The Singing End – Listen To The Music! (The Romantic Vocal Sound Of) (1970)

FrontCover1Und jetzt brauchen wir ne Laterne, denn jetzt geht´s ganz tief in die den Keller der Geschichte des deutschen Kraut/Prog-Rock …  und wir schreiben das Jahr 1970 und so liest sich ihre Geschichte:

Sich auf die Spuren von The Singing End zu begeben bedeutet tief in die Beat-Szene einzutauchen, die Köln und Umgebung seit Anfang der 60er Jahre beherrschte. Die Beatle-Mania hatte selbstverständlich auch die Rheinländer infiziert und elektrisiert. Recht und links des Rheins gründeten sich zahllose Schülerbands und versuchten ihren englischen Vorbildern nachzueifern.

Rainer Pietsch, Bass, Gitarre, Klavier, Orgel, Gesang, Sohn eines Tenors und einer
Musiklehrerin, spielte 1963 bei den Plack-Fizzles. Mitstreiter waren u.a. Peter Schütten und Hartmut Priess, spätere Gründungsmitglieder der Bläck Föss und heute noch mit diesen musikalisch unterwegs. Anfang 1966 wurde er von der konkurrierenden Band Beat Stones (1964-1966) abgeworben, nahm seinen Kumpel Hartmut Priess mit und spielte dort mit Erry Stoklasa und Tommy Engel, ebenfalls spätere Gründungsmitglieder der Bläck Föss. Aufgrund seines musikalischen Elternhauses verfügte Pietsch schon damals über erhebliche Notenkenntnisse und war in der Lage, Hits der internationalen Vorbilder originalgetreu nachzuvollziehen und mit seinen Mitstreitern einzuproben.

Die daraus resultierende musikalische Qualität wurde allseits anerkannt, die Beat Stones waren für längere Zeit eine der führenden Bands in der Kölner Beat-Szene.

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Aber nicht nur Köln und Umgebung wurden von der Gruppe bespielt, bald standen auch eine kleine Deutschland-Tour und Konzerte in Belgien und Spanien auf dem Programm. Erster Höhepunkt der Beat Stones-Ära war ein Auftritt im Herbst 1966,
als sie in der Messehalle 8 in Köln neben den Lords im Vorprogramm der Who spielen durften. Dieses Ereignis konnten sie gar im folgenden Jahr noch toppen, als sie in der Kölner Sporthalle die Vorgruppe der Beach Boys waren. Wie zur damaligen Zeit häufig, wurde so manche Karriere durch die Einberufung eines oder mehrer Bandmitglieder zur Bundeswehr beendet oder zumindest unterbrochen. Dies galt auch für die Beat Stones, nachdem Erry Stoklasa und Bassist Heinz Kunde das Vaterland verteidigen mussten. Nächste Station war die Band Stowaways, die ab 1968 in der Kölner Beat-Szene den Ton angab. Mitspieler waren hier neben Hartmut Priess und Erry Stoklasa, Peter Schütten und Tommy Engel. Die Stowaways können somit als unmittelbare Vorläuferband der Bläck Föss betrachtet werden. Die Stowaways machten sich vor allem einen Namen als Begleitband von Graham Bonney, nicht nur bei Live-Auftritten, sondern auch bei Plattenaufnahmen. Dies war allerdings nicht mehr „das Ding“ von Rainer Pietsch, den es zu höheren musikalischen Werten zog. Konsequent verließ er die Band und wechselte zu That´s New, kurz bevor diese sich in The End umbenannten.

Singles

Die Singles von The (Singing) End

Günther „Bömmel“ Lückerath, Lead-Gitarre, Gesang, hatte seine musikalische „Karriere“ im Alter von 16 Jahren bei den Rolling Beats (1963-1965) gestartet. Trotz seines recht jungen Alters hatte er bereits erhebliche musikalische Fertigkeiten auf der Gitarre entwickelt. So konnten sich Thats New glücklich schätzen, ihn als Gitarristen gewonnen zu haben, wobei Bömmel zusätzlich noch ein hervorragender Sänger war. Thats New wurden neben ihren herausragenden musikalischen Fertigkeiten auch deshalb so geliebt, weil sie über einen hervorragenden Vokalsound mit mehrstimmigem Gesang verfügten. Höhepunkt der Auftritte war die Aufführung des Titels „Lets go to San Francisco“ (Flower Pot Men), der originalgetreu dargeboten wurde. Herbert Ihle, Gesang, Mundharmonika und Rhythmusgitarre, hatte seine musikalische „Karriere“ als Schüler gestartet. Seine erste Band hieß I. & Co. (1966-1967), in der auch Erry Stoklasa spielte. Auch er liebte die englischen Vokalgruppen und war und ist großer Fan der Beatles, Hollies und später auch von Crosby, Stills, Nash und Young. Nach dem Ende von I. & Co. wechselte er als Sänger und gelegentlicher Gitarrist zu Thats New. Thats New wurden ebenfalls über die Kölner Region hinaus bekannt und spielten u.a. im Hamburger Starclub. Die Band hatte mittlerweile auch eigene Songs geschrieben, sich einen Manager zugelegt und war auf der Suche nach einem cleveren Produzenten.

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Dieser fand sich mit Gibson Kemp, einem Schallplattenproduzenten aus Hamburg. Unter dessen Leitung spielten Thats New drei Titel ein. Mit seinem Erscheinen wurde allerdings auch das Ende von Thats New eingeläutet, da die Meinung vorherrschte, dass die Band einen neuen Namen brauche, schließlich wollte sie ja Schallplatten auf der ganzen Welt verkaufen. Der Kölner Stadtanzeiger, liebevoller Begleiter der Kölner Bands, forderte die Hörer in einem Ideenwettbewerb auf, Namensvorschläge zu übersenden.

Letztlich einigte sich die Band auf den Namen The End, unter dem auch die erste Single der Gruppe veröffentlicht wurde.

Alf Gardener (alias Wolfgang Emperhoff), Gesang und Percussion, von Schulzeiten bis zum Tod von Rainer Pietsch mit diesem freundschaftlich und beruflich verbunden, hatte seine Karriere als Sänger nicht in einer Beatband sondern als Schlagersänger und Discjockey gestartet. Bevor er bei The End einstieg, hatte er bereits mit Rainer Pietsch zusammengearbeitet, wobei Rainer Pietsch als Mitkomponist, Texter und auch Arrangeur tätig war. Begleitband der Schlageraufnahmen waren The End.

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The End waren komplett als sich nun Pietsch,Gardener, Ihle und Lückerath zusammentaten. Die damalige Liveband bestand neben den genannten Mitgliedern noch aus dem Drummer Manfred Thomas, genannt „De Nas“ und
Klaus Weber (Orgel). Auf den Schallplattenaufnahmen spielte allerdings Peter Geis das Schlagzeug, Rolf Lammers, heute bekannt durch Bläck Föös und LSE, übernahm die Key-boards. Bereits der zweite Auftritt in ihrem Heimatort Porz – seit 1975 ein Stadtteil von Köln – war ein voller Erfolg. Der Musikstil hatte sich zwischenzeitlich weiterentwickelt. Neben der üblichen Beat-Musik wandelte die Band auch ge-legentlich auf psychedelischen Pfaden, insbesondere wenn sie Titel von Vanilla Fudge zum besten gab. Die Kölnische Rundschau beschrieb, Anfang 1970, einen Auftritt der Band u.a. wie folgt: „Beeindruckend an The End ist vor allem das Quartett Ihle, Emperhoff, Pietsch und Lückerath mit vier-stimmigem Gesang. Ihr Repertoire zeigt Vielseitigkeit und heraus ragt vor allem das Stück „Hair“ aus dem gleichnamigen Musical. Kommerzieller Pop, Softbeat (Unchain melody) und harter Shocking-Beat (Vanilla Fudge und Chicago) werden von den 6 Porzern in gleichbeachtlicher Manier vorgetragen.“

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Herbert Ihle

Im Frühjahr 1970 wurde die erste Single „Pennies in the Air“ mit der B-Seite „Someday, Somewhere, Somehow“ im Rhenus-Studio, Köln eingespielt. Bereits zuvor und auch nach diesen Aufnahmen hatte die Gruppe als Studio-band die Schlagerstars Adamo, Peter Rubin und Thomas Fritsch bei Plattenaufnahmen begleitet. Von dieser Arbeit konnte sie profitieren, insbesondere was die Ausschöpfung der technischen Studiobedingungen anging, als sie Ende August 1970 mit der Einspielung der LP begannen. Rainer Pietsch hatte alle 9 Titel komponiert und getextet.

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Frontcover der deutschen Veröffentlichung

Die Aufnahmen sollten sich stilistisch zwischen Led Zeppelin und den Bee Gees bewegen. Ende 1970 kam die LP auf dem Label Resono auf den Markt. Eine weitere Auflage der LP für den skandinavischen Markt wurde auf dem Anette-Label veröffentlicht. Der Einfluss des Produzenten und Geldgebers hatte aus dem Bandnamen The End nun The Singing End werden lassen! Die Musiker fanden dies nicht so berauschend; andererseits standen die Schallplattenproduzenten nicht an jeder Ecke…

Für die Band wäre es sicherlich vorteilhafter gewesen, wenn die LP bei der in Köln ansässigen weltweit orientierten Plattenfirma EMI/Electrola erschienen wäre. So scheiterte eine erfolgreiche Vermarktung der LP an fehlenden Mitteln, umfangreich Promotion zu betreiben. Trotz der zweifellos vorhandenen musikalischen Qualität

Pietsch

Rainer Pietsch

waren die LP-Verkäufe äußerst mäßig. Aus heutiger Sicht gesehen könnte man der Meinung zuneigen, dass sie vielleicht nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit war und vielleicht ein bis zwei Jahre eher hätte erscheinen sollen. Zur damaligen Zeit war die Band jedoch froh darüber, überhaupt eine Schallplatte aufnehmen zu dürfen. Nach zwei Veröffentlichungen existierte die Plattenfirma dann plötzlich nicht mehr, und die Band musste sich Gedanken machen, wie es weitergeht. Sie hatte sich in der Zwischenzeit durch ihren herausragenden Vokalsound allseits Anerkennung in der Kölner Studioszene erworben und wirkte als Studiochor bei vielen bekannten Künstlern mit. In der Folgezeit wurde auch endlich die EMI auf die Band aufmerksam und verpflichtet sie unter dem neuen Bandnamen Tanned Leather für einige Plattenproduktionen. Tanned Leather spielten einige Singles und zwei LPs (1972 und 1976) auf dem Harvest-Label (!) der EMI ein. Von der ursprünglichen The End-Besetzung waren Rainer Pietsch, Herbert Ihle und Alf Gardener alias Wolfgang Emperhoff dabei. Rainer Pietsch zog es nach München in die dortige Studioszene, wo er in vielen bedeutsamen internationalen Produktionen, u.a. ELO und Queen, als Arrangeur mitwirkte. Zudem war er bei der Ralph Siegel Produktionsgesellschaft unter Vertrag.

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Kurzbiographie zu Rainer Pietsch aus dem Handbuch „Komponisten der Gegenwart im Deutschen Komponisten-Interessenverband“, 1995

Bandleader Rainer Pietsch, dem von vielen Seiten musikalische Genialität zugeschrieben wurde, war letztlich über den ihm versagten großen musikalischen Erfolg enttäuscht, insbesondere darüber, dass er seine eigenen musikalischen Vorstellungen nicht erfolgreich vermarkten konnte. Neben seinen musikalischen Fertigkeiten war er auch ein begnadeter Billardspieler. 1998 starb er an einem Herzinfarkt.

Herbert Ihle ist nach wie vor als Studio- und Tourneesänger aktiv. Bömmel Lückerath ist als Sänger und Gitarrist mit den Bläck Fööss unterwegs. Alf Gardener alias Wolfgang Emperhoff lebt und arbeitet (für die Ralph Siegel Produktionsgesellschaft) in München. (Manfred Steinheuer)

Klar, das Album klingt irgendwie antiquiert, aber es hat duchaus etliche Facetten, die erwähnenswert sind: Der Refrain von „Listen To The Music“ könnte doch glatt von Abba sein …  das Gitarren-Solo dann aber nicht mehr … das Album ist eine interessante Verbeugung vor den Beatles, deren Songtradition mochte man dann mit ein ein paar „progressiven“ Gitarrensounds garnieren … hin und wieder ein mächtig treibendes Bass („Green Gras“) und auch die Orgel konnte wunderbar explodieren.

Und: Gesanglich waren die Burschen 95% ihrer damaligen Kollegen weitaus überlegen … auch wenn es gelegentlich arg theatralisch und gar schmalzig wird.

Bei diesem Songmaterial hätte man durchaus weit mehr aus dem Alnum holen können, da bin ich mir sicher ….

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Günther Lückerath ist weiterhin aktiv, und das nicht nur bei den Black Fööss

Besetzung:
Alf Gardener (Wolfgang Emperhoff) (vocals, percussion)
Dieter Geis (drums)
Herbert Ihle (vocals, harmonica, guitar)
Günther Lückerath (guitar, vocals)
Rolf Lammers (keyboards)
Rainer Pietsch (keyboards, bass, guitar, vocals)

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Titel:
01. Listen To The Music 3.14
02. I’m On My Way 3.02
03. Carpets 3.28
04. I Still Don’t Know 4.23
05. Empty Streets 3.37
06. Green Grass 4.25
07. Lies 4.50
08. Twilight 5.55
09. Lost Daddy’s Craddle Song 2.17

Musik und Texte: Rainer Pietsch
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