Marius Müller-Westernhagen – Gebt Bayern zurück an die Bayern + Wenn ich mal alt bin (1972)

FrontCover1Und schon wieder eine Leihgabe von einem Leser dieser blogs … ich sag schon mal ein ganz herzliches Dankeschön, denn bei dieser Leihgabe handelt es sich um eine ganz besonders amüsante Leihgabe … die zugleich ein Schlaglicht auf jenes Bayern wirft, wie es sich (nicht nur) in den 70er Jahren präsentiert hat. Stichwort: die Ära eines Franz-Josef Strauß !

Es begab sich in jenen Tagen, dass ein jungen Künstler names Marius Müller-Westernhagen (der sich erst seine Sporen zu verdienen hatte), für die ZDF – Satire-Sendung Express eine satirische Persiflage über das Land der Bajuwaren verfasste. Musikalische Grundlage dafür war der Paul Mc Cartney Song „Give Ireland Back to the Irish“ … Der Song kam anscheinend ganz gut an, zumindest so gut, dass United Artists Recdords beschloss, flugs daraus eine Single zu machen … Und das war ein Fehler: denn kaum war die Single auf dem Markt hagelte es nur so an Protesten. Man kann sich denken, dass diese Proteste nicht aus Ostfriesland kamen … sondern, dass viel eher die Bayerische Staatsregierung kurzfristig kollabiert, ob des unanständigen Textes, der wie folgt lautet:

TextDas war zuviel des Guten … unerhört ! Und so kam es in jenen Tagen, dass diese Single ziemlich rasch wieder vom Markt genommen werden (musste). So war er halt, der FSJ … ich erinnere mich noch gut an jene Tage und an mein Amüsement über dieses Lied.

Hier kann man es sich nun noch mal anhören … und sich an den Satz erinnern: „Was darf Satire ?“ …

Im übrigen: Westernhagens Idee ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Hier ein  Wahlplakat der allseits beliebten Bayern-Partei:

PlakatBayernPartei2

Na bitte … geht doch !

Also: für diesen köstlichen Spaß ein herzliches Dankeschön an den Spender !!!

Und die B-Seite der Single „Wenn ich mal alt bin“ ist eine fidele Cover-Version des Beatles Klassikers „When I´m 64“ !

Und das ist nun natürlich auch kein Zufall, den justament konnte ich diesen Klassiker in den letzten Tagen zumindest zumindest mal summen … quasi notgedrungen.

Und deshalb gibt´s dann noch ne weitere deutsche Fassung von „When I´m 64“ … diesmal ist es Udo Lindenburg der diesen Song vor sich hin nuschelt … gefunden auf der LP „Galaxo Gang“ (1976) … ja ja … seufz …

Promokarte:

Promokarte1

Besetzung:
Marius Müller-Westernhagen (vocals)
+
Die Wingos (? … aha)

BackCover1

Titel:
01. Gebt Bayern zurück an die Bayern (McCartney/Schmidt-Hans/Köper/Müller-Westernhagen) 3.03
02. Wenn ich mal alt bin (Lennon/McCarntey/Hauptmann) 2.31
+
03. Wenn ich 64 bin (Udo Lindenberg) (Lennon/McCartney/Lindenberg) 2.24

LabelA1

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PlakatBayernPartei

Marius Müller Westernhagen – Die Sonne so rot (1984)

FrontCover1Auch wenn er nicht so ganz mein Ding ist … wichtig bleibt er dennoch:

„Alter Hippiescheiß, eiskaltes Business, verpisst hat sich der Geist …“ – irgendwie hat Westernhagen mit der Textzeile vom letzten Song des Albums seine eigene Bewertung vorweg genommen. Das Gesamtwerk ist eher durchwachsen: musikalisch teils belanglose Songs reihen sich aneinander, erstmals entwickelt sich die Tendenz zu völlig wirren Texten, und die Version von „Mackie Messer“ (Brecht/Weill) ist für mich künstlisch der absolute Tiefpunkt.

Dennoch: von allen Synthie-Alben, die Westernhagen im zeitgemäßen Stil der 80er Jahre auf den Markt gebracht hat, ist „Die Sonne so rot“ immer noch das ein wenig bessere. „Rumpelstilzchen“ und „Bar bezahlt“ ließen ein letztes mal auf gelungene Weise den Schmuddel-Marius aus der Unterschicht durchkommen, das (leider weitestgehend unbekannte) „Baby“ bestätigt eindrucksvoll, dass Rock, Drumcomputer und Marius‘ röhrendes Organ sich durchaus sinnvoll ergänzen können, und Songs wie „Keine Zeit“ oder „So viele Leute“ waren trotz mäßigem kommerziellen Erfolg des Albums lange Zeit feste Tournee-Highlights, wenn auch mit geändertem Arrangement.

Unterm Strich ergibt dieser Mix aus musikalischen Experimenten, Fehltritten und kleinen Perlen immerhin ein Album mit einer gewissen Spannung, was manch‘ andere Werke Westernhagens gerne vermissen lassen. Kein typisches Westernhagen-Album also, eher was für Fans. Man muss es mehrfach hören, bevor man die eigene Meinung festigt. (Niesfisch).

Erwähnenswert ist dann noch, dass Müller-Westernhagen bei diesem Album sich auf eine spartanische Trio-Besetzung verlässt und mit Lothar Meid und Gert „Kralle“ Krahwinkel hatte er natürlich Hochkaräter mit an Bord.

Führte allerdings auch nicht dazu, dass dieses Album irgendwie erwähnenswert erscheint.

DieDrei

Müller-Westernhagen – Meid – Krahwinkel

Besetzung:
Lothar Meid (bass,drum programming, syntzhesizer, cymbal)
Gert „Kralle“ Krahwinkel (guitar, bass bei 02., background vocals)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, guitar, cymbal)
+
Holger Czukay (waldhorn bei 06.)
Katrin Schaake (background vocals)

BackCover1

Titel:
01. Mackie Messer (Brecht/Weill) 3.56
02. Baby (Müller-Westernhagen) 2.51
03. Flügel (Müller-Westernhagen) 2.51
04. Menschenfresser (Müller-Westernhagen) 3.10
05. Keine Zeit (Müller-Westernhagen) 3.23
06. Rumpelstilzchen (…und ich melke meine Kuh) (Müller-Westernhagen) 3.51
07. So viele Leute (Müller-Westernhagen) 3.44
08. Kotz dich aus (Müller-Westernhagen) 3.13
09. Ich bin ein Mann (Müller-Westernhagen) 2.58
10. Wenn du nach Streit suchst (Müller-Westernhagen) 2.45
11. Bye Bye (Müller-Westernhagen) 2.55
12. Bar bezahlt (Müller-Westernhagen) 3.03

LabelB1.JPG

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Marius Müller-Westernhagen – Gebt Bayern zurück an die Bayern + Wenn ich mal alt bin (1972)

FrontCover1Und schon wieder eine Leihgabe von einem Leser dieser blogs … ich sag schon mal ein ganz herzliches Dankeschön, denn bei dieser Leigabe handelt es sich um eine ganz besonders amüsante Leihgabe … die zugleich ein Schlaglicht auf jenes Bayern wirft, wie es sich (nicht nur) in den 70er Jahren präsentiert hat. Stichwort: die Ära eines Franz-Josef Strauß !

Es begab sich in jenen Tagen, dass ein jungen Künstler namens Marius Müller-Westernhagen (der sich erst seine Sporen zu verdienen hatte), für die ZDF – Satire-Sendung Express eine satirische Persiflage über das Land der Bajuwaren verfasste. Musikalische Grundlage dafür war der Paul Mc Cartney Song „Give Ireland Back to the Irish“ … Der Song kam anscheinend ganz gut an, zumindest so gut, dass United Artists Recdords beschloss, flugs daraus eine Single zu machen … Und das war ein Fehler: denn kaum war die Single auf dem Markt hagelte es nur so an Protesten. Man kann sich denken, dass diese Proteste nicht aus Ostfriesland kamen … sondern, dass viel eher die Bayerische Staatsregierung kurzfristig kollabierte, ob des unanständigen Textes, der wie folgt lautet:

Text.jpgDas war zu viel des Guten … unerhört ! Und so kam es in jenen Tagen, dass diese Single ziemlich rasch wieder vom Markt genommen werden (musste). So war er halt, der FSJ … ich erinnere mich noch gut an jene Tage und an mein Amüsement über dieses Lied.

Hier kann man es sich nun noch mal anhören … und sich an den Satz erinnern: „Was darf Satire ?“ …

Im übrigen: Westernhagens Idee ist auf fruchtbaren Boden gefallen. Hier ein aktuelles Wahlplakate der allseits beliebten Bayern-Partei:

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Na bitte … geht doch !

Und die B-Seite der Single „Wenn ich mal alt bin“ ist eine fidele Cover-Version des Beatles Klassikers „When I´m 64“ !

Also: für diesen köstlichen Spaß ein herzliches Dankeschön an den Spender !!!

 

Promokarte1

Promokarte

Besetzung:

Marius Müller-Westernhagen (vocals)
+
Die Wingos (? … aha)

BackCover1

Titel:
01. Gebt Bayern zurück an die Bayern (McCartney/Schmidt-Hans/Köper/Müller-Westernhagen) 3.03
02. Wenn ich mal alt bin (Lennon/McCarntey/Hauptmann) 2.31

LabelA

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PlakatBayernPartei

Marius Müller-Westernhagen – Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz (1978)

MariusFrontCover1978 als  vierte LP von Marius Müller-Westernhagen erschienen, verwirklichte sich der Meister des Rock zum ersten Mal ohne Hilfe als Komponist und Texter. Heraus kam eine der wohl bekanntesten Deutschrock-Aufnahmen überhaupt.
Gespickt mit heimlichen Hits wie „Mit 18“, „Dicke“ (das tatsächlich an Randy Newmans Song „Short People“ angelehnt ist und dessen Ironie gerne überhört wird) und „Johnny W.“, hat Westernhagen ein äußerst authentisches, teilweise autobiographisches Stück Rockmusik der späten 70’er hinterlassen, dem es nie am textlich nötigen Schuß Blues mangelt. Alle Begleitmusiker sind insgesamt hervorragend, was, neben Namen wie Nick Woodland (Gitarre), allein die Einspielzeit von nur sieben Tagen beweist. Die Texte ziehen ein weites Spektrum von rotzfrech über Kult bis hin zu schmachtenden Balladen voller Witz und Niveau, wobei der Inhalt durchaus Alltägliches widerspiegelt.

Alles in allem die wahrscheinlich beste, mit Sicherheit die kultigste Scheibe Marius Müller-Westernhagens und gewiß nicht zu Unrecht sein heimlicher Bestseller. (Felix von Vietsch)Marius Müller-Westernhagen hatte ja bis dieses Album entstand eine sehr bewegte Biographie hinter sich; vermutlich aus deshalb sind seine Texte auch so intensiv.

Schaut man sich die Besetzungslister dieser LP an, kann man getrost davon ausgehen, dass damals die Creme de le Creme der deutschen Rockmusik an Bord war.
in der Kneipe
Besetzung:
Karl Allaut (guitar)
Jean Jacques Kravetz (keyboards)
Olaf Kübler (saxophone)
Lothar Meid (bass)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, harmonica, percussion)
Nick Woodland (guitar, background vocals, percussion)
Jean Paul Zimbris (drums, percussion, background vocals)
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Titel:

01. Mit 18 (Müller-Westernhagen) 5.09
02. Zieh‘ dir bloß die Schuhe aus (Müller-Westernhagen) 3.00
03. Willi Wucher (Müller-Westernhagen) 4.08
04. Oh, Margarethe (Müller-Westernhagen) 2.58
05. Alles in den Wind (Müller-Westernhagen) 3.40
06. Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz (Müller-Westernhagen) 2.45
07. Dicke (Müller-Westernhagen) 4.05
08. Giselher (Müller-Westernhagen/Schenkelberg) 5.32
09. Grüß mir die Genossen (Müller-Westernhagen) 3.45
10. Johnny W. (Müller-Westernhagen) 3.25

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Marius Müller-Westernhagen – Radio Maria (1998)

FrontCover1Doch, doch, der Mann hat schon was zu sagen, wenngleich mir seine Musik nur bedingt zusagt.

Funky-Marius: Der Rockstar singt über traurige Cowboys, alte Männer und den Heiland – und kombiniert knifflige Texte mit seiner typisch gradlinigen Musik.

Westernhagen – was für eine Institution. Ein feststehender Begriff wie Tempos, Nutella oder Maggi. Nur für was steht er? Für die Urväter der deutschen Popmusik oder für besonders deutsche Musik im allgemeinen? Oder gar für Tradition? Für Westernhagen will ich das mal nicht hoffen, obwohl es ja leider so ist, daß das Publikum am liebsten sein eigenes Gedächtnis beklatscht, wie das der tolle Humorschreiber Max Goldt so schön formuliert hat. Und weil das Publikum immer nur bei den Stücken applaudiert, die es auch kennt und erwartet, ist es ein schlechter Kritiker.

Ich nehme mal an, daß Marius sich selbst als flexiblen Künstler betrachtet, als einen Fan des amerikanischen Grooves. An seinen Status als Markenprodukt hat er sich hoffentlich gewöhnt. Ich stelle mir den großen Marius vor, wie er zu Hause an Songideen arbeitet und natürlich auch sein Image und sein Älterwerden auf der Schulter sitzen hat – wie ein Papagei, der ständig dazwischenquasselt und so für einen enormen kreativen Druck sorgt.

Werden Tausende von Kritikern krächzen, er sei mit knapp 50 langsam zu alt für den Rock’n’Roll? Werden die Fans mal wieder behaupten, daß ihnen die alten Sachen besser gefallen haben? In meinen Alpträumen sehe ich ein opportunistisches, halb devotes Heer von Managern, Produzenten und Studiomusikern, die zu fast allem, was Westernhagen vorschlägt, immer gerne „Super, Marius, machen wir so“ sagen. Führt so was auf Dauer zu einem überzogenen oder verkümmerten oder gesunden Ego? Wie setzt sich wohl die Motivation zur Albumproduktion zusammen? Wie ist das Entscheidungsvieleck aus Gewohnheit, Geld, Lust, Vertragsverpflichtung, Gruppenzwang und Ego gewichtet?

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Zugegeben, ich bin ein ziemlicher Westernhagen-Laie. Einmal beim Durchzappen „Theo gegen den Rest der Welt“ für zehn Minuten angesehen, die Singles kenne ich aus Radio und Musikfernsehen. Immer wenn ein neues Album erscheint, erzählen mir zwei Dutzend Freunde und Musikbranchisten ihre Meinung dazu. Dabei interessieren mich deren Ansichten eigentlich weniger. Viel toller ist der Phantasie-Spielraum zwischen dem Künstler, den ich nicht persönlich kenne, und seinem Werk, und diesen Spielraum kann ich selbst mit Personality-Mutmaßungen und wilden Theorien über lustlose Zwangskreativität füllen.

Direkte Begegnungen zwischen Westernhagen und mir fanden nur hinter irgendwelchen Bühnen im Vorübergehen statt und beschränkten sich auf gegenseitige Sympathiebekundungen. Es ist sehr einfach und auch bequem, einander einfach nur gut zu finden. Zum einen beweist das eine gewisse Höflichkeit, zum anderen dient es dem Erhalt meiner Interpretationsmöglichkeiten: Rummäkeln kann man immer, aber das Album von jemandem zu loben, den man eigentlich doof findet, ist ziemlich schwer.

Natürlich habe ich uneingeschränkten Respekt vor der Person Westernhagen. Ich höre aus früheren Liedern wie „Dicke“ oder „Sexy“ das raus, was auch ich selbst gern in deutschsprachiger Musik höre und sehr stark in ihr vermisse. Nämlich groovy und funky zu sein. Eine gewisse schwingende Schwärze zu haben und auch mal soulig einfach „Yeah“ zu sagen oder sonstige Tanz- und Groove-Geräusche wissentlich in die Aufnahme zu plappern. Die deutsche Popmusik ist mir zu steril, und für die Aufweichung gängiger Vortragsmethoden bin ich der Marke Westernhagen dankbar.

Endlich drängt mir der SPIEGEL ein Album von ihm auf und zwingt mich mit Geld und Ruhm, es mir von vorne bis hinten anzuhören. Den kleinen Zweifel, ob ich überhaupt kompetent genug bin, beiseite gefegt: Letztendlich sollte es um die neue Platte gehen. Und die ist interessant.

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Textlich habe ich durchaus meinen Spaß. Natürlich nicht durchgehend. „Durch deine Liebe“ ist – wie die ungeile Single „Jesus“ – ein Religionsthema, allerdings textlich mit Abstand das Trivialste auf dem Album. Wenn ein solcher Titel mit den Worten beginnt „Du machst Blinde sehn, du machst Lahme gehn“, dann brauche ich nicht mehr weiterzuhören, weil ich ohnehin schon weiß, was passiert. So wie der Text der Langeweile-Koeffizient dieses Gottvater-Songs ist, so klingen für mich, den Rockgeschichts-Laien, die Gitarren der Sohnemann-Jesus-Single: öde. Wie die heutigen Rolling Stones.

Das ist schade, denn große Teile der Platte sind sehr unterhaltsam. Ganz weit vorne ist „Walkman“, welches sich zwischen Paul-Simon-Graceland-Sound und Rock-Ragtime abspielt. Das paßt in mein Bild vom Funky-Marius und paßt zu seiner Art, Deutsch zu einer griffigen Unterhaltungsmusiksprache zu machen. Das Wort „Walkman“ wirkt in dem Lied sogar ein wenig deplaziert, und das will was heißen, schließlich ist der Begriff inzwischen so englisch wie deutsch.

Das Stück schildert ein klassisches Altehen-Schicksal: Ein dicker Bankier angelt sich in seinem Alter noch eine Lolita („ein Mädchen mit Hang zum Personal“). Die Ehefrau will sich daraufhin scheiden lassen. Ihm ist das egal. Magic Word: Ehevertrag. Der Ätsch-Refrain: „Ich sitz‘ in deinem Walkman und schreie dir ins Ohr – ich trage keine Waffen; das ist nicht mein Ressort.“ Und dann: „Ich bin kein Schwarzenegger, kein Bombenmuselmann, eher wie Boris Becker, dem du blind vertrauen kannst.“ Bomben, Boris, Becker, blind, alle B auf den Punkt – das macht Laune.

„Alleine“ geht ähnlich ab: Black-Crowes-Südstaaten-Bluesrock mit Druck und einer kleinen Prise Popmusikhochschule. „Alleine – ohne Aufschub – ohne Elfmeter“. Da wird gebrüllt und geschrien. Yeah. Kurz beschleicht mich der Gedanke, daß ich hier in eine Zielgruppenfalle für die ewigen Marius-Rock-Fans getappt bin. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, daß der Hörer immer komplizierter denkt als der Sänger.

Bei der rockerfrivolen Bonnie-und-Clyde-Variante „Rosamunde“, welche in den ersten zwei Zehntelsekunden an „Hurra, hurra, die Schule brennt“ von Extrabreit erinnert, komme ich dann aber wieder ins Grübeln. „Rosamunde – geiles Biest – ohne Höschen nach Paris“ klingt mir zu sehr nach Pose und dem Wunsch, das frühe Publikum zu bedienen.

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Natürlich kann ich leicht ein paar Lieder in Schubladen ablegen. Festen Willens, keine abgegriffenen Grönemeyer-Parallelen zu bemühen, drängt sich mir bei „Wieder hier“ doch der Eindruck auf, die Marius-Variante eines Ruhrpott-Heimatlieds wie „Bochum“ zu hören – auch wenn die sich hier subtiler als Lovesong tarnt. Wird im Westfalenstadion sicher der Live-Knaller.

Auch meine Vorstellung vom Altersproblem des Künstlers und der daraus resultierenden Imagefrage kann ich, so scheint es, bei der Ballade „Kind von gestern“ unterbringen. „Ich bin ein Kind von gestern – ich hab mein Herz verkauft an einen Mann von morgen, er war nicht mal getauft.“ Aber Irrtum, alles falsch verstanden. Die Erkenntnis kommt erst beim dritten Hörversuch. Da singt Westernhagen: Als „meine erste Frau mir einen Sohn gebar, als sie noch Jungfrau war … Ich bin verkleidet als Prophet“. Es geht also gar nicht um den älter gewordenen Mann von morgen, sondern: schon wieder um den Heiland. Durch Kniffligkeit der Verse hat der Songschreiber den Kritiker blamiert. Hier steckt der Unterhaltungswert im Text: zuhören, nachdenken, verstehen. Zuhören allein reicht nicht.

Schön ist das ergreifende „Hoffnung“, weil ich finde, daß Lieder über die Liebe nicht einfach zu schreiben sind, wenn sie Substanz haben sollen. Trotz kitschigen Liederjan-Sounds und Barclay-James-Harvest-trifft-Pink-Floyd-Refrains gehört die Wird-aus-unserer-langen-Up-and-down-Beziehung-noch-mal-was- Geschichte zu meinen Textfavoriten, die ich obendrein grübellos verstanden habe.

Manch anderes habe ich allerdings nicht begriffen. Warum betrauert Westernhagen beispielsweise den geplatzten Traum von wahrer Liebe, indem er ausgerechnet die Geschichte eines Cowboys erzählt? Der erschießt den Freier der Saloontänzerin „Lola Blue“ aus Liebeskummer und wird dann zur Strafe erhängt („kein Happy-End spielte die Band, und selbst mein Pferd hat die Hinrichtung verpennt“). Die Musik klingt wie eine Roger-Whittaker-Country-Ballade. Der Popstar als Westernheld? Oder der Westernheld als Popstar? Jetzt hätte ich gern eines dieser Reclam-Interpretationshilfe-Bändchen.

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Musikalisch wird für mich mit „Radio Maria“ in keinster Weise das Rad neu erfunden. Vielleicht haben Westernhagen und seine Mitspieler aber nur an alten Tugenden festgehalten, statt sich mit aufgesetzten Experimenten musikalisch für Leute wie mich zu liften. Vielleicht ist ihm die ganze Grüblerei und Taktiererei auch vollkommen egal. Das würde ich ihn gerne mal fragen. Passenderweise bei einem Glas Nutella.(Der Spiegel 33/1998)

Soweit so gut, aber da will ich doch nochmals ganz laut und deutlich darauf hinweisen, dass der Song „Jesus“ für mich in die Kategorie „Killersong“ gehört … Hammerakkride und dann diese triumphale Orgel und dann als Sahnehäubchen – man glaubt es kaum – mit einem entfesselt aufspielendem Mundharmonikaspieler namens Marius Müller-Westernhagen …

Und sein „Du hast dich nie gewehrt“ lässt einen einfach verstummen …

Und dann – zumindest für mich ziemlich verblüffend, lese ich dass ein gewisser Pete Wingfield nicht nur die Tasten bediente, sondern auch gleich noch als Co-Produzent (neben Westernhagen) fungierte. Pete Wingfield, der mich seit Ende der60er Jahre musikalisch begleitete und dessen Aufnahmn mit Jellybread einfach nur ganz großartig sind (müsste ich mal auf meinem internationalem blog präsentieren *ggg*)

Also, der Mann hat schon was zu sagen …

Booklet-7A

Besetzung:
Julie Andrews (bassoon)
Julian Crampton (bass)
Blair Cunningham (drums)
Martin Ditcham (percussion)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, harmonica, omnichord)
Nico Ramsden (guitar)
Jay Stapley (guitar)
Pete Wingfield (keyboards)
Helmut Zerlett (organ)
+
Madeleine Lang (vocals bei 11.)
Chris Laurence (double bass)

Background vocals:
Billy King – Madeleine Lang – Marion Schwaiger – Rolf Köhler

Cello:
Martin Loveday – Paul Kegg – Tony Lewis

Viola:
Garfield Jackson – Kate Wilkinson – Pete Lale

Violin:
Alison Dodds – Boguslav Kostecki – Dave Woodcock – Eddie Roberts – Gavyn Wright – Pat Kiernan – Perry Montague-Mason –  Tom Bowes – Vaughn Armon

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Titel:
01. Jesus  4.03
02. Lola Blue 4.51
03. Supermann 4.44
04. Walkman 2.46
05. Hoffnung 4.26
06. Alleine 3.05
07. Durch deine Liebe 6.11
08. Rosamunde 3.40
09. Du hast dich nie gewehrt 4.31
10. Wo ist Behle? 3.06
11. Wieder hier 6.26
12. Kind von Gestern 4.34

Musik und Texte: Marius Müller-Westernhagen

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Marius Müller-Westernhagen – Westernhagen Live (1990)

FrontCover1Live ist das erste Live-Album von Marius Müller-Westernhagen. Es wurde am 28. September 1990 bei WEA Records veröffentlicht.

Westernhagen und seine Band absolvierten im November und Dezember 1989 vor rund 500.000 Zuschauern die Tournee zum Album Halleluja.
Der Auftritt am 20. Dezember 1989 in der Dortmunder Westfalenhalle vor 20.000 Zuschauern wurde für das Album mitgeschnitten. Danny Dawson, René Tinner und Marius Müller-Westernhagen mischten die Aufnahmen im Can Studio in Weilerswist ab, ohne für die Nachbearbeitung Overdubs zu verwenden.
Die im Oktober 1990 ausgekoppelte Single Freiheit gilt neben Wind of Change der aus Hannover stammenden Hard-Rock-Formation Scorpions als eine der Hymnen der deutschen Wiedervereinigung.
Beim deutschen Bundesverband Musikindustrie wurde 1996 die dritte Platinschallplatte für mehr als 1,5 Millionen verkaufte Tonträger zertifiziert. (Quelle: wikipedia)

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Über den Erfolg dieses Albums brauchen wir also nicht mehr reden … und selbst ein Österreicher war ganz begeistert ob dieser Aufnahmen:

Dieses Live Doppelalbum ist magisch! Als Österreicher habe ich jetzt nicht den ganz intimen Bezug zu Marius‘ Liedern, auch wenn sie sich zeitweilig ins österreichische Radio verirrten. Das was ich kannte, gefiel mir immer. Aber genau dieses Live-Album haut mich echt vom Hocker! Und zwar JEDES mal, wenn ich es einlege!! Marius schnalzt seine urdeutschen Klassiker so bluesrockig unters begeisterte Publikum, dass sich die Balken biegen! Herrlich ungezwungen und völlig befreit von jeglichem vorgegebenen Zeitzwang; jeder Song darf die Zeit beanspruchen die er einfach braucht! Und Marius singt von klar bis typisch krächzend, irrsinnig pur und ungekünstelt. Einfach herrlich echt, dieser Mann! Die instrumentale Begleitung darf sich getrost zum Besten zählen!

Daher auch mein Vergleich mit Bruce Springsteen und dessen phänomenaler E-Street Band. Marius kommt so intensiv, dass sich dieser Vergleich für mich einfach aufdrängt! Die Stimmung könnte auch der „BOSS“ nicht besser hinkriegen, musikalisch steht Marius‘ Begleitband der E-Street Band kaum nach!

Single

Dieses Album  ist in allen Belangen einfach ein Hammer! Perfekt für die starken Momente im Leben!!! Kompliment, Herr Marius Müller-Westernhagen!!! (Smilodonam)

Nun ja, ich habe ja keine so große Affinität zum dem Müller-Westernhagen … Aber eines muss man im lassen: Bei diesem Album geht schon ganz gewaltig die Post ab (da sind schon etliche Kracher dabei wie z.B. „Ladykiller“) und mit dem Gitarristen Jay Stapley hatte er wirklich ein Ass im Ärmel. Überhaupt die ganze Band weiß zu überzeugen, aber das ist auch klar, der Marius holte sich natürlich keine Langweiler auf die Bühne.

Man höre sich mal den Blues „Lieben werd‘ ich dich nie“ an !!

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Besetzung:
Dave Bishop (saxophone)
Dave Plews (trumpet)
Christian Schneider (saxophone, keyboards, guitar, background vocals)
Jay Stapley (guitar)
Vince Sullivan (trombone)
Charlie T. (drums)
Raoul Walton (bass, background vocals)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, guitar, harmonica)
Helmut Zerlett (keyboards, background vocals)

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Titel:

CD 1:
01. Händel´s Halleluja (Intro) 1.11
02. Fertig 3.18
03. Weißt du, dass ich glücklich bin 7.34
04. Nur ein Traum 3.57
05. Keine Zeit 4.41
06. Lieben werd‘ ich dich nie 8.13
07. Ladykiller 3.56
08. Halleluja 5.05
09. Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz 6.28

CD 2:
10. Lieb‘ mich 5.15
11. Ganz und gar 4.59
12. Sexy 6.15
13. Nimm mich mit 8.20
14. Dicke 4.14
15. Lass‘ uns leben 5.13
16. Geiler is‘ schon 2.31
17. Freiheit 2.48
18. Johnny W. 5.33

Musik und Texte: Marius Müller-Westernhagen

CD1

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Merchandising

Na klar … Merchandising …

Verschiedene Interpreten – Greenpeace (1984)

FrontCover1Es gab ja nicht nur diese Benefiz-LP´s der Aktion Sorgenkind & Co. Nein, auch die alternative, die linke „Szene“ hatte ihre Ideale, die es auch musikalisch zu unterstützen galt.

Die aufkeimenden Umwelt- und Ökobewegung (die „Grünen“ waren mittlerweile im Bundestag zu Bonn und verblüfften mit ihrem alternativen Verhaltensweisen die traditonellen Partein … und ich saß damals feixend vor dem Fernseher) hatte natürlich mit dem Flaggschiff „Greenpeace“ seine Helden.

Und das zu recht ! Mit ihren „radikalen“ Aktionen sorgten sie für die notwendige Aufmerksamkeit für den Zustand unserer Erde … Und diese Album sollte den Kauf eines Schiffes für Greenpeace unterstützen … immerhin 3 DM pro LP sollte Greenpeace zweckgebunden zufließen …

Fast 30 Jahre später macht dieses Album insofern weiterhin Freude, weil man damit auch einen Querschnitt der damaligen deutschsprachigen Rockmusik zu hören bekommt und erfreulich und überraschend kommt es mir vor, dass die meisten der damaligen Künstler sich bis heute halten konnten, bzw. bis heute nicht vergessen sind. Von BAP (mit ihrem brillianter „Kristallnaach“ über den gewohnt schnodrigen Udo Lindenberg bis hin ja, auch bis hin zu Peter Maffay, der durchaus was zu sagen hatte.

Und auf der Rückseite dieser LP kann man dann folgenden Text lesen:

Warum ...
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2017:

In Duschgels, Peelings oder Make-up finden sich winzige Plastikpartikel, beispielsweise als Schleifmittel, Filmbildner oder Füllstoff. Aber auch flüssige und wachsartige Kunststoffe werden in Kosmetik- und Körperpflege-Produkten eingesetzt. Mit dem Abwasser gelangen die vermeintlichen Helfer in Flüsse und Meere, kein Klärwerk kann sie vollständig aufhalten.

Die Folgen: Zanderlarven futtern Mikroplastik statt Plankton. Im Kot von Seehunden und Kegelrobben, in den Därmen von Dorschen und Makrelen, in den Körpern von Miesmuscheln und Nordsee-Garnelen – überall haben Wissenschaftler den quasi unverrottbaren Werkstoff bereits nachgewiesen. Im Mittelmeer ebenso wie in der Nordsee, selbst in den entlegenen Gewässern der Arktis und der Antarktis.

Microplastics Found in Fish

Mit Ihrer Hilfe kann Greenpeace Industrie und Politik zum Handeln auffordern: Studien und Laboranalysen beweisen den Einsatz von Plastik in der Kosmetikherstellung. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen von L’Oréal und Co., auf Plastik zu verzichten, entlarvt Greenpeace als Lippenbekenntnisse und setzt sich für ein gesetzliches Verbot in Deutschland ein. Mit unserem weltweiten Netzwerk unabhängiger Greenpeace-Büros arbeiten wir daran, grenzüberschreitende Lösungen für eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit zu finden: die schleichende Vergiftung des Meeres und aller Lebewesen, die aus ihm hervorgehen, mit Plastik.(Quelle: Greenpeace.de)

Der Kampf geht weiter ! Und ab dem heutigen Tage bin ich nun Mitglied bei Greenpeace.

BackCover1

Titel:
01. BAP: Kristallnaach (BAP/Niedecken) 4.56
02. Udo Lindenberg: Commander Superfinger (Lindenberg/Kübler) 4.10
03. Ulla Meinecke: Zauberformel (Evans/Meinecke) 3.44
04. Novalis: Kleinwenig Mehr (live) (Job/Mühlböck) 3.15
05. Bots: Diese Nacht (Sanders/Lindenberg/Heirei/Walraff) 3.45
06. Konstantin Wecker: Noch lädt die Erde ein (Wecker) 3.03
07. Peter Maffay: Der Baum des Lebens (Schirmann/Zuckowski) 3.22
08. Ina Deter Band: Mit Leidenschaft (Deter) 3.39
09. Hans Hartz: Vor meinem Fenster steht ein Baum (Hartz) 3.08
10. Georg Danzer: Atlantis (Leitch/Danzer) 4.25
11. Ludwig Hirsch: Hobellied (Kreutzer/Raimund/Hirsch) 3.33
12. Marius Müller-Westernhagen: Laß uns leben (Müller-Westernhagen) 4.20
13. Hannes Wader: Reine Natur (Wader/Hoop) 3.13
14. Trio: W. W. W. (Wir wollen watt) (Remmler/Kralle/Czukay) 3.46

LabelB1

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PlastikmüllImMeer

Ohne Worte …

Band für Afrika – Nackt im Wind (1985)

FrontCover1Diese Aktion hat damals für ganz viel Furore gesorgt:

Die Band für Afrika war ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener deutscher Künstler, mit dem Ziel Spendengelder für Afrika zu sammeln. Vorbild dafür war das britische Projekt Band Aid, das Bob Geldof und Midge Ure 1984 in England organisierten.

Das Projekt wurde im Jahr 1985 initiiert. Der Text des Liedes Nackt im Wind stammt von Wolfgang Niedecken (BAP). Im Januar 1985 wurde in den Studios der FSM ein Videoclip für die Fernsehsendung Formel Eins aufgenommen. Alle beteiligten Künstler und Plattenfirmen verzichteten auf ihre Gage. Der Song erreichte Platz drei der Hitparade.

Band für Afrika trat am 13. Juli 1985 anlässlich des Live-Aid-Konzerts in Köln live auf, der Titel Nackt im Wind wurde weltweit übertragen. Außerdem wurde noch Deserteure von Wolf Maahn gemeinsam gesungen, was 1987 anlässlich der damals letzten Rockpalast-Nacht in der ARD gesendet wurde.

Nackt im Wind ist der Name eines 1985 von Herbert Grönemeyer und Wolfgang Niedecken geschriebenen Liedes. Es entstand für das Projekt Band für Afrika, das zum Ziel hatte, nach dem Vorbild des Band-Aid-Projektes um Bob Geldof (1984) ein vergleichbares deutsches Musikprojekt zu initiieren, um Geld für die Opfer der Hungersnot in Äthiopien 1984–1985 zu sammeln.

AlternativesFrontCover

Alternatives Frontcover

Um zu vermeiden, dass zu viel des eingenommenen Geldes durch die GEMA an einzelne Künstler gezahlt werden müsse (wodurch die für Spenden zur Verfügung stehende Summe gesunken wäre), kam der Song mit seinen Autoren unter dem Namen „Band für Afrika“ heraus. Tatsächlich hatten jedoch Herbert Grönemeyer (Musik) und Wolfgang Niedecken (Text) das Lied konzipiert. Niedecken hatte den Text ursprünglich für BAP geschrieben, als die Anfrage kam, ob er sich an dem Projekt beteiligen wolle. Er fand den Text passend und bot ihn bei einem Treffen in Frankfurt am Main an. Grönemeyer schrieb dann die Musik dazu.

Niedecken äußerte sich später kritisch zu seinem Text:

„Ich denke, dass man die eine oder andere Zeile überarbeiten müsste. Damals war der Text sehr stark festgemacht an den Sünden unserer Ahnen. Man kann aber auch nicht alles auf die Kolonialzeit zurückführen, was an Problemen vorhanden ist. Das ist der Kardinalfehler dieses Textes. Wenn ich ihn heute noch mal neu schreiben würde, würde ich wahrscheinlich ganz anders herangehen!“

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An den Aufnahmen beteiligten sich Künstler, die zu dieser Zeit eine besondere Popularität in Deutschland genossen. Hierzu zählten Alphaville, BAP, Ina Deter, Extrabreit, Geier Sturzflug, Herbert Grönemeyer, Gitte Haenning, Hans Hartz, Heinz Rudolf Kunze, George Kranz, Klaus Lage, Udo Lindenberg, Wolf Maahn, Peter Maffay, Ulla Meinecke, Marius Müller-Westernhagen, Münchener Freiheit, Nena, Rheingold, Rodgau Monotones, Spider Murphy Gang, Spliff, Trio und Juliane Werding.

Um dem Zweck der Platte zu dienen, verzichteten alle Beteiligten auf ihre Gagen und Tantiemen. Die Initiatoren gingen sogar noch einen Schritt weiter, indem sie durch einen besonderen Aufdruck auf der Schallplattenhülle auch den Handel in die Pflicht nahmen:

„Die Künstler legen Wert auf die Feststellung, daß wirklich niemand außer den Spendenempfängern an dieser Schallplatte profitiert. Komponist, Texter, Musiker, Produzent, Schallplattenfirma und Verlag verzichten auf jeglichen Verdienst und führen mindestens 2,00 DM pro Single (plus nachträglich anfallende GEMA-Lizenzen) als Spende auf die o.a. Konten ab. Der Schallplattenhandel wird gebeten, diesem Beispiel zu folgen.“

Nackt im Wind wurde am 21. Januar 1985 als Single und Maxi-Single veröffentlicht, die jeweils die gesungene und eine Instrumentalversion des Liedes enthielten, und erreichte akzeptable bis gute Platzierungen in den Hitlisten in Österreich (Platz 18), der Schweiz (Platz 21) und Deutschland (Platz 3). (Quelle: wikipedia)

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Da sitzen sie … alle auf einen Haufen

Wie sähe es aus, wenn Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer, Marius Müller-Westernhagen und Peter Maffay zusammen einen Song machen würden? Vor allem, wenn sie dabei von BAP, Klaus Lage, Nena, der Münchner Freiheit und Trio begleitet werden? kann man sich gar nicht vorstellen?

Gab es aber! Initiert von Herbert Grönemeyer fanden sich 1985 über 30 deutsche Popmusikerinnen zusammen, um nach Bob Geldofs Vorbild ein Hilfsprojekt für Afrika einzusingen. komponiert von Grönemeyer und getextet von Wolfgang Niedecken erreichte „Nackt im Wind“ der Band für Afrika immerhin Platz 3 in den Charts. schwer vorstellbar, dass sich diese Musiker heute noch einmal zusammen finden würden, aber damals scheint es zumindest laut beobachtung des Zeit-Journalisten Tom R. Schulz geklappt zu haben:

„Selbst Nena, die gelangweilt wie eine unterbeschäftigte Verkäuferin in der Sportabteilung eines Warenhauses in die Pedalen eines Hometrainers trat, wenn es nichts für sie zu singen gab, oder Peter Maffay, der schweren Schritts im Cowboyanzug umherstapfte, fügten sich in die Gemeinschaft ein.“

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Gitte beim „Live-Aid“ Konzert in Köln, 1985

Ein solches Starensemble der deutschen Popmusik kann nur von einem angekündigt werden: Ingolf Lück präsentierte die Band für Afrika in der „Formel eins“-Show:

Das Highlight ist aber die Live-Version zum Live Aid-event ’85. der britische Moderator von Radio One schaltet stilecht zum Kölner Dom, wo die beiden Türme erst langsam verschwinden und auf die Bühne geschnitten wird. dort kündigt eine Moderatorin an, dass die 30 Musiker gestern nacht lange zusammen gesessen hätten, um eine Erklärung zu formulieren, die Udo Lindenberg vorträgt, „wir wollen das heute mal ein bisschen konkreter und nicht nur ein paar fromme Sprüche und deswegen steht das hier auf dem Zettel.“:

Als Ergänzung habe ich eine Interview mit Wolfgang Niedecken aus dem Jahr 2010 beigefügt, in dem er u.a. auch über dieses Projekt berichtet.

Ach ja … musikalisch finde ich „Nackt im Wind“ eher dürftig … aber was soll´s… wenn die Einnahmen tatsächlich ein wenig geholfen haben … dann soll´s mir recht sein.

Besetzung;
Alphaville – BAP – Extrabreit – Geier Sturzflug – George Kranz – Gitte Hænning – Hans Hartz – Heinz Rudolf Kunze – Herbert Grönemeyer – Ina Deter – Juliane Werding – Klaus Lage – Marius Müller-Westernhagen – Münchener Freiheit – Nena – Peter Maffay – Rheingold – Rodgau Monotones – Spider Murphy Gang – Spliff – Stefan Waggershausen
Trio – Udo Lindenberg – Ulla Meinecke – Uwe Fahrenkrog-Petersen – Wolf Maahn – Richard Wester

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Titel:
01- Nackt im Wind (Grönemeyer/Niedecken) 5.11
02. Nackt im Wind (Instrumental Version) (Grönemeyer) 4.10
+
03. 03 – Interviw mit Wolfgang Niedecken – Gesellschaftspolitik, unbequeme Wege und Solidarität (2010) 23.57

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Marius Müller-Westernhagen – Das Herz eines Boxers (1982)

FrontCover1An diesem Album schieden sich damals die Geister … hier mal zwei ziemlich konträre Stimmen zu  „Das Herz eines Boxers“:

Für die wohl meisten Fans gehört „Das Herz eines Boxers“ wohl nicht zu den Klassikern von Westernhagen. Ich habe sie erst 1991 richtig kennen und schätzen gelernt. Nach den drei Deutschrock-Klassikern leitete MMW im Londoner Studio parallel zum Imagewechsel mit „Der Mann auf der Mauer“ auch einen musikalischen Wechsel ein.

Ich finde die Platte sehr gelungen. Mir gefällt gerade, daß MMW hier nicht weiter die Pfade der drei Vorgänger-LPs verfolgt, sondern neue Wege geht. Neue Keyboard-Sounds und Reggae-Einflüsse, dazu ein kleine Prise NDW ohne die dort häufig anzutreffende Schlagerhaftigkeit und eine bisweilen punkige Grundhaltung mit provozierenden Texten fügen sich zu einer gelungenen LP zusammen. Einzig „Der heilige Schwanz“ erinnert vom Klang an die drei Vorgänger.

Die Phase von 1982 bis 1987 ist für mich insgesamt die interessanteste im Schaffen von Westernhagen. Natürlich mag ich auch „Stinker“, „Pfefferminz“ oder „Radio Maria“, ich bewundere aber den Mut und die Zielstrebigkeit, welche Westernhagen in den Achtzigern trotz des relativen kommerziellen Misserfolgs an den Tag legte. Das richtige Absahnen begann erst 1989 mit „Halleluja“.

BravoAuf „Das Herz eines Boxers“ gibt es für mich nicht einen schwachen Song, dafür jede Menge Highlights, die man damals wohl noch nicht so nannte. „An den Händen einer Hure“, ein guter eindringlicher Eröffnungssong, einer Outsider-Geschichte. „Journalisten“ beschreibt in trefflicher Weise die Niederungen des Geschäfts und des Erfolgs. In dem wunderbaren Reggaesong „Dass da was war“ vertont MMW einen sehr schönen Text von Michael Schenkelberg, der seine Worte schon zu „Giselher“ auf der „Pfefferminz“ dazu steuerte. (Van den Budenmayeram)

Mit dem „Herz eines Boxers“ verließ Westernhagen radikal die gewohnten Pfade. Statt eingängigem Deutschrock mit Blues-Einschlag ging es plötzlich experimentell Richtung 80er und Neue Deutsche Welle. Diese brachiale Abkehr vom alten Sound musste sein, zu sehr hatte sich Westernhagen nach den drei vorherigen Alben festgefahren („Stinker“ war nur noch ein dünner Abklatsch von „Sekt oder Selters“). Der Imagewechsel musste also sein – nur leider hat dieser Versuch nicht funktioniert: „Das Herz eines Boxers“ ist aus künsterlischer und musikalischer Sicht ein größtenteils gescheitertes Experiment.

Dabei sind manche Texte durchaus stark, z.B. bei der persönlichen Abrechnung mit den „Journalisten“, dem etwas schrägen „Was ist los mit mir“ oder der Single-Auskopplung „Ich hab keine Lust mehr im Regen zu steh’n“. Aber musikalisch ergeben die Keyboard-Einflüsse, die Experimente mit Reggae-Sounds oder die eigenartigen Kirmes-Klänge einen Klang-Mischmasch, der weder zu Westerhagen passen möchte noch in irgendeiner Weise nachhaltig die Zeit überdauern konnte. Westernhagen wollte innovativ und modern sein, und hat ausgerechnet damit ein Album erschaffen, welches eine anhaltende Phase der Bedeutungslosigkeit einläuten sollte (gemessen am kommerziellen Erfolg).

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Marius als Schauspieler: Hier mit Karin Baal in dem Film „Der Mann auf der Mauer“ (1982)

Mir persönlich gefallen „An den Händen einer Hure“, „Dass da was war“ sowie mit Abstrichen „Was ist los mit mir“ und „Ich hab keine Lust mehr im Regen zu stehen“ ganz gut, mehr geht aber wirklich nicht. Zu wenig Rock’n’Roll, zu wenig Malocher, zu wenig Dreck – einfach zu wenig Marius. Unterm Strich ist „Das Herz eines Boxers“ nur etwas für MMW-Komplettisten; alle anderen sollten zu den (zahlreichen) besseren Alben greifen. (Niesfischam)

Nun, nachdem ich weder mit der NDW noch mit Reggae viel anfangen kann … wird verständlich, warum ich dieses Album musikalisch eher als belanglos einschätze. Wenn da nicht das großartige Saxophon-Spiel von Gary Barnacle (ein damals sehr gefragte Studiomusiker in UK) wäre.

Textlich hingegen weisß Marius Müller-Westernhagen auch auf diesem Album zu überzeugen … Der Mann hatte was zu sagen, keine Frage !

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Die Single zum Album

Besetzung:
Gary Barnacle (saxophone)
Gert Krahwinkel (guitar)
Lothar Meid (bass, synthesizer, background vocals, percussion)
Ian Parker (piano, synthesizer)
Phil Palmer (guitar)
Dolphin Taylor (drums, percussion)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, percussion)
+
background vocals:
Marlies Duncklau – Walter Lichte – Mark King – Phil Palmer

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Titel:
01. An den Händen einer Hure (Müller-Westernhagen) 4.09
02. Journalisten (Müller-Westernhagen) 3.01
03. Dass da was war (Müller-Westernhagen/Schenkelberg) 3.36
04. Spring doch schon (Müller-Westernhagen) 3.44
05. Was ist los mit mir ? (Müller-Westernhagen) 2.38
06. Hollywood (Meid/Müller-Westernhagen) 2.22
07. Rien Ne Va Plus (Müller-Westernhagen) 3.43
08. Ich hab´ keine Lust mehr im Regen zu stehen (Müller-Westernhagen) 3.16
09. Der heilige Schwanz (Müller-Westernhagen) 4.01
10. Lieber Gott (Müller-Westernhagen) 3.42
11. Friseuse (Müller-Westernhagen) 0.41
12. Der heilige Schwanz (Abspann) (Müller-Westernhagen) 0.33

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Marius Müller-Westernhagen – Stinker (1981)

FrontCover1Mit diesem Album gelang dem Marius Müller-Westernhagen wohl endgültig der kommerzielle Durchbruch:

Sein schauspielerischer Durchbruch gelang Marius Müller-Westernhagen mit dem 1976 gedrehten Film Aufforderung zum Tanz als „Theo Gromberg“. Die Geschichte um die Fernfahrer Gromberg und Goldini (der Italiener Goldini wurde vom späteren Lindenstraßen-Darsteller Guido Gagliardi verkörpert) fand 1980 ihre bedeutend erfolgreichere Fortsetzung im Kino-Film Theo gegen den Rest der Welt. Dieser Film unter der Regie von Peter F. Bringmann wurde zum erfolgreichsten Film des Jahres und mit fast drei Millionen Zuschauern auch einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilme überhaupt. Im selben Jahr erhielt Müller-Westernhagen den Ernst-Lubitsch-Preis für seine darstellerische Leistung. Zu dieser Zeit befand sich Müller-Westernhagen auf dem Höhepunkt seines schauspielerischen Ruhms.

Neben den Musikalben nahm Westernhagen, der in jungen Jahren mehrfach für den Hörfunk als Hörspielsprecher tätig war, Tonträger mit gesprochenen Texten auf, einmal Texte von Wolfgang Borchert, dann das musikalische Märchen Peter und der Wolf und Die Geschichte von Babar, dem kleinen Elefanten von Francis Poulenc.

Nach zwei weiteren erfolglosen LPs bekam seine musikalische Karriere mit dem 1978 erschienenen Album Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz Aufwind. Es entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Produzenten und Bassisten Lothar Meid, erreichte hohe Verkaufszahlen und verkaufte sich bis heute über 1,5 Millionen Mal.

Als Musiker fiel er zunehmend durch häufig sehr provokante Texte auf. Das gesellschaftskritische[8] Lied Dicke, in dem Westernhagen auf Diskriminierung aufmerksam machen und „den Leuten“ „einen Spiegel vorhalten“ wollte, indem er Beleidigungen, Vorurteile und Klischees aneinanderkettete, wurde von vielen so interpretiert, als wolle er sich diese Ansichten zu eigen und sich über fettleibige Menschen lustig machen, sodass einige Radiosender es nicht spielten. In einem anderen Titel thematisierte er die damalige Hysterie um die RAF-Terroristen (Grüß mir die Genossen). An den massiven Erfolg des Pfefferminz-Albums konnte er einige Jahre nicht mehr anschließen, obwohl die Nachfolge-LPs Sekt oder Selters (1980) und Stinker (1981) kommerziell erfolgreich waren. (Quelle: wikipedia)

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Nach „PFEFFERMINZ“, HALLELUJA und dem grandiosen Neuling IN DEN WAHNSINN gehört STINKER mit zu den besten Alben die Marius je aufgenommen hat. „Ladykiller“, der heute als Klassiker bezeichnet werden darf setzt den Anfang eines aufregenden Werks. Man hört es Marius an das er bei dieser Aufnahme viel Spaß gehabt haben muß. „Das du mich verlässt“ ist noch treibender und härter als der Opener. Mit „Von drüben“ folgt ein weiterer MMW- Klassiker der von einem Ossi handelt der sich nun im Westen aufhält und von dessen Gemühtslage erzählt. So wie bei „Herr D.“ wurden Marius‘ Stimmbänder bestimmt noch nie beansprucht. Er schreit was das Zeug hält und bei diesem Song geht ihm einfach alles und jeder auf die Nerven. Ein Highlight der Platte kommt dann mit dem düsteren Juwel „Sei Stark“, das durch den krassen Text und das stimmige Schlagzeug geprägt wird. „Sex“ kann man mit viel Lärm umschreiben. Ein wenig Gestöhne hier und da dem sich am Ende ein Satz von Marius anschließt indem er selbst sagt das er wohl kein Wort von dem verstanden hat was er da gerade gesungen hat. „Ich liebe dich“ ist eine seiner schönsten Balladen und fügt sich wunderbar in das Album ein. „Rosi“ sowie „Lulu“ rocken wieder was das Zeug hält und hier erkennt man sogar Reggae-Einflüsse. Mit der beste Song des Albums bildet den Abschluß. Das bluesige „Loch in der Tasche“ wurde auch auf den späteren Live-Konzerten zum absoluten Abräumer der jede Halle zum kochen brachte.
STINKER ist ein grandioses sechstes Studioalbum von Westernhagen dessen Gesamtsound härter war als bei allen Alben zuvor. Ich würde sogar behaupten das nur JAJA und IN DEN WAHNSINN annähernd das Tempo dieser fantastischen Platte erreichen können. Die wenigen Balladen sind dafür umso besser, die Texte sind sehr giftig und….wenn ich jetzt nicht aufhöre sitze ich wahrscheinlich noch Morgen hier.  /schreibt da so ein Amazon Kunde …)

Musiker

Erwähnen muss ich noch die illustre Schar der Begleitmusiker und natlich fällt mir da insebesondere Nick Woodland ein … der mit seinem süffigen Gitarrenspiel wahre Veredlungsarbeit geleistet hat.

Und dann sind da noch Lothar Meid, Olaf Kübler, Klaus Voormann und Jimmy Jackson (der hatte schon bei Parrport und Embryo musiziert) !

Single

Die Single zum Album

Besetzung:
Jimmy Jackson (keyboards, percussion)
Olaf Kübler (saxophone)
Lothar Meid (bass, synthesizer)
Marius Müller-Westernhagen (vocals, Percussion)
Charlie Terstappen (drums, percussion)
Alan Than (percussion, drums bei 08.)
Tom Winter (percussion harmonica, background vocals)
Nick Woodland (guitar, percussion, background vocals)
+
Klaus Voormann (bass bei 01., 03. + 07.)
+
background vocals:
Christina Harrison – Gitta Walther

BackCover

Titel:
01. Ladykiller 4.07
02 Daß du mich verlässt 2.29
03. Von drüben 4.49
04. Herr D. 2.55
05. Sei stark 4.51
06. Sex 2.54
07. Ich liebe dich 2.57
08. Rosi 5.46
09. Lulu 3.41
10. Ein Loch in der Tasche 3.51

Musik und Texte: Marius Müller-Westernhagen

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