Verschiedene Interpreten – Vor der Flut – Hommage an einen Wasserspeicher (1984)

FrontCover1Hier mal wieder ein musikalisches Projekt der Extraklasse … außergewöhnlich und spannend:

„„Vor der Flut – Hommage an einen Wasserspeicher“. Auf der Suche nach einem Drehort für einen Film über die Trinkwassergewinnung wurde in der Kölner Südstadt ein Wunder von einem Raum entdeckt: ein unterirdischer, von Säulen und Gewölben getragener Wasserspeicher, zwanzig Millionen Liter groß. Eben restauriert, stand er noch leer und gab den Besuchern sein akustisches Wunder preis: einen Nachhall von äußerster Eigenart. „Man hört hier“, berichtete ein Musiker, „ganz seltsame Klangphänomene.“ Die Obertöne würden hervorgehoben, „und bevor ein Ton ganz weggeht, kommt er noch mal und geht wieder weg und kommt noch mal“. 46 Sekunden sei der Nachhall zu hören. Das städtische Unternehmen verschob die Inbetriebnahme um einen Monat und ließ die Musiker gewähren. So entstand „vor der Flut“ dieses eigenartige, faszinierende, manchmal überwältigende, manchmal auch langatmige, musikalisch nicht immer sehr ergiebige Klangspektakel. Alle Musiker kosten das Wunder aus – der argentinische Panflötist Dario Domingues wie der DDR-Posaunist Conrad Bauer, der Baßklarinettist Büdi Siebert wie die Kölner Saxophon Mafia, die New Yorker Sängerin Jana Haimsohn wie Joe Koinzer mit Balaphon und Gongs. Die meisten machen des Nachhalls wegen nur wenige Töne. Am einfallsreichsten erobern sich die Musiker der vierten Schallplattenseite den reflektierenden Säulensaal: das Trio Basso mit einer borstigen Streicheretüde, das Perkussions-, Geigen-, Posaunentrio Dähn, Hamm, Höhler mit einem unerwartet nuancenreichen Klanggemälde; Heiner Goebbels schließlich gewinnt dem unheimlich tönenden Gewölbe einen „Vorfilm für Herbert Achternbusch“ ab und nennt sein dramatisch lärmendes Stück „Die Sintflut“. Man muß diese (oft meditativen) Klangbilder, natürlich, möglichst laut hören. (Manfred Sack, Die Zeit, 28. Juni 1985)

Booklet01A
Den Hinweis auf eine gewisse Langatmigkeit kann ich nicht so recht folgen: Vielleicht resultuert dieser Hinweis auch aufgrund unserer beschleunigten Zeit und von daher sind genau diese Aufnahmen ein adequates Gegenmittel. Diese CD kann man nicht im Schnelldurchlauf konsumieren, sie bietet viel eher die Möglichkeit sich mit allen Sinnen auf diese einmalige Akustik einzulassen.

Und natürlich darf der Mastermind dieses Projektes nicht vergessen werden: Hinnerick Bröskamp:

BiographieBröskamp

Keine Frage: ambitionierte Projekte dieser Art braucht das Land und eigentlich nur schade, dass diese CD nur einen Auszug der eigentlichen Doppel-LP (Eigelstein) bietet und ganz dumpf dämmert es mir, dass bei mir irgendwo noch die Original-Doppel.LO rumsteht … ähm …

Und zu verdanken haben wir diese famose Leihgabe dem spendablen Herrn Ärmel aus seiner Zeit vom Schwarzen Berg.

Aufgenommen im Dezember 1984 im Wasserspeicher der Kölner Südstadt

Screenshot

Besetzung:
Overtone Singers:
Christian Bollmann, Doris Zeman, Gerd Kappelhoff, Helmut Scherner, Jochen Vetter,
Roberto Laneri, Stephanie Wolf (Oberton Gesang)

Dario Domingues:
pan flute, quena flute

Pauline Olivero:
accordion, voice

Büdi Siebert + Joe Koinzer:
clarinet + saxophone, gongs

Saxophon Mafia:
Wollie Kaiser (clarinet, flute, saxophone)
Norbert Stein (saxophone)
Armin Tretter (saxophone, clarinet)
Joachim Ullrich (saxophone, clarinet)
Gerhard Veeck (saxophone)
Joachim Zoepf (saxophone, clarinet)

Conrad Bauer:
trombone

Butz Dähn, Michael Höhler, Wolfgang Hamm:
percussion, trombone + tuba, violin + saxophone

Heiner Goebbels:
Alle Geräusche und Klänge

Booklet02A

Titel:
01. Overtone Singers: Invocationes 2.59
02. Dario Domingues Pacha siku 3.39
03. Pauline Olivero: Watertank Software 4.42
04. Büdi Siebert + Joe Koinzer: Trüffeltanz 4.14
05. Overtone Singers: Praevocationes 5.26
06. Dario Domingues: The Spirit Of The Wind 3.44
07. Pauline Oliveros: The Gentle (short version) 5.04
08. Büdi Siebert: Wal-Hall-A 4.47
09. Saxophon Mafia: Kellerdschungel 4.49
10. Conrad Bauer: Bötz 10.07
11. Butz Dähn, Michael Höhler, Wolfgang Hamm: Unter der Stadt 5.52
12. Heiner Goebbels: Die Sintflut, Ein Vorfilm für Herbert Achternbusch 6.29

*
**

Und hier kann man sich 6 Teile des Filmes anschauen:

Film