Ewald Dietz – So schüen klengt Lengtörper Platt (2000)

FrontCover1Das geschieht mir jetzt gerade recht. Wenn ich in diesem blog schon mit einer gewissen Häufung so etliches an „boarischen“ Themen plaziere, dann ist es mal höchste Zeit, auch andere Dialekte hier zu präsentieren, auch wenn dabei die Gefahr besteht, dass ich erstmal nur Bahnhof verstehe.

Und natürlich dachte ich erstmal „aha, jetzt wird es was auf die Ohren und zwar friesich-platt“. Weit gefehlt, denn Platt scheint nicht Platt zu sein. Erste Reaktion meinerseits: rätselhaftes Staunen …

Der Herausgeber dieser CD, der „Verein Lintorfer Heimatfreunde“ brachte mich dann auf die rechte Spur und jetzt betreiben wir mal Heimatkunde im guten, alten Stil:

Der Verein Lintdorfer Heimatfreunde wurde am 18. September 1950 in der Gaststätte „Peter Holtschneider“ am alten Lintorfer Markt gegründet. Ziel des Vereins sollte es sein, den heimatlichen Gedanken zu fördern, die Geschichte Lintorfs und des gesamten Angerlandes zu erforschen, und die heimatliche Mundart zu pflegen. Dazu verschrieb man sich auch dem Naturschutz und der Denkmalspflege. Man verzichtete bewußt auf ein bestimmtes Vereinslokal, um die äußere Verbundenheit zum gesamten Lintorf Ausdruck zu geben. Ein besonderes Augenmerk richtete man auf die intensive Verbindung auswärts wohnender Lintorfer, und der geistigen Eingliederung von Lintorfer Neubürgern, die das Schicksal nach hier verschlagen hatte. Auch wenn sie „kinn duhsend Wö-et Lengtörper Platt“ sprachen.

Noch im Gründungsjahr 1950 erschien die erste Ausgabe der „Angerländer Heimatblätter“. Beziehungsvoll nannte man sie nach einer hier weit verbreiteten Land- und Bodenplage, die den Lintorfern das Schwitzen lehrte: Der Quecke! Die Quecke wurde das Synonym für Armut, Bodenständigkeit, ja alles „Lintorfische“ und die Lintorfer selbst. Die man mitleidig – spöttelnd, aber auch bewundernd mit „Qi-ekefre-eter“ betitelte. Wohl mit Blick auf die Tugenden der Quecke, wie Hartnäckigigkeit, Zählebigkeit und ihre scheinbare Unausrottbarkeit, gab man der neuen Heimatzeitung den Namen dieses „Unkräutleins“ mit auf den Weg.

Lintorf

Und hier liegt Lintorf (als Teil der Stadt Ratingen in NRW)

Erster Vorsitzender wurde Hermann Speckamp und dessen Stellvertreter Ferdinand Fitzen. Der erste Kassierer des Vereins war Otto Wüst. Weiter gehörten zum Vorstand: Erich Klotz, Walter Ebenfeld, Theo Volmert, und als Beisitzer, Josef Doppstadt, Fr. Fieweger, Josef Frohnhoff, Rolf Nagel und Hubert Perpeet. Die Mitgliederliste im Gründungsjahr wies stolze 38 Einträge aus.

Bürgershof

Der Bürgershof hat seinen Namen von Lambrecht Burger, der 1470 im Bruderschaftsbuch der Lintorfer St. Sebastianus-Bruderschaft erwähnt wird. Er gehörte zu den kurmedigen Lintorfer Gütern und ist urkundlich nachweisbar die älteste Gastwirtschaft Lintorfs, was eine Gasthausrechnung aus dem Jahre 1567 belegt.

Zum Programm des „Verein Lintorfer Heimatfreunde“ gehören bis heute, regelmäßige, heimatkundliche Wanderungen durch die nähere und weitere Umgebung, so wie Studientagesreisen. Der Verein organisiert ferner die sehr gefragten, monatlichen Veranstaltungsabende mit Reiseberichten, Vorträge zur kulturellen Themen, Lichtbildvorträge u.v.a.-

Im Jahre 2005 konnte der, „Verein Lintorfer Heimatfreund e.V.“ auf 55 Jahre Vereinsgeschichte zurückblicken. Es waren 55 Jahre der Kontinuität und Expansion. So zählte der Verein im Jubiläumsjahr mehr als 700 Mitglieder! Nicht nur aus der näheren und weiteren Umgebung – weltweit! Ein Verdienst der aufopferungsvollen Vereinsarbeit aller Vorstände und deren Mitarbeiter über die mehr als fünf Jahrzehnten. Aber es ist auch das Verdienst der vielen unentgeldlich mit-arbeitenden Autoren, die aus der „Quecke“, mit ehemals 13 Textseiten, einen Bestseller mit heute 280 Seiten werden ließ.

„Die Quecke“ entwickelte sich über die Jahrzehnte zu einer heimatkundlichen Fundgrube vieler Fachrichtungen. Sie wurde zum Sammel- und Nachschlagewerk, zum Studienobjekt heimatlicher Mund- und Eigenarten.

Im Gründungsjahr 1950 hatte die Gemeinde Lintorf 6.263 Einwohner. Also weniger als die Hälfte der heutigen Einwohnerzahl. Der „Verein Lintorfer Heimatfreunde“ sieht hier noch immer eine seiner traditionellen Aufgaben, das weite Spektrum der Lintorfer- und Angerländer Geschichte und deren Eigenarten, auch den Neubürgern näher zu bringen. Er fördert den Kontakt zu den Jugendlichen und Schulen. Er pflegt den Gedankenaustausch unter den Mitgliedern, und besonders unter den „aule Lengtörper“, um das Interesse an ihrer Heimat und Heimatgeschichte wach zu halten. Ganz im Sinne ihrer Gründer, und der Gründungsidee aus dem Jahre 1950, bzw. der Satzung, die man sich am 17. November 1979 gab.“ Soweit die Selbstdarstellung dieses rührigen Vereins.

Und anlässlich des 50jährigen Bestehens erschien dann diese CD mit Texten des Vereinsmitgliedes Ewald Dietz (ich glaube, mittlerweile ist er so ne Art Ehrenvorsitzender oder so ähnlich). Die Texte erschienen ursprünglich in der Mitgliedszeitschrift „Die Quecke“ (was auch immer das heißen mag):

DieQuecke

ie ersten Ausgaben der Vereinszeitschrift „Die Quecke“ aus den Jahren 1950 + 1951

„Das Gründungsjahr war auch gleichzeitig das erste Erscheinungsjahr der „Quecke“.
Über 60 Jahre „Verein Lintorfer Heimatfreunde“ bedeutet auch über 70  Quecke – Ausgaben!
Aber welch eine beeindruckenden Karriere machte diese Zeitung! Hatte die erste Ausgabe im Gründungsjahr noch ganze 13 Textseiten, so brachte sie es im Jubiläumsjahr 2000 (Nr. 70) auf beeindruckende 240 Textseiten!

Die Beiträge der unentgeldlich arbeitenden Autoren reichen von der Poesie, bis zur Kunst-, Welt-, Kommunal- und Kirchengeschichte, Biografien, Architektur, Kriegszeugnissen, wissenschaftliche Untersuchungen historischer Begebenheiten oder Kriegsaltlasten. Über Berichte zur Geologie, dem Bergbau- und Hüttenwesen, Industrieansiedlungen, technische und ortskundliche Entwicklungen, Eisenbahnbau, um nur einige zu nennen. Aber auch mundartliche Erzählungen – oft als ein Stück erlebter Sozialgeschichte.

Ein Themenspektrum also, das seinesgleichen in einer Heimatzeitung sucht.“

EwaldDietz2

Ewald Dietz

Und genau die erwähnten „mundartlichen Erzählungen“ können wir uns hier nun in Ruhe zu Gemüte führen. Es sind wohl Geschichten von Land und Leuten … von den kleinen Leuten, so vermute ich mal … und ich kann es jedem nur empfehlen, sich da mal „reinzuhören“ … vielleicht versteht der eine oder andere ja mehr als ich … Interessant, wie „fremdländisch“ so manche deutsche Dialekte sind.

Und wenn man sich dann mal ein wenig intensiver mit diesem „Verein Lintorfer Heimatfreunde“ beschäftigt, desto mehr Respekt kann man da bekommen … eine derart intensive Auseinandersetzung mit dieser „kleinen Heimat“ habe ich bisher selten gesehen …

Und als Ergänzung habe ich noch ein Interview mit dem Autor Ewald Dietz beigefügt, in dem er sich über den Verlust dieser Dialektsprache beklagt … und ich ertappe mich dabei meiner zwiespältigen Gefühle: Einerseits schätze ich doch sehr diese Verbundenheit mit jener Sprache und den damit verbundenen heimatlichen Gefühlen … und andererseits braucht man sich in diesen Zeiten der Globalisierung nicht wundern, wenn solche Dialekte, die man ja nicht mal in Deutschland versteht, zum aussterben verdammt sind.

Lintorf2Besetzung:
Ewald Dietz (Sprecher)

BookletBackCoverATitel:
01. Tant´ Trautchen 21.31
02. Och ne aule Lengtörper – de aule Püffer 21.33
03. Wat esch me dor evangelischen Volksscholl am Hoot hann 13.40
04. E paar Minüdde oum Lengtörper Bahnhoff 16.30

Texte: Ewald Dietz

CD1

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