Ein wahrlich ambitioniertes Projekt:
Eigenartigerweiseist über die Gruppe Oktober kaum etwas bekannt, was einen angesichts dieses Doppelalbums ein wenig erstaunt (insgesamt haben sie 3 Alben veröffentlicht).
Hier ihr 2. Album:
Oktober war eine siebenköpfige deutsche Band, die diese theatralischen, sehr politischen Shows aufführte. Dieses zweite Album der Band geht in die gleiche Richtung wie das Debüt, da wir diesen Symphonic/Krautrock-Stil hören, obwohl es viel symphonischer ist als das Debüt. Der Sänger hat, gelinde gesagt, eine Menge Charakter. Dies war ein Doppel-Konzeptalbum mit vier seitenlangen Suiten mit vielen Wendungen und Samples sowie gesprochenen Worten. Gesungen und gesprochen wird auf Deutsch, und das Thema ist „Die Pariser Kommune“, ein Ereignis, das 1871 in Paris stattfand und bei dem vermutlich die erste Regierung von der Arbeiterklasse gebildet wurde. Das ist eine Fahrt, Leute.
Wir beginnen mit „Unser Blut-Ihre Geschichte“, wo wir eine laute, schreiende und feiernde Menge hören, bevor die Orgel den Ton angibt. Diese wird von Schlagzeug und Gitarre abgelöst, die sich aufbaut. Man beachte den klobigen Bass und die Hintergrund-Synthies. Mann, das klingt unglaublich. Nach 2 1/2 Minuten gibt es ein Gitarrensolo, bevor sich alles wieder beruhigt und gesprochene Worte die Atmosphäre verstärken. Nach 5 Minuten setzt alles wieder ein, diesmal auch das Klavier. Der Gesang folgt. Es beruhigt sich wieder mit Hintergrund-Synthies, während der Gesang weitergeht. Großartiger Sound vor 8 Minuten, als er an Geschwindigkeit gewinnt und dann kraftvoller wird. Ich mag die Art und Weise, wie die Themen wiederholt werden.
Es folgen beeindruckende instrumentale Abschnitte, und ich mag die Ruhe nach 14 Minuten, wenn die Synthies wie der Wind wehen und das Schlagzeug pocht. Nach 15 Minuten reißende Gitarre mit erdbebenartigem Bass, während das Schlagzeug weiterhin im Vordergrund steht. Eine dunkle Ruhe vor 18 Minuten mit tiefen Klängen und düsteren Gitarren. Es folgen nur gesprochene Worte, dann wieder die Instrumentalarbeit, gefolgt von Gesang, während sich die Themen wiederholen. Was für ein Song!
„Die tage Der Kommune“ klingt wie der Beginn des ersten Tracks, als die Menge zusammen mit anderen Klängen brüllt. Die Musik setzt vor einer Minute ein. Ich liebe die prominente Gitarre nach 2 1/2 Minuten. Es wird sehr symphonisch, fast wie bei GENESIS, und der Gesang wird doppelspurig, wie sie es manchmal auf ihrem Debütalbum taten. Die Themen wiederholen sich auch in dieser Suite. Nach 13 Minuten wird der Gesang mit gezupfter Gitarre zerbrechlich, bis nach 16 Minuten die gesprochenen Worte mit dem Klavier die Oberhand gewinnen. Die Musik setzt vor 17 Minuten mit etwas Kraft wieder ein, Gesang folgt. Nach 22 Minuten kehrt mit der Flöte Ruhe ein, dann übernehmen Gesang und Klavier die Führung, und es bleibt sanft. Aber nicht lange, denn die Stimmung ändert sich weiter.
Die zweite Platte beginnt mit „Zwischenlied“, wo wir einen Mann sprechen hören, begleitet von Straßenlärm, bevor die Gitarre und der Gesang die Führung übernehmen. Das Klavier kommt und geht in diesem schönen Abschnitt. Die Dinge ändern sich, als eine dunkle Atmosphäre aufkommt und der Gesang plötzlich gesprochen wird. Zurück zu der gezupften Gitarre mit Gesang. Sehr folkig bis jetzt bei diesem Stück. Das ändert sich nach 11 1/2 Minuten, als die Musik aufhört und wir Soldaten marschieren und die Menge brummen hören können. Es folgt ein Uptempo-Sound, als die Musik kurz darauf mit Gesang zurückkehrt. Die Musik marschiert hier fast mit. Ich denke an GENESIS mit den Synthesizern und den komplizierten Klängen nach 16 1/2 Minuten. Es folgt eine Ruhe mit sanften Vocals. Nach 18 Minuten, fast bis zum Ende, wird es dynamischer und die Vocals kraftvoller.
„Unser Blut-Unsere Geschichte“ beginnt wieder mit Samples, dann übernehmen Multi-Vocals, diesmal auch weibliche. Himmlische Gitarrenmelodien werden von Keyboards begleitet. Der Gesang kommt vor 2 Minuten hinzu. Das Ganze endet vor 5 Minuten, als eine Hymne mit Bläsern und Schlagzeug die Oberhand gewinnt. Dann sind die Jungs mit einem vertrauten Instrumentalthema zurück. So gut, dann folgt eine Ruhe mit Gesang, bevor es wieder losgeht. Eine Ruhe mit Synthesizern nach 10 Minuten. Die letzten 1 1/2 Minuten sind so, als würde man vielen Leuten zuhören, die sich über das Ereignis zum Ende hin unterhalten. (by Mellotron Storm)
In der Tat, die sehr abwechslungsreiche und versiert gespielte Musik ist wirklich beeindruckend und textlich … nun gut … die Texte entsprangen halt diesen klassenkämpferischen Tenor (mit all dem entsprechenden Pathos), wie er halt bei all dieses Polit-Rock-Gruppen der 70er Jahre üblich war.
Auch wenn da manches ein wenig hölzern und unbeholfen wirkt … so ganz falsch lagen sie ja nicht, mit ihrer Schilderung der Geschichte, die – und das ist schon noch zu erwähnen – sich nicht nur um die Ereginisse der Pariser Komunne dreht, sondern den Gogen zur damaligen Gegenwart schlägt – so ganz falsch lagen sie ja nicht, denn:
„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen“ (Karl Marx/Friedrich Engels)
Besetzung:
Carl-F. Dörwald (flute, vocals)
Klaus-Peter Harbort (drums)
Peter Robert (keyboards, synthesizer)
Hans-Werner Schwarz (guitar, slide-guitar)
Kalla Wefel (bass, vocals, guitar)
+
Michael Iven (vocals, guitar, keyboards bei 04.)
Pierre Meyn (guitar, bass bei 04.)
Titel:
01. Prolog: 1830-1851 (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel) 5.00
02. Teil 1: Unser Blut – Ihre Geschichte (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel) 17.09
03. Teil 2: Die Tage der Kommune (25.27)
03.1. Proklamation des ZK der Nationalgarde (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel)
03.2. Die Maßnahmen der Kommune (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
03.3. Lob des Aufbaus (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Iven)
03.4. Lied vom Verbrechen (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
03.5. Janine (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
03.6. Dekret über die Zuerkennung einer Pension / Keiner oder alle (Eisler/Brecht/Mandl)
03.7. Die Frauen der Kommune (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Unger)
03.8. Stadt der Illusionen (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
04. Zwischenlied (Iven) 11.26
05. Teil 3: Der Untergang Der Kommune (11:28)
05.1. Die letzte Schlacht (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
05.1. Die Rache / Dreißigtausend Tote (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl/Pottier)
06. Teil 4: Unser Blut – Unsere Geschichte (einschl. Pottier’s Lied)
06.1. Lamentations (Kosma/Bassis)
06.2. Pottier’s Lied (Dörwald/Harbort/Robert/Schwarz/Wefel/Mandl)
06.3. Die Internationale
07. Epilog: Lob der Dialektik (Brecht) 1.36
Texte: Peter Robert