Volksbegehren für Artenvielfalt (2019)

Es tut sich mal wieder was im Land der Bajuwaren:

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Das Volksbegehren, das bei Erfolg zu einem Volksentscheid führen kann, ist eine für die Bayerische Staatsregierung wohl gefürchtete Waffen von aufmüpfigen Untertanen:

Nach der Bayerischen Verfassung wird der Wille des Volkes durch das von ihm gewählte Parlament ausgeübt (sogenannte parlamentarisch-repräsentative Demokratie). Ergänzend kann das Volk aber unmittelbar gesetzgebend tätig werden.

Durch ein Volksbegehren können Gesetzesvorlagen in den Landtag eingebracht und – falls dieser sie nicht annimmt – über sie ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Außerdem muss jeder Beschluss des Landtags auf Änderung der Verfassung dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden. Schließlich kann auf Antrag einer Million stimmberechtigter Staatsbürger die Abberufung des Landtags durch Volksentscheid begehrt werden.

In Bayern wurden seit 1946 20 Volksbegehren und 19 Volksentscheide durchgeführt (Quelle: stmi.bayern.de)

Und nun ist wieder so ein Volksbegehren angesagt und zwar mit dem Motto:

„Artensterben stoppen – Bienen retten“

Das von der ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei) eingereichte Volksbegehren wurde im November zugelassen. Ab Ende Januar haben alle Wahlberechtigten in Bayern 14 Tage Zeit die Gesetzesinitiative zu unterstützen.

Das Volksbegehren trägt den Titel „Rettet die Bienen“, aber es geht um viel mehr, es geht darum, übergreifend alle in Bayern lebenden Arten zu schützen und ihren Bestand zu stabilisieren. Die Zulassung des Volksbegehrens vom bayrischen Innenministerium bedeutet, dass die Gesetzesinitiative für den Erhalt der Artenvielfalt in Bayern als gesetzeskonform anerkannt wurde.

Der ÖDP haben sich zahlreiche Unterstützer angeschlossen, Organisationen wie der Bund Naturschutz (BN), der Landesbund für Vogelschutz (LBV), und natürlich auch viele Imker, wie die Bayerische Imkervereinigung, der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund oder Initiativen wie „Bayern summt“ haben sich angeschlossen – mittlerweile sind es über 100 Vereinigungen.

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Artenschutz ist auch Nahrungsschutz:

Ziel ist es, das bayerische Naturschutzgesetz zu verbessern und den in Bayern zunehmenden Schwund vieler Tier- und Pflanzenarten zu stoppen. Denn mit dem Verlust der Insekten geht zugleich der Rückgang blühender Wiesen und aller Lebensräume einher, die Insekten brauchen, um Nahrung zu finden und sich fortzupflanzen. Im nächsten Schritt sind die Insektenfresser, allen voran viele Vogelarten, in der Nahrungskette betroffen. Der Schwund in dieser gesamten Kette bedeutet für uns nicht allein einen Verlust unserer Lebensqualität, sondern stellt eine konkrete Gefahr für unsere Zukunft dar. Denn fehlt die natürliche Bestäubung der Pflanzen durch Insekten, wird es auch uns an Nahrungsmitteln fehlen.
Biotope vernetzen, Pflanzenschutzmittel verbieten, Lichtsmog ausschalten

Der Maßnahmenkatalog der ÖDP sieht verschiedene Ansatzpunkte vor, um dagegen zu wirken, allen voran die Vernetzung von Biotopen (bis 2023 mindestens zehn Prozent des Offenlandes, bis 2027 mindestens 13% der Landesfläche). Derzeit verteilen sich Biotope eher wie kleine Inseln über Agrarflächen und Gewerbegebieten. Ein genetischer Austausch und die flächendeckende Verbreitung der Arten ist so kaum möglich. Darüber hinaus stehen neben vielen anderen Ansätzen die Forderung die ökologische Landwirtschaft massiv auszubauen (bis 2025 sollen mindestens 20% der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet werden), Uferrandstreifen gesetzlich zu schützen (gesetzlich verpflichtende Gewässerrandstreifen von mindestens fünf Metern Breite), den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark zu dezimierenund die Lichtverschmutzung einzudämmen.

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Bayerischer Bauernverband übt Kritik

Der Bayerische Bauernverband lehnt das Volksbegehren ab. “Wir Bauern haben großes Interesse daran, die Artenvielfalt in Bayern zu schützen”, beteuert Bauernpräsident Walter Heidl, “doch das Volksbegehren der ÖPD ist der falsche Weg.” Weiter meint er, dass der bäuerliche Umwelt- und Naturschutz bisher zu wenig anerkannt wird. Stattdessen werde häufig Stimmung gegen die Landwirte gemacht. Dabei verweist der Präsident des Bauernverbandes auf die Aktion “Bayern blüht auf”. Hier werden in Kooperation bei dem Landesverband Bayerischer Imker, der BayWa und BSV-Saaten kostenloses Saatgut an 500 Blühbotschafter verteilt. Kritisch am Volksbegehren sieht Heidl vor allem das Vorhaben, gesetzlich eine gesetzliche Quote für Bio-Betriebe zu machen. Hier müsse der Markt und die Nachfrage mitwachsen. Ein Beispiel sei, dass Molkereien bereits jetzt Wartelisten für Bio-Bauern haben, der Absatz aber noch nicht so stark ist. Wichtig ist es also, dass die Verbraucher Bio-Lebensmittel aus Bayern kaufen. (Quelle: bienenundnatur.de)

Die Initiatoren des Volksbegehrens sind optimisch:

Zwischenstand

Und das Volksbegehren hier in Bayern sorgt schon ein wenig für Furore. Etliche meiner Arbeitskollegen, die ich ehr stockkonservativ einschätze, sprechensich für diese Initiative aus. Und dabei haben sie auch prominente Mitstreiter und das ging schon bei der Auftaktveranstaltung am 31.Janua 2019 los:

Zur Auftaktveranstaltung vor dem Rathaus auf dem Münchner Marienplatz waren etliche Prominente aus Film, Fernsehen und Unterhaltung und der Münchner Oberbürgermeister gekommen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Es ist höchste Zeit umzusteuern. Ich erwarte von den Landwirten, dass das Thema Ökologie bei ihnen ganz oben und nicht ganz unten auf der Agenda steht. Ich möchte unseren Ministerpräsidenten auffordern, wenn das Volksbegehren die notwendigen Stimmen zusammenbekommt, diesen Gesetzesentwurf anzunehmen und nicht wieder herumzumäkeln oder, wie er es gerne macht, auf die lange Bank zu schieben.“

Michaela May, Schauspielerin: „Ich habe Kinder und Enkel und möchte, dass Ihnen unsere Natur und unsere Lebensgrundlagen erhalten bleiben. Ohne Bienen keine Bestäubung, ohne Bestäubung keine Früchte und ohne Früchte keine Nahrung für Tiere und Menschen.“

Udo Wachtveitl, Schauspieler: „Es geht jetzt ums Ganze. Ich hoffe, dass viele Leute ihrer Verantwortung nachkommen und ins Rathaus gehen, um für das Volksbegehren zu unterschreiben. Das Volksbegehren ist der richtige Weg.“

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Hannes Ringlstetter, Kabarettist: „Ich bin froh, dass es eine breite öffentliche Diskussion gibt, wie wir mit Bayern umgehen. Dafür braucht es aber auch Richtungsentscheidungen der Politik. Denn entweder wir beuten die Natur weiter aus oder wir entscheiden uns jetzt für die Nachhaltigkeit. Wir haben die Feinfühligkeit dafür verloren, wie mir mit der Natur und den Tieren umgehen.“

Marcus H. Rosenmüller, Regisseur: „Es wird Zeit, dafür zu sorgen, dass unsere Enkel auch Wiesen mit der Fülle von Insekten und Wildblumen erleben dürfen, wie wir es in unserer Kindheit erleben durften. Wie immens wichtig dieser Dominobaustein fürs gesamte Ökosystem ist, ist selbst mir klar, wo ich eher zu den langsamen Denkern gehöre! Zur Unterschrift gehört auch, dass man sein eigenes Handeln nicht nur überdenkt, sondern auch ändert.“

Nina Eichinger, Moderatorin: „Ich finde das Volksbegehren existenziell, weil wir ein dramatisches Artensterben haben. Wir müssen endlich auf den landwirtschaftlichen Flächen Raum für die Natur schaffen. Wir müssen den Bauern in Bayern helfen und Produkte von den Landwirten kaufen, die unsere Landschaft pflegen.“

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Heinz-Josef Braun, Schauspieler: „Insekten sind für die Befruchtung von Obst und Gemüse entscheidend. Mit dem Erhalt der Artenvielfalt hängt unser Überleben auf diesem Planeten unmittelbar zusammen. Wir entscheiden durch dieses Volksbegehren auch über die Zukunft unserer Kinder.“

Auch in vielen anderen bayerischen Landkreisen haben sich Prominente bereits am ersten Tag in die Listen für das Volksbegehren eingetragen: Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, Bundesministerin a.D. Renate Schmidt, Frankentatort-Darsteller Matthias Egersdörfer und Kabarettist Oliver Tissot in Nürnberg. Hanns Meilhamer und Claudia Schlenger alias „Herbert und Schnipsi“ in Rottal-Inn, Hans-Jürgen Buchner alias Haindling in Straubing, Kinderbuchautor Paul Maar, Lyrikerin Nora Gomringer und Triathlet Christopher Dels in Bamberg, Musiker Hans Well von den Biermösl Blosn und Jugendbuchautorin Katja Brandis in Fürstenfeldbruck.

Und in München standen die Leute am ersten Tag des Volksbegehren bereits Schlange:

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Nun, und nachdem die Initiatoren auch viel Rüclhalt aus den Bereichen des kulturellen Schaffens ins Bayern haben, wurden auch so etliche Musikstücke eingespielt, um das Anliegen auch so so zu unterstützen. Musikalisch gibt´s ne ganz hübsche Brandbreite, von Hip-Hop zur moderner bayerischen Volksmusik bis hin zu schlagerähnlichen Melodien:

Titel:
01. Roland Hefter und Wolfgang Ramadan: -Rettet die Bienen 2.17
02. Hundling: Hans de Hummel 3.24
03. Fettes Brot feat. Nathalie Dorra, Ole-Soul, Jan-Rimkeit: Lets save the bees to bee or not to bee 3.47
04. Künstler für Artenvielfalt (*): Jetzt pack mas richtig an 3.28
05. Nicole Winter: Pack mas 2.22
06. Rodscha und Tom: Der Bienensong 1.02

(*) = Eva Kaufmann, Michaela May, Jutta Speidel, Nina Eichinger

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Und wie heißt es in dem Song „Jetzt pack mas richtig an“ (ein klassischer Mobilisierungs-Song):

Ja, das geht uns alle an

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Dieser Präsentation der Lieder liegt auch der Originaltext zum Volksbegehren bei

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Bienen