Wiener Philharmoniker – Neujahrskonzert (1941)

alternativesfrontcover1Jahr für Jahr gibt es am 1. Januar das Neijahrskonzert der Wiener Philharmoniker und und die namhaftesten Dirigenten der Welt gaben sich in den letzten Jahrzehnten die Klinke in die Hand, um bei diesem Spektakel zu dirigieren. Und heute, am 01.01.2017 wird ein gewisser Gustavo Dudamel (Der 1981 in Venezuela geborene Maestro ist damit der jüngste Dirigent in der über 75-jährigen Geschichte des Neujahrskonzerts.)

Und mit diesem Konzert ging es los … damals 1941 …

Dieses Konzert fand zum ersten Mal nicht am Neujahrsmorgen, sondern am 31. Dezember 1939 statt. Zeitungsankündigungen zufolge war es ein von den Wiener Philharmonikern dem von Adolf Hitler am 10. Oktober 1939 eröffneten Kriegswinterhilfswerk (Kriegs-WHW) zur Gänze gewidmetes „Außerordentliches Konzert“, zu dem am 30. Dezember eine öffentliche Generalprobe veranstaltet wurde. Auf Initiative der Philharmoniker belegte der Historiker Fritz Trümpi, dass das Konzert Bestandteil von Joseph Goebbels’ Propaganda­maschinerie war.
Die Liebe des Dirigenten Clemens Krauss zur Walzermusik, insbesondere der der Familie Strauß – „und wohl auch sein Drang zu großen Auftritten“ – verbanden sich nach dem „Anschluss“ Österreichs mit Goebbels’ Absicht, Wien als Stadt „des Optimismus, der Musik und der Geselligkeit“ zu inszenieren. Trümpi belegt in seinem Buch Politisierte Orchester, dass in der Zeit des Nationalsozialismus die Zahl der Aufführung von Werken der Strauß-Familie durch die Wiener Philharmoniker sprunghaft zunahm. Das Orchester war nach der Annexion Österreichs Goebbels unterstellt. Die NS-Machthaber versuchten zu Kriegs­zeiten mittels so genannter „leichter Musik“, die Moral an der Front und in der Heimat aufrechtzuerhalten. Trümpi zitiert aus einem Vertrag zwischen den Wiener Philharmonikern und der Reichsrundfunkgesellschaft:

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Clemens Krauss

„[…] das Orchester verpflichtet sich, Schwarzplatten-Aufnahmen für den Großdeutschen Rundfunk mit Wiener Musik, in erster Linie natürlich mit Werken Johann Strauß‘ mit einem, die Wiener Note besonders beherrschenden Dirigenten, zu machen“

Das Neujahrskonzert fand (und findet bis heute) im Großen Musikvereinssaal in Wien, der etwa 2.000 Personen fasst, statt. (Quelle: wikipedia)

Der Ursprung dieses Konzerts fällt in den düstersten Abschnitt der Geschichte Österreichs und des Orchesters. Inmitten von Barbarei, Diktatur und Krieg, in einer Phase ständigen Bangens um das Leben einzelner Mitglieder oder deren Angehöriger setzten die Philharmoniker am 31. Dezember 1939 einen ambivalenten Akzent: Der Reinertrag eines der Strauß-Dynastie gewidmeten außerordentlichen Konzerts unter der Leitung von Clemens Krauss wurde zur Gänze der nationalsozialistischen Spendenaktion Kriegswinterhilfswerk gewidmet.(Quelle: wienerphilharmoniker.at)

Der Radiomitschnitt dieses Konzertes ist erhalten geblieben … und es kann einen schon gruseln, hört man sich die beschwipsten Melodien der Strauss Dynastie an …  angesichts der damaligen Zeiten …

Ergänzend habe ich weitere Informationen zur braunen Vergangenheit der Wiener Syphoniker beigelegt.

Aufzeichnung „Reichssender Wien“, Dienstag 31. Dezember 1940
Übertragung „Grossdeutscher Rundfunk“, Mittwoch, 1. Januar 1941

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Alternatives Frontcover (USA)

Besetzung:
Wiener Symphoniker unter der Leitung von Clemens Krauss

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Es lässt mich frösteln: Die Wiener Symphoniker unter dem Hakenkreuz

Titel:
01. Frauenwürde op. 277 (Walzer) (Josef Strauss sen.) 9:31
02. Moulinet op. 57 (Polka Française) (Josef Strauss sen.) 3.51
03. Eingesendet op. 240 (Polka, schnell (Josef Strauss sen.) 3.00
04. Wiener Blut op.354, Walzer (Josef Strauss jun.) 9.23
05. Demolirer-Polka op. 269, Polka Française (Josef Strauss jun.) 4.28
06. Eljen A Magyár op. 332 (Polka schnell (Josef Strauss jun.) 3.00
07. Ouvertüre zur Operette „Der Zigeunerbaron“ (Josef Strauss jun.) 7.33
08. Russischer Marsch (Josef Strauss jun.) 4.15
09. I-Tüpferl-Polka op. 377 (Josef Strauss jun.) 3.37
10. Rosen aus dem Süden Op. 388 (Walzer) (Josef Strauss jun.) 9.31
11. Pizzicato-Polka (Anton Strauss/Josef Strauss jun.) 3.01
12. Perpetuum Mobile op. 257 (Musikalischer Scherz) 2.36

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Ob es damals schon als Zugabe den Radetzky Marsch gab, weiss ich nicht … deshalb hier noch als Draufgabe eine köstliche Fassung aus dem Jahr 2013 — hier agiert der Dirigent Franz Welser-Möst wie ein Dompteur … und  bringt dem erlauchtem Publikum bei, wie und wann und wie laut es zu klatschen hat …wie bei den dressierten Affen