Wolfgang Adenberg + Alexander Bermange – Die sieben Raben (Gebrüder Grimm) (2007)

frontcover1Also, da gibt es das Städtchen Hanau:

Hanau („die lebensfrohe Stadt am Main und Konzig – das Tor zum Spessart und Vogelsberg“ – Eigenwerbung) hat nicht nur ca. 92.oo Einwohner … nein Hanau ist mehr:

Hanau ist die Geburtsstadt der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm und Ausgangspunkt der Deutschen Märchenstraße.

Und so kommt es, dass Hanau seit 33 Jahren (also seit 1985) als besondere Attraktion die „Brüder Grimm Festspiele “ präsentiert.

Hier eine Aufnahme aus dem Festspieljahr 2007, das ich eigentlich allen (ob groß oder klein) gerne ans Herz legen möchte.

Und darum geht´s in diesem Brüder Grimm Märchen:

Einem Vater wird nach sieben Jungen endlich ein Mädchen geboren. Der Vater schickt seine Söhne zur Quelle, um mit einem Krug Taufwasser für das Töchterchen zu holen. Die sieben Brüder streiten, und ihnen fällt der Krug in den Brunnen.
Sie getrauen sich nicht nach Hause zurück und der Vater macht sich Sorgen, als sie lange nicht zurückkehren.
Er denkt, sie spielen nur und haben das Wasser vergessen. In seinem Ärger sagt er: „Ich wollte, dass die Jungen alle zu Raben würden.“ Der gedankenlose Wunsch wird umgehend erfüllt – der Vater sieht sieben Raben durch die Lüfte flattern.
Das Töchterchen wächst auf, ohne zu wissen, dass es Brüder gehabt hat, denn die Eltern verschweigen ihr deren Schicksal. Endlich erfährt es durch andere Leute, was geschehen ist – und dass diese ihr die Schuld an dem Vorgefallenen geben. Obwohl die Eltern ihr erklären, es könne nichts für das Verhängnis, fühlt es sich weiter schuldig und macht sich allein auf den Weg, die Brüder zu suchen, wobei sie nur einen Ring ihrer Eltern, ein Stühlchen und Verpflegung mit auf die Reise nimmt.
Das Mädchen durchwandert die ganze Welt, kann ihre Brüder aber nicht finden. Endlich, die Welt ist zu Ende. Sie kommt zur Sonne, die ist viel zu heiß für Menschenkinder, dann zum Mond, der ihr aber viel zu kalt und böse ist. Die Sterne jedoch sind ihr freundlich gesinnt, und der Morgenstern gibt ihr ein Hinkelbeinchen (einen Hühnerknochen), mit dem es den Glasberg aufschließen könne – dort seien die Brüder zu finden.
Am Glasberg angekommen, möchte das Mädchen das Beinchen auspacken, doch es hat den Schlüssel verloren. In ihrer Not schneidet es sich einen Finger ab, steckt ihn in das Schloss, und das Tor öffnet sich.
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Die sieben Raben. Gezeichnet von Franz Stassen Berlin. (Einem alten Volksmärchen nacherzählt von Wilhelm Kotzde; 1912)

Drinnen trifft es auf einen Zwerg, der sagt ihr, die sieben Raben seien nicht zu Haus, aber er deckt ihr den Tisch mit sieben Tellern und Bechern. Das Mädchen nimmt von jedem etwas, in den letzten aber lässt sie ihren Ring fallen. Als die Raben zurückkehren, wollen sie essen, bemerken aber, dass jemand ihnen zuvorgekommen ist. Sie sprechen: „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen.“ Der siebente Rabe findet auf dem Grund seines Bechers den Ring, erkennt ihn und denkt: Wäre doch nur unsere Schwester hier, so wären wir erlöst.
Sie hört den Wunsch hinter der Tür und tritt hervor, und die Brüder sind erlöst und kehren zusammen nach Hause zurück.
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Interpretation:
Mit seiner schwarzen Farbe verkörpert der Rabe die Trauer. Er steht bis heute sprichwörtlich für den Winter (im Gegensatz zur Schwalbe, Sommer). Laut der Enzyklopädie des Märchens erscheint der Rabe im Märchen oft im Kontext der Motive Seelenreise und Höllenfahrt. Er trägt die Seelen der Verdammnis fort. Andererseits gehört der Rabe zu verschiedenen Licht- oder Sonnengottheiten (Odin, Lugh, Apollon). Raben kreisen beispielsweise um den Berg des Barbarossa. Nach Friedel Lenz sind die Raben Sinnbild für die göttlichen Eingebungen des Geistes.
Sowohl das Glas als auch der Zwerg oder die Alte können ebenfalls als Symbole einer gefühlsarmen, distanzierten Weisheit verstanden werden ). Die Zahl Sieben kommt in vielen Märchen in Zusammenhang mit der Zeit vor. Mit den Sternen sind hier offenbar die sieben Planeten gemeint: Das Kind bekommt den Schlüssel vom Morgenstern, also der Venus. Der Planet Venus heißt auch Abendstern, er erscheint bei Dämmerung (s. Interpretation Die zwölf Brüder). Venus ist in der römischen Mythologie die Göttin der Liebe. Indem der Ring in den Becher gelegt wird, wird der Geist (männlich) mit der Seele (weiblich) vereint
Nach Hedwig von Beit bedeutet der Verlust des Taufgeschirrs das Scheitern einer verfrühten geistigen Erneuerung an unreifen Kräften, mit Verlust des Selbst im Unbewussten oder animalischen. Der Ausspruch der sieben Raben „Wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Wer hat aus meinem Becherchen getrunken? Das ist eines Menschen Mund gewesen“ klingt wie die sieben Zwerge bei Schneewittchen. Es existiert auch eine Variante von Schneewittchen, bei der die sieben Zwerge im Glasberg wohnen. Im Beziehungsnetz der Märchen stiftet die Verwandlung der Brüder in Tiere eine Verbindung des Rabenmärchens zu dem Grimm-Märchen Brüderchen und Schwesterchen, wo Brüderchen von der Stiefmutter in ein Reh verwunschen ist. Allerdings ist die Erlösung des einen Brüderchens durch Schwesterchen im Unterschied zum Rabenmärchen hier Nebenschauplatz. (Quelle: Wikipedia)
Und nun zur Musik dieses Musicals:
„Alexander Bermanges variantenreiche Musicalkomposition „Die sieben Raben“ vereint zahlreiche Musikstile zu einem harmonischen Ganzen: vom ansteckenden ‚ungarischen Tanz‘ im Stück „Fest in Budapest“ über „Rock-Opera“-Songs wie „Alles dreht sich um mich“ (die Arie der Sonne) bis hin zum Big-Band-inspirierten „Wir Raben, wir haben es gut“ und zu Jerry-Herman-Anklängen (z. B. „Hello Dolly“, 1964) in „Tanz einen himmlischen Tanz“ (die stimmungsvolle Sing- u. Tanznummer der Sterne). Verwoben mit diesen eingängigen Melodien und Songs sind aber gleichermaßen dissonante Klänge und Motive, durch die hochdramatische Szenen (der böse Fluch, der Alptraum des Mädchens) atmosphärisch gestaltet werden können.“ (Werbetext)
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Alte Grußkarte mit dem Motiv des Märchens „Die sieben Raben“

„Der Musik kam in diesem Musical eine ganz besondere Bedeutung zu. Alexander S. Bermange arbeitet mit Pop- und Swing-Elementen, mischt eine Prise Folkloristisches und einen kräftigen Schuss Broadway mit hinein und gewinnt so genau die richtige Mischung.“ (Hanauer Anzeiger, 18. 6. 2007)

„Eine rundum gelungene Inszenierung (…) Die Musik hat einmal mehr Alexander S. Bermange für das Märchenfestspielmusical komponiert. Gelungen sind ihm fast durchgehend eingängige Melodien, mal flott, mal eher besinnlich.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. 6. 2007)

„Opulente, farbenfrohe Bilder mit Tanz und Musik führten die Gäste durch eine dichte Inszenierung. Alexander S. Bermange, der für die Musik verantwortlich zeichnete, zeigte dabei ebenso viel Fingerspitzen- und Feingefühl wie Wolfgang Adenberg, der die Texte für Geschichte und Lieder verfasst hatte.“ (Hanau Post, 18. 6. 2007)

Und das ist der Komponist, Alexander Bermange
Der britische Komponist und Autor hat eine klassische Ausbildung zum Pianisten absolviert und begann sehr früh, eigene Stücke zu erarbeiten. 1999 beendete er sein Studium an der Oxford University. Seither ist er vor allem für Produktionen am Londoner West End und Broadway tätig.
Die deutsche Musicalfachwelt lernte ihn bei einem Kongress in Hamburg kennen, wo seine Beiträge, u.a. Ausschnitte aus seinem Musical „Nessie“ und „Walking On The Sun“, zu den eindrucksvollsten Nummern gehörten.
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Alexander Bermange

Zu weiteren Werken zählen „Aladdin“ und „Close Encounters“ sowie Musical-Kompositionen für die Hanauer Festspiele. 2003 zeigte er in einem Showcase am West End Schattenlos, das 2007 mit zwei Frank Wildhorn Awards beim Musicalfestival in Graz ausgezeichnet wurde, dem Publikumspreis und dem zweiten Jurypreis.
In Großbritannien ist er außerdem für seine Comedy-Songs bekannt, die in einem BBC-Programm gesendet werden. Alexander S. Bermange wurde er von der britischen Presse bereits als neuer Andrew Lloyd Webber gefeiert.

Und das ist der Texter, Wolfgang Adenberg:
Wolfgang Adenberg (* 8. März 1967 in Köln) ist ein deutscher Musicalautor, Textdichter und Übersetzer. Von ihm stammen u. a. die Musicals Moulin Rouge Story, Fletsch und Emil und die Detektive, alle mit Musik von Marc Schubring. Besondere Bekanntheit erlangte der gelernte Jurist durch seine Übersetzungen weltbekannter Musicals wie Titanic, 42nd Street, We Will Rock You oder The Scarlet Pimpernel. Seit 2002 übersetzt er die regelmäßig aktualisierten Texte von Starlight Express. Adenberg ist Absolvent des ersten Jahrgangs (1996) der Celler Schule. Auf seinem CD-Label „Anything Goes Records“ produziert und veröffentlicht er Aufnahmen rarer Musicals oder verwandter Genres, u. a. die erste deutschsprachige Aufnahme der Dezemberlieder von Maury Yeston, interpretiert von Pia Douwes.
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Wolfgang Adenberg

Es mag ja sein, dass dies ein Musical aus der Provinz ist (es lebe die Provinz !) … aber selten haben ich ein derartig sympathisches Musical gehört …
Von daher gibt es von mir mal wieder 1000 Sympathiepunkte, denn auch das Ensemble ist einfach nur prachtvoll !
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Das Ensemble

Besetzung:
Barbara Bach (Rosikas Mutter/Sonne)
Julia Breckheimer (Rosika)
Hartmut Schröder (Rosikas Vater/Mond)
Rosikas Brüder/Sterne:
Jürgen Amonath (Stefan)
Thomas Müller-Brandes (Gabor)
Rüdiger Schade (Arpad)
Christiane Schneidt (Janko)
Verena Wüstkamp (Joschi)
Mirjam Wolf (Wenzel)
Sven Zinkan (Lukas)
Hella Boysen (Wahrsagerin, Hebamme)
Corinna Maria Lechler (2. Frau)
Jan Schuba (Pellegrin)
Anita Vidovic (1. Frau)
Die Band:
Alexander S. Bermange (piano)
Stefan Kreuscher (bass)
Dieter Plaue (drums)
Jürgen Schwab (guitar, Keyboards)
Mark Schwarzmayr (Keyboards)
+
Eiko Fues (violin bei 02.)
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Titel:
01  Scheren, Scheren 2.27
02. Ein Fest in Budapest 2.06
03. Es gibt so viel mehr auf der Welt 3.57
04. Von uns weißt du’s nicht 2.01
05. Webet, webet, webet 0.47
06. Ein Schwesterchen 3.12
07. Wunschlos glücklich 3.50
08. Wunschlos unglücklich 1.14
09. Wie tief bin ich gesunken 4.33
10. Gib uns Kra-Kra-Kra-Kra-Kraft 3.09
11. Kein Zauber hält mich auf 3.40
12. Wir Raben, wir haben es gut 3.45
13. Alles dreht sich um mich 3.27
14. Ich rieche, rieche Menschenfleisch 3.19
15. Tanz einen himmlischen Tanz 4.34
16. Ich bin immer bei euch 3.11
17. Schere, Schere – Reprise 0.54
18. Der Schatz bleibt mein 2.09
19. Finale: Es gibt so viel mehr auf der Welt 4.07
Musik: Alexander Bermange
Text: Wolfgang Adenberg
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Auch heuer öffnet das Amphitheater Schloss Philippsruhe, Hanau seine Pforten für die 33. Brüder Grimm Festspiele