Es gibt ja solche Schallplatten, die nie in den Handel gekommen sind.
Hier haben wir so ein feines Exemplar, eingespielt von der ORF Big Band:
Die ORF-Big Band in Wien war die 1971 gegründete Radio-Big Band des Österreichischen Rundfunks ORF. Sie bestand bis zum Jahre 1981.
Die ORF Big Band ist aus dem vormaligen, bis zum Sommer 1971 bestehenden Orchester Johannes Fehring hervorgegangen und wurde im Oktober 1971 unter Mitwirkung von Johannes Fehring und Erich Kleinschuster gegründet. Kleinschuster sollte fortan auch einer der Dirigenten sowie administrativer Leiter der Band sein.
Im Unterschied zum vormaligen Orchester von Johannes Fehring kamen die Mitglieder der Band nicht nur aus dem deutschsprachigen Raum, sondern auch aus dem Ausland, vor allem aus den USA. Die ORF-Big Band hatte sich mit ihrem unverwechselbaren Sound und der Besetzung mit Jazz-Solisten/Gastsolisten von internationalem Rang (hier vor allem dem US-Trompeter Art Farmer, dem US-Saxophonisten Jimmy Heath und den US-Bassisten Jimmy Woode und Wayne Darling) bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1982 nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch international gesehen einen hervorragenden Ruf als jazzorientierte Radio-Big-Band geschaffen. Die Musiker Fritz Pauer am Piano, Harry Pepl an der Gitarre, Jimmy Woode am Bass und Erich Bachträgl am Schlagzeug stellten das pulsierende Herz der ORF-Big Band dar.
Ziel war es, mit der Band Aufnahmen österreichischer Urheber in den Bereichen Jazz und Unterhaltungsmusik vornehmlich für den Rundfunk zu produzieren. In neun Monaten andauernden Arbeitsperioden wurden jährlich bis zu 180 Titel aufgezeichnet, was zunächst auf Magnetband, später auch auf sogenannten „Arbeitsplatten“ geschah.
In der Regel wurden drei Titel pro Aufnahmesitzung, welche zumeist am Vormittag im Wiener Funkhaus stattfand, aufgenommen. Die ORF-Big Band war in dem damals jazzorientierten ORF-Sender Österreich 3 regelmäßig zu hören, und zwar insbesondere in den bis 1980 laufenden Ö3–Sendereihen „Jazz mit Erich Kleinschuster“ und „Big-Band-Sound in Stereo“. Auch in Fernsehshows und Unterhaltungssendungen des ORF trat die Big Band auf, eine Kooperation gab es beispielsweise auch mit dem deutschen Südfunk Stuttgart.
Die wichtigsten Dirigenten/Gastdirigenten der ORF-Big Band waren Karel Krautgartner, Erich Kleinschuster, Richard Oesterreicher, Hans Salomon, Ernst Kugler, Slide Hampton und Ernie Wilkins. Dabei ist Karel Krautgartner mit mehreren hundert von ihm geleiteten Aufnahmen der produktivste Dirigent der ORF-Big Band gewesen; ihm ist auch die im Jahre 2005 auf Initiative des Österreichischen Komponistenbundes (ÖKB) erschienene Doppel-CD der ORF-Big Band mit Aufnahmen aus den Jahren 1972 und 1980 und mit dem Titel Salut to the Band gewidmet. Darüber hinaus arbeitete die ORF-Big-Band von Zeit zu Zeit auch mit dem bekannten Big-Band-Leiter, Komponisten und Pianisten George Gruntz zusammen. (wikipedia)
Hier also einer dieser sog. „Arbeitsplatten“. Darunter sind Aufnahmen zu vertehen, die auschließlich für den internen Gebrauch ses ORF Radiosenders verwendet wurden. („library records“). Es gibt ca. 60 Aufnahmen bzw. Veröffentlichungen dieser Art.
Und so steht auch auf der Rückseite der Hülle „unverkäufliche ORF Arbeitsplatte, nur für Rundfunkwiedergabe.“
Geleitet wurden diese Aufnahmen von Karel Krautgartner
Karel Krautgartner (* 20. Juli 1922 in Mikulov, deutsch Nikolsburg, Mähren, Tschechoslowakei; † 20. September 1982 in Köln) war ein tschechischer Jazz-Klarinettist, Saxophonist, Komponist und Orchesterleiter, der einen prägenden Einfluss auf den tschechischen Jazz hatte.
Karel Krautgartner, dessen Vater Postbeamter war, begann mit acht Jahren Klavier zu spielen. Nach dem Umzug der Familie nach Brünn erwachte sein Interesse an Jazz, den er über Radio hörte. Er nahm Privatunterricht in Klarinette und gründete 1936 eine Studentenband. 1938 wurde er professioneller Musiker und spielte 1942 bis 1943 Saxophon im Orchester von Gustav Brom in der Hotelpassage in Brünn. Danach gründete er noch während der Zeit der deutschen Besatzung das „Dixie Club“ Orchester, für das er im Stil der Swing-Musik von Benny Goodman und Glenn Miller arrangierte. 1945 wechselte er mit vielen Orchestermitgliedern nach Prag, wo sie Teil des Orchesters von Karel Vlach wurden. In diesem Orchester blieb er bis 1955 als Leiter der Saxophon-Sektion. Außerdem komponierte und arrangierte er für das Orchester.
1956 gründete er mit Karel Velebný das „Karel Krautgartner Quintett“, das Karel Gott begleitete, Swing und Dixieland-Jazz spielte und sein Hauptquartier im Prager Cafe Vltava (Revolucni Straße) hatte. Da er sich weigerte, mit dem Geheimdienst zu kooperieren, wurden ihm und seinem Orchester bei Auslandsreisen Steine in den Weg gelegt. Als ihm im letzten Moment auf dem Prager Flughafen die Ausreise verweigert wurde, löste er die Band auf.
1958 bis 1961 spielte er gleichzeitig im Stil des West Coast Jazz mit seiner „All Star Band“ und Traditional Jazz mit seiner „Studio 5“ Band, mit der er 1959 auf dem 7. Weltjugendfestspielen in Wien den 1. Preis für kleine Bands gewann. 1960 bis 1968 war er Leiter des Tanzorchesters des Tschechoslowakischen Rundfunks, das ab 1963 als Jazzorchester firmierte und 1967 in „Karel Krautgartner Orchester“ umbenannt wurde. Vorbild war hier Stan Kenton. Mit dem Orchester trat er 1964 auf dem Jazzfestival in München auf und 1964 und 1965 auf dem von Prag. 1968 machte er Aufnahmen mit dem Orchester von Kurt Edelhagen in Köln.
Nach der Besetzung der ČSSR 1968 ging Krautgartner, der im Prager Frühling auch politisch aktiv war, mit der Familie ins Exil. In Wien leitete er die spätere ORF-Big Band, während sein Freund Paul Polansky Musikchef von Ö3 wurde. In den 1970er Jahren ging er nach Köln, wo er 1971 an der Rheinischen Musikschule das Seminar für Unterhaltungsmusik gründete, promovierte und als Professor der Musikhochschule die Einrichtung des Jazzstudiengangs vorbereitete. In der Tschechoslowakei bemühte man sich währenddessen, alle Spuren seines Wirkens zu beseitigen, die Aufnahmen im Rundfunkarchiv wurden gelöscht.
Krautgartner starb 1982 im Alter von 60 Jahren und wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof (Flur R4 Nr. 124) beigesetzt. (wikipedia)
So schlicht diese LP auch herkommen mag … sie enthält perfekt eingespielte Unterhaltungsmusik mit jender Prise Jazz, die dieses Musik dann auch wirklich hörenswert macht … sofern man sich dieses Klängen öffnen will, mag undkann.
Mit dem Urheberrecht nahm man es freilich zu genau. Bei dem Titel „Morning Has Broken“ werden als Autoren „C. Steven*, K. Krautgartner“. Das ist natürlich Quatsch. Dieser Cat Sevens Hit stammt eigentlichen von Eleanor Farjeon (1881–1965) und wurde bereits 1931 geschrieben.
Auch Titel wie „Strangers In The Night“ oder „Night And Day“ sind natürlich ohne dem Zutun von Karel Krautgartner entstanden.
Sei´s drum … ein feiner Einstieg für diesen Blog in das Jahr 2023.
Besetzung:
ORF Big Band unter der Leitung von Karel Krautgartner:
Heinz Jäger (bass)
Rens Nieuwland (guitar)
Fritz Ozmec (drums)
Guitar [Rhythm] –
Fritz Pauer (keyboards)
+
saxophone:
Felix Hanusik – Hans Löw – Hans Salomon – Karl Drewo – Peter Klinger
trombone:
Ilter Yenisen – Robert Dodge – Roy Deuvall – Willi Meerwald
trumpet :
Ernst Lamprecht – Lee Harper – Robert Demmer – Robert Politzer
Titel:
01. Oh What A Beautiful Morning (Krautgartner/Rodgers) 2.41
02. Morgens um Sieben (Last/Kowarik) 2.16
03. Good Morning Starshine (McDermot/Kowarik) 2.59
04. Morning Has Broken (Farjeon) 2.31
05. So schön wie heut (Grothe/Krautgartner) 2.47
06. Day By Day (Stordahl/Salomon) 2.2
07. Tea For Two (Krautgartner/Youman) 2.55
08. Night And Day (Porter/Krautgartner) 2.36
09. Mr. Sandman (Krautgartner/Ballard) 2.35
10. So ein Tag (Kowarik/ Olias) 2.08
11. Tonight (Krautgartner/Bernstein) 1.49
12. Strangers In The Night (Kämpfert/Krautgartner) 3.05