzenhof, 1965

Im Jahr 2011 wurde bekannt, dass Strittmatter im August 1961 kurz nach dem Mauerbau verhindert hatte, dass Günter Grass bei einem kurzen Aufenthalt in der DDR von der Staatssicherheit festgenommen werden konnte. Ob Strittmatters Verhalten ein Einschreiten der Behörde bewusst verschleppen sollte oder ob er Informationen nur versehentlich auf Umwegen weitergab, ist bislang ungeklärt.

Strittmatter befürwortete in den 1970er Jahren laut Stasi-Akte des Schriftstellers Reiner Kunze dessen Ausweisung aus der DDR.

Erwin Strittmatter war seit 1956 in dritter Ehe mit der Dichterin Eva Strittmatter (1930–2011) verheiratet. Sie lebte mit ihm seit 1957 in Schulzenhof. Sie zogen vier Kinder auf, davon drei gemeinsame Söhne. Vier weitere Söhne aus seinen beiden ersten Ehen wuchsen nicht bei ihm auf. Der Autor und Schauspieler Erwin Berner (* 1953) ist sein erster Sohn aus der Ehe mit Eva Strittmatter. Die Journalistin Judka Strittmatter (* 3. Januar 1966) ist seine Enkelin, Tochter seines zweiten Sohnes aus erster Ehe.

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Zum Freundeskreis der Strittmatters gehörten unter anderem Halldór Laxness, Lew Kopelew, der Staudenzüchter Karl Foerster und der Maler Hubertus Giebe.

Strittmatter wurde im Ortsteil Schulzenhof der Gemeinde Stechlin beigesetzt. Eva Strittmatter wurde 2011 an seiner Seite bestattet. Ihre Grabstelle liegt gegenüber dem Grab des zuvor verstorbenen Sohnes Matti.

Im Jahr 1950 erschien sein Erstlingswerk Ochsenkutscher. Bis 1953 arbeitete Strittmatter als Assistent bei Bertolt Brecht am Berliner Ensemble. 1963 erschien Ole Bienkopp; dieser Roman wurde zu einem der meistgelesenen Bücher der DDR. Er wurde von der Graboffiziellen DDR-Literaturkritik zum Teil scharf angegriffen, 1964 trotzdem mit dem Nationalpreis ausgezeichnet.

Von 1963 beschäftigte sich Strittmatter neun Jahre lang mit Kurzprosa. Man bezeichnet diese Phase, die 1972 mit Wie ich meinen Großvater kennenlernte ihr Ende fand, bisweilen als sein novellistisches Jahrzehnt.

Strittmatter schrieb auch nach der politischen Wende 1989/1990 intensiv weiter. Es entstand neben anderen Arbeiten 1992 der letzte Teil der Romantrilogie Der Laden. Mit diesem autobiografischen Roman setzt er der kulturellen Symbiose von Deutschen und Sorben ein Denkmal. Dabei schildert er die Diskreditierung der Sorben durch die Deutschen sehr plastisch. Der Stadt Spremberg und dem Dorf Bohsdorf hinterließ er mit Der Laden ein zeithistorisches Bild von den 1920er Jahren bis in die Nachkriegszeit. Wie auch in seinen anderen Werken setzte er sich mit der Entwicklung des Lebens auf dem Lande im Osten Deutschlands sowie mit der sorbischen Problematik in der Niederlausitz auseinander. Die Trilogie wurde 1998 verfilmt. Strittmatter hatte noch selbst den Regisseur Jo Baier zum Verfilmen angeregt.

Strittmatters in Deutsch verfasste Werke wurden in rund 40 Sprachen übersetzt. (wikipedia)

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Gedenktafel

Und hier nun seine Roman-Trilogie „Der Laden“:

Der Laden ist eine Romantrilogie von Erwin Strittmatter, die zwischen 1983 und 1992 erschien.

Strittmatter schildert das Dorfleben in der Lausitz. Die Trilogie trägt zudem autobiographische Züge und reicht von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis zur frühen DDR. Im Mittelpunkt des Romans stehen Esau Matt und seine Familie, die eine Bäckerei mit Kolonialwarenladen in Bossdom (eigentlich Bohsdorf) besitzt und sich mit diesem durch die Zeiten „schlägt“. Bedeutsam ist dabei aus sprachlicher Sicht, dass Strittmatter sowohl Lausitzer Dialekte als auch Versatzstücke des Sorbischen einflicht.

Familie Matt erwirbt eine Bäckerei samt Kolonialwarenladen in Bossdom. Die Kunden dort sind schwierig, und es herrschen Neid und Missgunst vor. Nachdem die Familie sich eingelebt hat, muss Esau zur Schule. Dort quält der Lehrer Rumposch die Schüler mit sinnlosen Gewaltausbrüchen. Als die Einwohnerzahl des Ortes steigt, benötigt man eine eigene Posthalterei, diese übernimmt die Mutter. Trotz der vielen Einnahmequellen geht es ihnen finanziell nicht sehr gut, da weder Mutter noch Vater ein Geschäft führen können. Dies führt oft zu Streit zwischen ihnen, genauso wie die Affäre des Vaters mit der Hausmagd Hanka. Esau wird von seinen Eltern an die „hoche“ Schule nach Grodk (sorbischer Name Sprembergs) geschickt. Er hat eine ausgeprägte Begabung für das Schreiben und möchte schon als kleiner Junge Dichter werden. Eine wichtige Person in seinem Leben ist der Großvater. (wikipedia)

Hüllentext

Und hier ein wenig mehr über den Teil 1:

Im Juni 1919 zieht Familie Matt mit Sack und Pack in das kleine Niederlausitzer Dorf Bossdom, nahe der deutsch-polnischen Grenze. Dort eröffnet sie einen Kramladen mit eigener Bäckerei. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der neunjährige Esau Matt, ein aufmerksamer Beobachter seiner Familie und des Dorflebens.

Neun Personen wohnen bei den Matts unter einem Dach, das führt natürlich zu Reibereien. Da sind Esaus Eltern, seine Geschwister Marga, Heinjak und Tinko, das hübsche Kindermädchen Hanka, der Großvater, an dem Esau mit inniger Liebe hängt, und die Großmutter. Esaus Kindheit ist immer dann am unbeschwertesten, wenn er mit seinem Großvater zusammen ist, der mit Steinen sprechen kann und sich wie kein Zweiter mit Pferden auskennt. Er versteht den verträumten Esau am besten. Der ewige Streit im Hause Matt dagegen belastet den Jungen. Esaus Eltern müssen sich Geld vom Großvater leihen, was ständige Querelen in der Familie provoziert. Der Vater wäre lieber Farmer in Amerika als Bäcker, die Mutter lieber Geschäftsfrau und feine Dame als Bäuerin.

Außerdem hat der Vater ein Auge auf Hanka geworfen. Der stotternde Onkel Phile, der bei der Familie Matt untergeschlüpft ist, verliebt sich unsterblich in das Kindermädchen und will sich das Leben nehmen. Als der Vater Phile vor die Tür setzt, weil er Hanka zu heftig bedrängt hat, und Hanka gehen muss, weil ihr Verhältnis mit Vater Matt aufgeflogen ist, hält Esau nichts mehr zu Hause. Ein glücklicher Zufall verändert sein Leben. Sein neuer Lehrer Heier, der den bisherigen Lehrer Rumposch, einen harten Verfechter der Prügelstrafe, ablöst, erkennt Esaus Begabung zum Schreiben und schlägt den Eltern vor, Esau auf die höhere Schule in der Nachbarstadt Spremberg zu schicken. Und so nimmt Esau Abschied von seinen Freunden, den Müllerkindern Gustav und Alfredko, vom Großvater und dem Dorf. Er weiß nicht, dass dies auch ein Abschied von seiner Kindheit ist. (MDR)

BuchAusgaben

Die Buchausgaben

Die autobiografisch geprägte Familiensaga galt als ein Fernsehhighlight des Jahres 1998. Der Laden erzählte mit großer Ruhe und Zärtlichkeit die Geschichte von Esau, der immer staunend auf die Dinge schaut und mühsam die Liebe zur Literatur entdeckt. Durch den Dreiteiler wurde Strittmatter, der in der DDR ein Bestsellerautor war, vier Jahre nach seinem Tod auch im Westen einem breiteren Publikum bekannt. Eine heftige öffentliche Diskussion entspann sich um den Sendeplatz. Ursprünglich sollte Der Laden um 20:15 Uhr im Ersten laufen. Dann hatten einige Fernsehdirektoren und vor allem ARD-Programmdirektor Günter Struve plötzlich Bedenken, dass eine solch hochwertige Literaturverfilmung ein Quotenkiller wäre und kurz vor Jahresschluss noch den Zuschauerschnitt versauen würde. Sie wollten sie deshalb – trotz Produktionskosten von zehn Millionen Mark – erst nach 23:00 Uhr ausstrahlen. Am Ende gab es auf öffentlichen Druck und Beharren der produzierenden ARD-Anstalten einen Kompromiss: Die Familiensaga lief vom 25. November 1998 bis 2. Dezember 1998 um 21:00 Uhr, jeweils nach einer dreiteiligen Dokumentation über die Waffen-SS. Dieses Thema galt offenbar als massenattraktiv genug, um auch dem Laden Zuschauer zuzuführen. Am Ende war nicht nur die Kritik überschwänglich, sondern auch die Quote ordentlich. Wenige Tage zuvor hatte Arte den letzten Teil von Der Laden im Rahmen eines Themenabends über Strittmatter bereits gezeigt.

Die Serie erhielt den Bayerischen Fernsehpreis 1999, den Grimme-Preis mit Gold 1999 und den Deutschen Fernsehpreis 1999 für Martin Benrath (bester Schauspieler in einer Nebenrolle). (fernsehserien.de)

Und der Film handelt von so vielem … er ist wie ein Füllhorn vermutlich nicht nur deutscher …er handelt von sadistische Pädagogik …. Solidarität … Freundschaft … erwachender Sexualität … Drill … Fortschritt …

Und ja, es wird wohl so gewesen sein, dass der Erwin Strittmatter wohl eine zerrissene, schwierige Persönlichkeit war … und nachdem man ja weiß, dass „Der Laden“ autobiographische Züge trägt,  verwundert das einen nicht nicht … und mir fällt das Lied „Sind so kleine Hände“ von Bettina Wegner ein …

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Besetzung:
Carmen-Maja Antoni (Großmutter)
Martin Benrath (Großvater)
Hermann Beyer (Müller Sastupeit)
Ole Brandmeyer (Esau)
Horst Krause (Lehrer Rumposch)
Dagmar Manzel (Mutter)
Ingo Naujoks (Phile, Esaus Onkel)
Nina Petri (Müllerin Sastupeit)
Sabrina Rattey (Hanka)
Jörg Schüttauf (Vater)

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Regie: Jo Baier
Produzent: Cooky Ziesche
Drehbuch: Ulrich Plenzdorf, Jo Baier
Kamera: Gernot Roll
Musik: Thomas Osterhoff

Und weil ich von der Bildersprache des Films derart begeistert bin … eine / meine Bilderflut … fast im Stil eines Bravo-Fotoromans:

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Die Mutter

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Der Großvater

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Die kecke Hanka, Magd und Kindermädchen

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Der Vater

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Perspektivwechsel

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Solidarität

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Der prügelnde Lehrer Rumposch schreitet zur Tat

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Lehrer Rumposch

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Der Vater findet die Magd wohl attraktiv

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Ein neues Pferd für den Vater

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Selbsterklärend

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„Ich könnte auch Dein Freund sein“

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Das Kindermädchen lockt …

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… und küsst …

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Besonders schick: Mit Bartbinde

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Esau beobachtet den Vater in der Kneipe …

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… wie er bei einer anderen Frau Trost sucht

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Der Bruder ist aus dem I. Weltkrieg zurückgekehrt

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Im Krieg war er dem Nervengas ausgesetzt

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Auch für ihn ist Hanka ein Objekt der Begierde

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Die Familien eilt zur Hilfe herbei … aber sie ist das „kleine Luder“

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Die drei Freunde beobachten …

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… wie der Nachbar seine Frau verprügelt … verzweifelt versucht sein kleiner Sohn ihn davon abzuhalten

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Frau Matt blüht auf, wenn die Bergarbeiter ihren Laden bevölkern

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Esau schreibt seinen ersten Liebesbrief … an Frl. Hanke

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… diese zerreißt ihn jedoch, da sie denkt, er ist von Esaus Onkel, dem Kriegsheimkehrer

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Der Nachbarsjunge erhält endlich die heiß ersehnte Mandoline

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Frl. Hanke bezichtigt den Kriegsheimkehrer erneut der sexuellen Belästigung

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Vater Matt ist empört, als ihm der Großvater unterstellt, er hätte ebenfalls ein Auge auf Frl. Hanke geworfen

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Esau greift vor Verzweiflung zur Flasche … die ständigen Streitigkeiten machen ihm zu schaffen

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In der Natur und bei Musik finden die Freunde ein wenig Ruhe

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Onkel Philipp kommt des Weges …

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Gemeinsam wird musiziert …

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… bis die Nacht anbricht

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Der Nachbar zerschlägt die Mandoline seines Sohnes

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Und er hat sich die Pulsadern aufgeschnitten, er wurde entlassen, da er in der Firma gestohlen hatte

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Und auch dieses Ereignis beobachtet Esau

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Lehrer Rumposch hantiert betrinken mit dem Gewehr herum

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Der Großvater stellt den Lehrer zur Rede

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Und der erholt sich wieder

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Und so sieht die Welt durch geschliffenes Kristall aus

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Der Strom kommt ins Dorf

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Philipp wird erwischt … er stiehlt im Laden seines Bruders

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Und auch der Großvater ist empört

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Großvater schimpft über den „Fortschritt“

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Und Esau (der angehende Dichter) schreibt und schreibt …

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Sein Vater macht sich derweil an das Kindermädchen ran

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Esau hilft im Laden aus

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Der jüngste Sohn der Nachbarsfamilie hat das Reden eingestellt, seine Mutter hat sich das Leben genommen …

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Die Beerdigung

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Onkel Philipp muss wegen dem Diebstahl im Laden das Dorf verlassen

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Gut, dass man Freunde hat

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Ein neuer Lehrer kommt

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Gemeinsam muss man beobachten, wie …

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… wie Vater Matt mit dem Kindermädchen „rummacht“

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Die betrogene Ehefrau erleidet natürlich einen tendenziell hysterischen Schwächeanfall

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Und natürlich hat das Kindermädchen nun Hof  und Dorf zu verlassen

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Der neue Lehrer erkennt das schriftstellerische Talent von Essau

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Und Essau schreibt weiter …

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Der Lehrer überzeugt die Eltern, Essau auf eine höhere Schule zu schicken

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Können Steine „wie Frühling“ riechen ?

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Die Zeit des Abschieds beginnt …

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… aber zuvor müssen noch die neuen Strommasten inspiziert werden

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„Der detailreich ausgestattete Film forscht nach der Dialektik von Veränderlichem und Archaischem, nach Konstanten in allen Generationen und Zeiten. Ein ambitionierter Versuch, der vor allem dank vorzüglicher darstellerischer Leistungen in Bann schlägt, der auf Grund von (notwendigen) Verkürzungen und Vereinfachungen der Romanvorlage mitunter aber in einem pittoresken Panoptikum steckenbleibt.“ (Lexikon des internationalen Films)

Und mein Dank geht an Herrn Ärmel, der mich mit der notwendigen Nachdrücklichkeit auf diesen Film hingewiesen hat …

… Die Folgen 2 und 3 werden folgen ….

Verschiedene Interpreten – Viva Latino! (Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit) (1998)

FrontCover1.jpgDa gab´s mal so einen Film der hatte den durchaus sperrigen Titel: „Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit“:

Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit ist ein Komödie aus dem Jahr 1998 von Marc Rothemund mit Cosma Shiva Hagen, Christoph Waltz und Oliver Korittke und vielen anderen.

Das Schicksal spielt dem frustrierten Schriftsteller Charly den Ferrari seines arroganten Verlegers in die Hände, der ihm kurz zuvor eine Abfuhr erteilt hatte. Allerdings wird der Ferrari alsbald geklaut – von Cornelia und Hilde, die sich eben erst beim Shoppen kennen gelernt haben und als nächstes Charly abschleppen wollen. Währenddessen verliebt sich Charlys Ex Manuela in den Unbekannten, der mit ihrem Baby im Einkaufszentrum herumläuft. Der vermeintliche Kidnapper heißt Sven, ist Single und hat sich das Kind von Manuelas Babysitterin Birgit “ausgeliehen”. Mit Kind und Ring am Finger soll man am besten Frauen kennenlernen – sagt Jimmy, Svens schwuler Freund. Jimmy kommt wiederum Birgit gerade recht, denn er braucht eine Tanzpartnerin für eine Mambo-Party am Abend. Die veranstaltet der knackige Student Peter, in den sich Jimmy verguckt hat. Derweil sucht Cornelias Teenie-Sohn Paul ein Plätzchen für sein erstes Schäferstündchen mit Freundin Sandra. (moviepilot.de)

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Usw. … usw. … usw.

Na,auf jeden Fall gibt es auch diese oben bereits erwähnte ereignisreiche Mambo-Party und so lag es ja vielleicht nahe, diesen ‚Soundtrack voll mit diesen südamerikanischen Melodien und Rhythmen zu veröffentlichen. Immerhin kam diese Scheiben dann auf Platz 94 der Charts.

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Das Beziehungschaos im Überblick … sonst verliert manihn ja schnell (warum verdammt nochmal kommt mir das alles so bekannt vor ?)

Wer also einfach mal so einen Querschnitt dieser Musik hören will … könnte ja der Inspiration dienen … ist hier gut bedient.

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Gelegentlich wird ja berichtet, dass insbesondere die Damenwelt bei solchen Klängen ganz wuschig werden soll … käme ja mal auf einen Versuch an … kicher …

Alberne Grüße meinerseits zum Wochenende !

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Titel:
01. Scatman John: Scatmambo (Patricia) 3.22
02. Talk Of The Town: Te Quiero Mambo 3.27
03. Willy DeVille: Demasiado Corazon 3.35
04. Gipsy Kings: Volare 3.40
05. Viktor Lazlo: Amores (Besame Mucho) 3.29
06. Compay Segundo: Chan Chan 4.21
07. Afro-Cuban All Stars: Amor Verdadero 6.37
08. Dean Martin: That’s Amore 3.07
09. Jackeline Castellanos & Los Tropicales: Tu Libertad 3.17
10. D.A. Niel: Guarachando 1.07
11. Princessa Baila: Al Ritmo 3.26
12. Angelo Garcia Carino: Presumido 3.55
13. Compay Segundo: El Camison De Pepa 3.42
14. Rubén González: Tumbao 5.09
15. Gloria Estefan: Oye Mi Canto 4.56
16. Sierra Maestra: Tibiri Tabara 3.37
17. Dos Amigos: Mambo 3.36
18. Louis Prima: Buona Sera 2.58
19. Cherie: Charlie’s Blues 2.59
20. Reinhard Besser: Score Trilogy 2.20

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Und wer mehr über diesen Film wissen will, klicke bitte hier:

Filmplakat

Verschiedene Autoren – Der unbegabte Goethe (1998)

TitelAlso … jetzt wird aber gewaltig an einem Denkmal gekratzt …

Und darum geht´s:

»Solch einen Quark mußt du mir künftig nicht mehr schreiben; das können die anderen auch«, befand Goethes Freund Merk nach einer unerfreulichen Lektüre. Über Geschmack soll man zwar nicht streiten, hier aber wird es trotzdem getan: Zum 250. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe die etwas andere Festschrift: Gesammelte Verrisse eines Dichterfürsten, den inzwischen jeder lobt – mit farbigen Bildern von Hans Traxler zum Schmunzeln. (Verlagankündigung)

Der unbegabte Goethe erschien zum ersten Mal in einer Auswahl von Leo Schidrowitz (Basel 1932). Unsere Sammlung stutzt sich auf diesen Band, auf die Kommentare zur Münchner Ausgabe von Goethes Werken (Hanser 1985 ff.) sowie die im Text angegebenen Quellen. (Klappentext)

In diesem 48 Seiten starken Büchlein sind witzige, wenn auch unwirsche Zeugnisse einiger Zeitgenossen Goethes gesammelt, darunter Friedrich der Große, August von Kotzebue, Friedrich Klopstock, August Wilhelm Iffland, August Wilhelm Schlegel, Christian Dietrich Grabbe, Christoph Martin Wieland, Johann Heinrich Jacobi, Ludwig Börne, Heinrich Heine, etc. Die Idee für diese Anthologie stammt von keinem Geringeren als: Johann Wolfgang von Goethe: In Folge eines seiner Zeit erschienenen Buches „Goethe

Ausgabe1932A

Die Leo Schidrowitz Ausgabe (1932)

in den wohlwollenden Zeugnissen der Mitlebenden“ riet Goethe mit guter Ironie, ein Gegenstück zu besorgen: „Goethe in den misswollenden Zeugnissen seiner Mitlebenden“.
Die Gegner sind sich einig: „Goethe kann kein Deutsch!“ Verwechselte er doch ‚Worte‘ und ‚Wörter‘ oder ‚mir‘ und ‚mich‘ oder benutzte unsagbare Wörter wie ‚augenfällig‘, ‚Eindringling‘, ‚Enttäuschen‘, ‚Provinzler‘ (besonders ärgerlich für solche Leute!), und schlimmst: ‚Samstagabend‘ statt ‚Sonnabend‘! All dies verrät den Sprachverhunzer par excellence!

Ein köstliches Büchlein, bei dem ich mir allerdings vergeblich wünschte, diese teilweise erstaunlichen Gegenstimmen in nicht aktualisierter Orthographie zu lesen. Nach alter, damaliger Rechtschreibung käme so Manches gewiss als noch bemerkenswerter vor. (Basileus Bibliophilos)

Die Illustrationen zu diesem Büchlein stammen übrigens von dem großartigen Hans Traxler:

Hans Traxler (* 21. Mai 1929 in Herrlich, Tschechoslowakei) studierte Malerei und Lithografie in Frankfurt und war Mitbegründer der Satirezeitschriften Pardon und Titanic. Er publizierte und illustrierte zahlreiche Bücher, darunter „Der große Gorbi“ (1990) und „Wie Adam zählen lernte“ (1993) sowie Werke von Eugen Roth. 1999 war er der Herausgeber und Illustrator des Buches „Roda Roda. Rote Weste und Monokel“. Im Hanser Kinderbuch sind Komm, Emil, wir gehn heim! (2005), Franz – Der Junge, der ein Murmeltier sein wollte (2009), Willi – Der Kater, der immer größer wurde (2014) sowie Sofie mit dem großen Horn (2015) erschienen. 2017 folgte das Bilderbuch Eddy – Der Elefant, der lieber klein bleiben wollte.

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Nun, ich bin wahrlich kein Goethe Kenner (werde es vermutlich auch nicht mehr werden), aber ich kann mir lebhaft vorstellen, dass dieses Büchlein für jeden Goethe-Liebhaber eine amüsante Ergänzung sein kann.

Und auch der nicht minder großartige Robert Gernhardt (Stichwort: Frankfurter Schule) hat noch seinen Senf zu diesem Büchlein gegeben:

„Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen und das Erhabene in den Staub zu ziehen …“, hat Schiller ahnungsvoll gedichtet, und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dann liefert ihn der diesjährige 250. Geburtstag seines Kollegen und Briefpartners Goethe. 1932 bereits hatte Leo Schidrowitz unter dem Titel „Der unbegabte Goethe“ auf über 200 Seiten Stimmen mäkelnder Zeitgenossen des Dichters gesammelt, beispielsweise die Karl August Böttigers, der sich 1809 in der Bibliothek der redenden und bildenden Künste den Faust vorgeknöpft hatte:

„Einige Verse hätte der Dichter doch wohl verbessern sollen, zum Beispiel:

Wo faß ich dich, unendliche Natur?

Euch Brüste, wo? Ihr Quellen allen Lebens,

An denen Himmel und Erde hängt,

Dahin die welke Brust sich drängt,

Ihr quellt, ihr tränkt, und ich schmacht so

vergebens?“

Wie ekelhaft, dass Faust die Natur bei ihren Brüsten fassen will! Diese Brüste verwandeln sich in Quellen und an diesen hängt Himmel und Erde, Fausts welke Brust drängt sich an diese Brüste der Natur, als Quellen allen Lebens, sie quellen, sie tränken, aber dem armen Faust kommen sie nicht zugute. Da ein Dichter, wie Goethe, solche Verse in die Ausgabe seiner Werke von letzter Hand aufnimmt, darf man sich wohl wundern, wenn die Franzosen den Deutschen den Ungeschmack zum Vorwurf machen?“

Nachlesen kann man den Veriss in einer leider arg gekürzten, nur noch 48 Seiten starken, dafür von Hans TraxIer schön bebilderten Neuausgabe von „Der unbegabte Goethe“, die der Hanser Verlag herausgebracht hat. Im Original ist Böttigers Schelte etwa dreimal so lang; auch die Attacken Heines, Menzels und Börnes wurden stark gekürzt oder ganz getilgt – schade. (Quelle: literaturkritik.de)

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Johann Wolfgang von Goethe in his own words

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Johano Strasser – Arbeit – Essay (1999)

Titel.jpgAlso … am letzten Samstag war ich bei einem öffentlich geführtem Gespräch zwischen dem aktuellen Juso Vorsitzendem Kevin Kühnert und dem ehemaligen Jusomitglied Johano Strasser (mittlerweile 79 Jahre alt) in Starnberg … eingeladen hatte der SPD Kreisverband Starnberg, die im Augenblick eh nichts zum lachen haben … Diese Gelegenheit wollte ich mir – als ehemaligem Sozi – nicht entgehen lassen … und dabei stieß ich dann auf dieses Büchlein.

Dieses Essay erschien ursprünglich zuerst im „Spiegel Special“ (Oktober 1998).

Und dort konnte mann dann folgendes lesen:
Der Arbeitsgesellschaft geht die Arbeit aus. Als die Philosophin Hannah Arendt vor nunmehr 40 Jahren diese Prognose stellte, verband sie selbst damit mehr Hoffnung als Sorge.
Zwar fürchtete sie, daß die Menschen in der modernen Arbeitsgesellschaft verlernt haben könnten, in freier Tätigkeit, denkend und handelnd, ihr Glück zu finden. Aber gerade in der Reduzierung der Arbeitslast erblickte sie die große Chance, daß der Mensch seine Phantasie und Schaffenskraft nun endlich auf seine vornehmste Aufgabe konzentrieren könnte: auf die Wiedergewinnung des Politischen in der freien Gestaltung des Gemeinwesens.
Heute dagegen erscheint, was Hannah Arendt als Chance begriff, den meisten als ein Horrorszenario: Immer mehr Arbeitslose. Immer mehr junge Menschen, denen der Einstieg ins Erwerbsleben verwehrt ist. Ist es angesichts solch bedrückender Tatbestände nicht geradezu frivol, von den Chancen der Krise zu reden?

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„Spiegel Special“ (Oktober 1998)

Erwerbsarbeit ist in unserer Gesellschaft nicht nur Mittel zur Einkommenssicherung. Sie ist auch ein Stück zentraler Lebenserfahrung und eine wichtige Quelle gesellschaftlicher Anerkennung. Für die Ausbildung einer selbstbewußten Persönlichkeit scheint sie unerläßlich.
Ausgeschlossen von alledem sind nicht nur die registrierten Arbeitslosen. Ausgeschlossen sind auch die vielen entmutigten Hausfrauen und die älteren Arbeitnehmer, die die Suche nach Beschäftigung längst resigniert aufgegeben haben und deswegen in den Statistiken schon gar nicht mehr vorkommen. Sie alle fühlen sich zumeist in ihren Möglichkeiten selbst dann beschnitten, wenn sie ein Auskommen haben.
„Erwerbsarbeit für alle!“ bezeichnet unter diesen Umständen eine einleuchtende, auf Gerechtigkeit, Emanzipation und soziale Befriedung zielende Forderung. Aber ist sie auch realistisch? Oder erleben wir heute tatsächlich das Ende der Arbeitsgesellschaft – und mit ihm die Abschaffung der Arbeit, wie die französische Bestsellerautorin Viviane Forrester vermutet?
Fast eine Milliarde Menschen sind weltweit ohne Arbeit, davon rund 35 Millionen in den OECD-Ländern, knapp 18 Millionen in der EU und 4,1 Millionen im vereinten Deutschland. Dabei wächst fast überall auf der Welt das Sozialprodukt, nimmt das Volumen des Welthandels zu, schießen die Unternehmensgewinne nach oben und steigt der Aktienindex.
Aller Standort-Larmoyanz zum Trotz erzielen die Volkswirtschaften der EU, allen voran die deutsche, Jahr für Jahr neue Exportrekorde. Aber welche Wunder die Marktwirtschaft auch immer vollbringt – die Arbeitslosigkeit steigt weiter an und mit ihr die Ratlosigkeit der Politiker.
Plakat.jpgDer Hauptgrund dafür ist eine an sich durchaus erfreuliche Entwicklung: Es gelingt immer besser, die Produktionsprozesse zu rationalisieren und damit menschliche Arbeit entbehrlich zu machen. Das gilt besonders im Sektor der Marktökonomie. Wenn es dabei bleiben soll, daß jeder im Marktsektor Beschäftigung findet, der arbeiten will und kann – dann geht es nicht ohne drastische Verkürzung der Erwerbsarbeitszeiten.
Wen diese Perspektive schreckt, der mag sich die Entwicklung der Erwerbsarbeitszeiten seit der industriellen Revolution vergegenwärtigen: Von 82 Stunden im Jahre 1825 sank die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Deutschland kontinuierlich – mit einer kurzen Unterbrechung durch die Kriegswirtschaft der Nazis – auf weniger als die Hälfte. Und bei der Lebensarbeitszeit dürfte der Rückgang noch dramatischer sein.
Das ist ein eindrucksvoller säkularer Trend, wenngleich die modernen Fortschrittsoptimisten in der Regel vergessen haben, daß im Mittelalter – vor allem wegen der vielen Feiertage – die Erwerbsarbeitszeit kürzer war. Auch war das Arbeitstempo geruhsamer als in der gepriesenen Epoche des Industrialismus. Ganz zu schweigen von den frühen Jägern und Sammlern, die nach neueren Forschungen maximal zwei bis vier Stunden am Tag einer Tätigkeit nachgingen, die sich auch nur entfernt mit dem vergleichen läßt, was wir unter Arbeit verstehen würden.

Wer nur auf die gerechtere Verteilung der am Markt angebotenen Erwerbsarbeit setzt, übersieht freilich zweierlei: Zum einen ist Arbeit mehr als Beschäftigung im Industriesystem. Zum anderen kann der Mensch Identität und Selbstachtung aus verschiedenen Formen nützlicher und öffentlich anerkannter Tätigkeiten beziehen.
Der jüngste Bericht an den Club of Rome, den Orio Giarini und Patrick M. Liedtke unter den Titel „Wie wir arbeiten werden“ gestellt haben, ist in dieser Hinsicht bahnbrechend*.
Die Autoren verabschieden sich von der Vorstellung, der Marktsektor der Ökonomie könne noch einmal so etwas wie Vollbeschäftigung herstellen. Ganz ähnlich wie der amerikanische Ökonom Jeremy Rifkin schlagen sie einen öffentlich organisierten Sektor gemeinnütziger Arbeit vor.

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Die Erstausgabe des Essays

Erwerbstätige sollen hier, für ein ausreichendes Grundeinkommen, die Möglichkeit zu produktiver Tätigkeit bekommen. Wer mehr als die hier vorgesehenen 20 Wochenstunden arbeiten und mehr verdienen will, dem stünde der Marktsektor offen. Darüber hinaus plädieren Giarini und Liedtke für eine Aufwertung der Eigenarbeit, deren volkswirtschaftliche Bedeutung bis heute in der Tat sträflich vernachlässigt wird.

Dieses Drei-Schichten-Modell der Arbeit ist sicher durchdachter und realistischer als Ulrich Becks allzu einseitiges Plädoyer für die „glücklichen Arbeitslosen“, das die „Süddeutsche Zeitung“ im Juni dieses Jahres gedruckt hat. Auch wenn in der ersten Schicht der gemeinnützigen Arbeit Tätigkeiten zu verrichten sind, die nicht immer Spaß machen, so bietet das Modell doch mehr Wahlmöglichkeiten als die meisten Menschen heute haben.
Und außerdem: Durch die Verpflichtung zur Übernahme gemeinnütziger Tätigkeiten wird ein allgemeines Sozialeinkommen, das ja auch Beck fordert, erst politisch legitimierbar.
Implizit erteilen Giarini und Liedtke mit ihrem Modell auch jenen eine Abfuhr, die nach wie vor glauben, die Wachstumsraten der Marktökonomie könnten auf Dauer die Rationalisierungsfortschritte übertreffen. Die ökologischen Fragen kommen in ihrem Buch zwar nur am Rande vor. Die herkömmliche Wachstumsideologie betrachten die Autoren jedoch mit erheblicher Skepsis.

Gewiß lassen sich durchaus noch neue Wachstumsfelder erschließen, einige sogar zum Nutzen der Ökologie: Technologien zur Energieeinsparung und zum effizienteren Materialgebrauch; die Nutzung der Sonnenenergie und ihrer Derivate; Entwicklung und Installierung wirkungsvoller Recyclingsysteme. Aber wer Energie einspart und die regenerierbaren Energiequellen nutzt, ist weniger auf konventionelle Energie angewiesen und kann auf Kernkraftwerke ganz verzichten. Wer auf Stoffeffizienz und Wiederverwendung setzt, braucht weniger Rohstoffe, Halbfabrikate und Ersatzteile. Der Weg zurück in die alte Wachstumsherrlichkeit wäre dies also wohl nicht.
Erst recht nicht dann, wenn wir unter dem Diktat der ökologischen Notwendigkeiten endlich dem Vermeidungsimperativ Vorrang einräumten: Wenn wir die Lebensdauer der Gebrauchsgüter erhöhten und unsere Anstrengungen darauf richteten, Schäden durch unsere Wirtschafts- und Lebensweise nach Möglichkeit gar nicht erst eintreten zu lassen. Ein Großteil jenes defensiven Aufwands, den wir fälschlicherweise auf der Habenseite als Reichtumssteigerung verbuchen, würde dann überflüssig werden.
Dann bleiben die Dienstleistungen. Auch Giarini und Liedtke sehen die Arbeitsgesellschaft der Zukunft als Dienstleistungsgesellschaft. Sie betonen aber, daß ein Großteil der zukünftigen Dienstleistungen nicht im Marktsystem erbracht werden.
Das Marktsystem wird im Dienstleistungsbereich neue Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Aber sie dürften wohl nicht ausreichen, um alle diejenigen aufzunehmen, die durch die weitere Rationalisierung in anderen Wirtschaftszweigen arbeitslos werden.
Und wenn wir keinen Schritt mehr wagten, ohne zuvor einen bezahlten Lebensberater zu konsultieren? Wenn wir uns nur noch unter Anleitung eines professionellen Entertainers zu amüsieren wüßten? Wahrscheinlich nicht mal dann.

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Kevin Kühnert + Johanno Strasser bei der Veranstaltung am 17.Oktober 2018 in Starnberg

Also läuft es, wie immer man es dreht, unter dem Strich auf eine Verkürzung der Erwerbsarbeitszeiten hinaus – auch bei Giarini und Liedtke. Aber ihr Verständnis der daraus erwachsenden menschlichen Möglichkeiten bleibt vorerst ökonomistisch beschränkt. Natürlich ist die Arbeit, insbesondere für den modernen Menschen, eine fundamentale Existenzbedingung. Aber neben der vita activa gibt es die vita contemplativa, gibt es Muße und Spiel. Die Veränderungen, deren Zeugen wir heute sind, eröffnen auch die Chance, der kontemplativen, spielerischen Seite der Existenz mehr Raum zu geben.
Noch ist nicht entschieden, wohin die Entwicklung geht. Wird der vorherrschende Typus des arbeitenden Menschen bald der vielfältig einsetzbare „neue Selbständige“ sein? Der „flexible Mensch“ mit seinen ungelösten Identitätsproblemen, den der amerikanische Soziologe Richard Sennett (siehe Seite 142) in seinem jüngsten Buch beschrieben hat? Oder werden die Menschen sich selbst und ihre Arbeit mehr und mehr den Verwertungszwängen des Kapitals entziehen, um in Eigenarbeit und freier Kooperation einen wachsenden Teil ihrer Bedürfnisse zu befriedigen – und zugleich im Dienst am Gemeinwesen Lebenssinn zu finden?
Noch ist nichts ausgemacht.

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Ein Jahr später erschien dann dieses Essay in erweiterte Fassung als Buch … Ich habe einen Nachdruck davon ergattern können.

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Und die Juso wären nicht die Jusos, wenn, hätten sie sich nicht damals mit diesem Buch beschäftigt:

In letzter Zeit sind einige neue Bücher mit kapitalismuskritischem Inhalt erschienen. Das läßt vermuten, daß Worte, die der alleinseligmachenden Ideologie der Marktwirtschaft widersprechen, nun wieder gehört werden. Am Rande von vielen großen Worten und großspurigen Analysen der einen oder anderen Tendenz hat Johano Strasser ein Heft von gerade 40 Seiten veröffentlicht, das eine Menge Anregungen und Erinnerungen an das Wesentliche enthält. Ohne prätentiös zu einem großen Wurf auszuholen, macht er Mut zu utopischem Denken: “Kann es nicht sein, daß die verbreitete Verzagtheit des Denkens viel gefährlicher ist als eine überbordende soziale Phantasie?”

“Der Arbeitsgesellschaft geht die Arbeit aus.” Dieser Satz von Hannah Arendt wird heute oft als Gruselszenario zitiert und steht am Anfang von Strassers Essay. Er weist jedoch darauf hin, daß der Satz ursprünglich auch mit der Hoffnung verbunden war, den Menschen vom Zwang zur bloßen Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit zu befreien und ihm Gelegenheit zur eigenen Entfaltung und zur freien Gestaltung des Gemeinwesens zu geben. Dagegen heißt die wichtigste Forderung nach sozialer Gerechtigkeit vernünftigerweise “Erwerbsarbeit für alle”, aber wie soll sie verwirklicht werden? Der Autor stellt diesem Dilemma die tatsächlich stattfindende Verkürzung der Arbeitszeit gegenüber. Lag die Zahl der wöchentlichen Arbeitsstunden z. B. um 1900 noch bei 60, so unterschreiten die meisten Branchen heute schon nominell 40 Stunden. In vorindustriellen Ökonomien dürfte die Zeit der Erwerbsarbeit noch kürzer gewesen sein.

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Die Langzeittendenz zur Arbeitszeitverringerung beruht heute nach Strasser auf der Rationalisierung (Ersetzung von menschlicher Arbeit durch Energie und Organisation) und auf der extrem hohen Produktivität, die gleichzeitig den Absatz der Produkte zunehmend erschwert. Parallel zu einer ständigen Vergrößerung des Sozialprodukts und stetigem Wachstum steigt besonders in den Industrieländern die Arbeitslosigkeit. Durch die immer effizientere Produktion werden die vielen Arbeitskräfte immer weniger gebraucht. Zur Steigerung der Konkurrenzfähigkeit muß rationalisiert werden, “Lean Management” und “Lean State” sind die Hauptursachen der Arbeitsplatzvernichtung (wann kommt die “Lean Society”?).

Strasser setzt die Einsicht voraus, daß kapitalistisches Wachstum auf der Grundlage begrenzter Ressourcen zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen führt; das bedeutet, daß wir uns nicht ökologischen Luxus erlauben können, sondern den ökologischen Notwendigkeiten entsprechend zu handeln haben. Unter den gesammelten Ideen zur Wirtschaftspolitik findet sich nicht nur die Öko-Steuer zur Senkung der Kosten von Erwerbsarbeit, sondern auch der Vorschlag von H. Butterweck, den Arbeitgeberanteil zur Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme statt an den Lohnkosten am Umsatz eines Unternehmens zu orientieren. Auf diese Weise könnten personalintensive Branchen entlastet werden.

Der abkupfernde Blick auf US-amerikanische, japanische und andere “Modelle” zur Verringerung der Arbeitslosigkeit erscheint Strasser nicht sehr hilfreich, ebenso Überlegungen zum sogenannten Bürgergeld (Negativsteuer). Jedenfalls würden solche Maßnahmen nur Symptome kurieren, weil die durch den unbestreitbaren technischen Fortschritt extrem hohe Produktivität menschliche Arbeitskraft zunehmend überflüssig werden lasse. Diese Entwicklung mache auch vor den armen Ländern nicht halt, die zwar vorübergehend von geringen Produktionskosten profitieren könnten, aber auch ein rasch wachsendes überschüssiges Arbeitskräftepotential aufbauen.

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Da eine weitere Steigerung der Produktivität wahrscheinlich sei, sei unsere Gesellschaft zu bedeutenden Umstrukturierungen der Arbeit, der Institutionen und der Zeit herausgefordert.

Der Kapitalismus verschafft den meisten arbeitenden Menschen mehr Freizeit, aber was fangen wir damit an? Strasser glaubt nicht, daß die Freizeit mit noch weiter aufgeblähten Angeboten der Erlebnis- und Tourismus-Industrie aufgefüllt wird, weil eine Steigerung des Erlebens im kapitalistischen Sinne vor allem zu einer Steigerung der Frustration führt. Die Behauptung, der Mensch wolle von Natur aus “immer mehr und mehr” könne durch eine Untersuchung der vorindustriellen Verhältnisse widerlegt werden. Leider erwähnt Strasser nicht die dominante Rolle des Fernsehens und anderer Unterhaltungsträger, aber wir dürfen vermuten, daß auch hier ein Sättigungs- und Frustrationseffekt zu beobachten ist.

Eine Änderung unserer Art des Wirtschaftens sei geboten, und zwar nicht nur zur Sicherung des Überlebens. Dies allein könne genausogut zu einer Nach-mir-die-Sintflut-Haltung führen. Nein, ”es gebe etwas zu gewinnen”, wenn es uns gelänge, dem Zwang zum quantitativen Wachstum zu entrinnen. Das heißt: Je weniger fremdbestimmte Arbeit um der materiellen Sicherung willen getan werden muß, desto mehr Zeit bleibt für Emanzipation des einzelnen (z. B. mit partnerschaftlicher Teilung der Hausarbeit), Teilhabe an der Politik (Demokratie als wirkliche Herrschaft des Volkes), schöpferische Eigenarbeit, Nachbarschaftshilfe, ehrenamtliches Engagement, Teilnahme am ganzen Produktionsprozeß. Schon heute gebe es in manchen Unternehmen Tendenzen zu einer stärkeren Integration von Planung und Ausführung, partnerschaftlicher Mitbestimmung, Beteiligung am Produktivvermögen oder Anreicherung von Arbeitsaufgaben. Die Befreiung von der (fremdbestimmten) Arbeit kann damit zur Befreiung der (dann selbstbestimmten) Arbeit werden.

Die “gern belächelte frühmarxistische Utopie der Aufhebung der Arbeitsteilung” (morgens Jäger, nachmittags Fischer, abends Hirte, nach dem Essen Kritiker zu sein) werde realistisch, wenn “jemand vormittags an seinem heimischen Computerarbeitsplatz Werbebroschüren entwirft, nachmittags den eigenen Haushalt besorgt und abends in der Volkshochschule Englisch unterrichtet”. Vielleicht schaffe der Kapitalismus sogar “selbst die Bedingungen für seine eigene Überschreitung”.

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Angesichts der sich abzeichnenden Wissensgesellschaft sei die entscheidende Frage, “ob sich der Geist immer radikaler den ökonomischen Verwertungszwängen des Kapitals unterwirft, oder ob die Menschen auch in dieser Hinsicht das Reich der Freiheit ausweiten können”.

Strasser hat das Büchlein in gut lesbarer Sprache geschrieben und umreißt seiner Ansicht nach wirksame Entwicklungstendenzen der Arbeitsgesellschaft im Umbruch, deren tatsächliche Ausformung in unseren Händen liegt. Aber die schwierige Antwort auf die Frage, wie wir den Übergang zum “Postkapitalismus” bewerkstelligen können, enthält es nicht. Vielmehr ermutigt es dazu, die Chancen der Krise zu nutzen und über die Existenzsicherung hinaus neue Ideen ins Auge zu fassen. (Henning Sievert in: „Die Sprotte“, einer Juso-Zeitschrift der Jusos an der Uni Kiel)

Wer mehr von diesen Gedanken eines Intellektuellen der SPD lesen möchte, möge sich bedienen.

Für mich ist dieses Büchlein weiterhin brandaktuell … Das Thema der Zukunft der Arbeit wird – wenn es keine Lösungen gibt -uns noch ganz gewaltig um die Ohren fliegen … Stichworte wie Arbeit 4.0 usw. sind bekannt … ist irgendeine Partei in der Lage, dazu die passenden Antworten zu finden ?

Auch Johano Strasser hat nicht das Patentrezept, aber dieses Essay ist wieder mal ein Beispiel seiner intellektuellen Schaffenskraft … bis heute empfinde ich dafür tiefe Bewunderung. Unser Land braucht intellektuelle Vordenker wie ihn … mit Visionen … und da fält mir natürlich dieser unsägliche Satz von Helmut Schmidt ein:

Wer eine Vision hat, der soll zum Arzt gehen“.

Vielleicht begann der Niedergang der SPD genau mit diesem Satz. Und ich mag an jene skurilen Typen der Grünen erinnern, die Anfang der 80er in den Bundestag gezogen sind (mit Blümchen in der Hand oder so) … Heute belächelt keiner mehr die Fragen der Ökologie, im Gegenteil: Angesichts der nun auch bei uns spürbaren Erderwärmung und den Folgen … striken alle Parteien eifrig an Konzepten … und die SPD kämpft immer noch mit den Braunkohlewerken …

Ach ja, Johanno Strasser ist ja Mitglied in der sog. „Grundwerte Kommisson der SPD“ … angesichts der gegenwärtigen Situation der SPD könnte man anfügen  … „geholfen hat das auch nichts“ … aber das wäre eine zu eindimensionale Sichtweise.

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Und das ist die bewegte Biographie des Johano Strasser … alles andere als vollständig:

Johano Strasser (* 1. Mai 1939 in Leeuwarden, Niederlande) ist ein deutscher Politologe, Publizist und Schriftsteller. Ab 1995 war er Generalsekretär des PEN-Zentrums Deutschland und Präsident von 2002 bis 2013.

Johano Strasser stammt aus einer internationalen Familie. Sein Vater wurde als Sohn einer Französin und eines Österreichers in St. Louis (USA) geboren, seine Mutter war Niederländerin. Die beiden Pazifisten lernten sich auf einem Esperanto-Kongress in Paris kennen; dieser Plansprache entspricht auch die Schreibweise seines Vornamens.

Seit 1945 lebte die Familie in Deutschland. Nach dem Abitur 1958 am Ratsgymnasium Rotenburg (Wümme) studierte Johano Strasser am Auslands- und Dolmetscherinstitut der Universität Mainz in Germersheim und wurde Diplom-Übersetzer. 1961/1962 arbeitete er in diesem Beruf bei den Ford-Werken in Köln. Anschließend studierte er in Mainz Philosophie und promovierte dort 1967.

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Johano Strasser, 1973

In den folgenden Jahren forschte und lehrte er in Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland. 1977 habilitierte er sich in Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin; anschließend lehrte er dort als Privatdozent.

Eine Professorenstelle an der Pädagogischen Hochschule West-Berlin wurde ihm, ausgelöst durch ein Strafverfahren, verweigert.

In den 1970er-Jahren engagierte er sich als programmatischer Vor- und Querdenker bei den Jungsozialisten; von 1970 bis 1975 war er stellvertretender Bundesvorsitzender. Seit 1975 ist er Mitglied der Grundwertekommission der SPD.

Von 1980 bis zu ihrer Einstellung 1988 war Strasser Redakteur und (mit Heinrich Böll, Günter Grass und Carola Stern) Herausgeber der politisch-literarischen Zeitschrift L 80. In seinen politischen Schriften kritisiert er das ökonomisch zentrierte Denken.

Seit 1983 betätigt er sich als freier Schriftsteller. Als sein gelungenstes Werk gilt der Roman Stille Jagd von 1995. Der Verband deutscher Schriftsteller (VS), heute in ver.di, wählte ihn auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Hamburg (24. bis 26. September 1987) in den Bundesvorstand, dem er bis 1988 angehörte.

Strasser wurde katholisch erzogen, trat aber nach dem Abitur aus der Kirche aus. Seit 1964 hat er die deutsche Staatsangehörigkeit. Er ist mit der Schriftstellerin Franziska Sperr verheiratet und lebt am Starnberger See; sie haben zwei inzwischen erwachsene Kinder.

1984 wurde Strasser mit dem Preis „Das politische Buch“ der Friedrich-Ebert-Stiftung ausgezeichnet, 2002 mit dem Gerty-Spies-Literaturpreis der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. (Quelle: wikipedia)

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v.l.n.r.: Friedemann Greiner (Leiter der Evangelischen Akademie Tutzing), Johanno Strasser und Thilo Sarrazin

Übrigens, der Kevin Kuhnert hat bei dem o.g. Gespräch mit Johano Strasser in Starnberg eine beeindruckende Figur abgegeben, beide plädierten übrigens dafür, dass sich – was die Zukunft der SPD betrifft – nur in Richtung einer radikal sozial-ökologischen Orientierung bewegen könne … Da werden sich die Grünen aber freuen.

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Kevin Kühnert in Starnberg am 27. Oktober 2018

Erich Fried – Erich Fried liest Liebesgedichte (1998)

frontcover1Wer kennt ihn nicht, den großen Lyriker Erich Fried ?

Erich Fried (* 6. Mai 1921 in Wien; † 22. November 1988 in Baden-Baden) war ein österreichischer Lyriker, Übersetzer und Essayist.

Fried war in der Nachkriegszeit ein Hauptvertreter der politischen Lyrik in Deutschland. Gleichzeitig gilt er vielen als bedeutender Shakespeare-Übersetzer, dem es als erstem gelungen ist, die Sprachspiele des englischen Dramatikers ins Deutsche zu übertragen. Er übersetzte außerdem u. a. T. S. Eliot, Dylan Thomas, Graham Greene, Sylvia Plath und John Synge. Zudem verfasste Fried einen Roman (Ein Soldat und ein Mädchen, 1960) und Kurzprosa.

Er beteiligte sich am politischen Diskurs seiner Zeit, hielt Vorträge, nahm an Demonstrationen teil und vertrat öffentlich Positionen der Außerparlamentarischen Opposition, so dass er sich in konservativen und rechten Kreisen einen Ruf als „Störenfried“ erwarb. Allerdings war er ein unabhängiger Geist, der sich nicht für eine festgelegte Ideologie vereinnahmen lassen wollte. Seine 1979 veröffentlichten Liebesgedichte haben ein breiteres Publikum gefunden.

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Erich Fried wuchs in Wien als einziges Kind einer jüdischen Familie auf. Sein Vater Hugo war Spediteur und seine Mutter Nellie Grafikerin. Bereits als Fünfjähriger trat er mit einer Kinderschauspielgruppe auf verschiedenen Bühnen Wiens auf. Fried besuchte das Gymnasium Wasagasse am Alsergrund. Bald nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland starb im Mai 1938 Frieds Vater an den Folgen eines Verhörs durch die Gestapo. Daraufhin emigrierte Erich Fried über Belgien nach London, wo er viele Jahre blieb. Er gründete dort die Selbsthilfegruppe Emigrantenjugend, der es gelang, viele Gefährdete, darunter auch seine Mutter, nach England zu bringen. Während des Kriegs schlug er sich mit Gelegenheitsarbeiten als Bibliothekar, Milchchemiker, Fabrikarbeiter durch, wurde anschließend Mitarbeiter bei zahlreichen neu gegründeten Zeitschriften und arbeitete von 1952 bis 1968 als politischer Kommentator für den German Service der BBC.

In London trat er dem Freien Deutschen Kulturbund und Young Austria bei, später auch dem Kommunistischen Jugendverband. Diesen verließ er bereits 1943 wegen zunehmender stalinistischer Tendenzen.

ErichFried11944 heiratete er Maria Marburg, kurz vor der Geburt seines Sohnes Hans. Im selben Jahr erschien sein erster Gedichtband, die antifaschistische Lyriksammlung Deutschland, im Exilverlag des österreichischen PEN-Clubs.

1946 trennte er sich von Maria. Die Scheidung erfolgte 1952. Im selben Jahr heiratete er Nan Spence-Eichner, mit der er zwei Kinder, Sohn David (* 1958) und Tochter Katherine (* 1961), hatte. Nan verließ Erich Fried 1962, die Ehe wurde 1965 geschieden. 1962 kam Erich Fried (offiziell) erstmals nach seiner Flucht wieder nach Wien. 1963 wurde er Mitglied der Gruppe 47. Im Sommer 1965 heiratete er Catherine Boswell. Im Herbst kam ihre gemeinsame Tochter Petra zur Welt, 1969 die Zwillinge Klaus und Tom.

Dem Entschluss, seine Arbeit bei der BBC 1968 aufzugeben, folgte eine bis zu seinem Lebensende anhaltende Periode verstärkten schriftstellerischen und politischen Engagements, insbesondere in Deutschland. Er trug in einer Vielzahl öffentlicher Auftritte seine Gedichte bei großen politischen Veranstaltungen vor, häufig im Rahmen der 68er-Bewegung. Durch die ungewöhnliche Verbindung von Lyrik und Politik stellte er eine schillernde wie auch sehr umstrittene Persönlichkeit dar. So war er auf der einen Seite ein angesehener und geehrter Schriftsteller und erhielt sogar 1977 einen Lehrauftrag an der Universität Gießen, geriet aber auch oft in Konflikt mit der öffentlichen Meinung, wenn er offen und kritisch Stellung zu politischen Themen nahm. Fried musste sich wegen seiner Aussagen sogar vor Gericht verteidigen. So wurde er vom Berliner Polizeipräsidenten Klaus Hübner wegen Beleidigung angezeigt, weil er in einem Leserbrief, der in der Zeitschrift Der Spiegel vom 7. Februar 1972 abgedruckt wurde, die Erschießung Georg von Rauchs durch einen Polizeibeamten als „Vorbeugemord“ bezeichnet hatte. Der Prozess vor dem Amtsgericht Hamburg, bei dem Heinrich Böll als Gutachter zu Frieds Gunsten aussagte, endete am 24. Januar 1974 mit einem Freispruch.

Bild03Im Jahre 1979 überraschte Fried durch sein Buch Liebesgedichte, welches einer der erfolgreichsten Lyrikbände der deutschen Nachkriegszeit wurde und Fried einem größeren Leserkreis erschloss. Es folgten weitere Gedichtbände über Liebe, Leben, Hoffnungen und Tod, mit Gedichten wie beispielsweise Was es ist oder Als ich mich nach dir verzehrte. 1982 erlangte Erich Fried wieder die österreichische Staatsbürgerschaft, behielt zugleich aber die britische bei, die er seit Oktober 1949 besaß.

Erich Fried starb am 22. November 1988 in Baden-Baden an Darmkrebs und wurde auf dem Londoner Friedhof „Kensal Green“ beigesetzt. (Quelle: wikipedia)

Und natürlich kennt auch jederErich Fried´s bekanntestes Liebesgedicht „Was es ist“. Aber von diesem Thema konnte er nicht genug kriegen, deshalb sage und schreibe 44 Gedichte, gelesen vom Autor selbst:

»Es ist was es ist«: Wer hätte die Liebe besser beschreiben können als der große Lyriker Erich Fried? Seine Gedichte, die auf die innersten Regungen lauschen und das schönste aller Gefühle in unverwechselbare Worte fassen, gehören zu den Klassikern deutschsprachiger Lyrik. In dieser einzigartigen Sammlung seltener Tondokumente entfaltet die Stimme des Autors eine Fülle wechselnder Empfindungen: zärtlich und heiter, rau und leidenschaftlich, doch immer von ergreifender Intensität. Über 40 Gedichte aus vier Jahrzehnten, die die Landkarte der Liebe neu vermessen.

»Frieds Gedichte über die Liebe sind längst moderne Klassiker.« (Der Spiegel)

Die Aufnahmen wurden aus den Archiven von der DRA, dem NDR, WDR, SR und ORF zusammengetragen.

AlternativesFrontCoversAlternative Frontcover

Sprecher:
Erich Fried

Bild02Erich Fried als 18jähriger

Titel:
01. Reine und angewandte Dichtung 0.32
02. Zuflucht 0.37
03. Nachtgedicht 0.31
04. Nachtlied 0.51
05. Trennung 0.26
06. Wer war das 1.09
07. Was weh tut 0.45
08. Schache Stunde 0.56
09. Gegengedicht zu Schwache Stunde 1.03
10. Erleichterung 0.40
11. Leilied bei Ungewinster 0.35
12. Fast nichts 0.55
13. Wie du solltest geküsset sein 0.47
14. Dich wollen 0.45
15. Selbstbetrachtung eines Liebenden 0.22
16. Bestimmungsschwierigkeiten 0.49
17. Liebesgedicht für die Freiheit 0.53
18. Aber solange ich atme 0.44
19. Wie der Herrpapst will 0.40
20. Dich 1.34
21. Zauber 0.34
22. Letzter guter Rat 0.59
23. Eine Kleinigkeit 0.51
24. Topologik 0.38
25. Antwort auf einen Brief 0.45
26. Vexierbild 9.02
27. Die guten Gärtner 0.26
28. Ein Fußball 0.47
29. Steigerung 0.38
30. Herbst 0.39
31. Was ist Leben 0.44
32. Triptiychon 2.05
33. Traum 0.30
34. Vorübungen für ein Wunder 0.37
35. Nachhall 0.50
36. Wintergarten 0.28
37. Ungeplant 0.30
38. Alte Andacht 0.45
39. Reden 0.34
40. Was es ist 0.42
41. Von einem Sündenfall 0.41
42. Lebensraum 0.31
43. Erschwerung 0.42
44. Philomel mit Melodey 0.26

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Dazu schreibe man an

post-fuer-sammelsurium@gmx.net

In diesem Zusammenhang will ich dringend auf dn blog von graugans hinweisen, die ihren blog (mal wieder) zu einem „Mitmach-blog“ freigegeben hat …  und zwar zu dem Thema Liebe:

liebeclick on the pic