Nein, nein … früher war nicht alles besser … denn wir in der BRD hatten z.B. diesen unsäglichen/unerträglichen Gottlieb Wendehals in den Charts … für mich ein Ritter von der traurigen Gestalt:
Werner Böhm (* 5. Juni 1941 in Thorn, Reichsgau Danzig-Westpreußen), alias Gottlieb Wendehals, ist ein deutscher Sänger und Musiker.
Werner Böhm war Ende der 1950er bis Anfang der 1960er Jahre Pianist bei den „Cabinet Jazzmen“ in Hamburg, die damals eine der populärsten Jazzbands in Norddeutschland war. Dort hatte er den ersten Pianisten der Band, Kaschi Jöhnck abgelöst, der nach San Diego Kalifornien ausgewandert war. So hatte er bereits mit 16 Jahren Auftritte in Deutschland. Nach seiner Lehre als Polsterer verdiente er sein Geld als Kaufhaus-Dekorateur. Von 1970 bis 1971 war er Jazz-Pianist in Hamburg unter anderem im „Jazz House“ („Knuds“), „Riverkasematten“, „Logo“, „Dennis Swing Club“, „Cotton-Club“, „Remter“ und im legendären „Onkel Pö“, der Hamburger Szene. Böhm begleitete in diesen Jahren am Flügel Musikergrößen wie Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Erroll Garner.
Ende 1974 startete Böhm eine Karriere als selbständiger Musiker, Texter und Komponist und gründete das „Werner Böhm Quintett“ mit dem „Teufelsgeiger“ Lonzo Westphal, Udo Lindenberg am Schlagzeug, am Bass Hans-Otto Mertens (Manager von Otto Waalkes), Gesang Knut Kiesewetter und Werner Böhm am Piano und Vibrafon.
1979 erschuf er die Bühnenfigur Gottlieb Wendehals, einen schlaksigen, etwas „tumben“ Spaßmacher mit norddeutschem Regiolekt, pomadisiertem Mittelscheitel, schwarzweiß kariertem Jackett, zerfledderter Aktentasche und einem Gummihuhn unterm Arm. In dieser Manier spielte er verschiedene Spaßtitel ein, von denen es Herbert (1980) und die Polonäse Blankenese (1981) bis in die deutschen Top Ten schafften, letztere blieb neun Wochen auf dem ersten Platz. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms im Jahre 1982 wirkte Werner Böhm neben Karl Dall und Helga Feddersen in der Erotik-Klamotte Sunshine Reggae auf Ibiza mit. Ab 1985 reiste er mit vierzehn Musikern als „Gottlieb-Wendehals-Band“ durch Europa.
1982 nahm er an der deutschen Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest teil. Mit Der Ohrwurm erreichte er den elften und damit vorletzten Platz. Mit dem Lied Lady (sechster Platz), das seine damalige Ehefrau Mary Roos zusammen mit David Hanselmann vortrug, war er als Komponist und Texter (in Zusammenarbeit mit Michael Chambosse) ebenfalls beteiligt.
1984 versuchte sich Werner Böhm an einem Stilwechsel. Das Album 84 Ahead orientierte sich an den Stilrichtungen Italo Disco, Disco und Rap. Böhm sang auf dem Album auf englisch. Die Titel Get On Up und I’m a Winner wurden als Single ausgekoppelt. Mit Get On Up trat er im Musikladen am 3. Mai 1984 auf. Kommerziellen Erfolg hatten das Album und die Singles nicht. In der Folge wurde 84 Ahead aufgegeben und Böhm trat wieder verstärkt als Gottlieb Wendehals auf.
1990 veröffentlichte Böhm einige Titel im Stile des volkstümlichen Schlagers. Er konnte aber nicht an seine Erfolge als Gottlieb Wendehals anknüpfen. Unter seinem bürgerlichen Namen nahm er 2004 an der ersten Staffel der Fernsehshow Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! teil. Im September 2005 zog er für eine Woche in das Haus der Fernsehsendung Big Brother ein. Dort hatte der alkoholkranke Böhm einen Rückfall. Im Dezember 2014 war er Kandidat der Castingshow Das Supertalent.
Werner Böhm hat aus drei Ehen jeweils einen Sohn. Seine drei Söhne wurden in den Jahren 1966, 1986 und 2007 geboren. Die erste Ehe mit einer Schweizerin wurde 1965 geschlossen. Von 1981 bis 1989 war er mit Mary Roos verheiratet. Seit 1995 ist er wieder verheiratet.
Obwohl er als Musiker ein millionenschweres Einkommen hatte, musste er Mitte der 1990er Jahre Privatinsolvenz mit 600.000 Euro Schulden anmelden. Grund sei sein „Unvermögen mit Geld umzugehen“. Er lebe seitdem auf „Sparflamme“. 2008 erfolgte eine erneute Privatinsolvenz.
Bei der Hamburger Bürgerschaftswahl 2008 kandidierte Böhm auf dem zweiten Listenplatz der Zentrumspartei. (Quelle: wikipedia)
Und wie dann so ein Absturz ausschaut, offenbarte er vor ein paar Jahren der Zeitschrit „Stern“:
Schwarz-weiß kariertes Jackett, pomadiger Mittelscheitel, ostfriesischer Dialekt – so standen Sie als Gottlieb Wendehals auf der Bühne. Und hatten stets eine alte Aktentasche dabei und ein gelbes Gummihuhn. Gibt es das noch?
Ja. Liegt gerade neben meinem Laufband und schläft. Am liebsten würde ich es dort liegen lassen. Geht aber nicht. Wenn ich einen Auftritt habe, fragt der Veranstalter sofort: „Haben Sie auch Ihr Huhn dabei?“ Völlig durchgeknallt. Mittlerweile bin ich 75. In meinem Alter noch mit einem Huhn durch die Gegend zu laufen ist albern.
Ihre „Polonäse Blankenese“ ist noch immer ein Kultsong zu Karneval. Ihr verrücktester Auftritt?
Einmal hatte ich zuerst einen Auftritt in Köln und danach gleich in Düsseldorf. Irgendwie muss ich in Gedanken noch in Köln gewesen sein, denn ich habe in Düsseldorf zur Begrüßung „Kölle Alaaf“ in die Menge gerufen. Ein Riesenfauxpas! Da verstehen die Düsseldorfer keinen Spaß. Die wollten mich verprügeln und haben mich auf der Bühne mit allem beworfen, was sie gerade zur Hand hatten – etwa mit Bierflaschen und Berlinern. Letztlich musste ich durch den Hinterausgang flüchten!
Werden Sie heute noch als Gottlieb Wendehals gebucht?
Ja. In dieser Karnevalssaison habe ich mehrere Auftritte, unter anderem in einer sehr bekannten Altstadtkneipe in Düsseldorf.
Früher verdienten Sie Millionen.
Damals war ich auch ein Big Spender. Bei einem Auftritt in einer Disco in Münster sagte ich spontan: „Ich lad euch alle ein!“ Der Besitzer stellte kistenweise Bier und Cola auf die Bühne und meinte nachher, die Gage sei versoffen. Um die 18 000 D-Mark. War mir aber egal. Alle waren glücklich, das war die Hauptsache!
Vor neun Jahren mussten Sie Privatinsolvenz anmelden, hatten 600.000 Euro Schulden. Wovon leben Sie heute?
Ich habe viele Songs für andere Künstler geschrieben. Neben den Auftritten sind meine Gema-Tantiemen heute eine wichtige Einnahmequelle. Allerdings verdient meine Frau Susanne mittlerweile die Brötchen, und ich kümmere mich um unseren zehnjährigen Sohn Jerome, wenn sie unterwegs ist. War erst etwas gewöhnungsbedürftig, aber ist nun mal so. Sie ist gut 30 Jahre jünger und ein gefragtes Model. Ein bildhübsches Weib, das es locker mit jedem Girlie aufnehmen kann.
In den vergangenen Jahren machten Sie durch Ihre Alkoholprobleme Schlagzeilen. Wie geht es Ihnen heute?
Mittlerweile kann ich gut mit Alkohol umgehen. Ich weiß genau, wann ich mir einen kleinen Trip erlauben kann, bereue ihn anschließend aber schnell. Meine Frau mag das auch gar nicht. Die gibt mir ordentlich Zunder. Ich alter Sack bin unheimlich stolz, so eine Traumfrau zu haben. Deshalb versuche ich auch, mich fit zu halten, und mache viel Sport. Teilweise stehe ich um halb drei Uhr nachts auf und gehe eine Stunde aufs Laufband. Danach stemme ich Gewichte. Das geht nur, wenn ich trocken bin.
Gibt’s Pläne für eine Zukunft als Musiker?
Ja. Vor Kurzem habe ich mit Gunter Gabriel einen ironischen Schlager geschrieben, Titel: „Arbeitsloser Star“. Jetzt versuchen wir, den Song bei einem Musiklabel unterzubringen. Schwierige Angelegenheit!
Frustrierend?
Definitiv. Ich bin auch oft traurig, dass ich meine größten Erfolge als Spaßsänger hatte – obwohl ich eigentlich ein ernsthafter Jazzpianist bin. Aber leider wollen die Leute nur den Wendehals hören! (Das Interview führte Sabine Hoffmann)
Nun denn, hier kann man sich ne Single mit zwei seiner damaligen Plattheiten anhören … und ich mach mich derweil auf die Suche nach dem Jazzer … namens Werner Böhm
Und der Begriff „Wendehals“ bekam ein paar Jahre später ne ganz andere Bedeutung … aber das ist natürlich ne ganz andere Geschichte … im wahrsten Sinne des Wortes.
Tingeln bis ins hohe Alter (2009)
Besetzung:
Werner „Gottlieb Wendehals“ Böhm (vocals, piano)
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ein kleiner Haufen von Studiomusikern
Titel:
01. Jap Dadel Dip, Dadel Du (Böhm/Thorn/Chambosse) 3.59
02. Heut‘ abend schiessen wir den Vogel ab (Kirsten/Böhm/Thorn/Chambosse) 3.38
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Werner Böhm, 2016