Punk Musik wird hier ja eher stiefmütterlich behandelt, bzw. grob vernachlässigt (ich gelobe Besserung):
Die Ärzte ist der Name einer deutschsprachigen Band aus Berlin. Sie gehört neben der Düsseldorfer Band Die Toten Hosen zu den kommerziell erfolgreichsten deutschen Musikgruppen mit Wurzeln im Punkrock.
Gegründet wurde die Band im Jahr 1982, im Jahr 1988 wurde sie aufgelöst. Seit der Reunion 1993 besteht sie aus Farin Urlaub (bürgerlich Jan Vetter), Bela B (bürgerlich Dirk Felsenheimer) und Rodrigo González.
Debil ist das erste Studioalbum der deutschen Punkrock-Band Die Ärzte, das 1984 erschien. Am 21. Oktober 2005 wurde das Album unter dem Titel Devil wiederveröffentlicht, nachdem 2004 die Indizierung des Albums aufgehoben worden war.
Nach der noch beim Berliner Label Vielklang veröffentlichten EP Uns geht’s prima… nahm CBS Records die Berliner Punkband unter Vertrag. Das resultierende Album wurde in nur 13 Tagen eingespielt, produziert von den Ärzten und Stan Regal. Paul wurde als erste Single ausgekoppelt, ohne sich in den Singlecharts zu platzieren. Das Album blieb trotz zahlreicher begleitender Berichte in der Jugendzeitschrift Bravo lediglich ein Achtungserfolg. Durch zahlreiche Live-Auftritte und Tourneen konnte sich die Band allerdings nach und nach eine Fanbasis erspielen.
Debil war drei Jahre im Handel, bevor es 1987 wegen der Lieder Claudia hat ’nen Schäferhund und Schlaflied von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS, heute: BPjM) auf die Liste der jugendgefährdenden Schriften (Indizierung) gesetzt wurde. Der Indizierung war Anfang 1987 die Indizierung des späteren Albums Die Ärzte wegen des dort enthaltenen Liedes Geschwisterliebe vorausgegangen, woraufhin auch frühere Veröffentlichungen der Band auf jugendgefährdende Inhalte überprüft wurden. Als Begründung für die Indizierung von Debil wurde angegeben, dass die beiden beanstandeten Titel „sozialethisch desorientierend“ wirken würden. Die Lieder würden eine „verrohende Wirkung“ ausüben und entließen den Hörer „im Zustand angespannter, latenter Aggressivität“. Claudia hat ’nen Schäferhund würde zudem auf „deviante Formen geschlechtlicher Befriedigung“ hinweisen. Der Text handelt von einem Mädchen namens Claudia, die sich ihre sexuelle Befriedigung durch den Geschlechtsverkehr mit einem Schäferhund holt. Die BPjS begründet weiter: „Zwar wird in der letzten Strophe auf die Gefahr des Verharzens hingewiesen, dennoch wird der Gesamteindruck vermittelt, geschlechtliche Kontakte mit einem Schäferhund überträfen bei weitem heterosexuelle Befriedigung.“ Das Schlaflied dagegen würde Gewalt „selbstzweckhaft darstellen“. Das Album durfte daher nur noch an Erwachsene abgegeben werden und unterlag einem Werbeverbot. Die beiden beanstandeten Lieder wurden später auch auf dem Minialbum Ab 18 veröffentlicht.
Nachdem die Indizierung am 30. November 2004 aufgehoben worden war, da die BPjM den Liedern im Rückblick eine „satirische Form“ attestierte und das Album vor dem Hintergrund der heutigen Medienerfahrungen Jugendlicher neu bewertete, kann das Album Debil wieder uneingeschränkt käuflich erworben werden.
Auf den LP- und MC-Veröffentlichungen des Albums sind die beiden Seiten des Albums als „Jungs“- bzw. „Mädchenseite“ betitelt. Noch vor dem ersten Lied ist auf beiden Seiten der Satz „Ey, du Blödmann, du hast die falsche Seite aufgelegt!“ zu hören. Auf den CD-Veröffentlichungen ist weder der Satz noch die geschlechterspezifische Zuordnung der Seiten enthalten.
Der Titel Ärzte-Theme wird im Film Richy Guitar mehrmals zitiert. Die Filmversion befindet sich u. a. auf der Neuveröffentlichung Devil.
Claudia hat ’nen Schäferhund wurde mit den Liedern Claudia II (hier wird der sexuelle Verkehr mit Pferden thematisiert) vom Minialbum Ab 18 und Claudia III (diesmal ist der Partner ein Mann) vom Livealbum Nach uns die Sintflut fortgesetzt. Mit Claudia (Teil 95) aus ihrem Comeback-Album Die Bestie in Menschengestalt, dessen einzige Textzeile „Claudia … ist tot“ und das Sample „Ja, er starb“ ist, wurde das Thema beendet.
Drei der Bonustracks entstammen dem Soundtrack zum Film Richy Guitar. Claudia hat ’nen Schäferhund ist hier in seiner Ur-Version vertreten, welche 1983 auf dem Tapesampler Unikum Nr. 2 erstmals veröffentlicht wurde. Das Lied Füße vom Tisch wurde 1983 von Farin und Bela unter dem Pseudonym „Die Ulkigen Pulkigen“ im Rahmen der Aufnahmen für den Sampler Pesthauch des Dschungels aufgenommen, war bisher aber offiziell unveröffentlicht. Allerdings erschien es bereits vorher auf einem Bootleg der Doktorspiele-Reihe. Es kam in Umlauf, weil Farin Urlaub einige Tapes für enge Freunde kopiert hatte. Als CD-ROM-Part wurde ein Live-Video des Liedes Teddybär vom 17. Juli 1983 aus der Hasenheide, Berlin aufbereitet und ein Video von Schlaflied in einer Unplugged-Version von 2002 auf der CD veröffentlicht. Letzteres entstammt der Session zu Rock ’n’ Roll Realschule, konnte aber auf Grund der damals noch bestehenden Indizierung nicht auf der CD- beziehungsweise DVD-Version des Albums erscheinen.
Die Neuveröffentlichung unter dem Namen Devil wurde am 21. Oktober 2005 von Sony Music Entertainment veröffentlicht. Sie enthält ein 24-seitiges Booklet sowie bis dahin unveröffentlichte Bonustracks und einen CD-ROM-Part mit zwei Videoclips. Die ausführlichen Linernotes stammen vom Journalist Ingo Neumayer, der auch den Pressetext verfasst hatte
Die Neuveröffentlichung konnte sich im Gegensatz zur Erstveröffentlichung in den deutschen Charts auf Platz 5 platzieren. In Österreich und der Schweiz erreichte das Album die Top 100. Anlässlich dieser Wiederveröffentlichung lobte Marcus Schleutermann im Rock Hard Titel wie Paul und Zu spät als „Klassiker, die noch heute zu jedem Konzert gehören“. Weiterhin fasste er das Album als „charmant dilettantische Mischung aus Punk, Wave und Neuer Deutscher Welle“ zusammen.
Jetzt mal schön aufpassen, liebe Kinder, der Onkel hat was zu erzählen. Es betrug sich zu einer Zeit, als Rodrigo Gonzalez gerade einmal 16 Jahre alt war, 1984 nämlich, da erschien das erste Album einer Berliner Newcomerband namens Die Ärzte, eingespielt in sagenhaften acht Tagen: „Debil“. Drei Jahre lang konnte man es auf Vinyl und Muskkassette käuflich erwerben, danach wurde es verboten, aber dazu später mehr.
Statt Rod bediente seinerzeit ein knuffiger BWLer namens Sahnie den Bass und nicht lange nach Erscheinen des Albums wurde die Band von den Mädchen verehrt und von den Jungs aus nahe liegenden Gründen beneidet. Als ich in das Alter kam, in dem man sich brav mit Signierstift an den Hinterausgang von Konzertorten stellte, erwischte auch ich einmal die frisch reformierten Ärzte, eine „Paul“-Single mitführend.
Drummer Bela ließ sich sogleich zu einem kleinen Vortrag über die geringe Anzahl jener „Debil“-Single inspirieren, und plötzlich hatte auch Neu-Basser Rod darauf unterschrieben, was so zwar nicht vorgesehen war, aber egal. Die Aufregung. Jedenfalls übermalte der Sahnie-Nachfolger das „b“ des „Debil“-Schriftzuges auf dem rückseitig abgedruckten Albumcover mit einem „v“. „Devil“ statt „Debil“: Sicher hätte damals keiner der drei Herren damit gerechnet, dass der kleine Signiergag jemals Realität werden bzw. „Debil“ je wieder in den Handel zurück kehren könnte. Seit dem 30. November 2004 ist dies nun ausdrücklich erlaubt.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (seinerzeit: Schriften) erkannte an jenem Tag des vergangenen Jahres offiziell die „satirische Form“ der Lieder „Claudia Hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ an, die von „heutigen Jugendlichen aufgrund deren Medienerfahrung ohne Schwierigkeit als Fiktion“ eingeordnet würden. „Verrohungseffekte“ seien im Gegensatz zu 1987 auch nicht mehr zu vermuten. Klar, darum kümmern sich heute schließlich die Bösewichter von Aggro Berlin unter Verwendung von Songtiteln wie „Fick Rap“ und „Nutte Bounce“ mit einigem Erfolg.
Die beinahe zu Tränen rührende Begründung der Kontrollinstanz mal beiseite gelassen, gehört „Debil“, pardon, „Devil“ samt seiner ganzen Hits („Zu Spät“, „Paul“, „Mädchen“, „Mr. Sexpistols“ und die anderen neun) sicher in jeden deutschen Pop-Plattenschrank. Denn: Ohne „Debil“ kein bestes deutschsprachiges Album des Jahres 1984, ohne „Debil“ kein größter Ärzte-Hit ever, ohne „Debil“ keine offizielle Ärzte-Homepage namens bademeister.com.
In einer Zeit aber, wo das deutsche Fernsehprogramm noch nicht mit unsäglichem Comedy-Müll verpestet und „Die Supernasen“ als Speerspitze deutschen Humors erachtet wurden, musste die ungezwungene Dreistigkeit und der jungfräuliche Witz eines Albumdebüts der Marke „Debil“ zwangsläufig aufhorchen lassen. Im Musikbereich sah es ja nicht besser aus: Nino de Angelo fabulierte über einen Ort „jenseits von Eden“, Nenas Rocksound klang damals schon „irgendwie, irgendwo, irgendwann“ jenseitig und Klaus Lage röchelte weiter eisern nach „1000 und 1 Nacht“.
Unter all diese handzahmen Wolkenschieber mischten sich plötzlich drei Anfangszwanziger, die so gar nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit an das Kulturgut Popmusik heran traten und Liedtexte verfassten, in denen sowohl Schwimmaufseher und Supermarkt-Kassiererinnen, als auch Cowboys und Monster zu Helden mutieren. Ein Sammelsurium an Themen, das natürlich nicht frei von Ironie-Schüben kommunizierbar war. Oder doch? Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften stellte sich dem Teenagerspaß 1987 schließlich entschieden in den Weg, mit der Begründung, die Inhalte der Songs „Claudia Hat ’nen Schäferhund“ und „Schlaflied“ führten bei Jugendlichen zu „sozialethischer Desorientierung“.
Genauer: In „Claudia“ würde „der Gesamteindruck“ vermittelt, „geschlechtliche Kontakte mit einem Schäferhund überträfen bei weitem heterosexuelle Befriedigung“. Das „Schlaflied“ wiederum werde „dominiert von den oralen, reißenden und destruktiven Kräften eines Monsters und entlässt den Zuschauer im Zustand angespannter, latenter Aggressivität.“ Wie Journalist Ingo Neumayer in seiner erfrischenden Booklet-Eloge treffend feststellt, wurde in den 80ern überraschenderweise kein Skandal bekannt, wonach „Ärzte-Fans lüstern ihre Haustiere besprangen oder zu nachtaktiven Eingeweide-Gourmets“ mutierten.
Nun soll es ja bis heute Menschen geben, denen „Debil“ auf Plattenbörsen bislang immer zu teuer war, und all jene sind mit „Devil“ sicher bestens bedient. Und die heutigen Ärzte wären nicht sie selbst, würden sie dem Re-Release nicht noch ein paar Gimmicks aufhalsen. So bekommt der eher ungeliebte Ex-Bassist einen Cover-Heiligenschein und die Tracklist ein Update verpasst. Dass manch unveröffentlichter Song sein Schicksal nicht ohne Grund erlitt, beweist allerdings die bisherige Bootleg-Nummer „Füße Vom Tisch“ nachdrücklich, und auch die „Richy Guitar“-Versionen von „Grace Kelly“ oder „Teenager Liebe“ liefern keinen nennenswerten Mehrwert.
Da wären „Erna P.“ oder Frühwerk-Phantome wie „Jack, Der Schlitzer“ und „Eva Braun“ vielleicht spannender gewesen, wobei, vielleicht auch nicht (siehe „Füße Vom Tisch“). Etwas mehr Mühe machten sich Die Ärzte mit der visuellen Aufbereitung eines Liveauftritts von 1983, der nun den Song „Mein Teddy“ auf PC-Monitore zaubert. Im Endeffekt sind das aber alles nur schnöde Ablenkungen vom Thema, von der raubeinig wie zärtlichen Teenager-Offensive dreier Jung-Berliner in Form von dreizehn Songs, deren Weg zum Klassikerstatus weder Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit („Paul“), noch staatliche Gremien verstellen konnten. (Michael Schuh)
Nun ja, ich war überrascht, dass die Musik dann doch relativ zivilisiert ist (die Toten Hosen ließen es damals noch ganz anders krachen !) und sie Surf Musik der 60er Jahre kannten sie ach („El Cattivo“) weniger überrascht war ich, dass ich halt damals wie heute nicht zur Zielgruppe dieser Musik gehöre und „Claudia hat ’nen Schäferhund“ finde ich weiterhin geschmacklos.
Besetzung:
Bela B. (drums, vocals)
Sahnie (bass, guitar, vocals)
Farin Urlaub (guitar, bass, vocals)
Titel:
Jungsseite:
01. Ärzte-Theme (instrumental) (Felsenheimer/Runge/Urlaub) – 2:00
Scheißtyp (Felsenheimer/Felsenheimer) – 2:58
Paul (Urlaub/Urlaub) – 2:26
Kamelralley (Runge/Felsenheimer, Runge, Urlaub) – 4:00
Frank’n’stein (Felsenheimer/Felsenheimer) – 2:38
El Cattivo (Urlaub/Urlaub) – 3:12
Claudia hat ’nen Schäferhund (Urlaub/Urlaub) – 1:58
Mädchenseite:
Mädchen (Urlaub/Urlaub) – 2:55
Mr. Sexpistols (Felsenheimer/Felsenheimer) – 3:14
Micha (Urlaub/Urlaub) – 2:52
Zu spät (Urlaub/Urlaub) – 2:43
Roter Minirock (Urlaub, Runge/Urlaub, Runge) – 2:15
Schlaflied (Urlaub/Urlaub) – 4:13
+
Teenager Liebe (Richy-Guitar-Version featuring Axel Knabben) (Urlaub/Urlaub)
Grace Kelly (Richy-Guitar-Version) (Urlaub/Urlaub)
Ärzte-Theme (Richy-Guitar-Version featuring Axel Knabben) (Felsenheimer, Runge, Urlaub)
Claudia hat ’nen Schäferhund (Version vom Unikum-Tapesampler) (Urlaub/Urlaub)
Füße vom Tisch (bisher unveröffentlicht) (Felsenheimer, Urlaub/Felsenheimer, Urlaub) / Sahnie’s Collective Wisdom (Hidden Track) (Runge)
Die offizielle Website: