New Orleans Hot Dogs – Ja, so sand´s de oiden Ritterleit´+ Der Wildschütz Jennerwein (1966)

FrontCover1Diese bayerischen Blödel-Barden hießen ja ursprünglich New Orleans Hot Dogs bevor sie dann den Namen verkürzten und als Hot Dogs landauf, landab für eine gewisse Furore sorgten.

Hier ihr Start und mit dieser Single waren sie auch gleich auf der Erfolgsspur.

Ihr „Ja, so sand´s de oiden Ritterleit´“ haben sie ja dem Karl Valentin zu verdanken:

Das spöttische Lied über Die alten Rittersleut verfasste der Münchener Komiker und Schauspieler Karl Valentin 1939/40 als Beitrag für sein letztes Theaterprojekt, ›Die Ritterspelunke‹. Dabei nutzte er die 1914 im ›Klampf’n Toni‹ veröffentlichte Ritterballade ›Ujeh, die alten Ritterleut‹ von August Endres als Vorlage. Valentin fügte aber nicht nur neue Strophen hinzu, sondern vereinfachte auch den Refrain und komponierte eine neue und vor allem eingängige Melodie.

Infolge der Kriegswirren verbreitete sich das Stück zunächst nur langsam. Ein am 24. Januar 1941 entstandener Rundfunkmitschnitt konnte beispielsweise erst nach dem Krieg als Schallplatte veröffentlicht werden.

Sehr bekannt hingegen wurde das Lied in der Version der bayerischen Dixie-Band Hot Dogs, die 1966 mit Die alten Rittersleut ihren ersten großen Erfolg feierten.

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Die New Orleans Hot Dogs im „Jazzkeller“, München, ca. 1964

Seitdem wurde das Lied zu einem modernen Volkslied, einem zeitlosen Gassenhauer, was sich auch darin niederschlug, dass unzählige, oft anonym verfasste, Strophen bekannt wurden, die sich nicht immer streng an das Ritterthema halten, sondern auch andere, nicht selten schlüpfrige, Themen aufgreifen. Und natürlich enden alle Strophen mit dem markanten Refrain: »Ja, so warn s‘, ja, so warn s‘ die oiden Rittersleut«.

Zu den volkstümlichen Versionen die eine größere Bekanntheit erlangten gehören die von Peter Steiner & Ferdl bzw. Klaus & Ferdl gesungenen Aufnahmen. 2009 erschien eine Kinderversion mit angepassten Texten, gesungen von Kindern unter dem Namen Sternschnuppe. Wie bekannt Die alten Rittersleut noch heute ist, zeigen u.a. auch die vielen Hobby- und Spaß-Videos auf Youtube.

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Karl Valentins Originaltext geriet derweil immer mehr in Vergessenheit, was u.a. vielleicht am bayerischen Dialekt und dem bis Ende 2018 bestehenden Urheberschutz liegen mag. Dennoch folgen die meisten Versionen Valentins erster Strophe in mal mehr bayerischen und mal mehr hochdeutschen Fassung:

Zu Grünwald drunt´ im Isartal
Glaubt es mir, es war einmal
Da ham edle Ritter g´haust
Denne hat´s vor gar nix graust.

Als Liedabschluss kursieren zwei Varianten. Die erste Version, die mehr der erzählerischen Tradition folgt, lautet:

Zu Grünewald, die Rittersleut
Leben nicht mehr seit langer Zeit,
Nur die Geister von densölben
Spuken Nachts in den Gewölben.

Eine andere Variante endet auf:

Wollt´ ein Ritter einmal schnackseln
Mußt´ er aus der Rüstung kraxeln
Dabei ward ihm der Spaß verdor´m
Deshalb san´s heut ausgestor´m.

und mit der Anspielung auf Goethes ›Götz‹-Zitat wird oft angehängt:

Die alten Ritter war´n recht grob,
Doch ihre Sprach´, die is net tot,
Es sei uns Rat in allen Dingen
Ritter Götz von Berlichingen!

Dazwischen war viel Platz für allerlei Spott, Spaß und Übermut, mal bayerisch derb, mal hochdeutsch gelackt, aber immer mit einem Zwinkern im Auge.

Zu den klassischen ersten Strophen gehören:

Kam ein Ritter auf die Welt,
Hat ihm z’erst das G’wand gefehlt,
Das einz’ge, was ihm Gott gegeben,
Das war der Hang zum Saufen eben.

Und die armen Ritterkindeln
Hatten auch noch eisern Windeln,
Und wenn sie mal reingeschoßt,
War’n die Windeln gleich verrost.

Hieß ein Ritter Friederich,
War er meistens liederlich.
Bis er in die Ehe kam
Ward er wie ein Lämmlein zahm.

G’suffe hams, dös glaub’ns mir
Aus die Eimer Wein und Bier.
Ham’s dann all’s g’suffe habt,
Dann san’s untern Tisch g’schlabt.

Knappen waren auch dabei
Bei der alten Ritterei,
Besoff’ne Ritter heimzutragen,
Denn es gab kein Trambahnwagen.

Ein Ritter vor dem großen Tor
Stand mit seinem Spieß davor,
Daß auch keiner sich erdreißt‘
und ihm in dem Burghof schaut.

Hier noch eine Auswahl bekannter Strophen:

So ein alter Rittersmann
Hatte sehr viel Eisen an,
Die meisten Ritter, muß ich sag’n,
Hat deshalb der Blitz erschlag’n.

Ritt ein Ritter auf ein Ross,
War das Risiko sehr groß
Hatt sein Ross an Hupfer getan,
Lag im Dreck der gut Mann.

Einst ein Ritter Kunibert
Hockte sich verkehrt aufs Pferd
Wollte er nach hinten seh´n
Braucht´ er sich nicht umzudrehn.

Das Burgfräulein Kunigunde
Roch gar schröcklich aus dem Munde
Bis ihr dereinst beim Minnedienste
Ein Bandwurm aus dem Halse grinste.

Ritter Max von Freising drunt´
War a oider geiler Hund
Wollt immer nur nach Maderln schau´n
Doch einmal hat´s ihn umgehau´n.

Mußt´ ein Ritter einmal pieseln
Ließ er´s in die Rüstung rieseln
Hatt´ er das Visier net offen
Ist der arme Kerl ersoffen.

Ließ der Ritter einen fahrn,
War die ganze Rüstung warm
Ein Ritter macht‘ sich nichts dafür,
Er ließ ihn raus beim Visier.

Selbst die kleinen Ritterknaben
Hatten sehr viel Leid zu tragen
Schmerzen hatten sie beim Scheißen,
Denn die Windeln warn aus Eisen.

(Tom Borg)

Karl Valentin

Karl Valentin

Tja, und dann noch der gute alte Wildschütz Jennerwein:

Georg Jennerwein vulgo „Girgl von Schliers“ (24. März 1849 oder 21. April 1852 in Haid bei Holzkirchen; † 6. November 1877 am Rinnerspitz in den Schlierseer Bergen) war ein bayerischer Wilderer.

Jennerwein wurde als uneheliches Kind der Kleingütlerstochter Anna Jennerwein geboren. Als Vater ist im Taufbuch der aus Otterfing stammende Peter Glas eingetragen. Es wird in der Literatur aber auch der Schuhmachergeselle Beno Sturm aus Miesbach als Vater vermutet. Seine Mutter heiratete später einen anderen Mann als den Kindsvater und bekam noch einen weiteren Sohn. Als 12-Jähriger musste Jennerwein 1860 miterleben, wie sein Stiefvater von Staatsjägern wegen Wilderei erschossen wurde.[8] Jennerwein war als Holzknecht in der Umgebung des Schliersees tätig[6] und diente im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Er war ein guter Zitherspieler, Gstanzlsänger und Schuhplattler, aber auch ein „Weiberheld, Raufbold und Wirtshausbruder“. In der Region war allgemein bekannt, dass Jennerwein wilderte. Er konnte aber nicht überführt werden. Sein Jugend-, Kriegs- und Wilderer-Kamerad war Johann Josef Pföderl. Eine seiner Freundinnen war die Sennerin Agathe von der Baumgarten-Alm, mit der er eine gemeinsame Tochter namens Rosl hatte. Pföderl war zwischenzeitlich Jagdgehilfe in Tegernsee geworden. Er wurde durch die von Jennerwein recht offen kolportierten Wildereierfolge ebenso wie andere Jagdleute gereizt. Dazu soll Jennerwein auch in Frauensachen zu seinem ehemaligen Kameraden in Konkurrenz gestanden haben und ihm seine Freundin „ausgespannt“ haben.

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Georg Jennerwein

Laut Gerichtsakten wurde er am 6. November 1877 von seinem früheren Freund Pföderl beim Wildern ertappt und auf einer Waldlichtung am Rinnerspitz, von Einheimischen auch „Peißenberg“ genannt, in den Schlierseer Bergen erschossen.[8][9] Pföderl meldete diesen Vorfall umgehend dem ihm vorgesetzten Förster Mayr. Dieser wollte den Vorgang aber trotz bereits erhobenen Verdachts seitens des Jagdgehilfen Lerchenauer vertuschen. Mit Wissen des Försters täuschte Pföderl durch zwei Schüsse aus Jennerweins Gewehr einen Selbstmord vor. Die Leiche Jennerweins wurde trotz großer Beteiligung auch aus der Bevölkerung erst am 14. November 1877 aufgefunden.[9] Von Jennerwein steckte noch die rechte große Zehe im Abzug seines Gewehres, und der Unterkiefer war zerschmettert. Zudem wies sein Rücken eine nicht tödliche Schussverletzung auf. Obwohl Pföderl die Tat bestritt und Simon Lechenauer als Täter verdächtigte, wurde Pföderl verurteilt. Das der Jagdobrigkeit wohlwollende Gericht befand ihn aber lediglich schuldig, ohne Tötungsabsicht auf Jennerwein geschossen zu haben – wozu er nicht berechtigt war – und verurteilte ihn zu nur acht Monaten Gefängnis unter Anrechnung seiner viermonatigen Untersuchungshaft. Die Bevölkerung sah in ihm aber einen Mörder, dem trotz Versetzung Feindschaft und Abneigung entgegengebracht wurde. Er begann zu trinken und soll vor seinem Tod Wahnvorstellungen gehabt haben, dass ihn wegen des ungesühnten Mordes der Teufel hole.

Durch die mysteriösen Begleitumstände seines Todes und vor allem durch die Schussverletzung im Rücken wurde der Wildschütz Jennerwein zu einer Legende und zu einem Symbol der Auflehnung gegen die Obrigkeit. Er wurde mit Robin Hood verglichen, weil er seine Beute mit Bedürftigen geteilt haben soll, und inspirierte bis in die Gegenwart (zuletzt 2012) Künstler dazu, u. a. auch Romane und Filme mit ihm als Protagonisten vorzustellen.

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So könnte es ausgesehen haben, damals, am Peißenberg bei Tegernsee: Georg Jennerwein sitzt auf einem Holzstumpf und macht, das Gewehr im Schoß, Brotzeit. Er ahnt nicht, dass sich von hinten der Pföderl Josef anschleicht.

Besonders das Lied Jennerwein oder Auf den Bergen wohnt die Freiheit beginnend mit der Zeile „Es war ein Schütz in seinen besten Jahren“, trug zu einer Verklärung von Georg Jennerwein als Volksheld bei und wurde darüber selbst zu einem Volkslied. Der Verfasser des Liedes ist unbekannt, entstanden ist es vermutlich noch vor Ende des 19. Jahrhunderts, womöglich bereits kurz nach Jennerweins Tod. Der Kiem Pauli, ein Volksliedsammler, hat das in Oberbayern weit verbreitete Lied 1910 dokumentiert und 1934 in seiner „Sammlung Oberbayerischer Volkslieder“ veröffentlicht. Das Volkslied wird bis heute von vielen Gruppen vorgetragen.

Eine Dixieland-Version stellten die Hot Dogs (1955–2004) – Deutschlands erfolgreichste Dixieland-Band – unter dem Titel Der Wildschütz Jennerwein 1966 auf der B-Seite der Single ihres ersten großen Erfolges Ja, so warn’s, die alten Rittersleut vor. Der Titel wurde auch noch Jahrzehnte später u. a. im Fernsehen von der Band häufig vorgetragen.

In den Anfangstakten ist die Melodie des Horst-Wessel-Liedes identisch mit der des Jennerweinliedes. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat dazu mit seinem Urteil vom 15. März 1989 festgestellt, dass das Spielen der gesamten Melodie des Jennerweinlieds trotz dieser melodischen Übereinstimmung nicht als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angesehen wird, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten. Die Darbietung der Melodie des Jennerweinlieds ist also nicht verboten. (wikipedia)

Nun ist es aber genug mit diesen bayerischen Geschichten.

Zartbesaitete sollten beim anhören der diversen Eskapaden der „Rittersleit“ allerdings wissen, dass wir hier jenen derb-deftig-frivolen bayerischen Humor hören … und politisch korrekt sind diese Texte auch nicht (es kommt sogar das Wort „Neger“ vor).

Sei´s, drum … hinein in die Gaudi !

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Besetzung:
P.G. Dotzert (banjo)
Fritz Dünckelmayer (cornet)
Rolf Maurer (drums)
Ludqwig „Wiggerl“ Niedermeier (clarinet)
Chico Smazoni (bass)
Gerhard Sterr (piano, vocals)
Malte Sund (trombone)

Textheft

Textheft aus dem Jahr 1967

Titel:
01. Ja, so sand´s de oiden Ritterleit´(Valentin/Endres)
02. Der Wildschütz Jennerwein (Traditional)
+
03. Die alten Rittersleut (Karl Valentin, 1941) (Valentin) 3.40

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