Attila Zoller – Katz und Maus – OST (1967)

FrontCover1Ich weiß nicht, seit wie viel Jahren ich ein ganz begeisterter Zuhörer bin, wenn Attilla Zoller aufspielt.

Der in Visegrád (Ungarn) geborene Gitarrist Attila Zoller war seit den 1960er Jahren sowohl in Westdeutschland als auch in den USA eine feste Größe des Freejazz. Er war stets offen für Einflüsse aus der Musik verschiedener Völker wie aus unterschiedlichen Stilrichtungen des Jazz. Zoller spielte jahrelang in der Band von Herbie Mann, dem Gründervater des lateinamerikanisch orientieren Ethnojazz. „Er war wie ein Hurrikan“, erzählte Mann 2002 in Budapest über Zoller, „der einzige Gitarrist nichtbrasilianischer Abstammung, der die brasilianische Musik glaubwürdig spielen konnte.“ Zoller arbeitete auch mit Benny Goodman in der Klangwelt des traditionellen Swing und Combo zusammen. Seit den 1950er Jahren trat er gerne in der neuartigen Form des Duos unter anderen mit Albert Mangelsdorff (Posaune) und Don Friedman (Klavier), später auch mit dem Bayern Helmut Kagerer (Gitarre) auf.

Von der Vielfalt seiner Tätigkeit zeugt, daß er die Musik zur Filmadaptation Heinrich Bölls „Das Brot der frühen Jahre“ sowie von Günter Grass „Katz und Maus“ schrieb und Heine-Gedichte vertonte, die auf der Platte „Jazz & Lyrik“ (1964) zu hören sind. (Ungarisches Institut München)

Hier nun sein Soundtrack zu der Verfilmung des Günter Grass Romans „Katz und Maus“ (1963):

FilmplakatDer Film spielt in Danzig während des Zweiten Weltkriegs. Joachim Mahlke ist Gymnasiast und unter seinen Schulkollegen ein Außenseiter. Er sieht durch einen übergroßen Adamsapfel entstellt aus. Die Jugendlichen verbringen ihre Zeit an der Ostsee. Beliebter Spielplatz ist das Wrack eines polnischen Minensuchbootes. Dort tut sich Joachim als hervorragender Schwimmer und Taucher hervor. Seinen Adamsapfel versucht Joachim durch allerlei Utensilien zu verbergen. Einem Soldaten hatte er dessen Ritterkreuz gestohlen, jetzt ziert es seinen nackten Oberkörper bei den sommerlichen Spielereien. Der schwierige Jugendliche fliegt aufgrund des Diebstahls schließlich von der Schule und geht als Freiwilliger in den Krieg. Dort bekommt er selbst ein Ritterkreuz verliehen und kehrt auf Heimaturlaub zu seiner alten Schule zurück, in der Hoffnung als militärischer Held endlich Anerkennung zu finden. Doch sein Heldentum wird abgelehnt. Mahlke desertiert und flieht auf das alte Minenboot. Er verschwindet spurlos.

„Kabarettistisch zugespitzte Satire, die zwar weniger vielschichtig ist als die literarische Vorlage, dafür aber um so aggressiver in dem Versuch, alte und neue Varianten des deutschen Militarismus als Zwangsneurose zu entlarven. Stellenweise nicht ohne Witz, formal weit weniger konsequent.“ (Lexikon des internationalen Films)

„Beachtenswerter deutscher Film, der rückblendend Vergangenheit und Gegenwart verbindet und von den Jugendjahren und frühem Sterben des Oberschülers Joachim Mahlke erzählt. Das von dem Schüler bei seinen kindischen Spielen auf einem Schiffswrack in der Danziger Bucht gestohlene Ritterkreuz deutet der Film als Symbol für die Perversion des Menschen im Kriege. Literarische Verfilmung, die schon Zuschauer ab 16 intensiv beschäftigen und zur Diskussion herausforern wird.“ (Evangelischer Filmbeobachter, Kritik Nr. 60/1967, S. 84)

Filmbild

Vielleicht war es gar nicht übertrieben auf der Hülle zu vermerken: Der meistdiskutierte Film – Die meistdiskutierte Filmmusik des Jahres, denn:

Unmittelbar nach dem Erscheinen sollte das Buch wegen angeblich pornografischer Szenen (siehe oben) verboten werden.

Das Verfahren wurde zwar eingestellt, aber nach der Verfilmung der literarischen Vorlage durch Hans Jürgen Pohland äußerte ein FDP-Abgeordneter 1967 in einer Fragestunde des Deutschen Bundestages Bedenken, ob nicht das Eiserne Kreuz in „Katz und Maus“ verunglimpft werde. (Dieter Wunderlich) (ich lege meiner Präsentation einen Spiegel-Artikel vom 26.12.1966 bei, der sich u.a. auch damit beschäftigte, dass bei diesem Film zwei Söhne von dem damaligen Vizkanzler Willy Brandt mitgewirkt haben)

In kleiner Besetzung eingespielt ist das Werk auch heute noch von einer erstaunlichen Frische und Lebendigkeit, das Prädikat „zeitlos“ ist einfach angebracht !

Eingespielt wurden diese famosen Aufnahmen übrigens am 14. und 15. Dezember 1966 in New York.

BackCover1

Besetzung:
Ron Carter (bass bei 01. – 03)
Albert Dailey (piano)
Barre Phillips (bass bei 04 – 06.)
Jimmy Owens (trumpet)
Bobby Thomas (drums)
Attilla Zoller (guitar)

Booklet1

Tracklist:
01. Mahlke (Zoller) 7.42
02. Conradinum Ballade (Zoller) 6.28
03. Pilenz (Zoller)  9.42
04. Catnip (Zoller) 8.32
05. A.B.J. (Owens/Phillips/Zoller) 5.40
06.  Seascape (Zoller) 7.45

Label

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