Joseph Haydn – Symphonie Nr 94 G-Dur („Mit dem Paukenschlag“) (Wiener Philharmoniker Josef Krips) (1957)

FrontCover1Ein weiteres Beispiel für die allseits beliebte Edition „Berühmte Künstler – Unsterbliche Musik von Decca Schallplatten aus den 50er Jahren.

Diesmal wird Joseph Haydn mit seiner Symphonie Nr. 94 G-Dur vorgestellt, die auch den Untertitel „Mit dem Paukenschlag“ trägt.

Und hier der Versuch einer musikhistorischen Betrachtung:

Die Sinfonie Nr. 94 G-Dur komponierte Joseph Haydn im Jahr 1791. Das Werk entstand im Rahmen der ersten Londoner Reise, wurde am 23. März 1792 uraufgeführt und trägt den Titel mit dem Paukenschlag bzw. Surprise (englisch: Überraschung). Insbesondere der langsame Satz zählt zu den bekanntesten Werken Haydns.

Zu allgemeinen Angaben bezüglich der Londoner Sinfonien vgl. die Sinfonie Nr. 93. Der deutsche Titel mit dem Paukenschlag bezieht sich auf einen unerwarteten Fortissimoschlag im zweiten Satz. Er ist insofern „etwas unpräzise“, da sich neben den Pauken auch alle anderen Instrumente an dem entsprechenden Schlag beteiligen. In England wurde die Sinfonie mit dem Titel „The Surprise“ (Die Überraschung) bekannt, wobei dieser Titel vermutlich auf den Flötisten Andrew Ashe zurückgeht.

Die beiden zeitgenössischen Haydn-Biographen, Georg August Griesinger und Albert Christoph Dies, berichten in verschiedener Weise zum Hintergrund des Andante:

„Ich fragte Haydn einst im Scherz, ob es wahr wäre, dass er das Andante mit dem Paukenschlag komponiert habe, um die in seinem Konzert eingeschlafenen Engländer zu wecken? „Nein“, erhielt ich zur Antwort, „sondern es war mir daran gelegen, das Publikum durch etwas Neues zu überraschen und auf eine brillante Art zu debütieren, um mir nicht den Rang von Pleyel ablaufen zu lassen, der zur nämlichen Zeit bey einem Orchester in London angestellt war.“

Haydn „Haydn machte mit Verdruß die Bemerkung, daß selbst im zweiten Akt [der Konzerte] der Gott des Schlafs seine Flügel über die Versammlung ausgebreitet hielt. Er sah das für eine Beschimpfung seiner Muse an, gelobte, dieselbe zu rächen, und komponierte zu diesem Endzwecke eine Symphonie, in welcher er da, wo es am wenigsten erwartet wird, im Andante, das leiseste Piano mit dem Fortissimo im Kontrast brachte. Um die Wirkung so überraschend als möglich zu machen, begleitete er das Fortissimo mit Pauken. (…) Haydn hatte die Paukenschläger vorzüglich gebeten, dicke Stöcke zu nehmen und recht unbarmherzig dreinzuschlagen. Diese entsprachen auch völlig seiner Erwartung. Der urplötzliche Donner des ganzen Orchesters schreckte die Schlafenden auf, alle wurden wach und sahen einander mit verstörten und verwunderten Mienen an. (…) Da aber während dem Andante ein empfindsames Fräulein von der überraschenden Wirkung der Musik hingerissen, derselben nicht hinlängliche Nervenkräfte entgegenstellen konnte, deswegen in eine Ohnmacht viel und an die frische Luft geführt werden mußte, so benützten einige diesen Vorfall als Stoff zum Tadel und sagten, Haydn habe bisher immer auf eine galante Art überrascht, doch dieses Mal sei er sehr grob gewesen. Haydn bekümmerte sich wenig um den Tadel; sein Endzweck, gehört zu werden, war vollkommen und selbst für die Zukunft erreicht.

Die große Bekanntheit der Sinfonie beruht in erster Linie auf dem zweiten Satz. Dieser war auch für sich in zahlreichen Instrumentierungen und Bearbeitungen verbreitet, von denen die meisten noch in den ersten Jahren nach der Uraufführung entstanden. U. a. handelt es sich dabei um Textierungen der Hauptmelodie und z. T. auch einiger Variationen in verschiedenen Sprachen. Eine der frühesten Bearbeitung für Klavier und Gesang ist in englisch und italienisch mit den Texten Hither com ye blooming fair bzw. Per compenso offir non sò. Das Menuett wurde 1811 als Teil eines Quodlibets unter dem Namen Rochus Pumpernickl in Bonn veröffentlicht. Hier ist die Melodie verändert und mit einem fremden Trio zusammengestellt worden. Auch Haydn selbst hat den Satz bearbeitet: In der Arie seines 1801 komponierten Oratoriums Die Jahreszeiten lässt er den Ackermann die Melodie dieses Satzes bei der Arbeit auf dem Felde flöten.

Unklar ist, ob Haydn die Melodie des Andante vollständig selbst komponiert oder ganz bzw. teilweise aus einem Volkslied übernommen hat. Ein Kandidat dafür ist bspw. das österreichische Lied Geh im Gässle auf und n’unter. Einerseits eignet sich die Melodie ihren einfachen Intervallen und wiederholten Tönen gut zum Vortrag eines Textes, andererseits sprechen aber gerade die vielen Textierungen gegen die Existenz eines allgemein bekannten Liedes.

NotenIn der ersten Fassung des zweiten Satzes war der namensgebende Paukenschlag nicht vorgesehen. Nachdem allerdings gemäß den zeitgenössischen Zeitungsberichten der Paukenschlag bei der ersten Aufführung eine große Wirkung erzielte, muss Haydn ihn schon vorher angebracht und den zweiten Satz aus dem Autograph entfernt haben. Die betreffende Seite ist im enthaltenen Fragment auch durchgestrichen, aber die geänderte Fassung in der Eigenschrift des Komponisten ist bis heute nicht aufgefunden worden.

Beispiele für Aussagen zur Sinfonie Nr. 94:

„Die Symphonie […] weist […] eine einfache und klare tonale Struktur auf. Von ihren vier Sätzen stehen drei in der Haupttonart, G-Dur. Die Einfachheit geht so weit, dass selbst die Einleitung zum ersten Satz und das Trio des Menuetts in G-Dur geschrieben sind. Allein für den zweiten […] Satz wählte Haydn eine andere Tonart, nämlich die Subdominant-Tonart C-Dur, und dieser Satz ist auch der einzige, in dem ein längerer Moll-Abschnitt vorkommt. Im ganzen Werk werden also tonale Spannungen geradezu vermieden.“ (Marie Louise Martinez-Göllner)

„Insgesamt ist die Sinfonie Nr. 94 zwar nicht übermäßig komplex, aber doch auch weniger leicht zu durchschauen, als dies der Beiname suggeriert, der nicht wenige Interpreten dazu bewog, sich allein dem Überraschungseffekt des Paukenschlags zuzuwenden. Die im Vergleich zu den früher angeführten „Londoner Sinfonien“ schwerere Verständlichkeit der Nr. 94 dürfte auch der Grund sein, warum Haydn die schon 1791 komponierte Sinfonie zunächst zurückhielt und erst 1792 als fünfte Sinfonie der Serie aufführen ließ.“ (Michael Walter)

„[Die Sinfonie] hat im Laufe der Haydn-Rezeptionsgeschichte eine für ein tieferes Verständnis dieses Werkes geradezu ruinöse Popularität erlangt: Die ‚Paukenschlag‘-Symphonie nimmt im gängigen Haydn-Repertoire etwa dieselbe Stelle ein wie ‚Eine kleine Nachtmusik‘ im Mozart- oder die ‚Schicksalssymphonie‘ im Beethoven-Repertoire.“  (nformationstext zur Aufführung der Sinfonie Nr. 94 am 2. Oktober 2010 der Haydn-Festspiele-Eisenstadt)

Nun, soweit so gut.

Eingespielt wurde dieses 10″ Album von den sicherlich schon damals angesehenen Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Josef Krips.

Und auch über diesen Josef Krips mag ich ein wenig informieren:

Josef Alois Krips (* 8. April 1902 in Wien; † 13. Oktober 1974 in Genf) war ein österreichischer Dirigent.

Krips war ein Schüler von Eusebius Mandyczewski und Felix Weingartner. Von 1921 bis 1924 wirkte er zunächst als Korrepetitor und Weingartners Assistent, später als Chorleiter und Dirigent an der Wiener Volksoper. Nach einjährigen Engagements als Opernchef in Aussig und erster Kapellmeister in Dortmund wurde er 1926 zum Hofkapellmeister an der Badischen Hofkapelle Karlsruhe und kurze Zeit später zum damals jüngsten Generalmusikdirektor Deutschlands ernannt. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 kehrte er als Dirigent nach Wien zurück und wurde 1935 auch Professor an der Wiener Akademie.

AutogrammkarteKripsNach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 zog Krips nach Belgrad, wo er ein Jahr als Gastdirigent arbeitete. 1939 ging er nach Wien zurück, erhielt aber wegen der jüdischen Herkunft seines Vaters Berufsverbot. Nach einem kurzen Engagement in Budapest arbeitete er heimlich als Korrepetitor und gab Privatstunden, 1943 erhielt er durch einen Freund eine Stelle in einer Lebensmittelfirma und wurde daher nicht zur Wehrmacht eingezogen.

Nach dem Krieg war Krips der einzige österreichische Dirigent, der als unbelastet galt und sofort wieder arbeiten durfte. So wurde Krips zu einem der meistgefragten Dirigenten. Er war der Erste, der nach dem Zweiten Weltkrieg die Wiener Philharmoniker leitete, und dirigierte bei den ersten Salzburger Festspielen der Nachkriegszeit. In den Jahren 1946 und 1947 leitete er das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker.

Von 1950 bis 1954 war Josef Krips Chefdirigent des London Symphony Orchestra, anschließend, in gleicher Funktion, neun Jahre Leiter des Buffalo Philharmonic Orchestra in New York sowie, von 1963 bis 1970, Chef des San Francisco Symphony Orchestra. Seine letzte Stelle trat er 1970 an, als er Dirigent der Deutschen Oper Berlin wurde. Von 1970 bis 1973 war er Hauptdirigent der Wiener Symphoniker. Als erster österreichischer Dirigent unternahm er eine Tournee durch die Sowjetunion. Krips’ letzter großer Erfolg, Anfang 1974, war eine Neuinszenierung von Così fan tutte an der Grand Opéra Paris.

Eine große Zahl der Aufnahmen von Krips ist immer noch beliebt, beispielsweise die Sinfonien von Beethoven mit dem London Symphony Orchestra, die 1960 aufgenommen wurden und in den 1990er Jahren auf CD erschienen. Bekannt sind auch seine Interpretationen von Mozart-Opern wie Don Giovanni oder Die Entführung aus dem Serail. Mit dem Amsterdamer Concertgebouw-Orchester nahm er 1972–1974 einen acht Langspielplatten umfassenden Zyklus von Mozarts späten 20 Sinfonien auf.

Krips war drei Mal verheiratet: In erster Ehe (1925) mit Maria Heller († 1930) aus Aussig, in zweiter (1947) mit Maria(nne) (Mitzi) Weinlinger geborener Willheim (* 1897, † 9. April 1969), in dritter (9. Oktober 1969) mit Harrietta Procházka (* 1938)

Josef Krips wurde auf dem Neustifter Friedhof in einem Ehrengrab bestattet (Gruppe 16, Reihe 4, Nummer 30). 1988 wurde die Kripsgasse in Wien-Liesing nach ihm benannt. (Quelle: wikipedia)

Anzumerken gilt es noch, dass die Klangfülle dieser Aufnahme schon recht beeindruckend ist und dass diese Symphonie wahrlich seine eindrucksvollen Momente hat.

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Besetzung:
Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Josef Krips

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Titel:
01. Satz 1: Adagio cantabile – Vivace assai 6.44
02. Satz 2: Andante 6.11
03. Satz 3: Menuett (Allegro molto) 5.10
04. Satz 4: Finale (Allegro molto) 3.54

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