Nina Hagen – In Ekstase (1985)

FrontCover1

Nun gut … die Nina Hagen war noch nie mein Fall …

… aber natürlich war sie damals ziemlich angesagt (warum auch immer, wenn man mich fragt).

Catharina „Nina“ Hagen (* 11. März 1955 in Ost-Berlin) ist eine deutsche Sängerin, Songschreiberin, Schauspielerin und Synchronsprecherin. Sie wird als deutsche „Godmother of Punk“ bezeichnet und beeinflusste den deutschen New Wave. Als Schauspielerin trat sie u. a. in der Filmkomödie Heiraten/weiblich (1975) sowie in Otto Waalkes’ Kinokomödien 7 Zwerge – Männer allein im Wald (2004) und 7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug (2006) auf.

Nina Hagen wurde als Tochter der Schauspielerin Eva-Maria Hagen und des Drehbuchautors Hans Oliva-Hagen 1955 im Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain geboren, väterlicherseits entstammt sie als Urenkelin von Carl Hagen einer Kölner Bankiersfamilie. Sie wollte in der DDR ursprünglich Schauspielerin werden, doch ihr Antrag wurde von der Schauspielschule ohne Begründung abgelehnt. Der zuständige MfS-Offizier hatte den Vermerk „Verhindern!“ auf den Aufnahmeantrag geschrieben, da der Dissident Wolf Biermann der Lebensgefährte ihrer Mutter war und auch Nina Hagen somit als politisch unzuverlässig galt.

Nina Hagen (ganz links) mit Magdi Body, Manfred Krug und Tatjana Archipowa (rechts), 1976:
Nina Hagen01

In den 1970er Jahren übernahm sie trotzdem einige Rollen in Filmen der DEFA und des Fernsehens der DDR, unter anderem 1975 an der Seite von Marianne Kiefer und ihrer Mutter in der Filmkomödie Heiraten/weiblich als Hannelore Pohl. Im Kinosommer 1976 war sie in dem humoristischen Kurzfilm Hänsel und Gretel neben dem Komiker-Duo Herricht & Preil zu sehen.

Als Jugendliche sang sie im Reinhard-Lakomy-Chor und bei einigen Bands in Polen und kam dadurch zum Orchester Alfons Wonneberg. 1974 beendete sie eine einjährige Gesangsausbildung am Zentralen Studio für Unterhaltungskunst als staatlich geprüfte Schlagersängerin. Sie wurde bei einem Konzert von der Gruppe Automobil entdeckt und engagiert.

Nina Hagen02

Ihre erste Veröffentlichung war der beim ostdeutschen Plattenlabel Amiga herausgegebene Schlager Du hast den Farbfilm vergessen, den zwei der Bandmitglieder geschrieben hatten. 1975 verließ sie die Gruppe und wechselte zu Fritzens Dampferband. Eine öffentliche Solidaritätsbekundung für den verfemten Wolf Biermann, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde, brachte sie ins Abseits, so dass sie am 28. Dezember desselben Jahres die Chance nutzte, in den Westen zu emigrieren. Sie ging zunächst nach Großbritannien und war dort in der Punkszene unterwegs.

Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik gründete sie im Herbst 1977 zusammen mit den Kreuzberger Musikern Bernhard Potschka, Herwig Mitteregger, Manfred „Manne“ Praeker, die zuvor bei Lokomotive Kreuzberg gespielt hatten, und Reinhold Heil die Nina Hagen Band. Einen ersten Erfolg hatten sie 1977 mit der Single TV-Glotzer, der deutschen Coverversion des Hits White Punks on Dope von The Tubes. 1978 erschien das international beachtete Album Nina Hagen Band.

NinaHagenBand

Kurz danach überwarf die Sängerin sich mit den vier Musikern, die ihr Unberechenbarkeit und egozentrische Starallüren vorwarfen. Da mit der Plattenfirma CBS jedoch bereits ein zweites Album vertraglich vereinbart war, wurden die Aufnahmen dafür zunächst von den vier Musikern eingespielt, später wurde Hagens Gesang aufgenommen. Der Titel des 1979 erschienenen Albums ist Unbehagen.

In den 1980er Jahren konnten die vier Musiker unter dem Bandnamen Spliff ohne Hagen große Erfolge verzeichnen. In den 1980er und 1990er Jahren machte Hagen durch ihre UFO-Theorien, ihr großes Interesse an Spiritualität und Religion sowie ihr Engagement für den Tierschutz auf sich aufmerksam. Diese Einflüsse finden sich auch auf den zahlreichen, mit unterschiedlichsten Musikern eingespielten Plattenveröffentlichungen dieser Zeit.

Zwischen 1980 und 1986 lebte Hagen vorwiegend in den USA, London und den Niederlanden und trat in dieser Zeit auch häufig in den USA auf. 1983 erschien ihre LP Angstlos, in der englischen Version Fearless; mit dem gleichnamigen Programm tourte sie 1984 durch USA und Europa. 1985 trat sie bei der Premiere von Rock in Rio vor rund 300.000 Zuschauern auf.

Nina Hagen06

1986 kehrte sie nach Deutschland zurück. Sie stilisierte sich, beraten vom Mode-Designer Jean Paul Gaultier, als Punkrock-Diva. Auf ihren nächsten Schallplatten gab sie sich kosmopolitisch, sang mal Deutsch, mal Englisch und schlug sich zur Präsidentin vor (Street, 1991). 1993 unternahm sie mit dem Album Revolution Ballroom und dem Produzenten Phil Manzanera einen neuen Anlauf.

1996 sang sie auf dem BAP-Album Amerika gemeinsam mit Wolfgang Niedecken den Titel Weihnachtsnaach, eine Coverversion des Pogues-Titels Fairytale of New York.[7] 1997 spielte sie mit Thomas D den Song Solo, der später auch als Single ausgekoppelt wurde, für dessen gleichnamiges Album ein.

Zum 100. Geburtstag des Dramatikers Bertolt Brecht zog es sie Anfang 1998 zurück in ihre Geburtsstadt Berlin. Zusammen mit der Schauspielerin und Chansonsängerin Meret Becker gab sie im Berliner Ensemble den Punk-Brecht-Abend Wir heißen beide Anna und interpretierte mit ihr u. a. den Alabama Song und die Ballade vom Förster und der Gräfin. Im selben Jahr war sie als Synchronsprecherin für die US-amerikanische Schauspielerin Whoopi Goldberg in dem Zeichentrickfilm Rudolph mit der roten Nase tätig und sprach dabei die Rolle der bösen Eiskönigin Stormella.

Nina Hagen07

1998 spielte Hagen für den Berliner Fußballverein 1. FC Union Berlin eine neue Vereinshymne ein.[8] 1999 sang sie für ein CD-Doppelalbum der Dreigroschenoper mit Max Raabe als Mackie Messer und dem Ensemble Modern unter HK Gruber die Sopran-Partie der Celia Peachum, getreu der Originalpartitur von Kurt Weill.

Im Februar 2000 erschien ihr Studioalbum Return of the Mother. Im März 2000 präsentierte sie, barfuß im seidenen Sari, auf der Bühne des von Räucherstäbchen eingenebelten Berliner Ensembles vor einem Altar mit Opfergaben eine „Indische Nacht“. Ein Teil der dort vorgestellten Gesänge erschien ausschließlich auf Hagens Website, deren Erlös zur Hälfte dem Babaji-Aschram, einem deutschen Hospiz, brasilianischen Straßenkindern, Kinderkrankenhäusern in Indien und Tschernobyl zugutekommen sollte. Der Filmemacher Peter Sempel drehte einen experimentellen Dokumentarfilm, Nina Hagen – Punk & Glory, der die Jahre 1994 bis 1999 dokumentiert, über Nina Hagen, ihre Familie und die Wegbegleiter. In den Vordergrund rückte sie auch wieder durch die Zusammenarbeit mit Thomas D und den Bands Oomph! und Apocalyptica.

Nina Hagen08

2001 sprach Hagen für die Rilke-Projekt-CD Bis an alle Sterne die Gedichte Die Welt die monden ist und Wie das Gestirn ein. Im Dezember 2002 erschien die Biografie Nina Hagen. That’s Why the Lady Is a Punk des Schriftstellers Marcel Feige in enger Zusammenarbeit mit Hagen. Das Buch wurde 2003 mit dem Literaturpreis Corine ausgezeichnet. 2002 sang Hagen ein Remake des Klassikers Kriminaltango im Duett mit dem Schweizer Sänger Michael von der Heide.

2004 spielte Hagen in Otto Waalkes’ Kinokomödie 7 Zwerge – Männer allein im Wald an der Seite ihrer Tochter Cosma-Shiva, die die Rolle des Schneewittchens verkörpert, die böse Königin und Stiefmutter Ravenna. In der Filmfortsetzung 7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug von 2006 spielte sie abermals mit ihrer Tochter, diesmal stellte Nina Hagen die Rolle der Hexe und ehemaligen Königin dar.

Nina Hagen in dem Film „7 Zwerge – Männer allein im Wald“:
Nina Hagen09

2005 gastierte sie auf Frank Zanders Album Rabenschwarz II und sang mit ihm eine Coverversion des Schlagers Liebeskummer lohnt sich nicht von Siw Malmkvist. Des Weiteren war sie 2005 Stargast des Berliner Yogafestivals[9] und des Wiener Life Ball, wo sie unter anderem Falcos Ganz Wien (… ist heut auf Heroin) und mit Omara Portuondo, Marianne Faithfull und Chaka Khan den John-Lennon-Klassiker Imagine sang.

2006 und 2007 war Hagen Jury-Mitglied bei der Casting-Show Popstars. 2006 begann sie eine musikalische Zusammenarbeit mit The Capital Dance Orchestra. Mit dem Album Irgendwo auf der Welt sang sie Filmschlager im Big-Band-Sound. Mit dem gleichnamigen Konzertprogramm ging sie 2006 mit dem Orchester im deutschsprachigen Raum auf Tournee.

Im März 2008 veranstaltete Hagen in Berlin eine Aufklärungsshow, die sie später über das Internet publizierte (Nina Hagen unzensiert). Dort kritisierte sie öffentlich die Medien, die ihrer Meinung nach nicht verfassungsgerecht über aktuelle Ereignisse in der Politik und Wirtschaft berichteten. Im Mai 2008 präsentierte Nina Hagen auf dem Wiener Life Ball den Song Kinky Melody, der auch auf einer CD des Modelabels Agent Provocateur erschien.

Nina Hagen mit ihrer Mutter Eva-Maria, 2013:
Nina Hagen10

2009 erschien Hagens englischsprachige CD Personal Jesus, auf der sie bekannte Gospel- und Blues-Stücke neu interpretierte. In den deutschen Albumcharts erreichte sie Platz 16 und damit die höchste Chartposition ihrer musikalischen Karriere. Die Süddeutsche Zeitung schrieb darüber: „Dabei zwingt sie den Hörern ihren neu gefundenen christlichen Glauben mit einer Kraft auf, der man sich nur schwer entziehen kann. Das kann sie, weil sie eine Stimme hat, die von der Kälte einer Grace Jones bis zur Raserei einer frühen Tina Turner sämtliche emotionalen Register beherrscht.“

Im März 2010 erschien ihre Autobiographie mit dem Titel Bekenntnisse. 2011 zeigte der Fernsehsender Arte die Dokumentation Nina Hagen. Godmother of Punk. Die Zeitung Die Welt schrieb darüber: „Außerdem ist Nina Hagen, aus der Ferne betrachtet, ungemein witzig. Keine bloße Lachnummer. Eine Komödiantin vor dem Herrn.“ 2014 war sie in dem Computeranimationsfilm Der 7bte Zwerg, der Fortsetzung der Realfilme 7 Zwerge – Männer allein im Wald (2004) und 7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug (2006) von Otto Waalkes, als Synchronsprecherin in der Rolle Eisfee Dellamorta zu hören.

Nina Hagen11

Im September 2020 erschien beim Plattenlabel Grönland Records die Single Unity (u. a. in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Musiker und Produzenten George Clinton), die als Hagens Hommage an die Black-Lives-Matter-Bewegung gilt. Im Dezember 2021 wurde ihr Song Du hast den Farbfilm vergessen im Rahmen des Großen Zapfenstreichs anlässlich der Verabschiedung der Bundeskanzlerin Angela Merkel von Guido Rennert arrangiert und vom Stabsmusikkorps der Bundeswehr aufgeführt.[12] Im Januar 2022 veröffentlichte Hagen die Single Shadrack, ihre ins Deutsche übertragene Version des gleichnamigen Songs von Robert MacGimsey. Mit der Veröffentlichung ihres Covers des Folksongs 16 Tons im Oktober 2022 wurde bekanntgegeben, dass ihr neues Studioalbum Unity im Dezember 2022 über Grönland Records erscheinen soll.

1979 war Nina Hagen mit dem Musiker Herman Brood liiert. Das Lied Herrmann hieß er schreibt man ihm zu.[15] 1981 brachte sie ihre Tochter Cosma Shiva zur Welt. Deren Vater ist der 1988 verstorbene niederländische Gitarrist Ferdinand Karmelk. 1987 heiratete sie in einer „Punkhochzeit“ auf Ibiza den Musiker Iroquois aus der Londoner Hausbesetzerszene. Nach einer Woche trennte sich das Paar.

1989 war sie mit dem Franzosen Franck Chevalier liiert, aus dieser Beziehung stammt der Sohn Otis.[18] Im Mai 1996 heiratete sie David Lynn.[19] Das Paar trennte sich im Jahre 2000. Im Januar 2004 folgte die Ehe mit dem dänischen Sänger Lucas Alexander Breinholm. Die Trennung erfolgte im Januar 2005. Von 2005 bis 2010 war Hagen mit einem Physiotherapeuten aus Kanada liiert.

Seit 1982 ist Hagen Vegetarierin. Sie ließ sich im August 2009 in Schüttorf von Pastor Karl-Wilhelm ter Horst evangelisch-reformiert taufen.

Nina Hagen12

2009 unterstützte Nina Hagen im Bundestagswahlkampf Bündnis 90/Die Grünen.[23] 2017 trat sie auf der Veranstaltung Links, wo das Herz schlägt zur Bilanz der Bundestagsfraktion Die Linke auf. Diese unterstützte sie auch im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2017.

Hagen engagiert sich für die Entschädigung der Duogynon-Opfer. Sie ist Fördermitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren. Im September 2011 trat sie im Programm der Freiheit-statt-Angst-Demonstration für Bürgerrechte auf dem Berliner Alexanderplatz auf.

Im Januar 2012 fand in Berlin die Premierenveranstaltung des Patientenverfügungs-Kinospots des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e. V. statt. Die spezielle Patientenverfügung PatVerfü und der Kinospot mit Hagen werden unter anderem mit Flyern, auf denen ihr Konterfei und der Slogan „PatVerfü – Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung!“ zu sehen ist, beworben und erhielt im April 2012 aufgrund diverser Differenzen einen neuen Abspann.[28] Von 2013 bis 2014 setzte sich Hagen für die Freilassung und Rehabilitierung der fälschlich in Psychiatrien festgehaltenen Ilona Haslbauer und Gustl Mollath ein.

In der österreichischen Spätabend-Diskussionssendung Club 2 im August 1979 zum Thema „Was ist los mit der Jugendkultur?“ erregte Nina Hagen großes öffentliches Aufsehen, als sie vor laufender Kamera – zwar angezogen, aber explizit – verschiedene Stellungen zur weiblichen Masturbation demonstrierte.[31] Der Diskussionsleiter, Dieter Seefranz, musste deswegen später als Gastgeber der Sendung zurücktreten.

So geht´s … mit der weiblichen Masturbation:
Nina Hagen04

1992 war Hagen neben Angela Merkel und einer Vertreterin des Bundeselternrates in der Sat.1-Talkshow Talk im Turm zu Gast. Mit ihrem Eintreten für Neuro-Elektrische Stimulation als einzige Möglichkeit, Heroinabhängigen langfristig zu helfen, sorgte sie für Kontroversen in der Sendung. Vor allem ihr Diskussionsverhalten wurde zum Thema in den Medien. So sagte sie unter anderem: „Ich schreie Sie so lange an, wie ich will.“ oder „Ich habe die Schnauze voll von Ihrer Lügerei, von Ihrer Heuchelei.“ Schlichtungsversuche des Moderators Erich Böhme schlugen fehl und Hagen verließ zwischenzeitlich die Sendung.

Thomas Nöske schrieb über Nina Hagen in seinem Buch Pop-Schamanismus (1999): „Sie redet von Ufos, kosmischen Energien, Nächstenliebe, Weisheit und Erleuchtung, doch selbst wenn man es ihr nicht glaubt, fühlt man sich doch nicht unbedingt geködert oder verladen. Selbst wenn man ihr zwei Stunden lang bei nichts anderem als beim Faxen-Machen und Grimassen-Schneiden zuschaut, nimmt man noch etwas mit nach Haus. (…) es gibt wenige Kunstfiguren, die so konsequent Kunstfiguren sind, außer vielleicht Warhol und Bowie, die sich indes vor lauter Konsequenz fast schon wieder in der Künstlichkeit verloren. Eigentlich muß man Nina Hagen für voll nehmen, weil für halb keine zweite Hälfte bekannt ist und sie für Nichts deutlich zuviel ist. Die Unterscheidung von Masche und Echt macht sie hinfällig.“

Nina Hagen05

In der Talkshow Menschen bei Maischberger im September 2005 trat Hagen als Wahlkämpferin für Die Grünen auf und wurde von Jutta Ditfurth als „esoterisch ein bisschen durchgeknallt“ bezeichnet. Daraufhin äußerte Hagen: „Ich finde es furchtbar, was diese dicke Frau mit mir macht. Jutta Ditfurth, du bist eine blöde, blöde Kuh. Mit dir werde ich nie wieder reden in der Öffentlichkeit!“

Im Oktober 2007 erregte Hagen abermals in der Sendung Menschen bei Maischberger Aufsehen durch ihre Äußerungen und ihr Diskussionsverhalten. In der Sendung zum Thema „Ufos, Engel, Außerirdische – sind wir nicht allein?“ äußerte sie Mitgefühl für die angeblich von Außerirdischen entführten Menschen, sprach von „satanischem Einfluss“ in der Welt und provozierte den ebenfalls anwesenden Physiker und Wissenschaftsjournalisten Joachim Bublath, nachdem dieser Skepsis an der Existenz von Außerirdischen oder Esoterik geäußert hatte, mit Grimassen und Beleidigungen zum Verlassen der Live-Sendung. Die Moderatorin Sandra Maischberger erklärte schließlich: „(…) und habe, mit Verlaub, Nina, das Gefühl, dass wahnsinnig viel in deinem Kopf wirklich durcheinandergeht (…)“ (wikipedia)

Nina Hagen03

Und hier ihr drittes Solo-Album:

Nina Hagen setzt wieder mal alle musikalische, textliche und gesangliche Möglichkeiten ein – ganz wie man es von ihr zu dieser Zeit auch vermuten konnte.
Passend zu ihrer gigantischen Welt Tour, die unter anderem auch Auftritte in Rio und Roskilde beschehrten ihr ein riesiges Publikum.
Schon damals lag ich jedoch Umweltschutz und ihr Glaube an Gott sehr stark am Herzen, was sie erstaunten Journalisten in kreischender Punk-Optik darlegte. Hinter der frechen, punkigen Optik verbreitete Frau Hagen durchaus Ernsthaftes.

UNIVERSELLES RADIO, der Eröffner, lässt hören „Ich bin mein eigenes Radio“ – wir wussten es schon immer.

DIE UFOS SIND DA, behandelt ihre persönliche Ufo Sichtung ein paar Jahre zuvor. Textlich natürlich etwas überspitzt dagestellt und im besten „NDW-Sound“. Sie nun deshalb für verrückt zu erklären, ist ein bisschen einfach gedacht – jährlich gibt es tausende von Ufo Sichtungen, z.T. von hochrangigen Offizieren – alles „Verrückte“? Nein, aber Nina passt besser in diese Schublade, sie hat ja orangene Haare…

Konzertposter

RUSSISCHER REGGAE, tatsächlich im selbigen Rhythmus lässt die Hoffnung auf Weltfrieden aufkommen; Russland und USA sollen sich zusammen setzen. Ein guter Gedanke und teilweise ja auch schon passiert.

MY WAY, ein Live Klassiker aus ihren frühen Zeiten passt stilistisch nicht auf die Platte und wurde noch mit ihrer ersten Band aufgenommen. Dennoch eine zwingende Version, wie sie nur Nina Hagen singen kann. Live noch besser und wieder mal sozialkritisch, auch gegen Berlin und „Stacheldraht“.

1985 ECSTASY DRIVE, ein punkiger Rock song, der nur pure Lebensfreude ausdrückt und ihr direkten Zugang zum Himmel darlegt – „come and visit me!“ Rockt live noch besser!

PRIMA NINA IN EKSTASE im Hip hop Rhythmus zeigt Nina in der Selbsterkenntnis „Ich bin die Mutter des Punk, na Gott sei dank; bin die Mutter des Punk Rock!“ Sie scheint sich selber ein bisschen Mut zu machen – steht ihr auch zu, aber der Refrain hätte nicht 34 Mal wiederholt werden müssen- irgendwann ist Schluss, na Gott sei dank!

GOTT IM HIMMEL hieß ja eigentlich „Spirit in the Sky“ und kam aus den 60er Jahren – vielleicht täusche ich mich da auch…
Schöner Text von Nina recht 1>1 übersetzt und passt natürlich 100% tig zu ihr. Dennoch gefallen mir ihre Live Versionen besser, da war mehr Rock drin. Die Studio Fassung ist mir persönlich etwas zu zahm.

Single1

ATOMIC FLASH DELUXE hat mal wieder einen schwierigen Text, der zum Teil nur aus kurzen Satz Modulen besteht. Fest steht, ein Jahr später gab es in Tschernobyl einen „Atomic Flash“ – ob Nina soetwas meinte? Musikalisch für mich nicht so ansprechend.

DAS VATER UNSER kann auch nur Nina Hagen als Punk Rock spielen mit Anleihen von Aram Khatchaturians „Säbeltanz“. Vielleicht sollte man soetwas mal in einer Kirche spielen. Es rockt jedenfalls wie ein Dampfhammer und ganz klar ein Rock Höhepunkt!

REPRISE GOTT IM HIMMEL hätte es nicht gebraucht und anstelle dessen lieber ein weiteres Lied draufpacken sollen. Die Spielzeit ist ja sowieso nicht überschwenglich…

Fazit für mich: Für Nina Hagen eine durchaus kommerzielle Platte, die ihre wichtigsten Anliegen Gott und die Umwelt schon vor 35 Jahren in den Mittelpunkt stellt. Musikalisch mit Ohrwürmern und interessanten anderen Songs. (MarkusR)

Ähm … so kann man das natürlich sehen …

Für mich ist auch dieses Album das Album einer hysterischen und kreischenden Sängerin … „esoterisch ein bisschen durchgeknallt“ … wie oben bereits erwähnt.

BackCover1

Besetzung:
Roger Craig (keyboards)
Nina Hagen (vocals)
Balis Jiouraitis (piano)
Peter Krause (drums)
Alex Laroque (drums)
Billy Liesegang (guitar)
Michael McEboy (keyboards)
Karl Rucker (bass, keyboards, drums)
+
Paul Eknes (background vocals bei 04.)

Inlets

Titel:
01. Universelles Radio (Dumas/Hagen) 3.35
02. Die Ufos sind da (Rucker/Hagen) 3.28
03. Russischer Reggae (Rucker/Hagen) 4.32
04. My Way (Francois/Thibaut/Revaux/Anka/Hagen) 4.28
05. 1985 Ekstasy Drive (Liesegang/Rucker/Krause/Hagen) 3.22
06. Prima Nina In Ekstase (Rucker/Hagen) 4.01
07. Gott im Himmel (Spirit In The Sky) (Greenbaum/Hagen) 3.37
08. Atomic Flash De Luxe (Livingstone/Lorentz/Hagen/Gullberg) 4.05
09. Vater Unser (Chatschaturjan/Rucker/Hagen) 3.22
10. Gott m Himmel (Spirit In The Sky) (Reprise) (Greenbaum/Hagen) 1.00

LabelB1

*
**

Mehr von Nina Hagen in diesem Blog:
FrontCover1

Verschiedene Interpreten – Mauerfall – Das legendäre Konzert für Berlin ´89 (2014)

FrontCover1Das war ganz, ganz sicher ein mächtiges Zeichen in jenen Tagen des Mauerfalls:

„Ein einziges Mal in meinem Leben habe ich meinen Vater weinen sehen. Ich konnte ja selbst kaum glauben, was ich am 9. November 1989 miterleben durfte.

Aber da stand es wirklich, zuerst nur in nüchterner Laufschrift: „Die Mauer ist offen.“

Gebannt saßen wir mitten in Hessen vor der Glotze, bis nach und nach endlich die ersten Bilder aus Berlin eintrudelten. Unsere Familie, die über 28 Jahre durch 3,60 Meter hohen Beton und einem Todesstreifen getrennt war, war von einem Moment auf den nächsten wieder eins.

Wie es Politbüromitglied Günter Schabowski so nett ausdrückte: „Das tritt … nach meiner Kenntnis, ist das sofort, unverzüglich.“

Ganz Deutschland befand sich im Freudentaumel. Ein Gefühl, das sich später Geborenen kaum vermitteln lässt. Bereits drei Tage später, am 12. November 1989, organisierte der Sender Freies Berlin (SFB) das ‚Konzert Für Berlin‘. Jeder will bei diesem historischen

LindenbergCocker

Udo Lindenberg + Joe Cocker

Moment dabei sein. Entsprechend ließen sich innerhalb kürzester Zeit neben ost- und westdeutschen Stars sogar Joe Cocker und Melissa Etheridge für einen Auftritt auf der Bühne der Deutschlandhalle verpflichten. David Hasselhoff und die Scorpions hatten wohl keine Zeit. Die Prinzen gab es zum Glück noch nicht, und „Wind Of Change“, die pfeifende Geißel der Wiedervereinigung, war noch nicht geschrieben.

Schon damals sollte eine Doppel-LP des Events, durch den der Fußballkommentator Stefen Simon als Moderator führte, erscheinen. Das Unterfangen scheiterte jedoch an Lizenzstreitigkeiten. 25 Jahre später schaffen es die Aufnahmen doch noch auf die CD „Mauerfall – Das Legendäre Konzert Für Belin ’89“.

SteffenSimon

Der Moderator Steffen Simon

Da der Zwist um die Rechte bisher jedoch noch nicht beigelegt wurde, schiebt man uns zu den Feierlichkeiten eben eine Mogelpackung unter. Der Einfachheit halber unterschlägt man uns Auftritte von Marius Müller-Westernhagen, den Toten Hosen, den Puhdys, Nena und anderen.

Die Stimmen verzerren, der Bass knarzt unschön aus den Boxen, der Sound ist eine einzige Matschepampe. Der ganze Mitschnitt versprüht den Charme einer Veranstaltung in der Aula der Gabriele-von-Bülow-Oberschule, auf der Steffen Simon ein Tischtennisturnier der Reinickendorfer Füchse moderiert. Dieses seltsame Ambiente durchfluten immer wieder die historischen Momente und Gefühle der damaligen Zeit, in denen der ehemalige Lockenkopf zum Beispiel bekannt gibt, dass soeben der Schießbefehl an der Mauer aufgehoben wurde.

Während Tamara Danz, Heinz Rudolf Kunze, Udo Lindenberg und Konstantin Wecker den Background-Chor zu „With A Little Help From My Friends“ liefern, lässt Joe Cocker seine Hände munter im Takt der Mauerspechte schlackern. BAP geben zu reichlich Feedback und Mikrofonfiepen ihren damals noch gar nicht so alten Klassiker „Verdamp Lang Her“ und vergessen vor lauter Euphorie das finale Gitarren-Solo. Nina Hagen erdolcht „My Way“, und Melissa Etheridge bedankt sich feierlich und wünscht uns für die Zukunft Alles Gute: „As an American, I am very proud to be here at this time in history. But as a human being I wish you both – east and west – freedom und Freiheit – jetzt und für immer!“

HelmutLehnert

Der damalige SFB Musikchef: Helmut Lehnert

Über die Chronologie des Abends setzt sich „Mauerfall – Das Legendäre Konzert Für Berlin ’89“ hinweg. Das wirkt spätestens in dem Moment skurril, wenn Udo Lindenbergs erster Auftritt nach seiner Krankheit angesagt wird, nachdem er vorher bereits „Horizont“ zum Besten gab. Mit einem „Hallöchen, Freunde, Hallöchen“ betritt er die Bühne. Hatte ihn während „Hör mich“ von den Zöllnern eine Mittelohrentzündung erwischt? Angesichts des Beitrags der Ost-Berliner wäre dies verständlich.

Die nachdenklichen Stimmen kamen ausgerechnet von den befreiten Ost-Rockern. Andre Herzberg, Sänger der Band Pankow, stand der kritiklosen Begeisterung des Tages mit gemischten Gefühlen gegenüber: „Ich wollte so ein Stück Souveränität zurück haben. Ich wollte nicht, dass der Osten zum Westen geht, sondern der Westen zum Osten kommt und sich da freut, und der Osten selber die Freude der eigenen Mündigkeit ausdrückt.“ War wohl nichts.

Vor Deutschland lag in den nächsten Jahrzehnten ein langer Kater und ein zögerliches Zusammenwachsen, die neuen Bundesländer bluteten währenddessen langsam aus. Besonders hart traf es Silly, die nach der Wiedervereinigung den Weg ihres Landes gingen und erst in den letzten Jahren wieder auf die Beine kamen. Passend singt die inzwischen verstorbene Tamara Danz zum Abschluss des Albums: „Alles wird besser, aber nichts wird gut.“ (Sven Kabelitz)

Live01

Auch meine Erinnerung an jene Tage verbinde ich stark mit meinem Vater. Er war ein stramm konservativ-katholischer Mann, der als Heimatvertriebener mir immer wieder gebetsmühlenartig prophezeite, dass es bei der „Teilung“ auf Dauer nicht bleiben werde.  Ich hatte für diese Prophezeiung nur ein müdes, mildes Lächeln übrig.

Ich hätte ihm die Freude, dass er recht behalten hatte, sehr, sehr gerne gegönnt, leider verstarb er dann schon 1986 …

Es mag ja sein, dass die Aufnahmen  nicht optimal waren, aber das spielt hier eigentlich so gar keine Rolle … bedenkt man unter welcher Hektik dieses gigantische Konzert vorbereitet wurde. Im Begleitheft wird darüber ausführlich berichtet.

Der Silly Gitarrist erinnert sich:

»Das ganze Land war auf den Beinen. Die Grenzübergänge, durch die wir mit unserer Anlage mussten, waren total überfüllt. Wir hatten Probleme, pünktlich in die Deutschlandhalle zu kommen«, erinnert sich Uwe Hassbecker. »Alles kehrte sich von unten nach oben. Die Tage der Maueröffnung waren das Beeindruckendste, was ich erlebt habe.« Fast klingt es, als könne der Silly-Gitarrist auch heute noch nicht fassen, dass damals die Mauer fiel. »Schon die Zeit zuvor war aufregend! Jeden Tag passierte etwas Neues! Es geschahen Dinge, die wir uns im Traum nicht hätten vorstellen können. Wir waren wie im Ausnahmezustand.«

Die Veranstaltung wurde vom Sender Freies Berlin (SFB) auf die Beine gestellt, der Eintritt war frei. »Die Organisation war mit heißer Nadel genäht. Es war alles total chaotisch, keiner wusste, wer wann dran war. Während des Tages strömten 50.000 Leute durch die Halle, es fühlte sich an wie auf ‘nem Bahnhof. Es war immer rappelvoll, die Leute wechselten ständig, die ganze Stadt war auf den Beinen.«

Tray1

Und ja, es ist ein pathetisches Konzert gewesen, aber wann verdammt noch mal, war diese Haltung jemals gerechtfertigter in den vergangenen Jahrzehnten, als bei so einem Konzert.

Und ich erwisch mich mit meinen feuchten Augen … aber hier hören wir einfach einen kleinen Ausschnitt von deutschen Klassikern der Rockmusik (Musik verbindet halt) und natürlich ist dieses „With A Little Help From My Friends“ (man stelle sich vor, dass bei den background vocals selbst ein Konstantin Wecker mit von der Partie war !) eine Hymne, die einfach nur passend war.

Und Udo Lindenberg nuschelt auf seine ganz eigene Art und stellt dabei u.a. folgendes fest:

„Dass wir jetzt so zusammen sind, verdanken wir ja wohl den Demonstranten und der Demokratie-Bewegung in der DDR.“

Und ja, das ist jetzt schon verdamp lang her …

Booklet06A

Titel:
01. Moderation 0.32
02. Joe Cocker: With A Little Help From My Friends (Lennon/McCartney) 8.46
03. Moderation 0.38
04. BAP: Verdamp lang her (Heuser/Niedecken) 7.47
05. Udo Lindenberg: Horizont (Lindenberg/Reszat/Applegate/Thatcher) 4.37
06. Die Zöllner: Hör mich (Zöllner) 4.52
07. Moderation (mit Udo Lindenberg) 2.55
08. Udo Lindenberg: Sonderzug nach Pankow (Mack/Warren/Lindenberg) 1.33
09. Udo Lindenberg: Wir wollen doch einfach nur zusammen sein (Mädchen aus Ost-Berlin) (Lindenberg) 2.31
10. Heinz Rudolf Kunze: Die offene See (Kunze) 4.55
11. Moderation 0.09
12. Nina Hagen: My Way (Francois/Revaux/Anka/Hagen/Niessen) 4.59
13. Moderation 0.30
14. Pannach und Kunert: Der Tag an dem die Mauer fiel (Kunnert/Pannach) 3.41
15. Moderation 1.08
16. Melissa Etheridge: Testify (Etheridge/McCormick) 4.35
17. Konstantin Wecker: Die weiße Rose (Wecker) 3.10
18. Moderation  0.11
19. Pankow: Gib mir’n Zeichen (Ehle/Herzberg) 4.28
20. Moderation (mit Tamara Danz ) 1.17
21. Silly: Alles wird besser (Danz/Hassbecker/Karma) 6.00

CD1

 

*
**

Tagesschau