Ralf Reinders + Ronald Fritzsch – Die Bewegung 2. Juni Gespräche über Haschebellen, Lorenz-Entführung, Knast (1995)

FrontCoverEin Buch über die terroristische Bewegung „2. Juni“, geschrieben von Leuten, die es so ganz genau wissen müssen, denn sie waren aktiv in dieser Bewegung und damit im Untergrund:

Ralf Reinders (* 27. August 1948 in Berlin-Reinickendorf), Spitzname Bär, ist ein ehemaliger Terrorist der Bewegung 2. Juni.

Ralf Reinders wurde 1948 in Berlin als Sohn eines während des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland verschleppten, niederländischen Zwangsarbeiters und einer Deutschen, die aufgrund ihrer Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit verlor, geboren. Er ging nach der 8. Klasse von der Oberschule ab und machte eine Lehre als Rotaprint-Drucker.

1965 war er an der Waldbühnenschlacht beteiligt. Reinders beteiligte sich an Studentenaktionen und Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg. Mit der Erschießung Benno Ohnesorgs am 2. Juni 1967 begann die eigentliche Politisierung: „Nach all den Prügeln und Schlägen hatten wir das Gefühl, dass die Bullen auf uns alle geschossen haben.“

Der Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen wurde im Juli 1969 gegründet und es wurden Straßenschlachten wegen der Haschisch-Razzien in Szene-Kneipen organisiert. Reinders kam daraufhin für sechs Wochen ins Gefängnis. Im November 1970 tauchte Reinders ab, nachdem eine Fahndung gegen ihn lief.

Es gab erste Kontakte zur Baader-Meinhof-Gruppe, die zu der Zeit die Baader-Befreiung vorbereitete. Nach mehreren Anschlägen, Banküberfällen und anderen Aktionen entstand im Januar 1972 die terroristische Vereinigung „Bewegung 2. Juni“ aus zwölf Leuten von drei verschiedenen Gruppen.

Nach der Lorenz-Entführung, den sog. „Negerkuß-Banküberfällen“ und der Drenkmann-Ermordung wurde Reinders zusammen mit Inge Viett und Juliane Plambeck nach fast fünf Jahren im Untergrund am 9. September 1975 festgenommen.

Am 10. April 1978 begann in Berlin vor dem Kammergericht der „Lorenz-Drenkmann-Prozess“ gegen Ronald Fritzsch, Gerald Klöpper, Till Meyer, Fritz Teufel, Andreas Vogel und Ralf Reinders. Reinders erhielt 15 Jahre Haft, von denen er zwölf verbüßte. Er wurde am 14. September 1990 aus dem Moabiter Gefängnis in Berlin entlassen. Da er niederländischer Staatsbürger ist, drohte ihm nach der Haftentlassung zeitweise die Abschiebung aus der Bundesrepublik.

Reinders war Anmelder der „revolutionären 1. Mai Demonstration“ in Berlin 2008, nachdem er auf der Demonstration 2007 Opfer der RAF verhöhnt hatte. Nach Angaben der Organisatoren habe man Reinders gebeten, die Demonstration anzumelden, um sich „solidarisch hinter seine Biografie zu stellen“. Unter dem Beifall aus dem Bereich der Antifa rechtfertigte er die RAF-Morde an Buback und Schleyer. Frank Henkel, seinerzeit Innenexperte der Berliner CDU-Fraktion, forderte daraufhin, die Verbindungen zwischen linksextremer Szene und früheren Terroristen sorgsam zu beobachten. (Quelle: wikipedia)

Fahndungsplakat

Fahndungsplakat

Und dann noch Ronald Fritzsch, über den weitaus weniger bekannt ist:

Ronald Fritzsch (* 1951 in Hannover) ist ein ehemaliges Mitglied der terroristischen Vereinigung Bewegung 2. Juni.

Ronald Fritzsch zog Ende 1970 nach Berlin. Fritzsch agierte bis kurz vor seiner Verhaftung legal, also als bis dahin unerkanntes Mitglied der Bewegung 2. Juni. Nach der Entführung von Peter Lorenz wurde er zusammen mit Ralf Reinders am 9. September 1975 festgenommen. Wegen seiner Beteiligung an der Entführung wurde er verurteilt. Nach fast 14 1/2 Jahren wurde er 1989 aus der JVA Berlin-Moabit entlassen.(Quelle: wikipedia)

Mann, sind wir cool: Die Entführer Gerald Klöpper, Ronald Fritzsch und Ralf Reinders (von links) während der Urteilsverkündung im Oktober 1980

Mann, sind wir cool: Die Entführer Gerald Klöpper, Ronald Fritzsch und Ralf Reinders (von links) während der Urteilsverkündung im Oktober 1980

Nun also dieses Buch, das allein schon wegen der Materialfülle dringend zu empfehlen ist. In einem ausführlichem Interview (das Klaus Hermann gefüjhrt hat) geben die beiden ausführlich Auskunft, wie es zu den „Haschrebellen“ kam und wie daraus dann eben die „Bewegung 2. Juni“ wurde.Und natürlich findet die spektakuläre Entführung des Berliner CDU Politikers Peter Lorenz einen besonders breiten Raum.

PeterLorenz

Zur Erinnerung. Am 2. Juni 1967 wurde der Student Benno Ohnesorg anlässlich einer Demonstration gegen den Schah Besuch in Deutschland von dem Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen (erst viele, viele Jahre später wurde bekannt, dass Kurras Mitglied der SED war und zudem auf der Gehaltsliste der Stasi stand – aber das ist dann eigentlich ne eigene Geschichte wert).

Und dann gibt es noch weitere Interviews (bei denen dann z.B. auch Fritz Teufel zugegen war) und dann natürlich auch noch ein paar Statements zu den Jahren im „Knast“. Und dann noch eine Chronologie der damaligen Ereignisse (unter Berücksichtigung- historisch unverzichtbar für das Verständnis der „Bewegung 2. Juni“ – von Ereignissen aus aller Welt … )

Und wenn ich das Wort „Verständnis“ schreibe, dann ist das ganz sicher kein Verständnis für diese Form des Protestes, ganz im Gegenteil.

Ich selbst war damals politisch bei den Jusos sehr aktiv und beschäftigte mich zeitgleich viel mit pazifistischen Gedanken (ich bereitete mich wohl sehr eifrig auf die bevorstehenden „Verhandelungen“ hinsichtlich meiner beabsichtigten Kriegsdienstverweigerung (gem. Artikel 4 Abs. 3 Grundgesetz) vor.

Von daher war ich schon damals über diese Bewegung (und erst recht über die RAF) ziemlich angefressen, denn ich hatte die Sorge, dass durch diese Bewegungen, jenes Gedankengut, dem ich damals (wie heute) nahestand, so gewaltig in Misskredit gebracht wird, dass dieses zarte Pflänzchen „mehr Demokratie wagen“ geradezu niedergebombt wurde.

Und auch heute noch vertrete ich die These, dass die damals „historische Situation“ in der Bundesrepublik Deutschland einen gewaltsamen Kampf gegen die „herrschende Klasse“ nicht gerechtfertigt hat. Die Verhältnisse waren halt anders als im Kuba der 50er Jahre.

Und auch wenn dieses Buch natürlich auch jede Menge Selbstbeweihräucherungen enthält, bleibt es bei meiner Empfehlung, denn das Schlagwort „Wie wir wurden, was wir sind“ gilt auch hier … oder auch „talkin´ `bout my generation.“

Aber wenn eine Inge Viett (ebenfalls Mitglied der „Bewegung 2. Juni“) noch im Jahre 2007 den Terror der damaligen Jahre als „Klassenkampf von unten“ defininiert … dann kann ich nur (ziemlich hämisch) lachen und sagen: „Mädel, wach auf“! Aber, ich habe das Gefühl, da ist hinsichtlich der notwendigen Reflexionsfähigkeit Hopf und Malz verloren.

Und mir läuft es heute noch eiskalt den Rücken runter … wenn ich an diese Jahre denke …

Hier – wie immer – ein paar Vorschaubilder, bevor es dann zur Präsentation dieses Buches (182 Seiten) geht:

Beispiel01Beispiel02Beispiel03Beispiel05Beispiel04

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Mit dem Mord an Benno Ohnesorg ging es los ...

Mit dem Mord an Benno Ohnesorg ging es los …