Die Ärzte – Devil (Debil) (2005)

DevilFrontCover1Punk Musik wird hier ja eher stiefmütterlich behandelt, bzw. grob vernachlässigt (ich gelobe Besserung):

Die Ärzte ist der Name einer deutschsprachigen Band aus Berlin. Sie gehört neben der Düsseldorfer Band Die Toten Hosen zu den kommerziell erfolgreichsten deutschen Musikgruppen mit Wurzeln im Punkrock.

Gegründet wurde die Band im Jahr 1982, im Jahr 1988 wurde sie aufgelöst. Seit der Reunion 1993 besteht sie aus Farin Urlaub (bürgerlich Jan Vetter), Bela B (bürgerlich Dirk Felsenheimer) und Rodrigo González.

Debil ist das erste Studioalbum der deutschen Punkrock-Band Die Ärzte, das 1984 erschien. Am 21. Oktober 2005 wurde das Album unter dem Titel Devil wiederveröffentlicht, nachdem 2004 die Indizierung des Albums aufgehoben worden war.

Nach der noch beim Berliner Label Vielklang veröffentlichten EP Uns geht’s prima… nahm CBS Records die Berliner Punkband unter Vertrag. Das resultierende Album wurde in nur 13 Tagen eingespielt, produziert von den Ärzten und Stan Regal. Paul wurde als erste Single ausgekoppelt, ohne sich in den Singlecharts zu platzieren. Das Album blieb trotz zahlreicher begleitender Berichte in der Jugendzeitschrift Bravo lediglich ein Achtungserfolg. Durch zahlreiche Live-Auftritte und Tourneen konnte sich die Band allerdings nach und nach eine Fanbasis erspielen.

Die Ärzte02

Debil war drei Jahre im Handel, bevor es 1987 wegen der Lieder Claudia hat ’nen Schäferhund und Schlaflied von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS, heute: BPjM) auf die Liste der jugendgefährdenden Schriften (Indizierung) gesetzt wurde. Der Indizierung war Anfang 1987 die Indizierung des späteren Albums Die Ärzte wegen des dort enthaltenen Liedes Geschwisterliebe vorausgegangen, woraufhin auch frühere Veröffentlichungen der Band auf jugendgefährdende Inhalte überprüft wurden. Als Begründung für die Indizierung von Debil wurde angegeben, dass die beiden beanstandeten Titel „sozialethisch desorientierend“ wirken würden. Die Lieder würden eine „verrohende Wirkung“ ausüben und entließen den Hörer „im Zustand angespannter, latenter Aggressivität“. Claudia hat ’nen Schäferhund würde zudem auf „deviante Formen geschlechtlicher Befriedigung“ hinweisen. Der Text handelt von einem Mädchen namens Claudia, die sich ihre sexuelle Befriedigung durch den Geschlechtsverkehr mit einem Schäferhund holt. Die BPjS begründet weiter: „Zwar wird in der letzten Strophe auf die Gefahr des Verharzens hingewiesen, dennoch wird der Gesamteindruck vermittelt, geschlechtliche Kontakte mit einem Schäferhund überträfen bei weitem heterosexuelle Befriedigung.“ Das Schlaflied dagegen würde Gewalt „selbstzweckhaft darstellen“. Das Album durfte daher nur noch an Erwachsene abgegeben werden und unterlag einem Werbeverbot. Die beiden beanstandeten Lieder wurden später auch auf dem Minialbum Ab 18 veröffentlicht.

Single2

Nachdem die Indizierung am 30. November 2004 aufgehoben worden war, da die BPjM den Liedern im Rückblick eine „satirische Form“ attestierte und das Album vor dem Hintergrund der heutigen Medienerfahrungen Jugendlicher neu bewertete, kann das Album Debil wieder uneingeschränkt käuflich erworben werden.

Auf den LP- und MC-Veröffentlichungen des Albums sind die beiden Seiten des Albums als „Jungs“- bzw. „Mädchenseite“ betitelt. Noch vor dem ersten Lied ist auf beiden Seiten der Satz „Ey, du Blödmann, du hast die falsche Seite aufgelegt!“ zu hören. Auf den CD-Veröffentlichungen ist weder der Satz noch die geschlechterspezifische Zuordnung der Seiten enthalten.

Der Titel Ärzte-Theme wird im Film Richy Guitar mehrmals zitiert. Die Filmversion befindet sich u. a. auf der Neuveröffentlichung Devil.

Claudia hat ’nen Schäferhund wurde mit den Liedern Claudia II (hier wird der sexuelle Verkehr mit Pferden thematisiert) vom Minialbum Ab 18 und Claudia III (diesmal ist der Partner ein Mann) vom Livealbum Nach uns die Sintflut fortgesetzt. Mit Claudia (Teil 95) aus ihrem Comeback-Album Die Bestie in Menschengestalt, dessen einzige Textzeile „Claudia … ist tot“ und das Sample „Ja, er starb“ ist, wurde das Thema beendet.

Sticker

Drei der Bonustracks entstammen dem Soundtrack zum Film Richy Guitar. Claudia hat ’nen Schäferhund ist hier in seiner Ur-Version vertreten, welche 1983 auf dem Tapesampler Unikum Nr. 2 erstmals veröffentlicht wurde. Das Lied Füße vom Tisch wurde 1983 von Farin und Bela unter dem Pseudonym „Die Ulkigen Pulkigen“ im Rahmen der Aufnahmen für den Sampler Pesthauch des Dschungels aufgenommen, war bisher aber offiziell unveröffentlicht. Allerdings erschien es bereits vorher auf einem Bootleg der Doktorspiele-Reihe. Es kam in Umlauf, weil Farin Urlaub einige Tapes für enge Freunde kopiert hatte. Als CD-ROM-Part wurde ein Live-Video des Liedes Teddybär vom 17. Juli 1983 aus der Hasenheide, Berlin aufbereitet und ein Video von Schlaflied in einer Unplugged-Version von 2002 auf der CD veröffentlicht. Letzteres entstammt der Session zu Rock ’n’ Roll Realschule, konnte aber auf Grund der damals noch bestehenden Indizierung nicht auf der CD- beziehungsweise DVD-Version des Albums erscheinen.

Die Neuveröffentlichung unter dem Namen Devil wurde am 21. Oktober 2005 von Sony Music Entertainment veröffentlicht. Sie enthält ein 24-seitiges Booklet sowie bis dahin unveröffentlichte Bonustracks und einen CD-ROM-Part mit zwei Videoclips. Die ausführlichen Linernotes stammen vom Journalist Ingo Neumayer, der auch den Pressetext verfasst hatte

Die Neuveröffentlichung konnte sich im Gegensatz zur Erstveröffentlichung in den deutschen Charts auf Platz 5 platzieren. In Österreich und der Schweiz erreichte das Album die Top 100. Anlässlich dieser Wiederveröffentlichung lobte Marcus Schleutermann im Rock Hard Titel wie Paul und Zu spät als „Klassiker, die noch heute zu jedem Konzert gehören“. Weiterhin fasste er das Album als „charmant dilettantische Mischung aus Punk, Wave und Neuer Deutscher Welle“ zusammen.

Single1

Jetzt mal schön aufpassen, liebe Kinder, der Onkel hat was zu erzählen. Es betrug sich zu einer Zeit, als Rodrigo Gonzalez gerade einmal 16 Jahre alt war, 1984 nämlich, da erschien das erste Album einer Berliner Newcomerband namens Die Ärzte, eingespielt in sagenhaften acht Tagen: „Debil“. Drei Jahre lang konnte man es auf Vinyl und Muskkassette käuflich erwerben, danach wurde es verboten, aber dazu später mehr.

Statt Rod bediente seinerzeit ein knuffiger BWLer namens Sahnie den Bass und nicht lange nach Erscheinen des Albums wurde die Band von den Mädchen verehrt und von den Jungs aus nahe liegenden Gründen beneidet. Als ich in das Alter kam, in dem man sich brav mit Signierstift an den Hinterausgang von Konzertorten stellte, erwischte auch ich einmal die frisch reformierten Ärzte, eine „Paul“-Single mitführend.

Drummer Bela ließ sich sogleich zu einem kleinen Vortrag über die geringe Anzahl jener „Debil“-Single inspirieren, und plötzlich hatte auch Neu-Basser Rod darauf unterschrieben, was so zwar nicht vorgesehen war, aber egal. Die Aufregung. Jedenfalls übermalte der Sahnie-Nachfolger das „b“ des „Debil“-Schriftzuges auf dem rückseitig abgedruckten Albumcover mit einem „v“. „Devil“ statt „Debil“: Sicher hätte damals keiner der drei Herren damit gerechnet, dass der kleine Signiergag jemals Realität werden bzw. „Debil“ je wieder in den Handel zurück kehren könnte. Seit dem 30. November 2004 ist dies nun ausdrücklich erlaubt.

Sticker2

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (seinerzeit: Schriften) erkannte an jenem Tag des vergangenen Jahres offiziell die „satirische Form“ der Lieder „Claudia Hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ an, die von „heutigen Jugendlichen aufgrund deren Medienerfahrung ohne Schwierigkeit als Fiktion“ eingeordnet würden. „Verrohungseffekte“ seien im Gegensatz zu 1987 auch nicht mehr zu vermuten. Klar, darum kümmern sich heute schließlich die Bösewichter von Aggro Berlin unter Verwendung von Songtiteln wie „Fick Rap“ und „Nutte Bounce“ mit einigem Erfolg.

Die beinahe zu Tränen rührende Begründung der Kontrollinstanz mal beiseite gelassen, gehört „Debil“, pardon, „Devil“ samt seiner ganzen Hits („Zu Spät“, „Paul“, „Mädchen“, „Mr. Sexpistols“ und die anderen neun) sicher in jeden deutschen Pop-Plattenschrank. Denn: Ohne „Debil“ kein bestes deutschsprachiges Album des Jahres 1984, ohne „Debil“ kein größter Ärzte-Hit ever, ohne „Debil“ keine offizielle Ärzte-Homepage namens bademeister.com.

Booklet03

In einer Zeit aber, wo das deutsche Fernsehprogramm noch nicht mit unsäglichem Comedy-Müll verpestet und „Die Supernasen“ als Speerspitze deutschen Humors erachtet wurden, musste die ungezwungene Dreistigkeit und der jungfräuliche Witz eines Albumdebüts der Marke „Debil“ zwangsläufig aufhorchen lassen. Im Musikbereich sah es ja nicht besser aus: Nino de Angelo fabulierte über einen Ort „jenseits von Eden“, Nenas Rocksound klang damals schon „irgendwie, irgendwo, irgendwann“ jenseitig und Klaus Lage röchelte weiter eisern nach „1000 und 1 Nacht“.

Unter all diese handzahmen Wolkenschieber mischten sich plötzlich drei Anfangszwanziger, die so gar nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit an das Kulturgut Popmusik heran traten und Liedtexte verfassten, in denen sowohl Schwimmaufseher und Supermarkt-Kassiererinnen, als auch Cowboys und Monster zu Helden mutieren. Ein Sammelsurium an Themen, das natürlich nicht frei von Ironie-Schüben kommunizierbar war. Oder doch? Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften stellte sich dem Teenagerspaß 1987 schließlich entschieden in den Weg, mit der Begründung, die Inhalte der Songs „Claudia Hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ führten bei Jugendlichen zu „sozialethischer Desorientierung“.

Eintrittskarte

Genauer: In „Claudia“ würde „der Gesamteindruck“ vermittelt, „geschlechtliche Kontakte mit einem Schäferhund überträfen bei weitem heterosexuelle Befriedigung“. Das „Schlaflied“ wiederum werde „dominiert von den oralen, reißenden und destruktiven Kräften eines Monsters und entlässt den Zuschauer im Zustand angespannter, latenter Aggressivität.“ Wie Journalist Ingo Neumayer in seiner erfrischenden Booklet-Eloge treffend feststellt, wurde in den 80ern überraschenderweise kein Skandal bekannt, wonach „Ärzte-Fans lüstern ihre Haustiere besprangen oder zu nachtaktiven Eingeweide-Gourmets“ mutierten.

Nun soll es ja bis heute Menschen geben, denen „Debil“ auf Plattenbörsen bislang immer zu teuer war, und all jene sind mit „Devil“ sicher bestens bedient. Und die heutigen Ärzte wären nicht sie selbst, würden sie dem Re-Release nicht noch ein paar Gimmicks aufhalsen. So bekommt der eher ungeliebte Ex-Bassist einen Cover-Heiligenschein und die Tracklist ein Update verpasst. Dass manch unveröffentlichter Song sein Schicksal nicht ohne Grund erlitt, beweist allerdings die bisherige Bootleg-Nummer „Füße Vom Tisch“ nachdrücklich, und auch die „Richy Guitar“-Versionen von „Grace Kelly“ oder „Teenager Liebe“ liefern keinen nennenswerten Mehrwert.

Da wären „Erna P.“ oder Frühwerk-Phantome wie „Jack, Der Schlitzer“ und „Eva Braun“ vielleicht spannender gewesen, wobei, vielleicht auch nicht (siehe „Füße Vom Tisch“). Etwas mehr Mühe machten sich Die Ärzte mit der visuellen Aufbereitung eines Liveauftritts von 1983, der nun den Song „Mein Teddy“ auf PC-Monitore zaubert. Im Endeffekt sind das aber alles nur schnöde Ablenkungen vom Thema, von der raubeinig wie zärtlichen Teenager-Offensive dreier Jung-Berliner in Form von dreizehn Songs, deren Weg zum Klassikerstatus weder Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit („Paul“), noch staatliche Gremien verstellen konnten. (Michael Schuh)

Nun ja, ich war überrascht, dass die Musik dann doch relativ zivilisiert ist (die Toten Hosen ließen es damals noch ganz anders krachen !) und sie Surf Musik der 60er Jahre kannten sie ach („El Cattivo“) weniger überrascht war ich, dass ich halt damals wie heute nicht zur Zielgruppe dieser Musik gehöre und „Claudia hat ’nen Schäferhund“ finde ich weiterhin geschmacklos.

LPBackCover1

Besetzung:
Bela B. (drums, vocals)
Sahnie (bass, guitar, vocals)
Farin Urlaub (guitar, bass, vocals)

Booklet12+13

Titel:

Jungsseite:
01. Ärzte-Theme (instrumental) (Felsenheimer/Runge/Urlaub) – 2:00
Scheißtyp (Felsenheimer/Felsenheimer) – 2:58
Paul (Urlaub/Urlaub) – 2:26
Kamelralley (Runge/Felsenheimer, Runge, Urlaub) – 4:00
Frank’n’stein (Felsenheimer/Felsenheimer) – 2:38
El Cattivo (Urlaub/Urlaub) – 3:12
Claudia hat ’nen Schäferhund (Urlaub/Urlaub) – 1:58

Mädchenseite:

Mädchen (Urlaub/Urlaub) – 2:55
Mr. Sexpistols (Felsenheimer/Felsenheimer) – 3:14
Micha (Urlaub/Urlaub) – 2:52
Zu spät (Urlaub/Urlaub) – 2:43
Roter Minirock (Urlaub, Runge/Urlaub, Runge) – 2:15
Schlaflied (Urlaub/Urlaub) – 4:13
+
Teenager Liebe (Richy-Guitar-Version featuring Axel Knabben) (Urlaub/Urlaub)
Grace Kelly (Richy-Guitar-Version) (Urlaub/Urlaub)
Ärzte-Theme (Richy-Guitar-Version featuring Axel Knabben) (Felsenheimer, Runge, Urlaub)
Claudia hat ’nen Schäferhund (Version vom Unikum-Tapesampler) (Urlaub/Urlaub)
Füße vom Tisch (bisher unveröffentlicht) (Felsenheimer, Urlaub/Felsenheimer, Urlaub) / Sahnie’s Collective Wisdom (Hidden Track) (Runge)

DevilCD1

Labels

*
**

MC2A

Mehr von den Ärzten:
Mehr

Die offizielle Website:
Website

Die Ärzte – Planet Punk (1995)

FrontCover1Punk Musik wird hier ja eher stiefmütterlich behandelt, bzw. grob vernachlässigt (ich gelobe Besserung):

Die Ärzte ist der Name einer deutschsprachigen Band aus Berlin. Sie gehört neben der Düsseldorfer Band Die Toten Hosen zu den kommerziell erfolgreichsten deutschen Musikgruppen mit Wurzeln im Punkrock.

Gegründet wurde die Band im Jahr 1982, im Jahr 1988 wurde sie aufgelöst. Seit der Reunion 1993 besteht sie aus Farin Urlaub (bürgerlich Jan Vetter), Bela B (bürgerlich Dirk Felsenheimer) und Rodrigo González.

Die Ärzte01Nach der Auflösung erschien 1989 die LP Die Ärzte früher!, die neben alten Sampler-Beiträgen und Liedern der ersten Platten zwei zuvor unveröffentlichte Titel enthielt.

Von 1988 bis 1993 versuchten sich Farin und Bela mit den Bands King Køng und Depp Jones (erst „S.U.M.P.“), doch der kommerzielle Erfolg blieb in beiden Fällen aus. Dagegen verkauften sich die Platten der Ärzte in der Zeit der Trennung besser als in den Jahren zuvor, als die Band noch existierte.

1990 trafen sich Bela und Farin noch einmal im Studio. Unter dem Pseudonym „Bela B. & Jan“ nahmen sie das Lied Wir brauchen… Werner als Soundtrack zum Film Werner – Beinhart! auf.

1993 beschlossen Bela B. und Farin Urlaub zusammen mit dem Depp-Jones-Gitarristen Rodrigo González am Bass die Neugründung der Band. Ihre neue Plattenfirma suchten sie mit einer ganzseitigen Anzeige („Beste Band der Welt sucht Plattenfirma“) in der Zeitschrift Musik Markt. Die Ärzte entschieden sich schließlich für Metronome. Außerdem erwarb Bela bei der Beckenfirma Paiste einen Endorsement-Vertrag, der ihm das Equipment für Konzerte, Proben und Aufnahmen zusicherte. Durch Rodrigo lernte Farin Urlaub den Gitarrenbauer Thomas Harm kennen, der für ihn Gitarren nach seinen Vorstellungen als Unikate anfertigte. Es wurde das Album Die Bestie in Menschengestalt aufgenommen, mit dem die Rückkehr der Ärzte gelang. Die erste Singleauskopplung Schrei nach Liebe griff den aufkeimenden Rechtsextremismus im vereinten Deutschland auf. Zwischen Oktober 1993 und August 1994 spielten sie zunächst auf der Plugged-Tour und anschließend auf der namentlich an den Sat.1-Film-Film angelehnten Tour Tour insgesamt 155 Konzerte.

Es folgte 1994 das erste Best-of-Album Das Beste von kurz nach früher bis jetze mit vielen alten Liedern. Es wurden aber auch B-Seiten und einige Samplerbeiträge aus den 1980ern für das Jugendmagazin Moskito auf dem Doppelalbum zusammengefasst. Für das Kiss-Tributealbum Kiss My Ass nahm die Gruppe 1994 den Kiss-Titel Unholy mit in die deutsche Sprache übertragenem Text auf und flocht Elemente des Disco-Hits I Was Made for Lovin’ You mit ein. Diese Coverversion wurde auf der Limited Edition des Albums, die auf einer roten Schallplatte erschien, auch in den USA veröffentlicht.

Das zweite Studioalbum nach der Reunion, Planet Punk, wurde am 18. September 1995 veröffentlicht. Um den Namen gab es zuvor eine lange Diskussion; das Ergebnis war ein Kompromiss, mit dem niemand wirklich zufrieden war. Allerdings löste der Name eine Diskussion aus, was die Ärzte eigentlich noch mit Punk zu tun hätten. Das Album selbst geriet um einiges punkiger und experimenteller als die vorherigen.[13] Als Promotion wollten die Ärzte Plakatwände ohne jeglichen Text mit Nacktfotos von Bela B. und Farin Urlaub und einem völlig überbekleideten Rodrigo González bekleben. Die Idee wurde jedoch nicht umgesetzt. Die Nacktbilder wurden einige Jahre später für Konzerttickets benutzt. Dem Album folgte dann schließlich die Tour Eine Frage der Ehre. (wikipdia)

Die Ärzte02

Planet Punk ist also das sechste Studioalbum der deutschen Punkrock-Band Die Ärzte. Es erschien am 15. September 1995.

Schunder-Song (B-Seiten: Is ja irre, Regierung und Unholy) und Hurra (B-Seiten: Sex Me, Baby, Warrumska, Ekelpack (Live-Version) und Eine Frage der Ehre) waren die beiden Singleauskopplungen; zu Rod ♥ You gab es ein Video, das auch häufig auf VIVA und MTV zu sehen war, jedoch wurde dazu nur eine Promo-Single für Radiostationen veröffentlicht. Der Schunder-Song, einer der größten Hits, wurde nach dem Crewmitglied und DRM-Mitarbeiter Erik Schunder benannt. In ihm geht es um Mobbing und Rachegefühle. Hurra beschreibt eine heile Welt, in der alle Probleme Vergangenheit sein sollen. Am Ende des Liedes kommt Booklet11+12Aein gesprochener Ausschnitt von Scott Mosier („That’s beautiful, man.“) aus dem Film Clerks – Die Ladenhüter von Kevin Smith.

Das Soundsample am Ende von Geh mit mir stammt aus der Familie-Feuerstein-Episode Fröhliche Musikanten (Season 1, Episode 2), gesprochen von der Figur Hot Lips Hannigan. Im Original beginnt das Sample mit dem Satz „Und nun, Leute, stellt der Mann mit der granitenen Kehle die Musikalische Frage:“. Dieser Teil wurde später im Song Vokuhila Superstar auf dem Album Le Frisur verwendet.

Mein Freund Michael macht sich über Michael Schumacher lustig; unter anderem wird die Monotonie von Formel-1-Rennen parodiert, bei denen er „immer im Kreis“ fahre; die Sprechinstanz habe für ihn eine Lebensversicherung auf ihren Namen abgeschlossen. Am Schluss wird eine Sequenz von Michael Schumacher selbst aus einem Renault-Werbespot eingespielt, in der er sagt: „Ich hab’ noch lange nicht genug!“. Der Text wurde nicht im Booklet abgedruckt, stattdessen sind nur schwarze Zensurstriche zu sehen. Die Band begründete die Entscheidung damit, dass die für den Druck zuständige Firma nahe Verbindungen zu Ferrari hatte und es zu riskant erschien, den Text dort vor der Veröffentlichung bekannt werden zu lassen.

Die Titel 1, 9 und 17 beginnen und/oder enden jeweils mit einem Spruch aus dem Film UHF – Sender mit beschränkter Hoffnung von Weird Al Yankovic.

Der Begriff Misanthrop stammt aus dem Griechischen und heißt übersetzt „Der Menschenfeind“.

Nazareth hat weder mit Jesu Heimatstadt noch mit der gleichnamigen Band zu tun, sondern handelt von einem Menschen, der Nasensekret isst. Laut Booklet ist das Lied ein „besonderer Gruß an die Veganerbewegung“, der Bela B. seit 2011 selbst angehört.

Single1

Im Song Meine Ex(plodierte Freundin) kommen die Zeilen: „Sie hatte einen süßen Körper, so wie der eine von den Krupps, wie hieß er noch?“. Die Antwort auf diese Frage, der Ausspruch „Dörper!“ wird von Ralf Dörper selbst gesprochen. Die Antwort auf die Zeile „Grad eben lag sie neben mir, jetzt liegt sie überall“, nämlich „im Raum verteilt“, stammt von Heinz Strunk. Er spielte außerdem die Querflöte in diesem Lied und in Rod ♥ You. Außerdem findet sich im Lied Meine Ex(plodierte Freundin) ein Hinweis auf das Lied Außerirdische vom Ärzte-Album Das ist nicht die ganze Wahrheit…: „Die nächste wurde dann von Außerirdischen entführt“.

Der Titel B.S.L. steht für „Brutal schneller Lärm“, Trick 17 m.S. heißt im Klartext „Trick 17 mit Selbstüberlistung“.

Booklet13+14

Der Co-Gesang in Geh mit mir und Backing Vocals in Rod ♥ You stammen von Jasmin Tabatabai von der Band Even Cowgirls Get the Blues. In Rod ♥ You ist auch die Sängerin Chichi zu hören, sie spricht außerdem die weibliche Stimme in Die Banane.
Gestaltung

Auf dem Cover, gestaltet von Schwarwel findet sich eine orangefarbene Weltkugel mit goldenen Kontinenten darauf. Sie wurde verziert durch die Punk-Attribute Irokesenschnitt, Sicherheitsnadel und Piercing. Das Album wird als Digipack vertrieben.

Im Booklet mit Fotos von Olaf Heine finden sich neben den Texten auch einige persiflierte Werbeanzeigen. Es ist wie eine fiktive Zeitschrift aufgebaut. Dabei handelt es sich um die „Jubiläumsausgabe“ von Planet Punk, dem Magazin für Punkerinnen, Punks, Punkrocker und deren Freundinnen (No.2). Auf der Rückseite findet sich das Bild einer Rasierklinge und die Worte „100 Jahre Punkrock – 1895–1995“. (wikipedia)

Single2

Nachdem sie in ihren frühen Jahren vor allem durch ihre provokanten Texte aufgefallen waren, machten die Ärzte ab Mitte der 90er auch durch kompositorische Großtaten von sich reden. Planet Punk (’95) markiert den Beginn der zweiten Ärzte-Ära, in der abgefahrene, experimentelle Songstrukturen genauso selbstverständlich wurden wie bissig-humorvolle Texte, die millimetergenau den Zeitgeist treffen.

„Mein Freund Michael“ oder „Opfer“ sind grandiose, fast schon programmmusikalische Allround-Kracher, die endgültig klarstellen, dass ’ne rotzige Punkband sich nicht zwangsläufig an die bewährten drei Akkorde klammern muss. Dazu kommen noch massenweise geniale Ohrwurmhymnen der Marke „Schundersong“ und „Meine Ex(-plodierte) Freundin“, die ihre ebenfalls vorhandenen, anspruchsvollen Elemente hinter umwerfenden Melodien verstecken. Der eine oder andere Lückenfüller lässt sich zwar nicht wegdiskutieren, die Herren Felsenheimer und Gonzalez können es in Sachen Songwriting mit Mastermind Urlaub nicht ganz aufnehmen, letztlich bleibt Planet Punk aber das beste Album, das die Berliner bislang eingeschnoddert haben. (Michael Rensen)

Das mag ja so sein … dennoch werde ich mit diesem Ärzte Album nict so recht warm … ich vermute mal stark, dass dies am Alter liegt und an den damit verbundenen anderen Lebenserfahrungen bzw. Themen des jeweiligen Lebensalters.

BackCover1

Besetzung:
Bela B. Felsenheimer (drums, vocals)
Rodrigo González (bass, guitar, vocals)
Farin Urlaub (guitar, bass, vocals)
+
Ritchie Barton (keyboards)
+
Radio-Symphonie-Orchester Berlin (strings)
+
Euro Horns (brass)
+
background vocals:
Gerdie – Jörg – Nils – Robert

Booklet03+04

Titel:
01. Super drei (González/Urlaub/Bela B.) 2.17
02. Schunder-Song (Urlaub) 3.05
03. Hurra (Urlaub) 3.27
04. Geh mit mir (Bela B.) 2.28
05. Langweilig (Urlaub) 3.07
06. Mein Freund Michael (Urlaub) 3.38
07. Rod ♥ You (Bela B./González) 3.26
08. Der Misanthrop (Urlaub) 3.22
09. Vermissen, Baby (González/Bela B.) 3.38
10. Nazareth (Bela B.) 4.20
11. Meine Ex(plodierte Freundin) (Urlaub) 3.39
12. Die Banane (Bela B./González) 4.32
13. B.S.L. (Urlaub) 2.33
14. Die traurige Ballade von Susi Spakowski (Bela B.) 4.00
15. Red mit mir (Urlaub) 3.59
16. Trick 17 m.S. (Urlaub) 3.05
17. Opfer (Urlaub) 3.01

CD1

*
**

Klar, Merchandising:
Booklet20+21

Mehr von den Ärzten:
Mehr

Die offizielle Website:
Website

Die Ärzte – Live in München ’94 (1994)

FrontCover1Keine Frage: die deutsche (Punk-) Rockmusik wäre ohne „Die Ärzte“ deutlich ärmer. Es gibt sie bis heute, allerdings hatten sie sich 1988 schon mal getrennt, aber …

1993 beschlossen Bela B. und Farin Urlaub zusammen mit dem Depp-Jones-Gitarristen Rodrigo González am Bass die Neugründung der Band. Ihre neue Plattenfirma suchten sie mit einer ganzseitigen Anzeige („Beste Band der Welt sucht Plattenfirma“) in der Zeitschrift Musik Markt. Somit konkurrierten einige Plattenfirmen um das beste Angebot, die Ärzte entschieden sich für Metronome. Außerdem erwarb Bela bei der Beckenfirma Paiste einen Endorsement-Vertrag, der ihm das Produkt für Konzerte, Proben und Aufnahmen zusicherte. Durch Rodrigo lernte Farin den Gitarrenbauer Thomas Harm kennen, der für ihn Gitarren als Unikate nach seinen Vorstellungen anfertigte. Es wurde das Album Die Bestie in Menschengestalt aufgenommen, mit dem die Rückkehr der Ärzte gelang. Die erste Singleauskopplung Schrei nach Liebe griff den aufkeimenden Rechtsextremismus im vereinten Deutschland auf. Zwischen Oktober 1993 und August 1994 spielten sie zunächst auf der Plugged-Tour und anschließend auf der namentlich an den Sat.1-Film-Film angelehnten Tour Tour insgesamt 155 Konzerte.

TicketUnd eins dieser Konzerte führten sie nach München, wo sie in der damals sehr beliebten TV-Sendung „Live aus dem Alabama“ auftraten. Und natürlich wurde dieser Mitschnitt überall mitgeschnitten und so kam es, wie es kommen sollte: Ein Bootleg von diesem Auftritt erschien.

Dazu muss man aber wissen, dass die Ärzte zu bootlegs ein ziemlich entspanntes Verhältnis haben. Es gibt da sogar eine Seite im Internet (kill-them-all), wo man sich tonnenweise mit Bootlegs von dieser Band versorgen können. Die Philosopie der Macher dieser Seite:

„Kill-Them-All wird von den die Ärzte unterstützt, um Bootleggern das Handwerk zu legen bzw. deren Geschäft zu vermiesen. Kill-Them-All soll Euch nicht als Anreiz dienen Konzerte mitzuschneiden. Mitschneiden ist und bleibt auch auf die Ärzte-Konzerten verboten. Wer ein Konzert mitschneidet, macht das immer auf eigene Gefahr und muss mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Genauso sind Anfragen bei HAR bzw. Medienanstalten nach Aufnahme-Erlaubnissen o.Ä. zwecklos und ohne Erfolgsaussicht.“

Die Macher der eben Seite schreiben über diese Aufnahme:

„Enthält einen TV-Mitschnitt des Konzertes in der Alabamahalle, München am 07.03.1994, der im Rahmen der Show „Live aus dem Alabama“ übertragen wurde. „Schrei nach Liebe“ stammt nicht von der TV-Übertragung, sondern von einem Publikumsmitschnitt.“ (Schade, denn „Schrei nach Liebe“ ist für wohl einer der bedeutendsten Ärzte-Songs !)

Und wir bekommen, was wir verdienen, wenn wir uns die Ärzte anhören: Überdrehter Brachial-Rock vom Feinsten !

Und dass diese CD auf dem „Destroy Racism Records“ Label erschien, ist dann noch das geniale Sahnehäubchen zu diesem Album !

Bravo1994.jpg

03.1994 – Bravo, „Bei den Ärzten tobt der Wahnsinn!“, Konzertbericht

Besetzung:
Bela B. (drums, vocals)
Rodrigo González (bass, vocals)
Farin Urlaub (guitar, vocals)

BookletBackCover1

Titel:
01. Radio brennt (Urlaub/Bela B) 3.09
02. Außerirdische (mit My Generation) (Urlaub/Townshend) 2.38
03. Deutschrockgirl (Urlaub/Bela B) 2.26
04. Du willst mich küssen (Urlaub) 5.34
05. Schopenhauer (Urlaub) 1.12
06. 2000 Mädchen (Urlaub/Bela B) 4.04
07. Mach die Augen zu (Urlaub) 4.21
08. Hey Huh (in Scheiben) (Urlaub/Bela B) 2.14
09. Ohne dich (Urlaub) 2.21
10. Ansage 0.42
11. Sweet Sweet Gwendoline (Urlaub) 2.33
12. Omaboy (Bela B)
13. Quark (Urlaub) 4.22
14. Alleine in der Nacht (Bela B) 3.09
15. Elke (Urlaub) 2.40
16. Schrei nach Liebe (Urlaub/Bela B) 3.12

CD1.jpg

*
**

Die Ärzte – Rock n Roll Realschule (unplugged) (2002)

FrontCover1Es war ja klar, dass auch „Die Ärzte“ irgendwann nicht mehr an dieser „unplugged“ Marotte von MTV vorbei kommen konnten. Und 2012 war´s dann halt soweit … Die Ärzte“ unplugged !

Am 31. August 2002 gaben die Ärzte im Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hamburg ihr erstes Unplugged-Konzert. Nach Herbert Grönemeyer und den Fantastischen Vier waren die Ärzte der dritte deutschsprachige Interpret, für den ein MTV-Unplugged-Konzert veranstaltet wurde. Begleitet wurden die drei Musiker vom Schulorchester und -chor sowie dem Perkussionisten Markus Paßlick. Bei einzelnen Liedern kamen zusätzliche Instrumente wie eine Singende Säge oder eine Sitar zum Einsatz. Das Konzert fand in der Aula des Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hamburg statt und wurde von Produzent Uwe Hoffmann mit dem „GAGA-Mobil“ aufgezeichnet. Hoffmann produzierte auch die DVD und LP zu Rock ’n’ Roll Realschule mit.

In den etwa sechsstündigen konzertähnlichen Aufzeichnungsarbeiten spielten die Ärzte ein Potpourri aus ihrem gesamten Repertoire, das zu diesem Zeitpunkt rund 300 Songs umfasst. Aus den Mitschnitten veröffentlichten die Ärzte am 4. November 2002 die CD Rock ’n’ Roll Realschule (etwa 70 Minuten lang), die auch mit einem zusätzlichem Track als Doppel-Vinyl erschien. Am 6. Dezember 2002 erschien die gleichnamige DVD (150 Minuten mit umfangreichem Bonusmaterial, unter anderem das Lied „Dauerwelle vs. Minipli“ und diverse Videoclips sowie Probeaufnahmen für das Unplugged-Konzert).
Lieder

Wie bei den Ärzten üblich wurden die Texte einiger Lieder gegenüber den Studioversionen teilweise abgeändert. So heißt es zum Beispiel in Ignorama statt wie in der Studioversion „…haben die Backstreet Boys sich aufgelöst“ „…haben sich Bro’Sis endlich aufgelöst“.

Mit „Monsterparty“ ist zudem ein älterer Song enthalten, der zuvor nie live gespielt, sondern lediglich auf der Lesetour 2001 in einer Acapella-Version angedeutet worden war.

Die Ärzte nahmen auch eine Unplugged-Version von ihrem „Schlaflied’“ auf, welches aufgrund der Indizierung des Liedes jedoch vorerst unveröffentlicht blieb und erst 2005 als Video-Track auf dem Album Devil erschien.

Auf der ausgekoppelten Single befinden sich noch drei weitere Lieder, die nicht auf dem Album zu finden sind: „Ist das alles?“ (lediglich auf der Vinylversion), „Sommer, Palmen, Sonnenschein“ und „3-Tage-Bart“. (Quelle: wikipedia)

Unplugged01A

„Die beste Band der Welt“ ist wieder da. Und wie! Nach Farins Ausflug als Solokünstler haben Bela, Rod und Herr Urlaub Ende August im Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hamburg wieder zusammen gefunden. Dort zogen sie auf Einladung von MTV den Stecker aus der Dose, schnallten sich die Klampfen um und zeigten, dass eine akustische Gitarre nicht automatisch verträumte Lagerfeuerromantik bedeuten muss. Ob elektronisch verstärkt oder unplugged, Die Ärzte profilieren sich einmal mehr als die „Besserpunks“.

Und das obwohl sie sich zur Aufnahme ihres jüngsten Geniestreichs mal richtig in Schale geworfen haben. In adretten roten Schuluniformen mit blau abgesetzten Krawatten, das Logo des Albert-Schweitzer-Gymnasiums auf Höhe der linken Brust zur Schau stellend, erstrahlte der immer noch jugendliche Anarchismus der Ärzte nur um so greller. Begleitet von einer kompletten Schülerband spielten sich die Ärzte durch 20 Jahre Bandgeschichte.

Lange nicht gehörte Songs aus der Zeit, als die Bezeichnung „geniale Dilettanten“ noch einem Ritterschlag gleichkam, entfalten mühelos ihren unwiderstehlichen Charme. So galoppiert der uralt Hit „Kopfhaut“ munter in den Sonnenuntergang und „Komm zurück“ wächst sich dank der orchestralen Untermalung der Hamburger Pennäler zur melodramatischen Teenagertragödie aus, die einem die Tränen in die Augen treibt.

Doch die Ärzte wären nicht die Ärzte würden sie ihre Erfüllung als gefühlsduselnde Nostalgiker finden. Schließlich wollen sie auch in Zukunft noch gut von ihren Plattenverkäufen leben. Deshalb gibt’s mit „Monsterparty“ auch einen bisher unveröffentlichten Song. Ganz Business-Mann erklärt Farin auch gleich charmant ironisch: „Die Älteren werden merken, dass das der Song ist, wegen dem man die CD kaufen muss“. So stilvoll betrieb einst nur Malcolm McLaren den Ausverkauf des Punkrock.

Es ist eben diese Rotznasigkeit, die die Ärzte seit nunmehr rund 20 Jahren zu einem wohltuenden Störfaktor in der deutschen Musikszene macht. Während die Konkurrenz aus Düsseldorf moralschwanger den Zeigefinger hebt und sich im Biotop der Selbstermächtigung weidet, zeigen einem die Ärzte immer noch am liebsten den ausgestreckten Mittelfinger und setzen im nächsten Moment ein sympathisches Lächeln auf, das jede Großmutter eine Hymne auf die „Die Beste Band der Welt“ anstimmen ließe. Die Streberleichen aus Berlin waren eben schon immer die „Besserpunks“. (Daniel Straub)

Nun denn, das unplugged Konzept funktioniert bei den Ärzen nicht wirklich. Wer hören will, wie man ein genial-zorniges Lied wie „Schrei nach Liebe“ kastrieren kann, kann sich ja gleich mal anhören. Und schmunzelnd nahm ich zur Kenntnis, dass auch altgediene Punker mit „Westerland“ so ne richtige Heimat-Mitgröhl-Nummer geschaffen haben.

Also, mir sind „Die Ärzte“ rauh und ungeschliffen dann doch deutlich lieber !

Booklet07A

Besetzung:
Bela B. (drums, vocals)
Rodrigo González (bass, guitar, vocals)
Farin Urlaub (guitar, bass, vocals)
+
Markus Paßlick (percussion)
+
Schulorchester und -chor des Albert Schweitzer Gymnasiums, Hamburg unter der Leitung von Jochen Arp

Booklet05A

Titel:
01. Schrei nach Liebe (Urlaub/Bela B.) 3.54
02. Ich ess Blumen (Bela B.) 3.23
03. Langweilig (Urlaub) 3.42
04. Meine Ex(plodierte Freundin) (Urlaub) 2.04
05. Monsterparty (Bela B./Urlaub) 3.28
06. Hurra (Urlaub) 3.46
07. Kopfhaut (Urlaub/Bela B./Runge) 2.42
08. Zu spät (Urlaub) 3.41
09. Westerland (Urlaub) 4.18
10. 1/2 Lovesong (Gonzalez/Bela B.) 4.14
11. Komm zurück (Urlaub) 3.29
12. Der Graf (Bela B.) 3.34
13. Ignorama (Bela B./Gonzalez) 2.58
14. Is ja irre (Urlaub) 1.36
15. Bitte bitte (Urlaub) 2.59
16. Mit dem Schwert nach Polen, warum René? (Bela B./Gonzalez) 4.36
17. Die Banane (Bela B./Gonzalez) 4.59
18. Manchmal haben Frauen… (Bela B.) 5.28
19. Medley – 4.59
Ohne Dich (Urlaub)
Paul (Urlaub)
Quark (Urlaub)
Schunder-Song (Urlaub)
Meine Freunde (Urlaub)
Nie wieder Krieg, nie mehr Las Vegas! (Urlaub)
Rettet die Waale (Urlaub)
Der Lustige Astronaut (Urlaub)
Las Vegas (Bela B.)

CD1.jpg

*
**

Booklet09A

Weil ich zu faul war, all die Namen des Schulorchesters abzutippen …

Die Ärzte – Jazz ist anders (2007)

FrontCover1Mit diesem Album wollten es Die Ärzte wohl wieder mal wissen. Auf jeden Fall war der Promotionsaufwand für diese Scheibe ganz schön enorm.

Zur Promotion wurde das Album vor der Veröffentlichung mit „Jazz isst anders“ betitelt, was einige Fans über ein zweites Konzeptalbum nach Le Frisur, diesmal übers Kochen und Essen, spekulieren ließ. Nicht nur, dass die einzelnen Titel des Albums umbenannt wurden (z. B. Küchenjunge, statt Junge oder Schimmelblau statt Himmelblau), auch die komplette Diskographie wurde passend zum Thema Kochen geändert, ähnlich dem Löschen von Bela aus der Bandbiographie zur Veröffentlichung von der Single „Dinge von denen“ aus dem Album Geräusch.

Die Verpackung der CD-Version ähnelt einem Pizzakarton und hat ca. die Maße 130 x 130 x 20 mm. Der ebenfalls in einem Pizzakarton erhältlichen Vinyl-Version liegt ein Internetgutschein bei, mit dem der Käufer sich die Lieder kostenlos im MP3-Format (256 kbps) herunterladen kann. Die Schallplatte selbst ist eine Picture-LP, wobei die A-Seite einen Pizzabelag darstellt und die B-Seite einen Pizzaboden. Die 7″-Bonus-EP stellt eine Tomatenscheibe dar.

Die Bonus-EP verfügt zusätzlich über den Hidden Track „Nimm es wie ein Mann (a.k.a Kurt Cobain)“, welcher sich auf der CD vor dem eigentlich ersten Stück befindet bzw. beim MP3-Download als vierter Song der EP erscheint. Auf der Vinyl-Version befindet sich der Hidden Track auf der B-Seite nach dem dritten Titel. Quelle: wikipedia)

PizzapackungAAber damit noch nicht genug:

Zur Tournee „Es wird eng“ und „jazzfäst“ verkauften die Ärzte exklusiv für 7,00 € eine CD, welche eine alternative Version des Albums ist, die den Titel „Jazz ist anders Economy“ trägt. Hierbei handelt es sich um eine Version des Albums, die die Ärzte unter Live-Bedingungen im Proberaum einspielten und dabei sowohl Melodien als auch Texte massiv veränderten.[8] Neben den – wie auch auf dem originalen Album enthaltenen – 16 Titeln findet sich ein kurzer Hidden Track auf dem Album, bei dem es sich um eine Kurzfassung des Liedes „Was hat der Junge doch für Nerven“ handelt. (Quelle: wikipedia)

Booklet05A

Jetzt aber endlich zur Musik:

„Es war derart viel von einer Krise der Ärzte zu lesen, dass mancher gleich den Marburger Bund einschalten wollte. Verschwörungstheoretiker wähnten „Jazz ist anders“ nach langer Pause und diversen Nebenjobs bereits als Schwanengesang. Ein Kollege vom Musikexpress fühlte sich sogar dazu hingerissen, den Beatles-Vergleich zu zücken: Das elfte Album der Ärzte sei ihr „Let it be“, mit Songs so hingebungsvoll romantisch und sowieso voller Anspielungen auf das baldige Ende. „Vorbei ist vorbei.“ Und dann steckt auf der Bonus-Tomate im Pizzakarton von „Jazz ist anders“ auch noch ein Lied titels „Wir waren die Besten“. Das Präteritum als Abschied.

Doch, Moment! Bonus-Tomate? Pizzakarton? Genau, schon das Artwork des elften Albums von Die Ärzte albert herum, als hätte es seit „Geräusch“ keine vier Jahre gut gefüllter Pause gegeben. Da muß niemand erst warm laufen, das zündet direkt. Der gestandene Ärzte-Hörer wird es sogar verkraften, dass die Berliner es vom Start weg überraschend ernst meinen. Ob es die hoffnungsfrohe Melancholie von „Himmelblau“ ist oder das selbstbewusste „Lied vom Scheitern“ – Ironie ist anders. Moll sind die Akkorde, und die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber natürlich mogeln sich die Debilitäten dann doch wieder hinterrücks in die Texte: „Ich bin immer dann am besten / Wenn mir keiner ins Regal pisst.“

Die Zielgruppenbefriedigung auf „Jazz ist anders“ geht eben so: Rod gibt sich „Breit“, Bela sieht zu „Hämoglobin, Weib und Gesang“ ein „Licht am Ende des Sarges“, und Farin hüpft Ballermann-kompatibel durch „Lasse redn“. Denn dort lauert zwischen Elektronikzwitschern und den abstrusen Verleumdungen der lieben Nachbarn eine ewige Wahrheit: „Die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild / Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht / Aus Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht.“

Die neue Ernsthaftigkeit, die sich schon im wunderbaren „Junge“ Gedanken über die Zukunft macht, war schon auf „Geräusch“ keineswegs ein schicker Ersatz fürs Erwachsenwerden. Die eingebauten Hintertürchen zeigen einen dritten Weg jenseits von Ha-Ha-Lustigkeit und Düsseldorfer Betroffenheit. Da ist eben eine mörderische Tragödie wie „Nur einen Kuss“ ebenso möglich wie die bittere Beziehungsabrechnung „Heulerei“ oder das selbstmitleidige „Living hell“. Und weil aus dem Nebenher wieder ein Miteinander geworden ist, passen die Songs zueinander wie Arsch auf Eimer.

Die Lust steckt nämlich in den Details. Im Zappelfunk von „Deine Freundin (wäre mir zu anstrengend)“ mit seinem herrlichen „Pflegeleicht“-Refrain, im Schallala-Kitsch von „Niedliches Liebeslied“ oder im tollwütigen Kreischen der herrlichen Raubkopiererbestrafungsphantasie „Tu das nicht“: „Und es läuft keine Musik auf Deiner Beerdigung / So.“ Aber „Jazz ist anders“ ist ohnehin viel zu lebendig für den Friedhof. „Dracula wohnt nicht mehr hier / Hier gibt’s nur noch den lustigen Vampir.“ Jetzt muss sich nur noch die Schinkenformscheibe aus dem neuen Die-Türen-Album mit der Tomate von „Jazz ist anders“ vermählen. Alles wird guten Appetit.“ (Oliver Ding)

Nicht verschwiegen werden soll allerdings auch, dass die webnsie laut.de zu einem ganz anderem Urteil kommt.

Mir ist das eher wurscht, denn ich gehöre eh nicht zur Zielgruppe dieser Band. Aber dennoch: Die Ärzte bleiben eine ganz schön schwergewichtige Formation unter dem deutschen Himmel.

Aber jetzt beschäftige ich mich dann doch lieber mit der 4. Folge der Edition „Swing tanzen verboten“.

DieÄrzte02

Besetzung:
Bela B. (Dirk Felsenheimer) (drums, vocals, guitar)
Rodrigo González (bass, vocals, guitar, piano)
Farin Urlaub (Jan Vetter) (vocals, guitar, bass)

DieÄrzte01

Titel:
01. Himmelblau (Urlaub) 3.16
02. Lied vom Scheitern (Felsenheimer) 3.29
03. Breit (Urlaub/González) 3.14
04. Lasse redn (Urlaub) 2.49
05. Die ewige Maitresse (González/Felsenheimer) 2.24
06. Junge (Urlaub) 3.07
07. Nur einen Kuss (Urlaub) 4.25
08. Perfekt (Felsenheimer) 2.35
09 . Heulerei (Urlaub) 2.13
10. Licht am Ende des Sarges (Felsenheimer) 2.47
11, Niedliches Liebeslied (González/Felsenheimer) 3.40
12. Deine Freundin (wäre mir zu anstrengend) (Urlaub) 2.13
13. Allein (Urlaub) 3.50
14. Tu das nicht (Felsenheimer) 3.52
15. Living Hell (Urlaub) 3.41
16. Vorbei ist vorbei (Urlaub) 3.04
17.  Nimm es wie ein Mann (a.k.a. Kurt Cobain) (Felsenheimer/González) 1.54

+ die EP:

18. Wir sind die Besten (Urlaub) 2.29
19. Wir waren die Besten (Felsenheimer) 4.14
20. Wir sind die Lustigsten (González) 4.35

CDA

*
**