Michael Kunze + Sylvester Levay – Mozart ! – Ein Musical (1999)

FrontCover1Erst dachte ich mir, na gut, dann wieder mal ein Musical aus deutschen Landen …und dann hane ich gestaunt, ob der Musik (Sylvester Levay) und insbesondere ob der Texte (Michael Kunze).

Und deshalb auch eine ausführliche Darstellung dieses Werkes:

Mozart (Eigenschreibweise: Mozart!) ist ein deutschsprachiges Musical mit Texten von Michael Kunze und Musik von Sylvester Levay.

Kunze und Levay schufen bereits gemeinsam das Erfolgsmusical Elisabeth. Es basiert auf dem Leben von Wolfgang Amadeus Mozart. Dabei werden die Musikstile Rock, Pop und Klassik in 53 Liedern verbunden.

1. Akt
1809 im Herbst werden der Arzt und Naturforscher Doktor Anton Mesmer und einer seiner Diener von Constanze Nissen – der Witwe von Wolfgang Amadeus Mozart – auf dem Friedhof St. Marx zum Grab ihres verstorbenen Mannes geführt. Dafür verlangt sie Bezahlung. Am Grab angekommen, erinnert sich Mesmer an den Auftritt des Wunderknaben vor vierzig Jahren auf der Freiluftbühne im Barockgarten seiner Wiener Villa.

Damals, im Jahre 1768, präsentierte der Kapellmeister Leopold Mozart – unter Assistenz seiner Tochter Nannerl – seinen Sohn Wolfgang Amadé. Der Knabe ist krank, bringt aber die Gäste mit seinem Können trotzdem oder gerade deshalb zum Staunen. Doch die Baronin von Waldstätten ermahnt den Vater, seinen Sohn nicht zu überfordern. Sie ist es auch, die es möglich macht, dass der Kleine ein Kästchen, das er gefunden hatte, behalten durfte.

Mozart01Neun Jahre später. Das Wunderkind ist ein junger Mann geworden, der seiner Schwester Nannerl einen roten Rock vorführt, den er aus Spielgewinnen finanziert hatte. Doch als der herrische Vater den Rock sieht, findet er diesen für Mozart nicht standesgemäß. Als er dann noch erfährt, dass Wolfgang ihn durch Spiel erstanden hat, lässt er Nannerl den Rock zurückbringen und Mozart die Serenade für den Fürsten schreiben.

Im Musical schreibt die Rolle Wolfgang nicht die Partituren. Das übernimmt das stets gegenwärtige Porzellankind Amadé, das als Personifizierung des Genies immerzu damit beschäftigt ist zu komponieren. Während nun also das Porzellankind die Serenade schreibt, hadert Wolfgang mit seiner Beziehung zum Vater, der ihn offensichtlich nicht so akzeptiert, wie er ist und sein möchte.

Mozart02Derweil sorgt Graf Arco in der Wiener Residenz für ein Festessen für den Fürsterzbischof Hieronymus von Colloredo (1732–1812). Dieser tritt auf und mahnt die gesamte Dienerschaft zu Demut und Disziplin und warnt bei Nichtbeachtung vor dem Armenhaus. Er wird also als strenger Herrscher dargestellt, der alle, die unter ihm dienen, fest im Griff haben will. Es ist schon jetzt klar, dass diese beiden Charaktere nicht miteinander auskommen können. Als Mozart dann – verspätet – mit seinem Vater auftritt und so unglaublich stolz auf sein Werk ist, dass er es für Colloredo als gar nicht standesgemäß erachtet, zerreißt dieser die Partitur und tut seinen Unmut kund, indem er verlauten lässt, nichts mehr vom Vater oder Sohn mit dem Namen Mozart hören zu wollen. Leopold zeigt sich entsetzt, doch Wolfgang scheint eher froh über diese Entscheidung. Nun möchte Wolfgang auf Reisen gehen, um in anderen großen Städten eine Anstellung zu suchen. Schließlich muss Leopold einwilligen. Er schickt den Jungen mit seiner Mutter auf die Reise. Den Verlauf der Reise erfährt der Zuschauer durch Gespräche zwischen den Marktfrauen und Wolfgangs Schwester. Sie ist hoffnungsfroh. Doch Graf Arco bremst ihren Eifer, indem er ankündigt, der Fürsterzbischof werde nun seinen Einfluss spielen lassen. Der Vater, der sich große Sorgen macht, schreibt einen Brief an den Sohn, in dem er diesem rät, sein Herz in Eisen einzuschließen.

In Mannheim setzt die Familie Weber, die sich in finanziellen Nöten befindet, ihre erstgeborene Tochter Aloysia auf den Komponisten an. Das Unternehmen gelingt. Wolfgang gibt Geld und bekundet seine Absicht, sie zu seiner Primadonna zu machen.

Tray1Davon erfährt natürlich auch Leopold, der seinen Sohn sofort nach Paris beordert. Dort angekommen, schickt er noch immer Geld zu den Webers, um die Tochter nicht zu verlieren. Darüber verarmen er und seine Mutter selbst. Sie stirbt schließlich in der elenden Unterkunft der beiden. Mozart erkennt die Grausamkeit des Lebens und muss verarmt nach Salzburg zurückkehren, was die Bediensteten und Emanuel Schikaneder, den Leiter einer dort momentan stationierten Theatergruppe, gleichermaßen amüsiert. Nun hat der Vater durch die Schulden ein Druckmittel erlangt, Wolfgang endgültig an sich zu binden. Aus diesem Grund lehnt er auch ein Angebot der Baronin von Waldstätten ab.

Einige Monate später. Colloredo reist nach Wien und beordert – trotz Graf Arcos Befürchtungen – Mozart an seinen Hofstaat. In der Hauptstadt angekommen, trifft der Komponist wieder auf die Webers. Aloysia ist nun verheiratet, und so verliebt er sich in Constanze, als beide einer Schaustellertruppe zusehen. Er zieht in die Wohnung der Familie.

Als Leopold das erfährt, wird ihm klar, dass die Chance auf eine Rückkehr des Sohnes damit stark gesunken ist. Verbittert und enttäuscht versenkt er die Trophäen des ehemaligen Wunderkindes in der Salzach. Nannerl – beim Versuch den Vater zu trösten gescheitert – wird mehr und mehr klar, dass sie trotz ihrer musikalischen Begabung wohl in Zukunft kein Künstlerleben führen wird.

In Wien allerdings bricht der Fürsterzbischof sein Versprechen, Mozart eine Audienz beim Kaiser zu arrangieren. Er will ihn stattdessen nach Salzburg zurückschicken. Wolfgang stellt ihn zur Rede und beschließt, sich nicht länger einem Herrn zu unterwerfen, sondern frei zu sein. Nach einem Streit wird Mozart mit einem Fußtritt aus seinem Dienst entlassen. Er beschließt neu anzufangen, muss aber erkennen, dass er, um seine Ziele zu erreichen, das verhasste Porzellankind braucht. Er will seinen Schatten loswerden, weiß aber nicht wie.

Mozart032. Akt
Zurück im Jahre 1809. Der Diener beginnt zu graben. Mesmer stellt Frau Nissen Fragen über ihren verstorbenen Mann, die sie nicht beantworten will. Er erinnert sich daran, dass der Komponist manchmal seltsam war.

Im Jahre 1781 diskutieren die Zuhörer nach einem Konzert von Wolfgang Amadé Mozart über sein Können und seine Chancen. Sie sind alle einer Meinung: Wer Erfolg haben will, muss intrigieren und Intrigen erkennen können.

Wolfgang ist bei den Webers ausgezogen, wodurch seine Liebesbeziehung mit Constanze noch stärker geworden ist. Diese läuft allerdings nach einem Streit von zu Hause weg, direkt in die Arme ihres Geliebten. Die beiden werden von Cäcilia Weber und ihrem Liebhaber Johann Torwart überrascht. Cäcilia und Johann zwingen den Komponisten, einen Vertrag zu unterzeichnen, der ihn entweder zu lebenslangen Unterhaltszahlungen oder zur Eheschließung verpflichtet. Constanze – damit nicht einverstanden – nimmt ihrer Mutter den Vertrag ab und zerreißt ihn.

Ein Alptraum entführt Wolfgang auf einen Maskenball. Von Lebensbegleitern bedrängt, sucht er eine Antwort auf die Frage, was zugleich blind, zerbrechlich, weiblich, launisch, unsichtbar, unbestechlich, untreu, unbeschreiblich ist, kleiner beim Verweilen, kleiner vom Staunen, aber scheu und größer durch Teilen wird. Schließlich bringt ihn sein Vater auf die Antwort: Das Glück. Dann verschwindet dieser. Wolfgang will ihm nachgehen, wird aber von der Baronin von Waldstätten aufgehalten und ermahnt, nicht sein Leben lang dem Vater hinterher zu laufen, sondern erwachsen zu werden.

Derweil erklärt sich der Vater in Salzburg mit der Liebe seiner Tochter Nannerl nicht einverstanden, solange keine Mitgift vorhanden sei. Daraufhin bittet sie ihren Bruder um das eigentlich ihr zustehende Geld, das der Vater ihm gegeben hat. Wolfgang ist bereit, ihr das Geld zu geben, doch wird er von scheinbaren Freunden darum gebracht, die ihn betrunken machen und mit ihm Karten spielen.

Mozart04Nach einer langen Nacht erklärt Constanze dem Publikum, dass sie es schade fände, einen Tanz zu versäumen und zeigt so ihren leichtlebigen Charakter. Mozart kann ihr solch ein Leben bieten. Doch zu seinem Erfolg fehlt ihm noch die Versöhnung mit seinem Vater. Der kommt nach Wien und ist anfangs begeistert, was sein Sohn auf die Beine gestellt hat, doch als ihm klar wird, dass sein ehemaliges Wunderkind ihn nicht mehr braucht, schlägt seine Stimmung – für seinen Sohn unerklärlich – um. Schließlich übergibt Wolfgang ihm das Kästchen aus dem Mesmerschen Garten, das mit Geld gefüllt ist. Das Geld will der Sohn nutzen, um seinen Vater aus dem Dienst beim Fürsterzbischof freizukaufen. Zornig schleudert Leopold seinem Sohn das Kästchen vor die Füße und meint, dass er ihm mehr schulde als nur Geld. Dann geht er ab. Mozart ist enttäuscht, da es ihm ohne diese Versöhnung nicht möglich ist, sich über den Erfolg zu freuen. Doch ihm ist auch klar, dass er seinen Weg trotzdem gehen muss. Die Lage scheint ausweglos, wodurch sich die „Seltsamkeiten“, wie Mesmer sie beschrieb, einstellten. In diesem Moment wird er auch noch von seinem Genius attackiert, da dieser mit dem Leben, das er führt, nicht zufrieden ist.

Derweil denkt der Fürsterzbischof über seinen ehemaligen Bediensteten nach. Nie hat er Mozart vergessen. Er will ihn wieder in seinen Dienst nehmen. So lässt er Leopold herbitten, der allerdings dem Unterfangen keine großen Erfolgschancen zubilligt. Er bietet stattdessen seinen Enkel als neues Wunderkind an. Das führt zu seiner Entlassung.

Mozarts Erfolg in Wien schwindet. Sein immer noch mehr als ausreichendes Einkommen fließt allerdings zusehends in die Taschen der gierigen Cäcilia Weber. Als er sich weigert, weiter zu zahlen, erfährt er vom Tode seines Vaters. Im Stephansdom wird aus der Klage Anklage. Doch beide haben gelitten, weil – so Mozart – es Gottes Wunder nicht umsonst gebe. Noch im Dom bekommt er den Auftrag, ein Requiem für eine fremde Person zu schreiben.

Im Jahre 1789 – nach einer Straßendiskussion über die Französische Revolution – bekommt Wolfgang den Auftrag, die Zauberflöte zu vertonen. Sein Auftraggeber Emanuel Schickaneder offeriert Wolfgang eine Schauspielerin als Inspirationshilfe. Die beiden verschwinden in einem Gartenhaus und Amamdé beginnt die Musik zur Zauberflöte zu komponieren. Die Gestalten schweben, während ein Medley der Opernmusik erklingt, durch den Garten. Die Oper wird ein riesig großer Erfolg.

Mozart indes ist krank. Amadé arbeitet an dem Requiem. Wolfgang erkennt, dass es für ihn selbst ist. Als dem Kind die Tinte ausgeht, sticht es Wolfgang – wie schon so oft – in den Arm und schreibt mit seinem Blut weiter. Doch als das auch nicht mehr reicht, sticht ihn das Porzellankind ungerührt ins Herz. Mozart stirbt.

Nun verschmelzen im Finale Zeit und Raum. Der tote Körper fällt Menschen zum Opfer, die nach Geld und Andenken gieren. Alle Lebensgefährten umstehen Mozarts Totenbett. Dr. Mesmer erhebt auf dem Friedhof einen vom Diener ausgegrabenen Menschenschädel. Nannerl findet das geheimnisvolle Kästchen. Die Melodie, die erklingt, erinnert an die Wunderkindzeit.

Wolfgang Amadeus Mozart wird als „Zerrissener“ dargestellt. In seinem Bemühen um ein freies Leben und eine künstlerische Entfaltung ohne Zwänge stößt er oft bei seiner Umwelt an. (Insbesondere bei seinem Vater und beim Erzbischof Colloredo). Auf der Bühne steht Mozart das nur für ihn sichtbare „Porzellankind“ Amadé zur Seite. Es verkörpert den kleinen Mozart, arbeitet unermüdlich an neuen Sinfonien und ist am Ende für den Tod Mozarts verantwortlich.

Michael Kunze und Sylvester Levay haben neben Mozart auch Elisabeth (die Geschichte der Sissi) und Rebecca als Musical geschaffen. Alle drei Stücke beschäftigen sich mit sozial unangepassten Personen. (Quelle: wikipedia)

Michael Kunze + Sylvester Levay

Soweit die Story. Und über die Uraufführung fand ich dann noch folgende Besprechung:

In Wien hatte am Sonnabend ein Musical über Wolfgang Amadeus Mozart Premiere. Über Mozart! Ein Musical! Im Theater an der Wien! Genau in dem Theater, das zu Mozarts Schaffenszeit Emanuel Schikaneder leitete, der Librettist der „Zauberflöte“, in dem später Beethovens „Fidelio“ uraufgeführt wurde, das also eine jahrhundertealte Operntradition hat. Wer sich so etwas traut, rechnet mit harschen Reaktionen in einer Stadt, in der das Genre Musical zur kommerziellen Spaßkultur gerechnet wird und wenig Ansehen genießt. Dabei ist Wien neben London der einzige Ort in Europa, der eigene große Musicals von Belang auf die Bühne bringt. „Elisabeth“, das erfolgreichste, wurde in vier Länder exportiert und lief mit Unterbrechungen sechs Jahre in Wien.

Wer einmal erlebt hat, wie Dutzende Menschen zum neununddreißigsten Mal dasselbe Stück ansehen und dabei ergriffen aufschluchzen, weiß, wie Kult entsteht. Seit zwei Jahren läuft zudem „Tanz der Vampire“ von Roman Polanski, Jim Steinman und Michael Kunze im Raimund-Theater. Es wird immer ausverkauft gewesen sein, wenn es im Januar schließt, um nach Stuttgart exportiert zu werden. Später soll es an den Broadway gehen. Der gemeine Zuschauer also liebt das Musical, die Theater sind voll, trotzdem ist das Genre nirgendwo mit so viel Häme verfolgt worden wie in der Wiener Presse. Der Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, Rudi Klausnitzer, der über zwei Musical-Theater und das Etablissement Ronacher als Gastspielhaus gebietet, lebt wie seine Vorgänger damit, dass das Theater an der Wien einmal ein Opernhaus war und manchmal noch ist. Vier Monate im Jahr nämlich mietet es die Staatsoper, und eigentlich will sie das Haus ganz zurück. Dabei lässt sie es bereits jetzt an 80 von den 120 Miet-tagen leer stehen. Es gibt nicht genug Oper für ein weiteres (drittes) Opernhaus in Wien, aber im allgemeinen Wiener Theater-Bewusstsein lassen sich Tatsachen wie diese nur schwer verankern, sagt Klausnitzer. Als Produzent bringt er sich in jedes neue Stück mit Enthusiasmus ein und sieht doch einer neuen Schmäh-Welle entschieden gelassen entgegen, versteigt sich gar zu der Behauptung: „Lebte Mozart heute, würde er so etwas wie Musical machen.“ Nun, wie Mozart (1756 1791) heute an der Gesellschaft leiden würde, ist ungewiss; sicher weiß man nicht mal, in welchem Ausmaß er es damals tat. Mehr als 12 000 Buchtitel sind zum Thema auf dem Markt, aber eine historische Wahrheit wird es nicht mehr geben, zu widersprüchlich sind die Quellen.

Mozart5+6Verbürgt aber ist seine Genialität. Mozart schrieb mit fünf Jahren seine ersten Kompositionen und mit zwölf die erste Oper, er konnte seine Kompositionen so im Kopf herstellen und abrufen, dass er wohl im Stande war, die Noten von oben nach unten zu schreiben. Eine künstlerische Auseinandersetzung mit Mozart wird denn immer auch eine mit dem Genie sein. Die bekanntesten, die Oper „Mozart und Salieri“ von Puschkin und Rimskij-Korsakow sowie der Hollywood-Film „Amadeus“ von Milos Forman folgen der Überlegung, dass das Genie am Mittelmaß zu Grunde ging, welches in Gestalt des fleißigen Salieri überlebte. In dem Musical „Mozart!“ ist dieser Konflikt erheblich komplizierter: Das Genie wird nicht von außen zerstört, sondern von innen, es ist das andere Ich des Menschen Mozart, es wohnt in ihm, verlangt Gehorsam, ist mit ihm zunehmend weniger kompatibel und tötet schließlich beide. Der Autor Michael Kunze, der der Kaiserin in „Elisabeth“ die Figur des Todes an die Seite gab und beide Zeit ihres Lebens eine erotische Nähe unterhalten ließ, hat in einem bestechenden Kunstgriff auch die Figur Mozart gespalten. Auf die Bühne kommen der Mensch und sein Genie. Der Mensch ist ein ausgelassener Mozart mit blondem Rasta-Haarschopf und lässigen H & M-Klamotten, ein leicht verführter Genießer, Zocker, Verschwender und Rebell, der nicht gern dient, nicht dem Grafen, nicht dem Vater, nicht seinem Genie.

Der alterslose Genius ist Amadé, ein Kind mit ernstem, durchscheinendem Porzellangesicht und Puderperücke, das immer an Mozarts Seite Unterwerfung verlangt, Ausschweifungen mit stummem Tadel verfolgt und das nur einmal einen panischen Protest-Ton von sich gibt, als sich eine Verbindung zwischen Mozart und Constanze ankündigt. Ansonsten schreibt Amadé ohne Unterlass Noten auf Papier und hasst jede Störung. Die Inszenierung spricht dem Genie nicht grundsätzlich Lebenstüchtigkeit ab, sie will auch nicht das Geheimnis göttlicher Gaben enträtseln, sie widerspricht aber streng der verbreiteten Auffassung, Leben und Werk eines Künstlers seien als Einheit zu sehen. Die Autoren beschworen im Vorfeld, dass Mozarts Musik unangetastet bliebe, tatsächlich gibt es nur ein paar Zitate, etwa Ausschnitte aus der „Zauberflöte“ zu himmlisch schwebenden Marionetten. Sylvester Levay, dem es also nicht einfällt, mit Mozart in Konkurrenz zu treten, hat eine eigene Musik geschrieben (wie man hört, bis zu vier Versionen von einem Titel, bevor er beim Autor Gnade fand), eine Hand voll herrlich eingängiger Melodien, die sich zwischen Ragtime, Rocksongs und Balladen bewegen. Sie ordnen den Charakteren subtil Stimmungen zu und setzen bisweilen ganz rührende Schwingungen frei („Gold von den Sternen“, „Mozart, Mozart!“).

Booklet03AEs ist ein wesentliches Moment der Inszenierung von Harry Kupfer, Bühne, Handlung und Musik so flüssig zu verfugen (der kleine Totalausfall wegen eines „technischen Gebrechens“ soll nicht zählen) denn dieses Stück ist, wie das Leben Mozarts, ein einziger großer Wechsel: es besteht aus mehr als 30 Szenen. Hans Schavernoch nimmt diese Bühne trotzdem mit Bilderwucht, schafft keine kleinen Illustrationen, sondern triumphiert mit sonnigen Spiegel-Schlössern und rot leuchtenden Opernsälen, bleibt dabei detailversessen und großzügig, gibt den schrägen Rokoko-Kostümen und Turmfrisuren in Vivienne-Westwood-Manier einen gemäßen Rahmen. Dieses Stück ist mehr ein großes Singspiel als ein Musical, es ist ernst, tragisch und diffizil, es zieht seinen Reiz aus Charakteren, die nicht wie genreüblich gut sind oder schlecht, sondern immer beides. Leopold Mozart ist nicht nur ein hemmungslos sein Kind ausnutzender Vater, er liebt es auch und befördert es. Der junge Mozart ist nicht nur ein Himmelsgeschenk, seine Unstetigkeit und Rebellion nehmen ihm tatsächlich auch seine Lebensfähigkeit. Mozartgemäß besetzt ist die Rolle mit Yngve Gasoy-Romdal, der mit seiner strahlenden Kraftstimme und einer energischen und liebenswürdigen Spielwut noch die übrige erstklassige Besetzung überragt. Im zweiten Teil, aus dem privaten und historischen Konflikt bisweilen austretend, driftet dieses gefühlsstarke Stück ab in die Nähe von Sozialkitsch, wenn sich etwa das deutsche Volk emphatisch der Französischen Revolution zuwendet. Und der Verweis auf die anhaltende Ausbeutung des Genies und den heutigen Mozartkult versagt beim Blick auf das Tun der Musical-Schaffenden, ihrer Sponsoren (Mirabell, Mozartkugeln) und ihrer Merchandising-Abteilung. Dennoch hat Wien ein großes Musical, das Schmähschriften leicht überleben wird.(Birgit Walter, Berliner Zeitung vom 04.10.1999)

Booklet15AEin wahrlich pralles Werk …mit einem ganz besonderem Blick auf diesen grandiosen Komponisten. Dieses Musical hat wohl alles, was ein gutes Musical ausmacht … machtvolle Musik, geschmeidige Melodien, abwechslungsreiche Varianten und – wie schon ober erwähnt: ein wirklich anspruchsvoller Text … eigentlich könnte, müsste man sich mit dem Text tagelang beschäftigen, da er tief in die Seelenschichten eines Menschens (ob Genie oder nicht) hinabsteigt.

Und ich bin immer noch verblüfft, dass mich ein Musical derart anspricht … sehr ungewöhnlich !

Mozart07Besetzung:
Thomas Borchert (Leopold Mozart)
Ruth Brauer-Kvam (Constanze Weber)
Boris Eder (Emanuel Schikaneder)
Yngve Gasoy-Romdal (Wolfgang A. Mozart)
Dennis Kozeluh (Graf Arco)
Uwe Kröger (Hieronymus Colloredo)
Eva Maria Marold (Cäcilia Weber)
Hans Steunzer (Fridolin Weber)
Caroline Vasicek (Nannerl Mozart)
Lenneke Willemsen (Baronin von Waldstätten)
+
Orchester der Vereinigten Bühnen Wien unter der Leitung von Caspar Richter
+
Ensemble

Booklet01ATitel:
01. Prolog  1.49
02. Was für ein Kind! 3.09
03. Der rote Rock 2.58
04. Wo bleibt Mozart? 3.06
05. Ah, das Fräulein Mozart 3.23
06. Schliess dein Herz in Eisen ein 3.24
07. Eine ehrliche Familie 3.08
08. Was für ein grausames Leben 2.15
09. Ein bissel für’s Hirn und ein bissel für’s Herz 3.08
10. Gold von den Sternen 3.41
11. Niemand liebt dich so wie ich 1.45
12. Sauschwanz von Drecken 1.38
13. Der Prinz ist fort 3.21
14. Ich bleibe in Wien! 3.12
15. Wie wird man Schatten los? 4.03
16. Hier in Wien! 3.41
17. Dich kennen heißt dich lieben 3.55
18. Mummenschanz / Rätsellied 3.30
19. Irgendwo wird immer getanzt 4.07
20. Warum kannst du mich nicht lieben? 3.05
21. Wie kann es möglich sein?  2.46
22. Der Mensch wird erst Mensch durch den aufrechten Gang 3.19
23. Mozart, Mozart! 3.12
24. Finale

Musik: Sylvester Levay
Text: Michael Kunze

CD1

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